3759/AB XXII. GP

Eingelangt am 17.03.2006
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BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

 

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Parlament

1017 Wien     

                                                                              

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben am                20. Jänner 2006 unter der Nummer 3805/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Variete- und Revueveranstaltungen – Menschen- und Frauenhandel?“  gerichtet.

 

Die Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Die Genehmigung von derartigen Veranstaltungen fällt in die Kompetenz der Länder; es liegt hier somit kein Gegenstand der Bundesvollziehung vor.

 

Zu Frage 2:

Burgenland: In bordellmäßig geführten Betrieben werden immer wieder  Übertretungen nach § 5 Bgld. PolStrG (Verletzung der Anzeigepflicht/Geheimprostitution) festgestellt. Im Bereich der BPD Eisenstadt wurden illegale Arbeitsaufnahmen festgestellt.

Kärnten: Hier ist es vermehrt zu Verehelichungen von österr. Staatsbürgern mit Fremden gekommen, wobei in vielen Fällen der Verdacht der Aufenthaltsehe besteht.

 

 

 

Aufgrund veränderter nationaler gesetzlicher Bestimmungen in Rumänien sind vermehrt rumänische Prostituierte mit verfälschten slowakischen und tschechischen Reisedokumenten ausgestattet, um auf diese Weise weiter als Prostituierte in Österreich zu arbeiten.

Aufenthaltstitel „kurzfristig Kunstausübende“ werden häufig dazu benutzt, im Bundesgebiet der illegalen Prostitution nachzugehen.

Niederösterreich: hier sind diesem Zusammenhang keine nennenswerten Sicherheitsprobleme aufgetreten

Oberösterreich:

In bestimmten Lokalen mussten mehrmals illegale Prostituierte festgenommen werden. Weiters kam es zu Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem oö. Polizeistrafgesetz.

Salzburg: hier sind in diesem Zusammenhang keine nennenswerten Sicherheitsprobleme aufgetreten

Steiermark: Es konnten Probleme aus beschäftigungsrechtlicher Sicht, ferner abgelaufene Aufenthaltsberechtigungen, Übertretungen des Fremdengesetzes und vereinzelt Raufhändel unter alkoholisierten Gästen festgestellt werden.

Tirol: Aufgrund von häufigen Ortswechsel von Frauen in diesen Berufen sowie der Tatsache, dass die Verpflichtungen nach dem Meldegesetz nicht immer beachtet werden, ist es oft schwer feststellbar, wo sich die Fremde aktuell aufhält. Das erschwert der Fremdenpolizei die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Zudem konnte beobachtet werden, dass  Tänzerinnen Ehen mit Österreichern bzw. EU Bürgern eingingen, um sich als begünstigte Drittstaatsangehörige in Österreich niederzulassen. Bei im Bezirk Kufstein in  behördlich bewilligten Bordellen durchgeführten Kontrollen wurde immer wieder festgestellt, dass (vor allem afrikanische) Asylwerberinnen offiziell in österreichischen Bordellen als selbständig Erwerbstätige arbeiten dürfen. Allein der Umstand, dass sie Asylantrag gestellt haben und sich mit einer „Asylkarte“ ausweisen können, verschafft ihnen ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Österreich. Vielfach besitzen sie auch schon die zweite oder dritte „Asylkarte“, weil sie die anderen verloren – möglicherweise weitergegeben – haben.

Vor der Novellierung des Tiroler Veranstaltungsgesetzes wurden die Bewilligungen für Table-dance Vorführungen von der Bezirkshauptmannschaft vergeben, zentral erfasst und die bescheidmäßigen Auflagen von der Exekutive überwacht.

Seit der Novellierung dieses Gesetzes im Jahr 2003 fallen diese Bewilligungen in die Kompetenz der Bürgermeister,  wobei durch diese Dezentralisierung zur ordnungsgemäßen Durchführung von Kontrollen ein erhöhter administrativer Aufwand erforderlich ist.

