3696/AB XXII. GP

Eingelangt am 21.02.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/0165-I/3/2005

Wien, am 20. Februar 2006

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 3743/J der Abgeordneten Bettina Stadlbauer und GenossInnen wie folgt:

 

Frage 1:

Beim Treffen der EU-Gleichstellungsminister/innen am 8. und 9. November 2005 wurden folgende Themenkomplexe diskutiert:

 

  1. “Getting In, Getting On“ befasste sich vor allem mit Fragen der Bildung, der Einkommensunterschiede von Frauen und Männern und der Frauen an der Spitze von Organisationen,
  2. “Making Work Work” konzentrierte sich auf  Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Kinderbetreuung und flexible Arbeitsmodelle,
  3. “Breaking the Barriers” beschäftigte sich vor allem mit der Segregation am Arbeitsmarkt, Frauen als Unternehmerinnen und ihren beruflichen Qualifikationen.

 

Frage 2:

In der Abschlusserklärung wies die britische Präsidentschaft nochmals auf die Wichtigkeit der Lissabonner Strategie hin, die anerkennt, dass Gleichstellung und Förderung von Frauen wesentlich für das Erreichen der Vollbeschäftigung, für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und für sozialen Zusammenhalt sind, ebenso wie die Förderung von Bildung und Innovation, die Verstärkung des Sozialschutzes und die Bekämpfung der Armut.

 

Von seiten der EU wurde die Weiterführung der Sammlung und Entwicklung geeigneter Indikatoren zu den verschiedenen Aspekten der Aktionsplattform von Peking bekräftigt und auf die unter österreichischer und finnischer Präsidentschaft bevorstehende Arbeit zu den Gesundheitsindikatoren verwiesen.

 

Frage 3:

Neben den Gleichstellungsminister/innen waren auch NGOs aus den Mitgliedstaaten eingeladen. Die konkrete Anwesenheitsliste liegt bei der Veranstaltungsorganisation auf  (The Glasgows Group, Customs House, Customs Way, Off Riversway, Preston, Lancashire, PR2 2 UW, United Kingdom, gender2005@glasgow.co.uk, tel.: +44(0)1772 767722).

 

In der österreichischen Delegation waren neben mir Fr. Mag.Theresa Philippi, Referentin für Frauenpolitik in meinem Kabinett, Fr. Dr. Vera Jauk, Leiterin der Abteilung für strategische Kommunikation und Grundsatzpolitik, sowie Fr. Mag. Elisabeth Zehetner, Bundesgeschäftsführerin, Frau in der Wirtschaft, Wirtschaftskammer Österreich, vertreten.

 

Frage 4:

Ich übernahm den Vorsitz des Workshops “Getting In, Getting On”, an dem Luxemburg, Dänemark, Rumänien, Irland, Lettland, Schweden, Tschechien und Malta teilnahmen. Die beiden anderen Workshops “Making Work Work” und “Breaking the Barriers” wurden von meinen finnischen und britischen Amtskolleginnen geleitet.

 

In meiner Zusammenfassung der Workshopergebnisse vor dem Plenum wies ich darauf hin, dass Mädchen bei der Bildung in allen europäischen Ländern aufgeholt bzw. Jungen überholt haben, am Arbeitsmarkt beim Finden ihrer Ausbildung adäquater Positionen jedoch nach wie vor benachteiligt sind.

Anhand der Beispiele von Schweden und Luxemburg hob ich die Wichtigkeit hervor, Maßnahmen in Richtung geschlechtssensibler Pädagogik bereits im Vorschulalter zu setzen.

 

Zu den Einkommensunterschieden zwischen Frauen und Männern fasste ich zunächst deren Ursachen zusammen: die rollenstereotype Berufswahl von Mädchen, die Hürden beim Wiedereinstieg nach einer Berufsunterbrechung und die Schwierigkeiten von Frauen, in Führungspositionen zu gelangen.

 

Als gute Beispiele auf europäischer Ebene hob ich jenes von Irland, wo ein Programm zur Verringerung der Einkommensdifferenz von jährlich 1% in Angriff genommen werden soll, und jenes von Schweden, wo Betriebe mit über 10 Mitarbeiter/innen regelmäßig Bericht über Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter erstatten müssen, hervor.

 

Ich wies darauf hin, dass jedes einzelne der diskutierten Beispiele einen wertvollen Beitrag leistet, um die Gleichstellung voranzutreiben, und dass dieses Thema auch beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Hampton Court behandelt wurde.

 

Abschließend präsentierte ich die Hauptsujets meiner soeben gestarteten Infokampagne “Man(n) glaubt es kaum - Frau braucht Zeit und Raum” und wies in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit von Bewusstseinsänderung zum Abbau von Rollenstereotypen hin. Ziel der Kampagne ist es, Frauen Mut zu machen, einen größeren Beitrag der Männer bei Hausarbeit und Kinderbetreuung einzufordern.

 

Frage 5:

Im Rahmen des Treffens der Gleichstellungsminister/innen hatten die Minister/innen Gelegenheit, innovative Projekte auf regionaler Ebene kennenzulernen, die erfolgreich zur Stärkung von Frauen vor allem im Arbeitsleben beitragen, z.B. South Birmingham College – Connecting Communities to Learning, WIRE – Women in Rural Enterprise, Women at West Brown, The Asha Women´s Center.

 

Im Anschluss daran wurden im Rahmen von drei Workshops best practice Beispiele und Erfahrungen ausgetauscht.

 

Frage 6:

Die wichtigsten aktuellen Vorhaben auf EU-Ebene bezüglich Gleichstellungsmaßnahmen:

 

Durch eine neue Richtlinie sollen die wichtigsten Regelungen des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf den Grundsatz der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen in einem einzigen Text zusammengefasst sowie bestimmte Entwicklungen aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigt werden. Diese Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates wird voraussichtlich im 1. Halbjahr 2006 angenommen werden.

