3736/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.03.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

DVR:0000051

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

 

Parlament

A-1017 Wien

 

Die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde haben am 20. Jänner 2006 unter der Nummer 3801/J-NR/2006 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „ARGE Schubhaft in Tirol“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Der "Verein Menschenrechte Österreich - Tirol" stellte für das Jahr 2006 einen Förderungsantrag in der Höhe von € 51.260,--, die ARGE Schubhaft in der Höhe von € 43.660,82.

 

Zu Frage 2:

Die vom Bundesministerium mit diversen Förderungsnehmern abgeschlossenen Verträge beinhalten unter der Rubrik „Aufgaben des Förderungsnehmers“ die „Information der Schubhäftlinge über die Möglichkeiten der freiwilligen Rückkehr“ sowie die „organisatorische Unterstützung bei der Vorbereitung der freiwilligen Rückkehr auf Wunsch des Schubhäftlings“.

Der Verein Menschenrechte Österreich hat gegenüber dem BM.I keine über den üblichen Vertragsinhalt hinausgehenden Angebote unter diesem Aufgabenbereich gemacht.

 

Zu Frage 3:

Ja.

 

Zu Frage 4:

Nein.


Zu den Fragen 5 und 6:

Im Hinblick auf den genauen Wortlaut der Stellungnahme der BPD Innsbruck darf ich auf das in der Beilage auszugsweise wiedergegebenen Schreiben der SID Tirol und der BPD Innsbruck verweisen.

 

Zu Frage 7:

In die Meinungsbildung wurden seitens der BPD Innsbruck die zuständigen Fachabteilungen (Fremdenpolizei und Präsidialabteilung) und das PAZ Innsbruck eingebunden.

 

Zu Frage 9:

Die Unzufriedenheit wurde der ARGE Schubhaft insbesondere durch den Leiter der

Sicherheits- und Kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Innsbruck in mehreren Arbeitsgesprächen mitgeteilt.

 

Zu Frage 10:

Die BPD Innsbruck und die ARGE Schubhaft Tirol haben im Rahmen von Besprechungen versucht, entstandene Problembereiche zu beseitigen. Aus Sicht der BPD Innsbruck konnten aber die Kernprobleme (Informationsweitergabe, Asylformulare, Misstrauen gegenüber den ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie Dolmetschern, Nichtbefolgung von Anordnungen des Kommandanten des PAZ an Mitarbeiter der ARGE-Schubhaft etc) nicht abgebaut werden.

 

Zu Frage 11:

Zu Vertragsverlängerungen in früheren Jahren liegen keine Stellungnahmen der BPD Innsbruck vor.

 

Zu Frage 12:

In die Entscheidungsfindung wurden die SID Tirol, die BPD Innsbruck, das Polizeianhaltezentrum Innsbruck sowie die Bezirkshauptmannschaften Tirols einbezogen.

 

Zu Frage 13

Eine Vertragsverlängerung war nicht Thema der Evaluierungsbesprechung am 2.11.2005.

 

Zu den Fragen 14 bis 16

Die zuständige Fachabteilung hat mich am 5.12.2005 über die Vorbereitungen zum Abschluss von Verträgen für das Jahr 2006 informiert und auch eine Auswahl von Trägerorganisationen für die Schubhaftbetreuung 2006 mit dem Ersuchen um Genehmigung übermittelt. In dieser Information wurde zur Situation in Tirol wie folgt ausgeführt:

Exkurs: Tirol

Während die Zusammenarbeit der BH Innsbruck Umgebung und BH Kufstein mit der ARGE Schubhaft Tirol als gut bezeichnet wird, wurde seitens der BPD Innsbruck ein Zusammenhang zwischen der Betreuungstätigkeit der genannten Organisation und einer Zunahme der Selbstverletzungen sowie Hungerstreiks im PAZ Innsbruck behauptet.

Angemerkt werden muss, dass die der Fachabteilung vorliegenden Zahlen der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol über Hungerstreik und Selbstverletzungen keine Auffälligkeiten bestätigen.