 

Vielfach werden Table-dance Vorführungen – meist in Verbindung mit illegaler Prostitution in den Nebenräumen - ohne Bewilligungen nach dem Tiroler Veranstaltungsgesetz durch-geführt, die erst im Rahmen allgemeiner Ermittlungen durch die Exekutive bekannt werden. In diesem Zusammenhang kommt es auch öfters zu Verstößen nach dem Tiroler Jugendschutzgesetz.

Die Problematik im Bezirk Innsbruck Land erstreckt sich hauptsächlich auf das Fremdengesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, Tiroler Jugendschutzgesetz, Meldege-setz, Tiroler Veranstaltungsgesetz und die Gewerbeordnung.

 

Vorarlberg:

Im Zusammenhang mit Table-dance-Veranstaltungen werden immer wieder Übertretungen nach dem Fremdengesetz, dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Meldegesetz festgestellt. Seit dem Beitritt ehemaliger Ostblockstaaten zur EU ist ein deutlicher Rückgang bei Übertretungen nach dem Fremdengesetz zu verzeichnen.

Wien: Es konnten neben gewerbe- und fremdenrechtlichen Tatbeständen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, des Geschlechtskrankheitengesetzes, des Wiener Prostitutionsgesetzes und des Strafgesetzbuches festgestellt werden. 

Illegale Prostitution ist oft schwer nachweisbar, da von den Dienstleistungsempfängern und den Lokalbetreibern meist keine Absicht besteht, zur Aufhellung des Sachverhaltes beizutragen. Dies trifft auch für Nachforschungen hinsichtlich strafrechtlich relevanter Umstände zu. Unter den verdächtigten illegalen Prostituierten befinden sich vielfach Bürgerinnen östlicher EU Staaten, sowie Frauen, die einen Antrag auf Schutzgewährung nach dem Asylgesetz eingebracht haben. Von den Lokalbetreibern eingerichtete Sicherheitsmaßnahmen (z.B. Außenkameras) nehmen polizeilichen Kontrollen bisweilen den Überraschungseffekt.

 

Zu den Fragen 3 bis 6:

Lokale, die dem „Rotlicht-Milieu“ zugeordnet werden können, gleichgültig, ob mit oder ohne Variete- und Revueveranstaltungen, werden im Zuge  anlaßbedingter Amtshandlungen oder im Zuge organisierter Kontrollen - zum Teil unter Einbindung der Gewerbebehörde und der Finanzbehörde - überprüft. In der Regel werden dabei neben dem Gewerbetreibenden auch die übrigen anwesenden Personen (Gäste, Bedienstete) innerhalb der rechtlichen Zulässigkeit in die Überprüfung einbezogen.

Über Amtshandlungen, Erhebungen und Kontrollen in diesem Segment von Gewerbebetrieben und Veranstaltungsstätten werden keine eigenen Statistiken geführt.

 

Soweit jedoch Daten und Zahlen eruiert werden konnten, werden diese – aufgeschlüsselt nach Bundesländern und Jahren - wie folgt bekannt gegeben:

 

Burgenland:

zu den Fragen 3 bis 6:

2002:   6 Fälle illegaler Arbeitsaufnahmen

2003:   8 Fälle illegaler Arbeitsaufnahmen

2004:   6 Fälle illegaler Arbeitsaufnahmen

2005:   4 Fälle illegaler Arbeitsaufnahmen

 

 

Kärnten:

zu Frage 3:

Bis zum Jahre 2002 erfolgten keine Ermittlungen, seitdem siehe die Ausführungen zur Frage 12.;

Im Jahre 2003 wurden 2 und im Jahre 2004 ebenfalls 2 Ermittlungen durchgeführt. Im Schnitt erfolgten ein bis zwei Kontrollen monatlich.

Die einzelnen Go–Go-Bars werden laufend (ein bis zweimal pro Monat)  überprüft.

zu den Fragen 4 und 5:

Im angefragten Zeitraum wurden 12 Hausdurchsuchungen (Aktion Schneerose) sowie 5 Abschiebungen durchgeführt. Weiters konnten ca. 60 Scheinehen pro Jahr (beginnend mit dem Jahr 2002) nachgewiesen werden.

