3722/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.03.2006
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BM für Wirtschaft und Arbeit

Anfragebeantwortung

 

 

Präsident des Nationalrates

Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                Wien, am 7. März 2006

 

                                Geschäftszahl:

                        BMWA-10.101/0006-IK/1a/2006

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3806/J betreffend Aushöhlung arbeits- und sozialrechtlicher Standards durch Arbeitskräfteüberlassung (Leiharbeit), welche die Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen am 23. Jänner 2006 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Gemäß den Bestimmungen des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) wird jährlich eine Erhebung jeweils zum Stichtag Ende Juli durchgeführt. Auf Grundlage der erteilten Gewerbeberechtigungen und der Meldungen der überlassenen Arbeitskräfte durch die Gewerbebetriebe können im Rahmen einer Auswertung der erhobenen Daten einerseits Arbeitskräfteüberlasser angegeben werden, die zu diesem Zeitpunkt Arbeitskräfte überlassen haben und andererseits jene ohne Überlassungsvorgang. Es kann davon ausgegangen werden, dass - mit geringen Unschärfen infolge Betriebsstilllegungen und Neuzugängen - diese Werte auch zu Jahresende noch aktuell sind. In den Jahren 2001 - 2005 kann daher für die Arbeitskräfteüberlasser insgesamt folgende Zeitreihe angegeben werden:

 

Jahr

2001

2002

2003

2004

2005

AK-Überlasser gesamt

1.110

1.087

1.287

1.424

1.427

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Bei Arbeitskräfteüberlassern, die zum Stichtag keinen Überlassungsvorgang gemeldet haben, könnte eine eher unregelmäßige Geschäftstätigkeit vermutet werden. Auch in diesen Fällen sind Unschärfen denkbar, weil in der Erhebung nicht Überlasser-Dienstverhältnisse, sondern faktische Überlassungsvorgänge zum Stichtag erfasst werden (Ausklammerung von Krankenständen) und periodische Schwankungen der Geschäftstätigkeit (die Stichtagserhebung fällt für manche Branchen in die Urlaubszeit) auftreten können. Zu- und Abgänge im Jahresablauf sind ebenfalls wie unter der  Antwort zu Frage 1 zu berücksichtigen. Für Arbeitskräfteüberlasser ohne Überlassungen kann für die Jahre 2001-2005 folgende Zeitreihe angegeben werden:

 

Jahr

2001

2002

2003

2004

2005

AK-Überlasser gesamt

1.110

1.087

1.287

1.424

1.427

ohne Überlassungen

435

396

544

611

556

in % aller Überlasser

39,2 %

36,4 %

42,3 %

42,9 %

39,0 %

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Überlassung von Arbeitskräften (Auswertung zum Stand 22.02.2006):

Begründungen bis 2001 – Überlassung
von Arbeitskräften
„davon aufrecht 31.12.2002“

Burgenland

23

Kärnten

99

Niederösterreich

107

Oberösterreich

274

Salzburg

28

Steiermark

199

Tirol

22

Vorarlberg

29

Wien

203

Bundesgebiet

984

 

Begründungen bis 2001 – Überlassung
von Arbeitskräften
„davon aufrecht 31.12.2003“

Burgenland

23

Kärnten

90

Niederösterreich

103

Oberösterreich

253

Salzburg

24

Steiermark

183

Tirol

21

Vorarlberg

25

Wien

185

Bundesgebiet

907

 

Begründungen bis 2001 – Überlassung
von Arbeitskräften
„davon aufrecht 31.12.2004“

Burgenland

22

Kärnten

83

Niederösterreich

194

Oberösterreich

240

Salzburg

20

Steiermark

168

Tirol

17

Vorarlberg

21

Wien

168

Bundesgebiet

833

 

 

Begründungen bis 2001 – Überlassung
von Arbeitskräften
„davon aufrecht 31.12.2005“

Burgenland

19

Kärnten

69

Niederösterreich

91

Oberösterreich

219

Salzburg

18

Steiermark

159

Tirol

13

Vorarlberg

19

Wien

151

Bundesgebiet

758

 

 

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

Daten liegen für die Jahre 2002 bis 2005 wie folgt vor:

2002: 41

2003: 36

2004: 48

2005: 42


Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

 

10 Insolvenzen konnten jeweils durch Ausgleich bzw. Zwangsausgleich abgewendet werden.

 

 

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

 

Insgesamt mussten 38 Konkursanträge von Überlassern mangels kostendeckendem Vermögen abgewiesen werden.

 

 

Antwort zu Punkt 7 der Anfrage:

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit verfügt über keine diesbezüglichen Vergleichsdaten.

 

 

Antwort zu Punkt 8 der Anfrage:

 

Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit.

