3807/AB XXII. GP

Eingelangt am 24.03.2006
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0006-Pr 1/2006

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 3897/J-NR/2006

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Delogierungen im Jahr 2005“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Die Gesamtentwicklung der Zahlen der jährlich anfallenden Kündigungs- und Räumungsverfahren verläuft nicht so dramatisch, wie es in der Präambel zur Anfrage anklingt. Es ist richtig, dass im Jahr 2001 ein starker Anstieg zu verzeichnen war; seit damals hat sich die Zahl der jährlich anfallenden Kündigungs- und Räumungsverfahren jedoch nur geringfügig erhöht. Bei den Räumungsverfahren ist gegenüber dem Jahr 2001 sogar ein Rückgang festzustellen. Betrachtet man die im Jahr 2005 angefallenen Kündigungs- und Räumungsverfahren, so zeigt sich ein Rückgang gegenüber den im Jahr 2004 angefallenen Kündigungs- und Räumungsverfahren um 0,4 %. Dabei ist die Zahl der Kündigungen um 0,3 % zurückgegangen, die der Räumungen um 0,5 %.

Auf welche Ursachen der Anstieg der anhängig gemachten Kündigungs- und Räumungsverfahren um 15,2 % vom Jahr 1999 bis zum Jahr 2004 zurückzuführen ist, kann nicht verlässlich beantwortet werden, weil dem Bundesministerium für Justiz dazu keine Daten vorliegen. Aufzeichnungen werden nämlich nur über die Anzahl der anhängig gemachten Verfahren, nicht aber über die dafür herangezogenen Rechtsgründe geführt.

Allgemein muss in Betracht gezogen werden, dass im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes – und zwar auch in dessen Teilanwendungsbereich – Mietverträge sowohl durch den Vermieter als auch durch den Mieter ausschließlich gerichtlich gekündigt werden können. Auch eine „nicht-konfliktive“, also von der Gegenseite unbestrittene Auflösung eines nach dem Mietrechtsgesetz zu beurteilenden Mietvertrags unterliegt daher – wollen sich die Vertragspartner nicht dem Unsicherheitsfaktor einer formlosen und damit im Bedarfsfall nicht durchsetzbaren einvernehmlichen Auflösung aussetzen – dem Formerfordernis der gerichtlichen Kündigung und fließt somit in die vorliegende Gesamtstatistik ein.

Ein häufiger Grund für Kündigungs- und Räumungsverfahren, bei denen gegenläufige Positionen vertreten werden, ist der qualifizierte Mietzinsrückstand. Gerät ein Mieter – aus welchen Gründen immer -  mit der Miete in qualifizierten Rückstand, so verhält er sich nicht länger vertragskonform. In einem solchen Fall muss es dem Vermieter – ebenso wie bei den anderen gesetzlichen Kündigungs- bzw. Räumungsgründen, etwa wenn der Mieter erheblich nachteiligen Gebrauch von dem Mietobjekt macht – unbenommen bleiben, das Vertragsverhältnis einseitig aufzulösen.

Zu 2:

Durch die Wohnrechtsnovelle 1999 wurde mit der in § 33a MRG geregelten Benachrichtigung der Gemeinde von Räumungsstreitigkeiten ein äußerst effizientes Instrument der Delogierungsprävention geschaffen: Durch die Benachrichtigung von der Einleitung eines Verfahrens, das zum Wohnungsverlust führen kann, bzw. vom Abschluss eines Räumungsvergleichs wird es den Gemeinden oder den von diesen eingeschalteten sozialen Institutionen ermöglicht, durch geeignete Hilfeleistungen an die betroffenen Personen den drohenden Wohnungsverlust abzuwenden oder, wenn die Räumung unvermeidlich ist, zumindest Schutz vor Obdachlosigkeit zu gewährleisten. Für die Einführung zusätzlicher Maßnahmen im Bereich des Mietenrechts sehe ich derzeit keinen Anlass.

