3656/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM
für auswärtige Angelegenheiten
Anfragebeantwortung
Die
Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen, haben am
12. Dezember 2005 unter der Zl.
3705/J-NR/2005 an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage betreffend „den illegalen Handel mit Sichtvermerken“ gestellt.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 5, 28 und 29:
Bei
der Österreichischen Botschaft in Belgrad hat die Antragstellung grundsätzlich
durch den
betroffenen Visumwerber persönlich zu erfolgen. Nur in einzeln begründeten
Ausnahmefällen
(z.B.: Schüleraustausch, wissenschaftliche
Kongresse) kann ein Sammelantrag mit Unterstützung
eines Reisebüros eingebracht werden. Auch in diesen Fällen wird jedoch
jeder Antrag einzeln
geprüft.
Was
die Annoncen in serbischen Zeitungen betreffend Schengen-Visa betrifft, so hat
die
Österreichische Botschaft in Belgrad
sämtliche ihr zur Verfügung stehende Möglichkeiten genutzt,
um auf das Problem dieser Annoncen zu reagieren.
Aufgrund
der Unvereinbarkeit behördlicher Ermittlungen durch Vertretungsbehörden im
Empfangsstaat mit dem Völkerrecht liegt es
an den zuständigen Behörden des Empfangsstaats,
solche Ermittlungen und gegebenenfalls strafrechtliche Verfahren
durchzuführen.
Die
serbisch-montenegrinischen Behörden wurden daher in den vergangenen Jahren auf
den
verschiedensten Ebenen von der Botschaft wiederholt auf die in Rede stehenden
Annoncen
hingewiesen und um ein Einschreiten ersucht. So hat auch der Verbindungsbeamte
des
Bundesministeriums für Inneres an der
Botschaft Belgrad auf die angesprochenen Annoncen sowie
auf Verdachtsmomente aufmerksam gemacht und ebenfalls um Einleitung von
Untersuchungen
ersucht.
Darüber hinaus habe ich bei persönlichen Begegnungen im
Rahmen des Treffens der Außenminister
der Westbalkanstaaten
am 2. Dezember 2005 in Ohrid sowie bei einem Treffen am 5. Dezember
2005 in Laibach den serbisch-montenegrinischen Außenminister Draskovic selbst
auf diese
Problematik aufmerksam gemacht und dringend um geeignete Maßnahmen gebeten, um
derartige
Veröffentlichungen in Zukunft zu verhindern. Am 5. Dezember 2005 hat darüber
hinaus der
österreichische Botschafter in Belgrad auf meine Weisung hin gemeinsam mit
anderen Schengen-
Partnern eine Demarche im serbisch-montenegrinischen Außenministerium
unternommen, um
neuerlich auf ein sofortiges Abstellen der Annoncen zu drängen.
In
der Folge hat Außenminister Draskovic das serbisch-montenegrinische
Innenministerium auch
öffentlich aufgefordert, gegen Inserate im
Zusammenhang mit Schengen-Visa rigoros vorzugehen.
Mit Note vom 10. Jänner 2006 teilte das serbisch-montenegrinische
Außenministerium mit, dass
seitens des Innenministeriums nunmehr entsprechende Maßnahmen getroffen und
auch
Strafanzeigen gegen mehrere Personen erhoben wurden.
Seit einigen Wochen ist die Zahl der betreffenden
Annoncen in den serbischen Zeitungen stark
zurückgegangen und
nur in einem Fall gab es eine Österreich betreffende Annonce.
Ähnliche
Inserate wie in den serbischen Medien wurden in anderen Ländern lediglich in
der
Russischen Föderation und in Moldau
festgestellt. Die Österreichischen Botschaften in Moskau und
Bukarest haben daher auch hier die jeweiligen Außenministerien nachdrücklich um
ein Einschreiten
ersucht.
Zu den Fragen 6 bis 20:
Die Mitarbeiter der Konsularabteilungen der
österreichischen Vertretungsbehörden haben sich an
die Vorgaben der „Konsularinstruktion Visa“ zu halten, die die Kriterien und
Modalitäten für die
Prüfung
von Visaanträgen genau festlegt. Wenn trotz gewissenhafter Prüfung an der
Vertretungsbehörde Zweifel an der Person
des Antragstellers, der Bezugsperson im Bundesgebiet
oder am angegebenen Reisegrund/-ziel bestehen, ist das Bundesministerium
für Inneres zu
konsultieren.