 

Die Kommission hat im März 2005 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen eingebracht. Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen soll Kommission und Mitgliedstaaten bei der Gleichstellungspolitik unterstützen. Die Verhandlungen sollen unter österreichischem Vorsitz zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden.

 

Bereits im Juli 2004 hat die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinschaftsprogramm für Beschäftigung und soziale Solidarität – PROGRESS vorgelegt. Umfasst ist darin auch das zukünftige Programm zur Gleichstellung der Geschlechter.

Ziel des Vorschlages ist, die vier in den Bereichen Beschäftigung, Soziales und Antidiskriminierung laufenden Programme (Anreizmaßnahmen im Bereich der Beschäftigung; Aktionsprogramm zur Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung; Aktionsprogramm betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern; Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Diskriminierungen) sowie die Haushaltslinie betreffend Arbeitsbedingungen in ein Programm zusammenzuführen. Während der österreichischen Ratspräsidentschaft soll die politische Einigung für das derzeit noch nicht abgeschlossene legislative Verfahren erreicht werden.

 

2007 soll zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle erklärt werden. Der Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle (2007) wird voraussichtlich Ende Jänner förmlich angenommen werden. In der Folge werden Maßnahmenpakete der Mitgliedstaaten für das Jahr der Chancengleichheit erstellt, die nach Genehmigung Finanzierungsbeiträge von der Europäischen Kommission erhalten.

 

Die Kommission plant, voraussichtlich im März 2006 eine „Roadmap“ („Fahrplan“) für die zukünftige EU-Strategie im Bereich der Gleichstellung von Frauen und Männern vorzulegen. Eines der Hauptziele wird die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sein; ferner wird eine Analyse der Situation in Bezug auf alle Aspekte dieser Vereinbarkeit durchgeführt, die den Elternurlaub, flexible Arbeitsregelungen und die Betreuungsmöglichkeiten abdeckt. Falls dieser „Fahrplan“ rechtzeitig von der Kommission angenommen wird, wird sie ihn auf der Märztagung des Rates vorstellen.

 

Im Rahmen des informellen Treffens der Staats- und Regierungschefs in Hampton Court am 27. Oktober 2005 brachte der schwedische Premierminister den Vorschlag eines Europäischen Paktes für die Gleichstellung von Frauen und Männer („European Pact for Gender Equality“) ein. Dieser Vorschlag umfasst Maßnahmen zur Beseitigung der geschlechtsspezifischen Unterschiede am Arbeitsmarkt, zur Förderung des Gleichgewichts von Berufs- und Privatleben („work-life balance“) und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für alle und zur Steuerung durch Gender Mainstreaming und Monitoring. Er soll damit auch der Unterstützung der neu ausgerichteten Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung dienen. Der Vorschlag wird sowohl von der Kommission als auch von Österreich und anderen Ländern unterstützt.

 

Frage 7:

An der am Vortag abgehaltenen„Gender Equality Conference“ war mein Ressort auf Beamtinnenebene vertreten.

 

Frage 8:

Ja.

 

Fragen 9 und 10:

Ich verweise auf meine Ausführungen zu Frage 4.

 

Fragen 11 und 12:

Am 25. Jänner 2006 fand in Brüssel eine Konferenz der Gleichstellungsminister/innen mit dem Schwerpunkt "Joint Action of Member States against Harmful Traditional Practices" statt. Der Schwerpunkt „Traditionsbedingte Gewalt gegen Frauen“ umfasst unter anderem Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung und Verbrechen im Namen der Ehre. Im Rahmen dieses Treffens der europäischen Gleichstellungsministerinnen und ‑minister wurden Wege und Methoden zur Prävention und Bekämpfung dieser Praktiken von Gewalt gegen Frauen und bestmöglicher Hilfestellung für die Betroffenen erarbeitet, um gemeinsame Initiativen zu ergreifen. Diese Konferenz ermöglichte auch den Austausch von Best Practice Modellen und die Diskussion spezieller Punkte wie der Prüfung legistischer Maßnahmen, der Notwendigkeit, gezielt Daten über Praktiken traditionsbedingter Gewalt zu sammeln und vieles mehr.

 

 

 

Fragen 13 bis 19.

 

Mit der Durchführung des „Runden Tisches Kinderbetreuung“ in den Jahren 2003 und 2004 und der zusätzlichen Förderung innovativer Kinderbetreuungsprojekte von Vereinen in den Jahren 2005 und 2006 hat die österreichische Bundesregierung die notwendigen und im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung möglichen Maßnahmen zur Bedarfsorientierung bei der Kinderbetreuung gesetzt. Abgesehen von der aktuellen Zuständigkeit der Bundesländer wäre ein derartiger Gesetzesentwurf nach der Ressortzuständigkeit laut dem Bundesministeriengesetz durch das BMSG auszuarbeiten. Folgerichtig wäre auch die Frage nach einem Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung zunächst auf landesgesetzlicher Ebene zu untersuchen.

 

Frage 19 bis 21:

 

Von meinen sozialdemokratischen Vorgängerinnen habe ich im Bereich der Gleichbehandlung eine Rechtslage vorgefunden, die die verpflichtende Einführung von Frauenförderplänen nur im Bundesgleichbehandlungsgesetz vorsieht. Auch ein Muster-Frauenförderungsplan lag nicht vor. Auf meine Bitte hin wurde in der Fachabteilung eine „Checkliste für Chancengleichheitspläne“ erarbeitet, die auf der Website des Frauenministeriums abrufbar ist und den Gleichbehandlungsbeauftragten sowie den Personalist/innen engagierter Unternehmen zur Verfügung gestellt wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin