3666/AB XXII. GP

Eingelangt am 15.02.2006
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BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

 

Parlament

A-1017 Wien  

                       

                       

              

 

 

Die Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Freundinnen und Freunde haben am 16.12.2005 unter der Nr. 3716/J-NR/2005 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Visa-Affäre Belgrad, Budapest und Kiew - Aktivitäten des Innenministeriums zur Eindämmung des illegalen Visahandels“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

In enger Zusammenarbeit mit der Konsularabteilung der Österreichischen Botschaft Belgrad und den serbischen Sicherheitsbehörden wurden Fälschungen von vorgelegten Visumunterlagen erkannt und überprüft. Die Überprüfungsergebnisse führten in weiterer Folge auch zur Erstattung von Anzeigen durch die lokalen Sicherheitsbehörden bei den zuständigen Gerichten in Serbien.

 

Betroffen waren dabei nicht nur die Antragsteller, sondern auch Vermittlungsagenturen und deren Außendienstmitarbeiter sowie die jeweiligen Urkundenfälscher.

 

Ferner wurden die serbischen Sicherheitsbehörden durch den Verbindungsbeamten wiederholt auf die Tätigkeit von „Agenturen“ aufmerksam gemacht bzw. wurden diesbezügliche Verdachtsmomente vom Verbindungsbeamten an die serbischen Behörden mit dem Ersuchen um Einleitung von Ermittlungen weitergeleitet.

 

 

 

 

Festgestellt werden muss allerdings auch, dass die von serbischen Behörden zur Eindämmung des illegalen Handels mit gefälschten Visumunterlagen gesetzten Maßnahmen, wie Festnahmen, Hausdurchsuchungen, Sicherstellungen von Beweismaterial und Gerichtsurteile nicht dauerhaft sind, da die festgenommenen Täter nach einiger Zeit durch neue Personen ersetzt werden.

 

Zu Frage 2:

Das Bundesministerium für Inneres hat mit 01.01.2002 einen Verbindungsbeamten nach Kiew entsandt, dieser kehrte mit 31.07.2004 aus familiären Gründen nach Österreich zurück. Die Neubesetzung erfolgte mit 01.01.2005.

 

Zu Frage 3:

Verbindungsbeamte des Bundesministeriums für Inneres sind derzeit in folgenden Staaten stationiert:

 

Bosnien, Bulgarien, Italien, Kroatien, Jordanien, Marokko, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn, Ukraine.

 

Mit Spezialaufgaben betraute und somit anlassbezogen entsandte Verbindungsbeamte sind derzeit als Immigration Liaison Officers in Rumänien - Oradea und im Kosovo akkreditiert.

 

Darüber hinaus werden anlassbezogen Dokumentenberater an die Vertretungsbehörden entsandt, die generelle oder spezielle Aufgaben im Bereich der Dokumentenprüfung übernehmen. Derzeit sind Dokumentenberater an den österreichischen Vertretungsbehörden Kairo, Bangkok und Amman tätig.

 

Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Verbindungsbeamten direkt an den Österreichischen Botschaften stationiert sind, sondern aufgrund Platzknappheit auch externe Büros angemietet wurden.

 

Zur Frage 4:

Mit dem Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten werden bedarfs- und anlassbezogen Evaluierungs- und Koordinationsbesprechungen geführt. Weiters nehmen Vertreter der zuständigen Fachabteilungen regelmäßig an Botschafts- und Konsularkonferenzen teil, bei denen auch Fragen im Zusammenhang mit Verbindungsbeamten erörtert werden. Im Rahmen von Revisionsbesuchen vor Ort werden auch mit den jeweiligen Missionschefs und den Verbindungsbeamten generelle Probleme und konkrete Fälle besprochen.

 

Generell lässt sich festhalten, dass die Zusammenarbeit zwischen den Angehörigen der Vertretungsbehörden und den Verbindungsbeamten gut funktioniert und dadurch auch Erfolge in sicherheits- und kriminalpolizeilichen sowie in fremdenpolizeilichen Bereichen erzielt werden konnten.   