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass nicht jeder in einem Räumungs- oder Kündigungsverfahren ergangene Exekutionstitel zwangsläufig auch tatsächlich zu einer Delogierung führen muss, weil es nach Abschluss der Verfahren häufig noch zu Stundungsvereinbarungen oder sonstigen Einigungen zwischen den Parteien kommt. Auch eine Aufschiebung der bereits eingeleiteten Räumungsexekution kommt unter bestimmten Voraussetzungen – unter anderem bei drohender Obdachlosigkeit oder anderen besonders berücksichtigungswürdigen Gründen – in Betracht.

Zu 3 bis 7

Aus der statistischen Datenerfassung der Verfahrensautomation Justiz können lediglich nach Bundesländern gegliederte Zahlen über bei Bezirks- (C) bzw. Arbeitsgerichten (CGA) jährlich eingebrachte Räumungen und Kündigungen gewonnen werden (siehe Beilage). Darüber hinausgehendes Datenmaterial liegt mir nicht vor.

. März 2006

 

(Maga. Karin Gastinger)

 


 

 

 

 

Jahr

Gattung

Bundesland

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

C

Räumung

Wien

12.014

13.072

17.009

16.930

17.993

19.297

18.235

Niederösterreich

2.270

2.475

2.521

2.649

2.660

2.511

2.851

Burgenland

203

223

214

241

243

214

246

Oberösterreich

1.593

1.756

1.696

1.521

1.699

1.592

1.661

Salzburg

1.508

1.503

1.697

1.572

1.652

1.496

1.849

Steiermark

2.804

2.877

3.054

2.913

3.111

3.137

3.223

Kärnten

1.068

1.194

1.261

1.106

1.109

1.171

1.152

Tirol

2.380

2.219

2.049

1.184

1.285

1.279

1.230

Vorarlberg

2.177

2.043

1.584

395

419

434

527

Summe

26.017

27.362

31.085

28.511

30.171

31.131

30.974

Kündigung

Wien

7.562

7.396

7.698

7.656

7.647

7.925

8.023

Niederösterreich

866

850

951

945

1.103

975

1.016

Burgenland

62

69

66

73

72

95

76

Oberösterreich

1.464

1.490

1.612

1.596

1.678

1.444

1.461

Salzburg

436

380

438

440

455

492

285

Steiermark

730

799

768

883

788

805

720

Kärnten

439

427

470

535

539

551

664

Tirol

360

320

345

420

311

393

415

Vorarlberg

335

375

321

427

428

418

400

Summe

12.254

12.106

12.669

12.975

13.021

13.098

13.060

Summe C

38.271

39.468

43.754

41.486

43.192

44.229

44.034

CGA

Räumung

Wien

39

57

50

37

21

29

46

Niederösterreich

14

6

3

9

2

0

2

Burgenland

1

0

1

0

0

1

0

Oberösterreich

2

3

2

1

3

2

3

Salzburg

1

3

1

1

8

3

2

Steiermark

10

5

6

4

6

6

1

Kärnten

2

1

0

1

1

1

0

Tirol

2

3

3

4

9

0

2

Vorarlberg

1

5

5

7

1

2

0

Summe

72

83

71

64

51

44

56

Kündigung

Wien

128

132

107

90

78

70

68

Niederösterreich

3

3

8

28

8

7

2

Burgenland

0

0

0

0

0

0

0

Oberösterreich

3

4

1

2

2

2

1

Salzburg

1

6

0

3

2

1

1

Steiermark

4

2

3

18

4

2

1

Kärnten

4

0

1

2

0

0

1

Tirol

0

0

1

0

0

0

0

Vorarlberg

0

0

1

17

0

0

1

Summe

143

147

122

160

94

82

75

Summe CGA

215

230

193

224

145

126

131

Gesamtsumme

38.486

39.698

43.947

41.710

43.337

44.355

44.165