 

Um für die Frage der Vertragsverlängerung ein aussagekräftiges Gesamtbild zu erhalten, hat die Fachabteilung im Rahmen der Besprechung mit den Schubhaftbetreuungsorganisationen einerseits die betroffene Organisation um schriftliche Darlegung ihrer Sichtweise ersucht und andererseits auch die BPD Innsbruck zu einer konkreten Stellungnahme aufgefordert. Weiters wurde angeregt, eine gemeinsame Besprechung abzuhalten, um Unstimmigkeiten auszuräumen und dem BM.I darüber zu berichten.

 

Aus Sicht der Fachabteilung kann kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Betreuungstätigkeit und allfälligen Selbstbeschädigungen konstatiert werden. Vielmehr scheint das Problem auf persönlicher Ebene gelegen und die Kommunikation, beschränkt auf einen einzelnen Mitarbeiter der BPD Innsbruck, problematisch zu sein. Die Fachabteilung wird daher verstärkt darauf achten, dass ein regelmäßiger Informations- und Kommunikationsfluss zwischen ARGE Schubhaft und BPD Innsbruck eingehalten wird und sieht abgesehen davon keinen Handlungsbedarf in Richtung Trägerwechsel.“   

 

Ergänzend dazu wurde eine detailliertere Beurteilung der Mitbewerber für Tirol am 15. Dezember 2005 durch die zuständige Fachabteilung vorgelegt:

 

·         „Der Verein Menschenrechte Ö ist seit mehreren Jahren in der Schubhaftbetreuung tätig und gilt als zuverlässiger Vertragspartner in Wien und Oberösterreich, der durch laufende Entwicklung von Betreuungskonzepten hervorsticht (z.B: die Implementierung offener Stationen in den Polizeianhaltezentren geht maßgeblich auf die Idee des Geschäftsführers zurück).

·         Darüber hinaus ist der Verein seit Mai 2003 auch im Bereich der Rückkehrberatung in Wien  tätig. Für das Jahr 2006 hat sich der Verein auch um die Rückkehrberatung in Tirol beworben.

·         Die Verbindung von Schubhaftbetreuung und Rückkehrberatung, ausgeübt von ein und demselben Team, hat sich am Beispiel Wiens aus Sicht des BM.I bestens bewährt und konnten aufgrund der durchgehenden Betreuung sehr gute Ergebnisse im Bereich der freiwilligen Rückkehr erreicht werden.

·         Der Verein Menschenrechte Österreich setzt vorwiegend muttersprachliche BetreuerInnen ein, wodurch ein gutes Vertrauensverhältnis zu den Angehaltenen erzielt werden kann.  

·         Die Zusammenarbeit mit der ARGE Schubhaft hat sich demgegenüber aufgrund häufig wechselnden Betreuungspersonals schwierig gestaltet und konnte trotz mehrmaliger Gesprächsrunden keine Vertrauensbasis zur Leitung des PAZ und zur BPD Innsbruck geschaffen werden. Die ARGE Schubhaft bietet keine Rückkehrberatung an.

 

Für die Auswahl des Vereins Menschenrechte Ö in Oberösterreich sprechen die bereits oben angeführten allgemeinen Punkte.“

 

Zu Frage 17:

Der Bewertung der Fachabteilung wurde Rechnung getragen.

 

Zu Frage 18:

Das Betreuerteam in Innsbruck deckt folgende 11 Sprachen ab: Deutsch, Englisch, Italienisch, Spanisch, Französisch, Polnisch, Ukrainisch, Russisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Mazedonisch, Bulgarisch.

 

Zu Frage 19:

Für die Schubhaftbetreuung und Rückkehrberatung im PAZ Innsbruck werden seit 2.1.2006 insgesamt 64 Wochenstunden und damit etwas mehr als 1,5 Personaleinheiten eingesetzt.

 

Zu den Fragen 20 und 21:

Ja. Das Betreuungskonzept des Vereins sieht die Einbeziehung ehrenamtlicher Mitarbeiter vor. Ein Pool befindet sich in Aufbau. Aufgrund der kurzen Zeitspanne seit Aufnahme der Tätigkeit des Vereins in Innsbruck kann von diesem aber noch keine endgültige Zahl der ehrenamtlich mitwirkenden Personen oder der von diesen geleisteten Wochenstunden angegeben werden.

 

Zu den Fragen 22 und 23:

Eine professionelle psychologische oder psychotherapeutische Betreuung war bislang in den Förderverträgen zur Schubhaftbetreuung nicht als Aufgabe definiert. Daher beschäftigt der „Verein Menschenrechte Österreich“ auch keine Psychologen oder Psychotherapeuten und bietet eine derartige Betreuung demnach auch nicht an.

