3549/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 Bundeskanzler

 

Anfragebeantwortung

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am
4. November 2005 unter der Nr. 3590/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend Schleichwerbung im Fernsehen - Ist dies die Zukunft? gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Einleitend möchte ich zu den Fragen 1 bis 9 festhalten, daß schon die den einzelnen
Fragestellungen zugrunde liegende Prämisse, daß mit dem kürzlich veröffentlichten
Vorschlag der Europäischen Kommission zur Änderung der so genannten Fernseh-
richtlinie eine Aufhebung des Schleichwerbeverbots geplant sei, unzutreffend ist. Da
der Vorschlag in der Bestimmung des Art. 3g lit. a im Bereich der audiovisuellen kom-
merziellen Kommunikation ausdrücklich am Verbot der Schleichwerbung festhält und
diese Regelung auch auf z.B. im Internet verbreitete audiovisuelle Inhalte überträgt,
erübrigen sich daher alle Aussagen zu einem möglichen Entfall des Schleichwerbe-
verbots (angesprochen in den Fragen 1, 2, 3, 4 und 6).

Zu den Fragen 1 bis 6:

Die Europäische Kommission hat in ihren dem Vorschlag vorausgehenden Themen-
papieren stets betont, daß die rechtliche Einordnung von Product-Placement auf-
grund der höchst unterschiedlichen Sichtweisen der einzelnen Mitgliedstaaten unklar
sei, und es im Sinne der Rechtssicherheit einer Klarstellung bedürfe. Diese Ansicht
ist von Österreich bislang stets mit dem Argument unterstützt worden, daß nicht jede
Form von Product-Placement zwingend unter Schleichwerbung subsumiert werden
kann, da Fallkonstellationen denkbar sind, in denen es an dem auch von der Europä-
ischen Kommission stets vorausgesetzten Kriterium der Irreführungseignung man-
gelt. Im Übrigen kann darauf hingewiesen werden, daß sich der Bundeskommunika-
tionssenat bereits mehrfach mit Fragen der Schleichwerbung und des Product-Place-
ment auseinandergesetzt hat und seine Entscheidungen auch veröffentlicht wurden.


Ich weise darauf hin, daß der Vorschlag der Europäischen Kommission für das Pro-
duct-Placement die bereits geltenden und bewährten Bestimmungen für Sponsoring
übernimmt, wonach kein Einfluß auf den redaktionellen Inhalt genommen werden
darf.

Zu Frage 7:

Der Kommissionsvorschlag sieht bei der Fernsehwerbung und Teleshopping kein
Abgehen von der bestehenden Rechtslage (kumulatives Erfordernis der Trennung
und Erkennbarkeit) vor. Der Bundeskommunikationssenat hat mehrfach die Bedeu-
tung der beiden Bestimmungen betont. Österreich hat sich bislang auch stets dafür
eingesetzt, daß Werbung vom übrigen Programm ausreichend getrennt wird. Diese
Position wird auch unter österreichischer Präsidentschaft keine Änderung erfahren.

Zu Frage 8:

Produktplatzierungen, die einen werbenden Charakter im Sinne verkaufsfördernder
Bezugnahmen haben, sind nach dem Kommissionsvorschlag unzulässig (vgl. Art. 3h
des Vorschlages), für sie gelten wie bisher die allgemeinen Regeln über Werbung,
insbesondere Trennung und Erkennbarkeit. Hinsichtlich der österreichischen Position
zu diesen werbenden Produktplatzierungen verweise ich auf die Beantwortung zu
Frage 7.

Zu Frage 9:

Der bereits angesprochene Vorschlag der Europäischen Kommission sieht nur den
Entfall der Grenze für die höchstzulässige Werbezeit pro Tag vor, da diese Maßnah-
me keinen merkbaren Effekt gebracht hat. Die wesentlich effektivere Beschränkung
der Werbezeit pro Stunde soll andererseits unverändert beibehalten werden. Öster-
reich hat diese Beibehaltung stets unterstützt. Unverändert beibehalten ist im Übri-
gen auch die Möglichkeit, die der Rechtshoheit Österreichs unterliegenden Fernseh-
veranstalter strengeren Bestimmungen zu unterwerfen, wovon etwa mit dem ORF-
Gesetz in § 13 Abs. 7 oder jüngst in § 9a Abs. 5 auch tatsächlich Gebrauch gemacht
wurde.