Im Jahre 2005 konnte eine Übertretung wegen nicht rechtmäßigen Aufenthalts nachgewiesen werden.

zu Frage 6:

Gerichtliche Anzeigen oder sonstige Verfolgungshandlungen:

2000:   1 Anzeige

2001:   2 Anzeigen

2002:   7 Anzeigen

2003:   2 Anzeigen

2004:   1 Anzeige

2005:   1 Anzeige

 

Niederösterreich:

zu Frage 3 und 4:

2000:   4 Ermittlungen bzw Einsätze

2001:   6 Ermittlungen bzw Einsätze

2002:   5 Ermittlungen bzw Einsätze

2003:   7 Ermittlungen bzw Einsätze

2004:   6 Ermittlungen bzw Einsätze

2005:   6 Ermittlungen bzw Einsätze

Kontrollen werden einmal monatlich durchgeführt.

zu Frage 6:

1 Anzeige wegen Verdacht des Menschenhandels

 

Oberösterreich:

zu Frage 3:

Grundsätzlich werden laufend (monatlich und teilweise sogar 14-tägig) Überprüfungen insbesondere auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes in einschlägigen Gastgewerbebetrieben durchgeführt. Teilweise finden diesbezügliche Kontrollen gemeinsam mit Beamten der Finanzbehörden statt.

zu Frage 4:

Aufgrund dieser Kontrollen kam es in den letzten Jahren zu mindestens 30 Abschiebungen und ca. 10 Ausweisungen. 1 Scheinehe konnte im Jahr 2004 nachgewiesen werden.

zu Frage 5:

Es wurden mehrfach Gesetzesverletzungen nach dem Fremdengesetz, dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem OÖ. Polizeistrafgesetz, dem Geschlechtskrankheitengesetz, dem OÖ. Veranstaltungsgesetz, dem OÖ Spielapparategesetz, dem Jugendschutzgesetz, dem Meldegesetz zur Anzeige gebracht.

zu Frage 6:

Kann mangels entsprechender Aufzeichnungen nicht beantwortet werden. Tatsache ist allerdings, dass verschiedene gerichtliche Tatbestände zur Anzeige gebracht wurden und auch zur Zeit noch einschlägige Ermittlungen laufen.

 

Salzburg:

zu Frage 3:

2002:   1 Ermittlung bzw. Einsatz

2003:   1 Ermittlung bzw. Einsatz

2004:   laufende Kontrollen

(Für den Bereich der Stadt Salzburg liegen keine Daten vor)

 

Steiermark:

(ausgenommen BH Feldbach)

zu Frage 3:

2000:   22 Ermittlungen bzw. Einsätze

2001:   38 Ermittlungen bzw. Einsätze

2002:   58 Ermittlungen bzw. Einsätze

2003:   38 Ermittlungen bzw. Einsätze

2004:   39 Ermittlungen bzw. Einsätze

2005:   44 Ermittlungen bzw. Einsätze

 

zu Frage  4:

2000:   14 Kontrollen nach dem Fremdengesetz

2001:   60 Kontrollen nach dem Fremdengesetz

2002:   102 Kontrollen nach dem Fremdengesetz, 10  Abschiebungen, eine Ermittlung wegen 

             § 208 StGB

2003:   131 Kontrollen nach dem Fremdengesetz

2004:   157  Kontrollen nach dem Fremdengesetz

2005:   157  Kontrollen nach dem Fremdengesetz, 3  Scheinehen

zu Frage 5:

2000:   2 Übertretungen nach dem Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz

2001:   8 Übertretungen nach dem Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz

2002:   16 Übertretungen nach dem Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz

2003:   6 Übertretungen nach dem Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2 Verwaltungsübertretungen nach dem Prostitutionsgesetz, 2 Verwaltungsübertretungen nach dem Geschlechtskrankheitengesetz

2004:   18 Übertretungen nach dem Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz, ein Verdacht des Vergehens der schweren Körperverletzung und Sachbeschädigung

2005:   20 Übertretungen nach dem Fremden- und Ausländerbeschäftigungsgesetz

zu Frage 6:

2002:   2 Anzeigen

2003:   1 Anzeige gegen 3 Personen wegen des Verdachtes von Übertretungen nach dem Prostitutions- und Geschlechtskrankheitengesetz

2004:   1 Anzeige wegen Verdacht des Vergehens der schweren Körperverletzung und Sachbeschädigung.