 

 

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

 

Für die Jahre 2001 - 2005 ergeben sich folgende Werte; zur Beurteilung der Aussagekraft der Zahlen wird auf die Ausführungen zu Frage 1 verwiesen:

 

Jahr

2001

2002

2003

2004

2005

überlassen Arbeitskräfte

33.156

31.207

38.491

44.125

46.679

 


Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

 

Für die Jahre 2001 - 2005 ergeben sich folgende Werte; zur Beurteilung gilt das zuvor Gesagte :

Jahr

2001

2002

2003

2004

2005

Beschäftigerbetriebe

10.022

13.237

11.764

14.341

12.300

 

 

Antwort zu den Punkten 11 bis 24 der Anfrage:

 

Zu den in diesen Fragen angesprochenen Themenstellungen liegen meinem Ressort keine offiziell erhobenen Daten vor. Eine - redaktionell noch nicht abgeschlossene und daher auch noch nicht veröffentlichte - Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wird Daten enthalten, die jedoch mit den vorliegend abgefragten Informationen nicht deckungsgleich sind. So wird diese Studie unter anderem die persönliche Einkommenssituation der Zeitarbeitnehmer/innen betrachten, fokussiert also nicht auf das Erwerbseinkommen aus der Zeitarbeit, sondern stellt auf die gesamte Einkommenssituation unter Einschluss von Transferleistungen ab. Ein Vergleich zum Einkommen der jeweiligen Stammbelegschaft ist darin nicht enthalten. Sie zeigt die Entwicklung der monatlichen Bemessungsgrundlagen ohne Sonderzahlungen für Zeitarbeit, differenziert nach dem Geschlecht, allerdings nicht arbeitszeitbereinigt.

 

 

Antwort zu Punkt 25 der Anfrage:

 

Ungeachtet des Umstandes, dass der erwähnte Grundsatz des gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit in dieser Allgemeinheit dem österreichischen Arbeitsrecht fremd ist, ist mit den Regelungen des § 10 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) und der für überlassene Arbeitskräfte geltenden Kollektivverträge - das sind der Kollektivvertrag für Angestellte in Gewerbe und Handwerk, in der Dienstleistung, in Information und Consulting einerseits und der Kollektivvertrag Arbeitskräfteüberlassung für Arbeiter/innen andererseits - gewährleistet, dass überlassenen Arbeitskräften für ihre Tätigkeit jedenfalls das gleiche kollektivvertragliche Entgelt gebührt wie den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Beschäftigerbetriebs.

 

Die Regelung des Überlassungslohns im Kollektivvertrag Arbeitskräfteüberlassung für Arbeiter/innen geht noch darüber hinaus und berücksichtigt im Ergebnis das Ist-Lohn-Niveau im Beschäftigerbetrieb.

 

 

Antwort zu Punkt 26 der Anfrage:

 

Ja. Für die Beschäftigten eines Arbeitskräfteüberlassungsunternehmens gelten - wie für andere Unternehmen - in Bezug auf die betriebliche Interessenvertretung die Bestimmungen des II. Teiles des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG). Sie können daher ab einer Belegschaftsstärke von zumindest fünf Beschäftigten einen Betriebsrat einrichten und damit die nach dem ArbVG zustehenden Mitwirkungsrechte wahrnehmen.

Richtig ist, dass durch die räumliche Trennung der Beschäftigten, verursacht durch ihre „Aufteilung“ auf unterschiedliche Betriebsstätten, deren Betreuung durch den Betriebsrat schwieriger ist als es bei einer Konzentrierung der Belegschaft an einem Ort der Fall wäre. Dies gilt aber auch für andere Wirtschaftszweige, in denen Arbeitnehmer disloziert arbeiten, wie zB. in der Baubranche oder im Verkehrssektor, und stellt insofern keine Besonderheit nur für den Bereich der Arbeitskräfteüberlassung dar.

Überlassene Arbeitskräfte können darüber hinaus - ab einer längeren Dauer der Überlassung - betriebsverfassungsrechtlich auch Arbeitnehmer des Beschäftigerbetriebs werden. In diesem Fall zählen sie zur Stammbelegschaft dieses Betriebs und sind von dessen Betriebsrat mit zu vertreten, soweit es sich um Aspekte des Arbeitsverhältnisses handelt, für die der Beschäftigerbetrieb zuständig ist. Mit dieser aus der Judikatur entwickelten Regelung wird die Integration überlassener Arbeitskräfte in den Beschäftigerbetrieb gefördert und die in der Anfrage angesprochene Konkurrenzsituation zwischen überlassenen Arbeitskräften und Stammbelegschaft entschärft.

 

Antwort zu Punkt 27 der Anfrage:

 

Die Beschäftigung von überlassenen Arbeitskräften ist legitim und kann auf verschiedenen unternehmerischen Motiven beruhen. Das in der Anfrage behauptete Motiv der Vermeidung der gesetzlichen Begrenzung der Probezeit erscheint in diesem Zusammenhang kaum nachvollziehbar, da diesem Ziel wohl am ehesten mit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses etwa auf wenige Monate und nicht mit der Beschäftigung eines Arbeitnehmers im Wege der Überlassung entsprochen werden könnte.

 

 

Antwort zu Punkt 28 der Anfrage:

 

Auf diese Frage kann nicht näher eingegangen werden, da die der Fragestellung zugrunde gelegte Hypothese durch die verfügbaren Fakten nicht belegt werden kann.