 

Zur Frage 24:

Der „Verein Menschenrechte Österreich“ ist, wie vertraglich vorgesehen,  seit 2.1.2006 in der Schubhaftbetreuung im PAZ Innsbruck tätig.

 

 

Zu Fragen 25 bis 28:

Die Förderverträge sind Jahresverträge und laufen daher mit Ende des jeweiligen Vertragsjahres aus.  Dies hat dem Förderungsnehmer bewusst zu sein und hat er demnach auch entsprechend zu disponieren.

 

Der Antrag der ARGE Schubhaft ist mit 24.11.2005 datiert. Die Entscheidung des Bundesministeriums für Inneres erfolgte somit innerhalb redlicher Monatsfrist.

 


Beilage

 

 

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol hat unter Zahl Fr 4200-7/05 folgende Stellungnahme am 20.10.2005 an das BM.I übermittelt:

 

Bezüglich des Quartals vom 1.7. bis 30.9.2005 wird berichtet, dass es in diesem Zeitraum keine nennenswerten Vorfälle mit der ARGE SCHUBHAFT gegeben hat.

Bezüglich der Vorbereitung der Schubhaftbetreuungsverträge 2006 werden die Berichte der BPD Innsbruck vom 18.10.2005 in Vorlage gebracht mit dem dringenden Ersuchen,

 

  1. ……… sowie
  2. eine Überarbeitung des Förderungsvertrages betreffend die Pflicht der Fremdenpolizeibehörden zur Informationsweitergabe an die ARGE SCHUBHAFT in Hinblick auf die angeführten Problemfälle

 

durchzuführen.

 

Nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck wäre eine bessere Nachbetreuung von entlassenen Schubhäftlingen durch die ARGE SCHUBHAFT wünschenswert (z.B. Übernahme der Entlassenen im PAZ, Aufklärung über die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr).

 

 

Bericht der BPD Innsbruck vom 18.10.2005:

 

Seitens des Leiters der ha. Abteilung IV, OR Dr. Peter OEHM, wurden folgende Problemkreise an den gefertigten Behördenleiter herangetragen:

 

 

1.   ……..

 

 

  1. Problemfall Schubhaftbetreuung durch die ARGE-Schubhaft:

 

Im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeidirektion Innsbruck wird entsprechend dem Förderungsvertrag die Schubhaftbetreuung von der „ARGE Schubhaft - Verein zur psychosozialen Betreuung und rechtlichen Beratung von Schubhäftlingen in Tirol“ durchgeführt.

 

Am 1.10.2004 wurde von einer Mitarbeiterin der ARGE Schubhaft versucht, 1 Liter Rotwein, versteckt in einer Flasche Coca Cola, in das PAZ zu schmuggeln und einem in Schubhaft befindlichen Schwarzafrikaner zukommen zu lassen. Dies wurde jedoch durch einen Sicherheitswachebeamten erkannt und der Rotwein abgenommen.

Nach entsprechenden Maßnahmen gegen diese Mitarbeiterin von Seiten der BPD Innsbruck wurde vom Leiter der Abt. IV eine Evaluierung der Schubhaftbetreuung durchgeführt und dabei folgende Missstände festgestellt:

 

 

a)       offensichtlicher Zusammenhang zwischen „Freipressungsversuchen“ und Schubhaftbetreuung:

 

In zahlreichen Fällen wurde festgestellt, dass es kurz nach einem Schubhaftgespräch zwischen einem Mitarbeiter der ARGE Schubhaft und dem jeweiligen Fremden zu einem „Freipressungsversuch“ (Hungerstreik, Asylantragstellung, Selbstverletzung, schwere Beschädigung von Haftzellen etc.) kam. Da diesbezüglich jedoch keine Informationen vorliegen, was im Rahmen des jeweiligen Betreuungsgespräches besprochen wurde, kann dieser offensichtliche Zusammenhang nur mit der Regelmäßigkeit solcher Vorfälle begründet werden. Die ARGE Schubhaft bestreitet einen solchen Kausalzusammenhang.