 

Tirol:

zu Frage 3:

Es fanden laufende Kontrollen statt. Regelmäßige Schwerpunktkontrollen werden durchgeführt, dazu kommen anlaßbezogene Erhebungen.

zu den Fragen 4 und 5:

Im Bezirk Kufstein wurden 10 Abschiebungen durchgeführt.

Verschiedene Anzeigen  nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem Fremdengesetzes, dem Meldegesetz, dem Geschlechtskrankheitengesetz, dem Aidsgesetz, dem Tiroler Landespolizeigesetz, dem Tiroler Veranstaltungsgesetz, dem Jugendschutzgesetz erfolgten.

 

Vorarlberg:

zu Frage 3:

Zwischen 2002 und 2005 wurden in sämtlichen Table-dance-Lokalen (ca. 35 Lokale) Schwerpunktkontrollen nach dem Fremdengesetz/Ausländerbeschäftigungsgesetz durchgeführt.

zu den Fragen 4 bis 6:

In diesem Zeitraum wurden 7 Fremde wegen illegalen Aufenthaltes zur Ausreise verhalten.

Insgesamt wurden bei den durchgeführten Amtshandlungen 125 Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, dem Fremdengesetz, Meldegesetz und ASVG festgestellt und angezeigt.

 

Von Wien liegen keine Statistiken vor.

 

Zu den Fragen 7 bis 10:

Das Veranstaltungswesen fällt sowohl hinsichtlich der Gesetzgebung als auch der Vollziehung in die Kompetenz der Länder.

Diese Fragen berühren somit jedenfalls nicht den von mir zu besorgenden Bereich der Bundesvollziehung.

 

Zu Frage 11:

Im Hinblick auf den Beitritt von Bulgarien und Rumänien zur EU dürfte sich mittel- und langfristig eine positive Auswirkung auf das Phänomen des internationalen Frauen und Prostitutionshandels ergeben. Tänzerinnen aus diesen Staaten werden nach dem Beitritt und der damit in Zusammenhang stehenden rechtlichen Besserstellung nicht mehr den bisherigen starken Abhängigkeiten von den Lokalbetreibern ausgesetzt sein.

 

Zu Frage 12:

Im Rahmen der „Aktion Schneerose“ wurde insbesondere ermittelt, dass es zu sexuellen Übergriffen (von der Duldung geschlechtlicher Handlungen mittels Einschüchterung bis hin zu Vergewaltigungen) auf mehrere Tänzerinnen durch die Betreiber der Go-Go-Bars gekommen sein dürfte. Einen weiteren Ermittlungsschwerpunkt bilden die Arbeitsbedingungen der Tänzerinnen, wobei der Verdacht der Ausbeutung von Fremden nach § 116 FPG besteht. Zahlreiche Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz sind ebenso Gegenstand der Ermittlungen wie der Verdacht massiver Steuerhinterziehung durch  diese Tätergruppe.

 

Faktisch ist von den Ermittlungen lediglich ein Veranstalter, nämlich ein Kärntner Ehepaar, betroffen. Die Ehefrau ist von einer in Kärnten situierten Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur Geschäftsführung bevollmächtigt. Dieses Unternehmen pachtet seit Jahren mehrere Lokalitäten und verpachtet diese an andere Firmen weiter. Diese Firmen sind die eigentlichen Betreiber der Go-Go-Bars, stehen jedoch faktisch in voller Entscheidungsabhängigkeit zur erstgenannten Firma.

 

Ermittlungen wurden aufgrund der sich immer wieder ändernden Wohn- und Arbeitsorte der Tänzerinnen im gesamten Bundesgebiet gepflogen.

 

Bisher kam es zur Verhaftung von insgesamt 6 Personen.