3591/AB XXII. GP
Eingelangt am 25.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.
Einem, Kolleginnen und Kollegen haben am
25. November 2005
unter der Nr. 3645/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend EU-Präsidentschaft und
die von Bundeskanzler Schüssel gefor-
derte „Abschlankung" des Sozialstaats gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 4:
Die Weiterentwicklung und
Modernisierung des europäischen Lebensmodells sind
angesichts der aktuellen Herausforderungen wie demografische Entwicklung, tech-
nologischer
Wandel und Globalisierung notwendig. Eine langfristige Absicherung des
Sozialstaats bedingt
eine rechtzeitige Reaktion auf diese Herausforderungen. Erfor-
derlich ist eine Konzentration auf
Maßnahmen, die geeignet sind, den Sozialstaat
langfristig abzusichern. Dies ist gemäß der im EG-Vertrag festgelegten
Kompetenz-
verteilung eine Aufgabe der Mitgliedstaaten.
Auf EU-Ebene werden während des
österreichischen EU-Vorsitzes in
diesem Sinne die Diskussionen zur demografischen
Herausforderung fortgeführt und die
Straffung der offenen Methode der Koordinie-
rung in den Bereichen Sozialschutz und
soziale Eingliederung mit dem Ziel einer
Stärkung der sozialen Dimension der Strategie für Wachstum und
Beschäftigung ab-
geschlossen.
Zu Frage 5:
Österreich hat bereits Maßnahmen zur langfristigen Absicherung des Sozialstaats
durchgeführt. Dazu zählen insbesondere:
Ø
Pensionsreformen
2003 und 2004
Ø Vereinbarkeit
von Familie und Beruf (Kinderbetreuungsgeld, steuerliche Entlas-
tung, Elternteilzeit,
Familienhospizkarenz)
Ø Beschäftigungsoffensive für
Menschen mit Behinderungen (Behindertenmilliarde)
Ø Umwandlung der Abfertigung in
Mitarbeitervorsorge für alle
Ø staatliche Förderung der privaten
Pensionsvorsorge (3. Säule)
Ø Pensionserhöhung
für Ausgleichszulagenbezieher und Anhebung dieser über die
Armutsgrenze
Ø Pensionserhöhung
um die jeweilige Inflationsrate
Ø Einführung
der e-card und Verwaltungsreform im Bereich der Krankenkasse
Ø Abschaffung der Chefarztpflicht
bei Medikamenten
Ø Verbesserung
der Alterssicherung der Frauen durch einen eigenständige Pensi-
onsanspruch
Ø Schaffung
eines einheitlichen, transparenten und fairen Pensionssystems mit
einem persönlichen Pensionskonto
Ø Erhöhung des
Pflegegelds erstmals nach 12 Jahren
Ø Einführung
der Familien-Hospiz-Karenz für pflegende Angehörige
Ø mit dem
Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz werden 1 Mio. Menschen gleiche
Chancen
im Beruf gegeben
Zu Frage 6:
Ja.
Zu Frage 7:
Die Weiterentwicklung des europäischen
Lebensmodells bedeutet, den aktuellen
Herausforderungen
aktiv zu begegnen. Die langfristige Absicherung des Sozialstaats
durch
rechtzeitige und sozial ausgewogene Reformen ist daher ein geeignetes und
notwendiges Element
zur Absicherung und Weiterentwicklung des europäischen Le-
bensmodells.
Zu Frage 8:
Ja.
Zu Frage 9:
Der Frühjahrsgipfel steht im Zeichen
der Strategie für Wachstum und Beschäftigung,
wie schon beim Treffen in Hampton-Court diskutiert. Die entsprechenden
Vorschläge
werden bei ER vorgelegt werden.
Zu Frage 10:
Nachdem der in Art.
IV-447 Abs. 2 VVE festgeschriebene Termin, wonach der Ver-
fassungsvertrag am 1.