Zu Frage 10:

Im Hinblick auf die seit Erlassung der Richtlinie wesentlich veränderten wirtschaftli-
chen und technologischen Rahmenbedingungen bedarf es der Schaffung eines ver-
läßlichen Rechtsrahmens und der Herstellung möglichst großer Rechtssicherheit.
Wesentlich bei der Umgestaltung der Werbebeschränkungen ist vor allem die Identi-
fikation der mit einer Regelung verfolgten Ziele. Daß dabei den Zielen des Konsu-
menten- und des Jugendschutzes höchste Priorität zukommt, aber auch die Pluralität
der Medienlandschaft von besonderer Bedeutung ist, wurde von Österreich bislang in
sämtlichen Stellungnahmen betont und wird auch unter österreichischer Präsident-
schaft entsprechend vertreten werden.


Zu den Fragen 11 und 12:

Nach Auskunft der Kommunikationsbehörde Austria wurden im Jahr 2003 kein Ver-
fahren, im Jahr 2004 vier Verfahren und im Jahr 2005 fünf Verfahren gegen private
Fernsehveranstalter wegen Verletzungen der Werbebestimmungen des PrTV-G ge-
führt und mittels Bescheid abgeschlossen.

Alle Entscheidungen und Verfahrensstände sind unter http://www.rtr.at/werbebeobachtung
veröffentlicht.

Nachfolgende Tabelle gibt Aufschluß über die einzelnen Verstöße und die betroffe-
nen Fernsehanstalten:

 

Verstoß
am

Verstoß gegen

Rundfunkveranstalter

12.08.2004

§ 38

ATV Privatfernseh-GmbH

08.10.2004

§ 36 Abs. 1, § 36 Abs. 2, § 38, § 46 Abs. 2, § 46

Privatfernsehen GmbH (LT 1)

10.10.2004

§ 36 Abs. 4

SAT.1 Privatrundfunk und
Programmgesellschaft m.b.H.

09.11.2004

§ 34 Abs. 2, § 38, § 46 Abs. 5

Salzburg TV Fernsehgesellschaft m.b.H.

10.03.2005

§ 36 Abs. 4, § 38, § 46 Abs. 2

TIV KABEL-FERNSEH-GESELLSCHAFT
m.b.H.

17.04.2005

§ 38

Premiere Fernsehen GmbH

12.05.2005

§ 35 Abs. 2, § 36 Abs. 2, § 38, § 46 Abs. 2

LÄNDLE TV Privatfernsehen & TV-
Produktionsanstalt

12.05.2005

§36 Abs. 1,§38

FASHION TV Programmgesellschaft
mbH

13.06.2005

§ 38, § 44 Abs. 2

X-Gate Multimedia Broadcasting GmbH

Gegen diese Bescheide wurde in fünf Fällen (ATV, Salzburg TV, X-Gate, LÄNDLE

TV und TIV) Berufung an den Bundeskommunikationssenat erhoben. Dieser hat in

den Fällen ATV und Salzburg TV rechtskräftig die genannten Verstöße festgestellt,

die Berufungen gegen die Bescheide gegen X-Gate, LÄNDLE TV und TIV sind noch

anhängig.

Sämtliche Entscheidungen des BKS in Werbefragen können über die Homepage

http://www.bks.gv.at eingesehen werden.

Die Feststellung von Werbeverletzungen beim ORF obliegt - entgegen der Frage-
stellung - nicht der KommAustria, vielmehr hat diese bei vermuteten Verstößen An-
zeige beim Bundeskommunikationssenat zu erstatten. Dieser hat im Jahr 2004 über
zwei Anzeigen und im Jahr 2005 über 19 Anzeigen der KommAustria letztinstanzlich
entschieden, die Entscheidungen und damit auch die erfragte Art der Erledigung sind
über die Homepage http://www.bks.gv.at für jedermann zugänglich.

Zu Frage 13:

Die Studie wurde von der RTR-GmbH in Auftrag gegeben. Ich weise darauf hin, daß

die Studie und dabei auch eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie auf der


Website der RTR-GmbH unter

http://www.rtr.at/web.nsf/deutsch/Portfolio Studien nach+Datum Studien StudieHas

ebrink?OpenDocument

für jedermann zugänglich und veröffentlicht ist.

Zu Frage 14:

Der in der Frage angesprochene Initiativantrag wurde am 6. Dezember 2005 im Ple-
num des Nationalrates und am 21. Dezember im Plenum des Bundesrates beschlos-
sen. Die Novelle ist mittlerweile im Bundesgesetzblatt Teil I unter der Nummer
159/2005 veröffentlicht worden. Gegenstand der Novelle ist eine Erweiterung des öf-
fentlich-rechtlichen Auftrags sowie eine Änderung bei den Bestimmungen über die
Unterbrecherwerbung im Fernsehen. Die neu gefaßte Regelung des § 14 Abs. 8
ORF-G ist weiterhin strenger als die vergleichbare Regelung in der Richtlinie Fernse-
hen ohne Grenzen und steht im Übrigen mit der Frage der Schleichwerbung in kei-
nem Zusammenhang.