3550/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.01.2006
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möglich.
BM für auswärtige Angelegenheiten
Anfragebeantwortung
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen
haben
am 10. November 2005 unter der Nummer
3598/J-NR/2005 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „US-Gefangenenlager in Guantánamo und EU-Initiative
gegen geheime
Gefangenenlager" gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1, 2, 5, 6 und 7:
Das Treffen mit Secretary of State Dr. Condoleezza
Rice am 9. September
2005 in
Washington D.C. diente in erster Linie der Vorbereitung der österreichischen
EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006
sowie der Darlegung der diesbezüglichen
außenpolitischen Schwerpunkte Österreichs.
Im Vordergrund stand daher die Frage der verstärkten
Zusammenarbeit zwischen der EU und
den USA vor allem im
Westbalkan und im Nahen und Mittleren Osten. Weitere Themen
waren der EU-USA Gipfel 2006, Iran, die Bekämpfung von Naturkatastrophen im
Gefolge
des Hurrikan Katrina sowie der Dialog der Zivilisationen (dabei wurde auch die
Konferenz
„Islam in a Pluralistic World" in Wien erörtert).
Zu Frage 3:
Österreich tritt für eine volle Kooperation aller
Staaten mit Sonderberichterstattern der
Vereinten Nationen
(VN) und die Erfüllung der allgemeinen Besuchsbedingungen,
insbesondere vertraulicher und unüberwachter Kontakte mit Gefangenen, ein.
Gemeinsam
mit unseren EU-Partnern ist Österreich im Rahmen der EU-Troika Treffen mit
den USA daher wiederholt für die Ermöglichung eines Besuches von
VN-Sonderbericht-
erstattern für Menschenrechte, darunter dem VN-Sonderberichterstatter gegen
Folter,
Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak, in Guantánamo eingetreten und wird dies auch
weiterhin tun.
Zu Frage 4:
Zu den Berichten über angebliche Geheimgefängnisse
möchte ich grundsätzlich festhalten,
dass Österreich bei
Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus für die volle Achtung
menschenrechtlicher Standards, wie sie insbesondere in der Europäischen
Konvention für
Menschenrechte verankert sind, und
rechtsstaatliche Verfahren eintritt. Österreich setzt sich
uneingeschränkt für die weltweite Einhaltung des absoluten
Folterverbotes ein. Die EU
vertritt geschlossen die Haltung, dass niemand in einem rechtsfreien Raum
stehen darf.
In
diesem Sinne wird Österreich auch im Rahmen seiner Präsidentschaft das
bisherige
Eintreten der EU für die umfassende Prüfung
der erhobenen Vorwürfe weiter engagiert
unterstützen. Dabei kann auf den bisherigen Fortschritten aufgebaut
werden: Die
Außenminister der EU-Mitgliedstaaten haben bereits im Rahmen der Ratssitzung
vom
21. November 2005 die britische EU-Präsidentschaft aufgefordert, von den USA
eine
Stellungnahme zu den Vorwürfen von
Geheimgefängnissen einzumahnen. Der britische
Außenminister Jack Straw ist dieser Aufforderung am 29. November in Form
eines
Schreibens an Secretary of State Rice nachgekommen.
Dr. Rice hat daraufhin klar gemacht, dass die USA keine
Gefangenen von einem Staat in den
anderen
transportieren mit dem Zweck, sie im Zielstaat foltern zu lassen, und keine
Auslieferungen oder Abschiebungen in Staaten durchführt, wo Folterrisiko
besteht. Sie hat
weiters im Zuge der Reise erklärt:
- dass US-Behördenvertreter überall
auf der Welt, wo immer sie tätig werden, an die
UN-Konvention gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende
Behandlung gebunden sind.
- dass, wenn
ein Verdacht auf von US-Vertretern begangene Menschenrechtsverstöße auftritt,
diese Verdachtsfälle
untersucht und die betreffenden Personen, wo nötig, rechtlich zur
Verantwortung gezogen werden.
Damit die Vorwürfe von Geheimgefängnissen aufgeklärt
werden, hat der Generalsekretär des
Europarates ein
Schreiben an alle Mitgliedstaaten mit dem Ersuchen um Information im
Zusammenhang mit den Berichten über geheime Inhaftierung oder den Transport von
Terrorverdächtigen gerichtet. Darüber hinaus
hat die Parlamentarische Versammlung des
Europarates eine Untersuchung über angebliche Geheimgefängnisse
eingeleitet, die vom
Vorsitzenden des Ausschusses für Rechts- und Menschenrechtsfragen, Dick Marty,
geleitet
wird. Darüber hinaus wurde am 13. Dezember der Abgeordnete zum österreichischen
Nationalrat, Peter Schieder, zum Ko-Rapporteur für die politischen Aspekte der
Angelegenheit ernannt. Diese eingehenden Untersuchungen werden von Österreich
voll
unterstützt.
Ebenso
wird Österreich die Untersuchungen unterstützen, die im Rahmen eines
Untersuchungsausschusses des Europäischen
Parlaments, der sich in der Session vom
16.-19. Jänner konstituieren soll,
geplant sind.