3702/AB XXII. GP

Eingelangt am 21.02.2006
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-11.000/0037-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

 

Wien, am 20. Februar 2006

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3729/J-NR/2005 betreffend Ausschluss betroffener Bürgerinnen und Bürger von der Mitwirkung an der „Strategischen Prüfung“ neuer Transitstraßenprojekte, die die Abgeordneten Moser, Freundinnen und Freunde am 21. Dezember 2005 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 bis 3:

Halten Sie es aus dem Blickwinkel von Transparenz und BürgerInnennähe für angebracht, einem wesentlichen Teil der Bevölkerung, der – nicht zuletzt aufgrund Ihrer völlig unzureichenden IKT-Politik – keinen direkten Zugang zu e-mail hat, die Mitwirkung an einem so wichtigen Verfahren vorzuenthalten?

 

Wie lässt sich der Ausschluss wesentlicher Bevölkerungsgruppen über technische Parameter angesichts der teilweise gravierenden nachteiligen Auswirkungen der gegenständlichen Projekte auf Lebensqualität und Gesundheit gerade dieser oft älteren oder sozial schlechter gestellten MitbürgerInnen vertreten?

 

Werden Sie durch eine entsprechende Novelle des SP-V-Gesetzes dafür sorgen, dass bei künftigen Verfahren dieser Art die Mitwirkung unabhängig vom Zugang zu e-mail ermöglicht wird, wenn ja ab wann, wenn nein warum nicht?

 

Antwort:

Die Art und Weise, wie die Beteiligung der Öffentlichkeit bei einer strategischen Prüfung im Verkehrsbereich durchzuführen ist, sind den gesetzlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz, BGBl. I Nr. 96/2005) zu entnehmen. Diesen gesetzlichen Bestimmungen, die vom Parlament beschlossen wurden, ist seitens des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie Folge zu leisten. Wie die rege Beteiligung der Öffentlichkeit an den fünf strategischen Prüfungen zeigt, ist die Kritik an mangelnder Zugangsmöglichkeit nicht nachvollziehbar. Die Notwendigkeit einer Novelle zum Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich ist somit nicht erkennbar.

 

Frage 4:

Wie werden Sie mit der in Stellungnahmen zu den fünf Umweltberichten im einzelnen geäußerten massiven Kritik im weiteren verfahren?

 

Antwort:

Im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit trafen zahlreiche Stellungnahmen zu den vorgeschlagenen Netzveränderungen ein. Sofern eine erkennbare inhaltliche Befassung mit vorgeschlagener Netzveränderung und dem hiezu erstellten Umweltbericht vorliegt, kann die entsprechende Stellungnahme bei der Entscheidungsfindung betreffend eine allfällige Weiterverfolgung der vorgeschlagenen Netzveränderung im Wege einer Regierungsvorlage berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass gemäß SP-V-Gesetz bei der Entscheidung über eine allfällige Weiterverfolgung der Netzveränderungen im Wege einer Regierungsvorlage im Rahmen einer Gesamtabwägung nicht nur die Ergebnisse der Beteiligung der Öffentlichkeit zu berücksichtigen sind, sondern auch die Vor- und Nachteile der Netzveränderung insgesamt, wie sie im Umweltbericht dargestellt werden.

 

Fragen 5 - 6:

Wie werden Sie insbesondere konkret damit weiter verfahren, dass alle vorgelegten Umweltberichte in unterschiedlichem Ausmaß Schwächen hinsichtlich der Erfüllung der verbindlichen Kriterien nach §6 Absatz 2 SP-V-Gesetz aufweisen (vgl. zB die BMLFUW-Kritik) und insofern die Konformität mit der zugrunde liegenden EU-Richtlinie 2001/42/EG in Frage gestellt ist?

 

Wie können Sie den den GutachterInnen für die Umweltberichte auferlegten Zeitdruck, der nur mit diversen parteipolitischen Spatenstich“notwendigkeiten“ im Vorfeld des nächsten Nationalratswahltermins „begründet“ werden kann, in sachlicher Hinsicht rechtfertigen?

 

Antwort:

Der Anwendung des Bundesgesetzes über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich wurde bewusst eine Pilotphase vorangestellt. Es ist nicht auszuschließen, dass im Rahmen dieser Phase vereinzelt Verbesserungspotenzial im Bereich der erstellten Umweltberichte zu Tage treten kann. In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Verantwortung für die Erstellung der Umweltberichte beim jeweiligen Initiator liegt und nicht beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Insofern liegt daher auch die Auferlegung eines allfälligen Zeitdrucks bei der Erstellung des Umweltberichts ausschließlich im  Wirkungsbereich des Initiators.