 

   

b)       Rechtsberatung durch Mitarbeiter der ARGE Schubhaft:

 

Wie sich aus dem Förderungsvertrag ergibt (Pkt. 1), ist „kein Ziel der Schubhaftbetreuung die Rechtsberatung und Rechtsvertretung der betreuten Schubhäftlinge“. Der ha. Behörde liegen jedoch mündliche Aussagen von Schubhäftlingen vor, die laut ihren Angaben z.B. einen Asylantrag deshalb gestellt hätten, weil ihnen von einem/r Mitarbeiter/in der ARGE Schubhaft mitgeteilt worden wäre, dass sie dadurch aus der Schubhaft entlassen werden würden. Dies wird von der ARGE Schubhaft in Abrede gestellt bzw. von einem „Missverständnis“ gesprochen.

 

In diesem Zusammenhang darf auf die Statuten der ARGE Schubhaft verwiesen werden, die sich – wie auch bereits im Vereinsnamen ersichtlich ist – zur rechtlichen Beratung der Schubhäftlinge in Tirol verpflichtet hat.

 

Es liegen der ha. Behörde auch Informationen dahingehend vor (und wird von der ARGE Schubhaft auch bestätigt), dass Mitarbeiter der ARGE Schubhaft einem Schubhäftling ein selbst entworfenes Formular zur Asylantragstellung im Bedarfsfall aushändigen, welches anschließend von der ARGE Schubhaft weitergeleitet wird.

Eine diesbezügliche Aufforderung seitens des Leiters der Abt. IV, dies zu unterlassen und im Falle eines Asylantrages einen Mitarbeiter des PAZ zu verständigen, wurde von der ARGE Schubhaft abgelehnt.

 

 

c)       Weitergabe vertraulicher Informationen – Verhinderung der Abschiebung:

 

Es konnte festgestellt werden, dass Mitarbeiter der ARGE Schubhaft Informationen an die betreuten Schubhäftlinge frühzeitig weitergegeben haben, die ua. zu „Freipressungsversuchen“ (zB auch Angriffe gegen im PAZ eingesetzte Sicherheitswachebeamte) führten, welche wiederum die Abschiebung verhinderten. 

 

In diesem Zusammenhang muss jedoch hervorgehoben werden, dass nach Ansicht des Leiters der Abt. IV die Mitarbeiter der ARGE Schubhaft von diesen Fremden als Informationsquelle missbraucht werden, um aufgrund dieser Informationen ihre „Freipressungsversuche“ taktisch, insbesondere in zeitlicher Hinsicht, abstimmen zu können.

 

 

Dies zeigte sich ua. bei folgenden zwei Fällen:

 

Ø      A.V.:

 

Herr A., alias K., wurde am 18.10.2004 in das PAZ-Innsbruck zwecks Vollziehung der Schubhaft überstellt, nachdem die gegen ihn verhängte Haftstrafe in der Justizanstalt Innsbruck vollstreckt worden war. Gegen ihn besteht ein vollstreckbares und rechtskräftiges Aufenthaltsverbot der BPD Innsbruck. Das Asylverfahren wurde für ihn rechtskräftig negativ abgeschlossen.

 

Unmittelbar nach seiner Einlieferung im PAZ begann er zu randalieren, SWB zu attackieren sowie sich selbst zu verletzen. Nachdem er ärztlich versorgt worden war und sich beruhigen konnte, wurde die Schubhaft weiter vollzogen.

 

Am 9.11.2004 begann er einen Hungerstreik.

 

Nach einer Vorführung beim … Generalkonsulat in … wurde ein Heimreisezertifikat ausgestellt und die Abschiebung (als Problemschub) vorbereitet. Dies wurde der ARGE Schubhaft mitgeteilt. Der genaue Abschiebetermin wurde der ARGE Schubhaft vorerst nicht mitgeteilt, da mit höchster Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden musste, dass der Fremde alles unternehmen würde, um diese Abschiebung zu verhindern.

 

Unmittelbar nach der Vorführung zum Generalkonsulat erklärte der Fremde im Rahmen des Betreuungsgespräches mit einem Mitarbeiter der ARGE Schubhaft, dass er nunmehr Suizid begehen werde. Zudem  beschädigte er die Einrichtung einer Zelle erheblich. Unter Beiziehung des diensthabenden Amtsarztes konnte er wieder beruhigt werden. Die folgenden Tage verliefen problemlos.