 

Zu den Fragen 5 bis 7:

Ein sachbezogener Aktenvorgang der Oberstaatsanwaltschaft Mainz langte am 10.09.2004 bei der Staatsanwaltschaft Wien ein und wurde per 22.09.2004 zur Erhebung an die Bundespolizeidirektion Wien, KD1, weitergeleitet. Mit 10.03.2005 erging seitens der Staatsanwaltschaft Wien ein Erhebungsauftrag an das Bundesministerium für Inneres, Büro für Interne Angelegenheiten. Wann Informationen über die Mitteilung der Oberstaatsanwaltschaft Mainz, gerichtet an die Staatsanwaltschaft Wien, an das Außenministerium weitergegeben worden sind, kann ich zuständigkeitshalber nicht beantworten. Es handelt sich hier um ein laufendes strafgerichtliches Verfahren der Justiz. Eine allgemeine Meldepflicht der Sicherheitsbehörden mir gegenüber betreffend laufende gerichtliche Ermittlungen besteht nicht. Ich habe mich daher im Rahmen der allgemeinen medialen Berichterstattung näher über die laufenden Verfahren informieren lassen; ein genaues Datum, wann mir in diesem Zusammenhang konkret über die Informationen der deutschen Behörden berichtet wurde, kann ich jedoch nachvollziehbarerweise nicht mehr angeben.

 

Zu Frage 8:

Konkrete Ermittlungen durch Dienststellen des Bundesministeriums für Inneres gab es bereits vor den Hinweisen der deutschen Behörden. So wurden bereits in den Jahren 2003 und 2004 Anzeigen bzw. Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Diese wurden jedoch nach § 90 StPO zurückgelegt.

 

Zu Frage 9:

Seit dem Inkraftsetzen des Schengener Durchführungsübereinkommens für Österreich mit 01.12.1997 sind, entsprechend den in der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (GKI) festgelegten Vorschriften, Visaanträge von bestimmten Staatsangehörigen, Flüchtlingen und Staatenlosen vor Visumerteilung bei einzelnen oder allen Schengenpartnern im Wege des elektronischen Schengener VISIONS – Systems zu konsultieren. Derzeit ist das bei rund 30 Nationalitäten der Fall.

 

Bei 25 Nationalitäten, Flüchtlingen und Staatenlosen hat sich das Bundesministerium für Inneres die Zustimmung zur Visumerteilung vorbehalten. Je nach Grund der Rückfrage werden verschiedene Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Inneres oder nachgeordnete Dienststellen befasst.

 

Detailliertere Angaben kann ich aufgrund von einschlägigen EU-Vorschriften, die einer Veröffentlichung in diesem Zusammenhang entgegenstehen, nicht machen.

 

Bei Staatsangehörigen von Nigeria und Ghana besteht überdies seit 1997 nach erfolgter Visumerteilung Meldepflicht an das Bundesministerium für Inneres.

 

Zusätzlich zu den bereits bestehenden Rückfragepflichten wurde am 10.08.2004 die Rückfragepflicht für nigerianische und am 12.08.2004 für moldawische Staatsangehörige angeordnet.

 

Zu Frage 10:

Die mit 01.01.2003 wirksam gewordene gesetzliche Neuregelung war schon geraume Zeit davor Gegenstand von Überlegungen im Bundesministerium für Inneres.

 

Zu den Fragen 11 und 12:

Nach der mir vorliegenden Abschrift wurde im Mittagsjournal am 01.12.2005 nicht die Österreichische Botschaft Moskau, sondern die Österreichische Botschaft Kiew erwähnt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass es keine Kontingente oder Lizenzen für bestimmte Reisebüros gibt, sondern dass sich das Visumverfahren für Reisegruppen nach den bestehenden EU-Vorschriften richtet.