 

Frage 7:

Wie können Sie rechtfertigen, dass verbindlich geltende Bundesgesetze wie zB das Verkehrsprotokoll der Alpenkonvention in den entsprechenden Umweltberichten nicht berücksichtigt werden?

 

Antwort:

Unbeschadet der bei der Beurteilung eines Umweltberichts gemäß SP-V-Gesetz anzulegenden Prüfungsmaßstäbe sind im Zusammenhang mit der Erstellung einer Regierungsvorlage alle gesetzlich verbindlichen Bestimmungen des Völkerrechts, des Gemeinschaftsrechts und des österreichisches Rechtsbestandes zu berücksichtigen.

 

 

 

 

Fragen 8 und 9:

Wie viele Stellungnahmen sind a) zum Umweltbericht B317, b) zum Umweltbericht B8a), c) zum Umweltbericht Verbindungsspange S1-A23, d) zum Umweltbericht Weinviertler Straße, e) zum Umweltbericht Traisental Straße eingegangen?

 

Wie ist bei den Stellungnahmen zu den fünf Umweltberichten jeweils das prozentuelle Verhältnis von negativen bzw. überwiegend kritischen Stellungnahmen einerseits zu positiven bzw. überwiegend positiven Stellungnahmen andererseits?

 

Antwort:

Da es sich bei der Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der strategischen Prüfung im Verkehrsbereich nicht um repräsentative Umfragen quantitativer Natur handelt, macht eine genaue prozentuelle Angabe der zustimmenden bzw. der ablehnenden Stellungnahmen zu einer vorgeschlagenen Netzveränderungen keinen Sinn – allenfalls kann eine Tendenz wiedergegeben werden:

 

Zur strategische Prüfung im Verkehrsbereich über die vorgeschlagene Netzveränderung „Ausbau der B317 zwischen Klagenfurt und Scheifling“ langten neun Stellungnahmen ein, die mehrheitlich als kritisch einzustufen sind.

 Zur strategische Prüfung im Verkehrsbereich über die vorgeschlagene Netzveränderung „Marchfeldstraße: Landesgrenze Wien/NÖ – Staatsgrenze bei Marchegg/Angern“ langten 70 Stellungnahmen ein, die zum überwiegenden Teil als kritisch einzustufen sind.

Zur strategische Prüfung im Verkehrsbereich über die vorgeschlagene Netzveränderung „Verbindungsspange A23 – S1“ langten neun Stellungnahmen ein, die mehrheitlich als kritisch einzustufen sind.

Zur strategische Prüfung im Verkehrsbereich über die vorgeschlagene Netzveränderung „Weinviertler Straße: Stockerau (A22) – Staatsgrenze bei Kleinhaugsdorf“ langten 55 Stellungnahmen ein, die mehrheitlich als zustimmend einzustufen sind.

Zur strategische Prüfung im Verkehrsbereich über die vorgeschlagene Netzveränderung „Traisental Straße: St. Pölten A1/S33 – Traisen (B18, B20)“ langten 451 Stellungnahmen ein, die zum überwiegenden Teil als zustimmend einzustufen sind.

 

Nochmals darf ich aber darauf hinweisen, dass es in der Natur der Sache liegt, dass sich bei derartigen Verfahren überwiegend jene Personen zu Wort melden, die der Netzveränderung kritisch gegenüber stehen. Daraus ein Stimmungsbild in der Bevölkerung abzuleiten wäre meines Erachtens daher verfehlt.

 

Frage 10:

Haben die durch Stellungnahmen zu den Umweltberichten beteiligten BürgerInnen ein Recht auf Berücksichtigung der von ihnen eingebrachten Punkte, wenn nein warum nicht?

 

Antwort:

Da der Bund als Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, seine Kompetenzkompetenz gemäß Art 10 Abs 1 Z. 9, B-VG („Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge“) wahrzunehmen, kann auch keine Verpflichtung der Bundesregierung bestehen, darauf abzielende Regierungsvorlagen zu erstellen. Unbeschadet dessen werden Stellungnahmen, die eine erkennbare inhaltliche Befassung mit vorgeschlagener Netzveränderung und dem hiezu erstellten Umweltbericht aufweisen, gemäß SP-V-Gesetz berücksichtigt und bei der Entscheidungsfindung betreffend die Erstellung einer allfälligen Regierungsvorlage miteinbezogen.

 

Mit freundlichen Grüßen