 

Drei Tage vor dem eigentlichen Abschiebetermin begann er ohne offensichtlichen Grund wieder zu randalieren und attackierte die im PAZ eingesetzten Sicherheitswachebeamten. Nachträgliche Erhebungen ergaben, dass der Fremde über einen Mitarbeiter der ARGE Schubhaft (der via … Generalkonsulat den genauen Abschiebetermin erfahren hatte) von seinem Abschiebetermin Kenntnis erlangte, worauf er seine „Freipressungsversuche“ begann.

 

Da er sich nicht mehr beruhigte, wurde er nach Gutachten des diensthabenden Amtsarztes aus der Schubhaft entlassen (wegen angeblicher psychischer Probleme) und in die psychiatrische Abteilung des Bezirkskrankenhauses Kufstein überstellt. Wenige Stunden später wurde er dort wegen Nichtvorliegens eines Einweisungsgrundes entlassen.

 

Die Abschiebung musste abgebrochen werden; es entstanden dabei hohe Stornokosten.

 

Am 12.1.2005 wurde er wieder in Innsbruck angehalten und in Schubhaft genommen. Neuerlich begann er dort zu randalieren und beschädigte eine Zelleneinrichtung schwer.

 

Da wiederum mit einem „Freipressungsversuch“ aus der Schubhaft zu rechnen war und zudem eine erhebliche Gefahr für die im PAZ tätigen SWB bestand, wurde – in Absprache mit dem … Generalkonsulat – der Abschiebetermin (für den Problemschub) vorerst weder der ARGE Schubhaft noch dem Fremden selbst bekannt geben.

 

Am 27.1.2005 um 18.00 Uhr wurde dem Fremden der Abschiebetermin bekannt gegeben und das Abschiebegespräch durchgeführt.

Der Abflug erfolgte am 28.1.2005 um 10.00 Uhr. Es kam dabei zu keinen weiteren Vorfällen.

 

 

Ø      L. R.:

 

Am 2.7.2004 wurde Herr L. unter dem Aliasnamen M. O. in Innsbruck erstmals aufgegriffen. Nach seiner Festnahme stellte er einen Asylantrag und wurde daraufhin nach in die EASt West nach Thalham überstellt. Da er sich von dort unrechtmäßig entfernt hatte, wurde das Asylverfahren eingestellt.

Am 26.9.2004 wurde er neuerlich in Innsbruck aufgegriffen (Suchtmitteldelikt) und in Schubhaft genommen.

Nachdem das Asylverfahren wieder aufgenommen und er in Leutasch untergebracht worden war, wurde die Schubhaft aufgehoben. Neuerlich tauchte er unter (Einstellung des Asylverfahrens).

Am 11.11.2004 wurde er wiederum in Innsbruck angetroffen, festgenommen und die Schubhaft verhängt. Dort begann er mit einem Hungerstreik, um sich aus der Schubhaft „freizupressen“. Aufgrund eines Gutachtens des diensthabenden Amtsarztes wurde schlussendlich die Schubhaft aufgehoben (Haftunfähigkeit).

Zwischenzeitig wurde das Asylverfahren dahingehend abgeschlossen, dass eine Ausweisung gemäß § 5 AsylG (nach Belgien) erlassen wurde.

 

Am 1.2.2005 wurde er in Innsbruck angetroffen und festgenommen. Nachdem die Schubhaft verhängt und ihm die Abschiebung nach Belgien angekündigt worden war, erklärte der aus Suchtmittelkreisen amtsbekannte Fremde, dass er nicht nach Belgien gehen und eine Abschiebung dorthin verhindern werde.

Aus diesem Grund wurde die Problemabschiebung eingeleitet.

Dieser Umstand wurde dem Jugendwohlfahrtsträger (Herrn Gstrein vom Amt der Tiroler Landesregierung) bekannt gegeben. Zudem wurde ersucht, den Abschiebetermin zu diesem Zeitpunkt auch der ARGE Schubhaft gegenüber nicht mitzuteilen, weil aufgrund vorheriger Fälle zu vermuten war, dass es für den Fall einer vorzeitigen Inkenntnissetzung des Fremden vom Abschiebetermin zu einem „Freipressungsversuch“ mit Gefährdung des Fremden selbst und der im PAZ eingesetzten Mitarbeiter kommen werde.