November 2006 in Kraft treten soll, nach den negativen Refe-
renden in Frankreich und den Niederlanden
realistischerweise nicht mehr einzuhal-
ten ist, verständigte sich der
Europäische Rat am 16./17. Juni 2005 in Brüssel da-
rauf, in den Mitgliedstaaten nationale Debatten über die Zukunft der
Europäischen
Integration abzuhalten und im ersten Halbjahr 2006 zusammenzukommen, um
eine
Bewertung dieses Diskussionsprozesses
vorzunehmen.
In der Zwischenzeit sind alle Mitgliedstaaten dieser
Empfehlung gefolgt. Dem Euro-
päischen Rat vom Dezember lag dazu ein
gemeinsamer Bericht des britischen und
zukünftigen österreichischen Vorsitzes vor. Die Europäische Kommission legte
be-
reits im Oktober mit „Plan D" ihren Beitrag zur Reflexionsphase vor
und das Europä-
ische Parlament will gemeinsam mit den
nationalen Parlamenten im Februar seine
diesbezüglichen Aktivitäten
intensivieren.
Zu den Fragen 11, 12 und 13:
Inhaltlich wurden die
strategischen Eckpunkte für unseren Vorsitz im Mehrjährigen
Strategieprogramm
des Rates 2004 - 2006 festgelegt. Davon ausgehend haben
Österreich und
Finnland ein detailliertes gemeinsames Arbeitsprogramm für 2006 er-
stellt. Die sich daraus ergebenden
EU-Vorhaben werden von der österreichischen
Präsidentschaft auf den unterschiedlichen Arbeitsebenen mit Engagement
vorange-
trieben und - wenn möglich - auch zum
Abschluß gebracht. In die Ressortzuständig-
keit des Bundeskanzleramts fallen
u.a.:
-
Die Überprüfung der europäischen Strategie zur
nachhaltigen Entwicklung soll
unter
österreichischer Präsidentschaft zum Abschluß gebracht werden. Der
Europäische
Rat im Juni 2006 wird die überarbeitete Nachhaltigkeitsstrategie
beschließen.
-
In Bezug auf die künftige Europäische Agentur für
Grundrechte wird ange-
strebt,
die Verhandlungen zur Gründungsverordnung unter österreichischer
Präsidentschaft
abzuschließen. Diese EU-Agentur wird aus der bisherigen
EU-Beobachtungsstelle
für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hervorgehen
und ihren Sitz ebenfalls in Wien haben. Sie soll ihre Arbeit am 1. Jänner 2007
aufnehmen.
Angesichts der
Herausforderungen wie Globalisierung und demographischer Wandel
kommt
der Strategie für Wachstum und Beschäftigung besondere Priorität zu. Auf
Grundlage
der integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung haben die Mit-
gliedstaaten im
Herbst 2005 ihre nationalen Reformprogramme erstellt. Die Europä-
ische Kommission wird diese Programme im Rahmen des Fortschrittsberichts analy-
sieren. Auf dieser Basis und nach Diskussion bzw. Erarbeitung von Beiträgen in
den
zuständigen Ratsformationen wird sich der Frühjahrsgipfel am 23./24. März 2006
mit
der Umsetzung der Partnerschaft für Wachstum
und Beschäftigung, der erneuerten
Lissabon-Strategie, befassen.
Zu Frage 14:
Konferenz „The Sound of Europe" zur Europäischen
Identität:
Anläßlich des 250. Geburtstages W.A. Mozarts wird die Konferenz vom 26.
bis
28.
Jänner 2006 in Salzburg stattfinden. Über 250 Persönlichkeiten aus den Berei-
chen
Politik, Wissenschaft, Kunst und Medien werden an eineinhalb Tagen über
europäische
Werte und Identität diskutieren, wobei die „kulturelle" Dimension (Bil-
dung,
Kunst, Sprache, Symbolik) einen Schwerpunkt bildet.
Subsidiaritätskonferenz:
Am 18./19. April 2006 wird in St. Pölten eine Konferenz zum Thema Subsidiarität
stattfinden.
Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass
ein umfassender Veranstaltungskalender
des Bundeskanzleramts über die Website des
österreichischen EU-Vorsitzes:
http://www.eu2006.at verfügbar ist.