 

So kann gemäß der Entscheidung des Rates vom 12.07.2002 zur Anpassung der Teile III und VIII der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion bei Gruppenreisen vom Grundsatz der persönliche Antragstellung abgewichen werden, wenn bekannte und vertrauenswürdige Reisebüros oder Veranstalter der Vertretungsbehörde die erforderlichen Visumunterlagen vorlegen und mit hinreichender Glaubwürdigkeit für die bona-fide Eigenschaft des Antragstellers, den tatsächlichen Reisezweck oder seine Absicht zur Wiederausreise bürgen können und keine speziellen Versagungsgründe hinsichtlich des Antragstellers bestehen.

 

 

 

Bei der Entscheidung zur generellen Anwendung dieser Erleichterung sind die lokalen Gegebenheiten, die Erfahrungen der anderen Schengenvertretungen vor Ort, sowie ein vorhandener Stock an erfahrenen, alteingesessenen bona-fide Reisebüros zu berücksichtigen.

 

Die Auswahl der Reisebüros sowie der Ablauf der Visumverfahren ist im Wege der konsularischen Zusammenarbeit mit den Schengenpartnern zu harmonisieren, um so einerseits Visummissbräuche möglichst gering zu halten und andererseits auch eine Beeinträchtigung des freien Wettbewerbs zu verhindern. Auswahlkriterien für Reisebüros sind vor allem die Einhaltung der lokalen Gewerbevorschriften, ausreichende Bonität, längere friktionsfreie Zusammenarbeit mit den Vertretungsbehörden und ein in fremdenrechtlicher Hinsicht respektabler Kundenstock. Liegen diese Voraussetzungen vor, können diese Reisebüros als bona-fide angesehen werden und kann die Einreichung der Visumanträge durch die Reisebüros erfolgen. Die Vertretungsbehörden haben dennoch stichprobenartige Antragsteller zur persönlichen Vorsprache zu laden, sowie Überprüfungen von Reisen, Unterbringung und Rückkehr der Gruppe vorzunehmen.

 

Bei Unregelmäßigkeiten stehen als Sanktionen - je nach Schwere oder Häufigkeit der Verstöße - Abmahnung und vorübergehende oder dauerhafte Einstellung des vereinfachten Verfahrens für Reisebüros zur Verfügung. 

 

Was die Frage zu bestimmten Reisebüros oder Veranstaltern betrifft, ersuche ich um Verständnis, dass ich diese aufgrund der laufenden Verfahren derzeit nicht beantworten kann.

 

Zur Frage 13:

Eingangs ist festzuhalten, dass eine hohe Zahl von Einladungen durch ein österreichisches Unternehmen per se weder ungewöhnlich, noch rechtswidrig ist. Die generelle und ungeprüfte Verweigerung derartiger Anträge würde auch gegen die diesbezüglichen einschlägigen Bestimmungen des AVG und des Fremdenrechts verstoßen und wäre überdies auch im Hinblick auf die Interessen von gesetzeskonform tätigen Unternehmen nicht vertretbar.

 

Jedenfalls sind aber Visaanträge aufgrund derartiger Einladungen auf Auffälligkeiten und Unrichtigkeiten zu prüfen, wobei der Tragfähigkeit von Verpflichtungserklärungen und der Prüfung der gesicherten Wiederausreise des einzelnen Visumwerbers besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist. 

 

 

 

 

Im gegenständlichen Fall hat die zuständige Fachabteilung unter Einbeziehung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft sowie des Bundeskriminalamts Überprüfungen durchgeführt und in der Folge auch entsprechende Weisungen erteilt. Ich darf in diesem Zusammenhang auf meine Beantwortung der Fragen 1 bis 4 der Anfrage Nr. 3522/J-NR/2005 verweisen.

 

Sämtliche Erhebungen ergaben, dass das Geschäftsziel der Firma darin bestanden hat, Geschäftsverbindungen in Länder der EU sowie Osteuropas herzustellen und die Einladungen zu Verkaufspräsentationen erfolgt sind. Dieses Vorbringen wurde auch durch Vorlage von Rechnungen seinerzeitiger Geschäftskontakte nachgewiesen.

 

Aus damaliger Sicht erschien das Vorbringen somit plausibel und glaubwürdig und konnte auch kein Hinweis auf strafrechtliches Verhalten entdeckt werden.