Trotz dieses Ersuchens wurde von Herrn Gstrein der ungefähre Abschiebetermin der ARGE Schubhaft übermittelt, worauf deren Mitarbeiter dem Fremden den Termin mitteilte. Unmittelbar nach dem Betreuungsgespräch begann der Fremde zu randalieren, weshalb am 8.2.05 nach Gutachten des diensthabenden Amtsarztes die Schubhaft beendet wurde.

 

Am 9.2.2005 wurde der Fremde in Innsbruck aufgegriffen, nachdem er in der Nähe des Hauptbahnhofes randaliert hatte.

Nach der Festnahme und Einlieferung in das PAZ wurde die Schubhaft verhängt, wobei er sehr aggressiv war und randalierte.

Aufgrund des vorhergehenden erfolgreichen „Freipressungsversuches“ bzw. der Verhinderung der Abschiebung und seines sehr aggressiven Verhaltens wurde seine ständige Überwachung angeordnet und durchgeführt. Zudem wurde der neue Abschiebetermin der ARGE Schubhaft vorerst nicht mitgeteilt.

Am 14.2.2005 wurde der Fremde von der Abschiebung in Kenntnis gesetzt und das Abschiebegespräch durchgeführt, anschließend wurde er sofort abgeschoben.

Während des Abschiebevorganges ereigneten sich keine Vorfälle mehr.

 

Bezüglich dieses Falles hat sich dann die ARGE Schubhaft bei der Leiterin der Kommission des Menschenrechtsbeirates für Tirol und Vorarlberg, RA Dr. Helga NEUBERGER, wegen der „nicht rechtzeitigen“ Weitergabe des Abschiebetermines an die ARGE Schubhaft beschwert und hat dann Dr. NEUBERGER eine Aufforderung zur Stellungnahme an den unterfertigten Behördenleiter gerichtet.

 

Besprechung mit der ARGE Schubhaft:

Am 1.3.2005 kam es bezüglich dieser Problemfälle zu einer Arbeitssitzung zwischen Dr. OEHM und dessen Stellvertreter Mag. BAUMGARTNER einerseits und Vertretern der ARGE Schubhaft andererseits.

 

Im Rahmen dieser Sitzung erklärten die Vertreter der ARGE Schubhaft, dass es von ihrer Seite unmöglich sei, Informationen hinsichtlich Abschiebetermin udgl. auch bei begründetem Verdacht eines anschließenden „Freipressungsversuches“ mit allen seinen Folgen dem Fremden gegenüber vorzuenthalten. Sobald eine Information (Abschiebung udgl.) der ARGE Schubhaft vorliege, müsse diese aus ideologischen und vertraglichen(!) Gründen mit allen Konsequenzen dem Fremden mitgeteilt werden.

 

Schlussendlich wurde einvernehmlich vereinbart, dass dieses Problem dem BMI (Vertragspartner der ARGE Schubhaft) mitgeteilt wird.

 

Aufgrund dieser Vorfälle wird seitens der Mitarbeiter des ha. Fremdenpolizeilichen Büros in, den oa. Beispielen gleichgelagerten, Einzelfällen keine Information mehr an die ARGE Schubhaft (insbesondere bei Problemabschiebungen) weitergeleitet, um dem im Fremdengesetz normierten Auftrag einer ordnungsgemäßen Abschiebung nachkommen zu können.

 

Der Leiter der Abteilung IV, OR Dr. OEHM, hat ausdrücklich betont, dass nach wie vor ein großes Interesse an der Zusammenarbeit mit der ARGE Schubhaft besteht und dass kleinere Problembereiche ohnehin immer intern behoben werden können.

 

Da sich jedoch insbesondere die grundsätzlich verpflichtende Informationsweitergabe (Termin der Abschiebung etc.) als sehr kontraproduktiv erwiesen hat, muss diese Angelegenheit an die do. Fachabteilung herangetragen werden, um hier eine Abänderung des Förderungsvertrages erwirken zu können.

 

Die do. Fachabteilung darf daher ersucht werden, eine Überarbeitung des Förderungsvertrages betreffend die Pflichten der Fremdenpolizeibehörden zur Informationsweitergabe an die ARGE Schubhaft im Hinblick auf die oa. Problemfälle durchzuführen.