3578/AB XXII. GP

Eingelangt am 16.01.2006
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien                                                                                                                      GZ 10.000/0168-III/4a/2005

                                                                                           

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                                                       

                                                                                                     

                                                                                                                       Wien, 16. Jänner 2006

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3627/J-NR/2005 betreffend Wege zur Chancengleichheit, die die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen am 16. November 2005 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

 

Ad 1.:

Die in der Anfrage angeführten sieben Zitate stammen aus dem Abschnitt „Indikator D6 Institutionelle Differenzierung“ (S. 451 bis 460) des Kapitels D „Das Lernumfeld und die Organisation von Schulen“ in: OECD (2005) „Bildung auf einen Blick. OECD-Indikatoren 2005“. Paris. Dieser Abschnitt behandelt die Frage, ob die vorhandenen Daten (aus PISA 2003) belegen, dass bestimmte Strukturen der Bildungssysteme zu einer höheren Qualität und/oder größeren Ausgewogenheit der Schülerleistungen führen. Es wird explizit darauf hingewiesen, dass sich für die präsentierten Ergebnisse keine einfache Erklärung finden lässt und dass es keinen inhärenten Grund dafür gibt, warum institutionelle Differenzierung zwangsläufig zu größeren Leistungsunterschieden auf Seiten der Schüler/innen oder zu stärkeren sozialen Disparitäten führen sollte (vgl. S. 456). Der Abschnitt schließt mit folgendem Resümee: „Das beantwortet natürlich nicht die Frage, ob die Differenzierung nicht doch zu einer Anhebung des Gesamtleistungsniveaus beitragen könnte. Diese Frage kann anhand der Ergebnisse einer Querschnittstudie wie PISA nicht abschließend beantwortet werden. Stärker gegliederte Systeme schneiden zwar in der Tendenz schlechter ab, diese Tendenz ist jedoch nur schwach ausgeprägt und statistisch nicht signifikant“ (S. 458).

 

Die in der Anfrage angeführten Zitate greifen einige (nicht alle) Ergebnisse heraus, die in diesem Abschnitt berichtet werden. So lässt die Datenlage zwar einerseits den Schluss zu, dass die Anzahl der Schularten sowie das Selektionsalter die Stärke des Zusammenhangs zwischen sozioökonomischem Hintergrund und Schülerleistungen beeinflussen (Zitate 1, 2, 3, 4 der Anfrage); andererseits zeigen die Daten jedoch auf, dass zwischen Anzahl der Schularten sowie Selektionsalter und durchschnittlichen Mathematikleistungen kein statistisch signifikanter Zusammenhang besteht.

 

Bereits der OEDC Bericht (2005) „School Factors Related to Quality and Equity“ Paris, der auf der Grundlage der Daten aus PISA 2000 erstellt wurde, behandelt die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Struktur von Bildungssystemen (differenziert/selektiv vs. einheitlich/nichtselektiv) und der Qualität und Ausgewogenheit der Schülerleistungen (Kapitel 4). Auch die Ergebnisse dieses Berichts sind aufschlussreich, lassen jedoch keine eindeutige Entscheidung zugunsten von differenzierten/selektiven bzw. von einheitlichen/nichtselektiven Systemen zu. So wurde anhand der PISA 2000 Daten gezeigt, dass in Ländern mit Gesamtschulsystemen die durchschnittlichen Leseleistungen der Schüler/innen besser waren; es wurde aber auch sichtbar, dass sich Gesamtschulsysteme in Bezug auf die Ausgewogenheit der Leseleistungen (Leistungsunterschiede zwischen Schüler/innen) statistisch nicht signifikant von differenzierten Systemen unterscheiden (vgl. S. 62): „Perhaps surprisingly, the PISA 2000 findings show more solid evidence for integrated, comprehensive school systems being high performers rather than champions of equity” (S. 62).

 

Ad 2.:

Die mit dieser Frage befassten Experten aus den Bereichen Statistik und Bildungsforschung vertreten die Auffassung, dass selbst eine versuchsweise Durchführung der zur Beantwortung der Frage erforderlichen Modellrechnungen problematisch und die Zuverlässigkeit von Ergebnissen derartiger Modellrechnungen fragwürdig sind. Als Hauptgrund wird genannt, dass zu viele Einflussgrößen berücksichtigt werden müssten (darunter solche, die sich kaum quantifizieren lassen und solche, die in den vorhandenen Daten gar nicht erfasst sind), um eine gute Prognose für den Effekt der Gesamtschule erstellen zu können.

 

Ad 3.:

Die Vorschläge der Zukunftskommission zielen auf qualitätssichernde und qualitätssteigernde Maßnahmen ab. „Das Schwergewicht der Vorschläge der Zukunftskommission liegt auf Unterrichtsverbesserungen durch Schulentwicklung und Qualitätssicherung, durch Lehrerbildung und Unterstützungssysteme - und nicht durch Systemumbau.“ (S. 12 des Abschlussberichts). Ein Großteil der Maßnahmen wurde in Gesetzesvorlagen, Verordnungen und Erlässen bereits aufgenommen und diese müssen im laufenden Jahr umgesetzt werden. Daher werden Strukturfragen derzeit keine Priorität eingeräumt.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Elisabeth Gehrer eh.