3689/AB XXII. GP

Eingelangt am 21.02.2006
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

Herrn                                                                                                                       GZ 10.000/0178-III/4a/2005

Präsidenten des Nationalrates

Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

                                                                                                            Wien, 21. Februar 2006                                 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3737/J-NR/2005 betreffend Provenienz- und Grundlagenforschung bei NS-Raubkunst, die die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen am 21. Dezember 2005 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Ad 1. bis 3.:

Seit 1998 besteht eine Kommission für Provenienzforschung, deren Ziel es ist, die Bestände der Österreichischen Bundesmuseen und Sammlungen systematisch und lückenlos auf ihre Provenienz hin zu überprüfen. Die Mitarbeiter/innen der Kommission sind in den einzelnen Bundesmuseen und Sammlungen tätig, wo sie die Inventare, die Archivbestände und die Objekte selbst auf Provenienzhinweise untersuchen, denen sie mit Hilfe einschlägiger Datenbanken, Karteien und Akten aus öffentlichen Archiven nachgehen. Die Ergebnisse dieser Forschungen werden zu Dossiers zusammengefasst und dem gemäß § 3 des Kunst-rückgabegesetzes beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur eingerichteten Beirat weitergegeben, der Empfehlungen für Übereignungen an die Bundesminister/innen für Landesverteidigung, für Wirtschaft und Arbeit sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur abgibt.

 

Neben den Bediensteten der einzelnen betroffenen Museen waren etwa im Jahr 2005 im Bundesdenkmalamt und in den Bundesmuseen und Sammlungen insgesamt 28 Mitarbeiter/innen für die Kommission für Provenienzforschung tätig, einige vollbeschäftigt, der Großteil teilbeschäftigt auf Basis von Werkverträgen bzw. von Auftragshonoraren für Arbeiten geringeren Umfanges. Mit Stichtag 31. Dezember 2005 betrugen die seit Beginn der Provenienzforschung aufgewendeten Personalkosten € 2,478.979,63; für den Sachaufwand wurden bisher € 103.877,60 ausgegeben.

 

Im Übrigen ist zu diesen Anfragepunkten auf die jährlichen Berichte der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur an den Nationalrat gemäß § 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1998, BGBl. I 181, zu verweisen. Für die Provenienzforschung wurden für die Jahre1998 bis 2000 insgesamt € 1,080.308,62, für 2001 € 46.942,02, für 2002 € 88.187,81, für 2003 € 725.167,85, für 2004 € 264.906,97 und für 2005 € 377.343,96 verausgabt. Für 2006 sind Mittel etwa in derselben Höhe wie für 2005 vorgesehen.

 

 

Ad 4. bis 6.:

Das Rückgabegesetz sieht die explizite Grundlagenforschung, etwa im Sinne einer systematischen Darstellung der gesetzlichen Grundlagen für Entziehungshandlungen, der praktischen Durchführung der Beschlagnahmen oder der Organisation und Vorgangsweise des Kunsthandels während der NS-Zeit nicht vor. Eine geschlossene wissenschaftliche Darstellung dieses Gebietes fällt deshalb nicht in den Aufgabenbereich der Provenienzforschung.

Vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur werden aber schon seit Jahren nach Vorlage entsprechender Anträge durch Verlage oder Autoren wissenschaftliche Publikationen zu diesem Themenbereich in Form von Druckkostenbeiträgen unterstützt. Zur Frage der Grundlagenforschung ist noch zu erwähnen, dass diese größtenteils über eigens eingerichtete Förderagenturen, wie z.B. den FWF, gefördert wird.

 

 

Ad 7.:

Die Rückgabe der betreffenden Kunstgegenstände umfasst auch die Ausforschung derjenigen Personen, an welche diese Objekte zu restituieren sind. Dies wurde in der bisherigen Praxis nie anders gehandhabt, wie zahlreiche vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Auftrag gegebene Gutachten zur Feststellung der Erbfolge nach den seinerzeitigen Eigentümer/innen belegen. Wie aus den Restitutionsberichten, die dem Nationalrat vorgelegt wurden, entnommen werden kann, ist die Suche nach den Rückgabeberechtigten außerordentlich schwierig und langwierig, weil diese in der Regel bereits Nachkommen des/der ursprünglichen Eigentümers/Eigentümerin in zweiter und dritter Generation sind und viele Verlassenschaften im Ausland abgehandelt wurden. In den meisten Fällen müssen Erbfolgedokumente aus aller Welt zusammengetragen werden, damit die bereits erwähnten Gutachten über die Rechtsnachfolge erstellt werden können. Auf diesem Gebiet arbeitet das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur eng mit der Anlaufstelle der israelitischen Kultusgemeinde Wien, aber auch mit anderen Institutionen zusammen. Nach Ansicht des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur besteht auf Grund der bewährten Vorgangsweise kein Bedarf an einer gesetzlichen Neuregelung der Materie.

 

Die Bundesministerin:

 

Elisabeth Gehrer eh