Darüber
hinaus habe ich im Oktober 2005 veranlasst, dass Leiter von Vertretungsbehörden
mit
hohem Visaaufkommen angewiesen werden, Visaanträge auf Häufungen von
einladenden
Privatpersonen oder Firmen zu prüfen und
Auffälligkeiten einzuberichten. Diese Frage wurde auch
bei einer Sonderkonsulartagung am 18. November 2005 in Wien behandelt, an der
auch das für die
Fachaufsicht zuständige Bundesministerium für Inneres teilnahm. Dabei
wurden
Verbesserungsvorschläge hinsichtlich
Aufklärung und Verhinderung von Missbräuchen diskutiert.
Eine
Reihe von Vertretungsbehörden wurde inzwischen von gemischten Prüfteams der
Konsularsektion des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten unter
Einbindung des
Generalinspektors und des für die Fachaufsicht in Visaangelegenheiten
verantwortlichen
Bundesministeriums für Inneres überprüft. Dabei wurden die Visaakten auch auf
die Echtheit der
Unterschriften und Arbeitsbestätigungen
sowie auf Häufungen der Einlader hin untersucht. Solche
Prüfungen werden auch in Zukunft fortgesetzt.
Zu den Fragen 21 bis 23:
Die Leiter der Auslandsvertretungen haben gemäß der
„Konsularinstruktion Visa“, die am 28. März
2002 erstmalig
erlassen wurde, „dafür Sorge zu tragen, dass die Visastellen so eingerichtet
sind,
dass jegliche Nachlässigkeit, die
Diebstahl, Fälschungen sowie jedem Missbrauch Vorschub leisten
könnte, vermieden wird.“. In diesem Verantwortungsrahmen haben sie auch
die ihnen erforderlich
erscheinenden personellen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen.
Die
Verantwortung, Aufsichts- und Kontrollpflicht der Amtsleiter waren im Übrigen
zentrales
Thema der von mir einberufenen
Sonderkonsulartagung am 18. November 2005 in Wien. In diesem
Zusammenhang wurden die Amtsleiter zur Durchführung von Stichproben und unvermuteten
Überprüfungen aufgefordert.
Zu den Fragen 24 bis 27:
Bei den Überprüfungen der Vertretungsbehörden im Rahmen
des Revisionsplanes werden Anträge
und Akten im Bereich
des Konsular- und Sichtvermerkswesens systematisch ausgehoben und
einzeln überprüft. Dies gilt auch für die
an einigen Vertretungsbehörden zulässige Einbringung von
Anträgen über ,bona fide'-Reisebüros.
An
einigen Vertretungsbehörden mit größerem Visaaufkommen wurden in der
Vergangenheit
Experten im Sichtvermerksbereich zur
Unterstützung beigezogen, die eine vertiefende Überprüfung
in Sichtvermerksangelegenheiten durchführten.
Zu den Fragen 30 bis 32:
Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
erhielt weder von den deutschen Behörden
noch vom
Bundesministerium für Inneres diesbezügliche Informationen.
Zu den Fragen 33 bis
35 und 42 bis 46:
Mein Ressort geht allen internen Verdachtsmomenten bzw.
von Dritten erhobenen konkreten
Vorwürfen nach und
hat die jeweils erforderlichen Veranlassungen getroffen.
Bei Verdacht möglicher ungesetzlicher Handlungen durch
sur-place-Personal wird dies genauestens
untersucht und alle
erforderlichen Maßnahmen getroffen, wie beispielsweise die Veränderung von
Arbeitsgebieten und Einsatzbereichen. Falls sich sur-place-Personal
nachweislich ungesetzlicher
Handlungen schuldig macht, führt dies zur Entlassung.
Zu den Fragen 36 bis 41:
Unvermutete
Kassenstands- und Gebarungsprüfungen, die auch die Konsulargebühren und die
Verwaltung der streng verrechenbaren Drucksorten umfassen, werden gemäß der
„Vorschrift über
die Hauhaltsführung bei den
Vertretungsbehörden im Ausland“ (HVV) an jeder Vertretungsbehörde
zumindest einmal pro Halbjahr vorgenommen.
Die
während des Tages beeinnahmten Konsulargebühren werden am Ende jedes
Arbeitstages von
den sur-place-Schalterbediensteten, den
entsandten Visasachbearbeitern und dem Rechnungsführer
abgerechnet; der durchgeführte Kontrollvergleich und die Korrektheit der
Abrechnung wird auf den
Formblättern „Beiblatt zur
Konsulargebühreneinhebung“ bzw. „Quittungen/Gebühren -
Kontrollliste“ dokumentiert.
