3615/AB XXII. GP

Eingelangt am 03.02.2006
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0100-Pr 1/2005

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3717/J-NR/2005

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „rechtsextremistische, neonazistische und den Holocaust verleugnende Literatur in Bibliotheken von Justizanstalten“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Die Grundsätze für die Auswahl der Literatur für die Bibliotheken der Justizanstalt ergeben sich aus dem Strafvollzugsgesetz (StVG). Sie sind aus dem § 59 StVG („Gefangenenbücherei“) in Verbindung mit § 20 StVG („Zwecke des Strafvollzuges“) ableitbar. Nach letzterer Bestimmung soll dem Verurteilten insbesondere zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verholfen und er davon abgehalten werden, schädlichen Neigungen nachzugehen. Bei der Ausstattung der Gefangenenbücherei ist auf den Standard öffentlicher Büchereien Bedacht zu nehmen.

Zu 2 bis 4:

Grundsätzlich obliegt die Entscheidung über die Anschaffung von Büchern dem Anstaltsleiter. Dieser kann diese Befugnis dem Leiter der Anstaltsbibliotheken übertragen. Bei den Leitern der Anstaltsbibliotheken handelt es sich um für das Bibliothekswesen speziell ausgebildete und engagierte Beamte. Es kommt auch vor, dass die Insassen bei der Anschaffung von Büchern befragt werden und ihre Wünsche – soferne sie mit den zu 1 genannten Grundsätzen im Einklang stehen –weitestgehend berücksichtigt werden. Rechtsextremistische und/oder den Holocaust leugnende Literatur widerspricht freilich diesen Grundsätzen. Bei der Überprüfung der zum Anfragepunkt 4 angeführten Autoren wurden drei Bücher von David Irving gefunden, die sofort aus dem Bibliotheksbestand ausgeschieden wurden; davor wurden schon 2 Bücher von David Irving aus dem Bücherbestand der Justizanstalt Graz-Jakomini genommen. Insgesamt wurden von den in der Anfrage genannten fünf Autoren drei Bücher von David Irving - und zwar in der Justizanstalt St. Pölten (2 Stück) und Justizanstalt Klagenfurt (1 Stück) - gefunden. Dabei handelt es sich um folgende Titel:
1) Der Untergang Dresdens, Heyne-Verlag, München 1977,
2) Schlacht im Eismeer, Cassel & Company Ltd., London 1968 und
3) Die Tragödie der deutschen Luftwaffe, Ullstein-Verlag, Frankfurt/Main 1970.

Zu 5:

Die Anfrage wurde zum Anlass genommen, einen namhaften wissenschaftlich ausgewiesenen Experten mit der Durchsicht der in den Anstaltsbibliotheken vorhandenen Bücher nach Autor und Titel zu beauftragen. Derzeit finden Vorbereitungsarbeiten hiezu statt. Insgesamt ist ein Bücherbestand von etwa 180.000 Exemplaren zu prüfen. Ein zeitlicher Rahmen für diese Arbeiten kann noch nicht angegeben werden.

Zu 6:

Grundsätzlich haben die Justizwachebeamten strafbare Handlungen (so auch Verstöße gegen das Verbotsgesetz) der Anstaltsleitung zu melden, weshalb es keiner ausdrücklichen Regelung bedarf. In einigen Anstalten bestehen dennoch besondere Dienstanweisungen, rechtsextremistische, neonazistische oder den Holocaust verleugnende Manifestationen von Gefangenen sofort abzustellen und der Anstaltsleitung den Vorfall zwecks allfälliger Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu melden.

Zu 7:

Nach den Berichten der Abteilungskommandanten hatte der Strafgefangene Gottfried Küssel kein Portrait von Adolf Hitler in seinem Haftraum angebracht. Zusätzlich zu den täglichen routinemäßigen Kontrollen wurde der Haftraum intensiv visitiert.

. Februar 2006

 

(Maga. Karin Gastinger)