Für
die tägliche Verbuchung der Visagebühren im Kassabuch ist die Unterschrift des
Rechnungsführers und des Leiters der Vertretungsbehörde oder seines
Stellvertreters erforderlich,
bei denen auch die Letztverantwortung für
die Richtigkeit der Abrechnung liegt. Ob die Bestätigung
der Richtigkeit erst nach stichprobenartiger Überprüfung erfolgt, liegt
in der Eigenverantwortung
des Leiters der Vertretungsbehörde.
Die Verantwortlichkeit für die Rechnungsführung und
etwaige Stellvertretungen können nur im
Einvernehmen mit der
Zentrale und mit ausführlicher Begründung geändert werden. Eine
kurzfristige Änderung in Eigenverantwortung der Vertretungsbehörde ist nicht
möglich.
Zu den Fragen 47 bis
58 und 65 bis 68:
Die unabhängige Kommission unter der Leitung von
Bundesminister a.D. Dr. Peter Jankowitsch hat
sich auf mein
Ersuchen hin am 11. November 2005 konstituiert.
Das Mandat, das aus meinem Schreiben an die vier
Mitglieder der Kommission hervorgeht, besteht
darin, die in Rede
stehenden Vorwürfe lückenlos aufzuklären, allfällige Missstände aufzuzeigen
sowie Maßnahmen, die für die Zukunft das
System der Sichtvermerkserteilung missbrauchssicherer
machen sollen, zu erarbeiten und mir darüber schriftlich zu berichten.
Die vier Mitglieder der unabhängigen Kommission üben
ihre Funktion ehrenamtlich aus, wobei die
Büroinfrastruktur zur
Gänze durch das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur
Verfügung gestellt wird.
Ich habe an die
MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten Weisung
erteilt, dass die Kommission die für ihre Tätigkeit erforderlichen Ressourcen
und die darüber hinaus
gehende Unterstützung, insbesondere durch uneingeschränkte Auskunftserteilung
und Vorlage aller
von der Kommission
verlangten Akten, erhält und der Ersatz der Aufwendungen erfolgt.
Darüber
hinaus hatte die Kommission laut Kommissionsbericht vom 19. Dezember 2005
uneingeschränkten Zugriff zu allen einschlägigen Aktenvorgängen bei den
zuständigen
polizeilichen und gerichtlichen Organen.
Die Kommission führte unangekündigte Erhebungen an
den Botschaften in Budapest und Belgrad durch.
Zuständig
für die Durchführung von Untersuchungen ist im Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten die innere Revision
(Generalinspektor), wobei bei Kontrollen im Konsularbereich
die Rechts- und Konsularsektion eingebunden wird. Dienst- und
disziplinarrechtliche Maßnahmen
sind von der Personalsektion zu setzen.
Zu den Fragen 59 bis 61:
Eine
Auswertung durch das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten nach
personenbezogenen Daten, wie z.B. Einlader, ist in der Zentrale des
Bundesministeriums für
auswärtige Angelegenheiten aus datenschutzrechtlichen
Gründen nicht zulässig, da dieser - anders
als an den Vertretungsbehörden - im Visumverfahren keine
Behördenstellung zukommt.
Im
Übrigen verweise ich auf meine Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen
Anfrage
Nr. 3521/J-NR/2005 sowie auf die
Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Inneres (3522/J-
NR/2005) vom 18. Oktober 2005.
Zu den Fragen 62 bis 64:
Visa werden im Schengener
Informationssystem (SIS) nicht gespeichert. Die einschlägigen
Bestimmungen
des Schengener Durchführungsübereinkommens (Art. 95-100 SDÜ) legen
abschließend die zu
speichernden Datenkategorien fest, wobei Visa nicht angeführt sind.
Zu Frage 69:
Belgrad: Abteilungsleiter im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
Budapest: Ruhestand
Kiew: Missionschef in Kiew
Lagos: Ruhestand
Kairo: Gruppenleiter im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten
Zu den Fragen 70 bis 72:
Mein
Ressort ist bemüht, die Medien bestmöglich auf Basis der Informationen der
zuständigen
Sektionen zu informieren. Ich selbst habe
zur gegenständlichen Angelegenheit wiederholt öffentlich
Stellung genommen.
Bei Detailanfragen zu Vorgängen, die Gegenstand
gerichtlicher Ermittlungen sind, muss jedoch an
die ermittelnden
Behörden verwiesen werden.