3853/AB XXII. GP

Eingelangt am 31.03.2006
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0003-I/CS3/2006     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

 

Wien, 31. März 2006

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 3875/J-NR/2006 betreffend Schädigung der österreichischen SteuerzahlerInnen durch EU-Umsetzungsmängel im Eisenbahnwesen, die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 1. Februar 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

Erst im Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, Jahrgang 2004, ausgegeben am 30. April 2004, Teil I findet sich im Bundesgesetz zur Änderung des Eisenbahngesetzes 1957 „folgende Behauptung: 74. § 130 Abs. 8 (neu) lautet (...)

(8) Durch dieses Bundesgesetz werden folgende Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft umgesetzt: (...)“

 

Dann werden die Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG und 2001/16/EG aufgezählt.

Zuvor war allerdings bereits dem EU-Amtsblatt C 21/16 vom 24.1.2004 zu entnehmen:

Klage der Kommission der Europäischen Gemeinschaft gegen die Republik Österreich, eingereicht am 17. November 2003 (Rechtssache C-476/03)

1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus  der Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft verstoßen, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen beziehungsweise der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat; Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 15. März 2003 abgelaufen.

2. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/13/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen (2) verstoßen, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen beziehungsweise der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat. Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 15. März 2003 abgelaufen.

3. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung verstoßen, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen beziehungsweise der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat; Die Umsetzungsfrist der Richtlinie ist am 15. März 2003 abgelaufen.

4. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.“

 

a) Zu welchem Zeitpunkt wurden Sie von Ihren MitarbeiterInnen über diese Schlappen informiert?

b) Welche Konsequenzen haben Sie aus diesem Versagen gezogen?

c) Wann haben Sie den Nationalrat informiert?

 

Antwort:

Wie ich in Beantwortung von parlamentarischen Anfragen bereits wiederholt und ausführlich darlegen konnte, erklären sich gewisse Verzögerungen bei der gesetzlichen Umsetzung der jeweiligen neuen Regelungen in Richtlinien zur Eisenbahn-Marktöffnung aus der Kompliziertheit der Materie bei schrittweiser Abfolge einzelner Regelungsetappen. Solche Verzögerungen treten im Übrigen auch in den anderen Mitgliedstaaten auf, und die Europäische Kommission mahnt routinemäßig die Umsetzung ein. Soweit Verzögerungen bei der innerösterreichischen Vorbereitung der gesetzlichen Umsetzung auftraten, hatten sie jedenfalls ausschließlich sachliche Gründe, und nicht solche irgendwelcher sonstiger Beeinflussungen. Wie ich ebenfalls bereits ausführte, war ich über die Sachlage informiert, und schon durch die Beantwortung der Anfragen war das jeweils auch der Nationalrat.

 

Die Umsetzung der angesprochenen Richtlinien des sogenannten ersten Eisenbahn-Paketes ist in Österreich mit einer im gemeinschaftlichen Vergleich mäßigen Verzögerung von einem Jahr vollinhaltlich abgeschlossen worden. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Kommission, die vorerst eine Reihe von Mitgliedstaaten wegen nicht rechtzeitiger Mitteilung der Umsetzung geklagt hatte, Österreich gegenüber die Klage zurückgezogen, noch bevor es zu einer Verurteilung hätte kommen können. Zu einer solchen Verurteilung kam es hingegen für einige andere Mitgliedstaaten, wie etwa Deutschland und das Vereinigte Königreich. Österreichischerseits hat es weder eine Schlappe noch ein Versagen gegeben, sondern eine erfolgreiche Umsetzung.

 

Frage 2:

Dem Amtsblatt der EU war zu entnehmen:

„Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat dem Gerichtshof mit am 16. November 2004 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangenem Schreiben nach Artikel 78 der Verfahrensordnung mitgeteilt, dass sie ihre Klage zurücknehme, und beantragt, die Kosten nach Artikel 69 § 5 der Verfahrensordnung der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte hat zu der Klagerücknahme nicht Stellung genommen. Nach Artikel 69 § 5 Absatz 1 der Verfahrungsordnung wird die Partei, die die Klage zurücknimmt, zur Tragung der Kosten verurteilt, wenn die Gegenpartei dies in ihrer Stellungnahme zu der Rücknahme beantragt. Die Kosten werden jedoch auf Antrag der Partei, die die Rücknahme erklärt, der Gegenpartei auferlegt, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint. Im vorliegenden Fall waren die Klage und die Klagerücknahme der Kommission auf das Verhalten der Republik Österreich zurückzuführen, da diese erst nach der Klageerhebung durch die Kommission die Maßnahmen ergriffen hat, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Republik Österreich ist daher zur Tragung der Kosten zu verurteilen.“

a) Zu welchem Zeitpunkt wurden Sie über diese neuerliche Peinlichkeit informiert?

b) Weshalb hat die Republik zur Klagerücknahme nicht Stellung genommen?

c) Ist bzw. war diese Nicht-Stellungnahme auf Ihre Entscheidung zurückzuführen?

 

Antwort:

Da österreichischerseits die gesetzlichen Umsetzungsmaßnahmen abgeschlossen waren, wurde wie erwähnt Österreich gegenüber die Klage zurückgezogen. Auf die Mitteilung der Klagsrücknahme zu antworten erübrigte sich, weil es in einem reinen Nichtumsetzungsverfahren nicht begründbar und zu erwarten gewesen wäre, dass die Europäische Kommission zur Kostentragung verurteilt hätte werden sollen, und nur diesfalls wäre eine Beantwortung zweckmäßig gewesen. Die hier gewählte Vorgangsweise ist weder eine Peinlichkeit noch erfolgte sie durch meinen Eingriff, sondern die Vorgangsweise entsprach der Sachlage und der gängigen Praxis in der Gemeinschaft.

 

Frage 3:

Im Amtsblatt C 106/22 der Europäischen Union vom 30.4.2005 ist im Zusammenhang mit der Streichung der Rechtssache C-476/03 zu lesen, dass die Verfahrenskosten von der Republik Österreich zu tragen sind.

 

a)      Wie hoch waren die Verfahrenskosten aufgrund dieses Umsetzungsversagens?

b)      Wie hoch waren die sonstigen Kosten aufgrund dieses Umsetzungsversagens? Wir ersuchen Sie bei Nichtvorliegen konkreter Zahlen um entsprechende Schätzwerte für den zusätzlichen Aufwand des Ressorts, denjenigen anderer Bundesdienststellen (zB. BKA) sowie zu den volkswirtschaftlichen Mehrkosten durch Konservieren kostentreibender Strukturen.

c)      Welchen Beitrag leisten Sie bzw. andere Beteiligte in Ihrem Verantwortungsbereich zur  Erstattung dieser Kosten, oder sollen die SteuerzahlerInnen die Kosten für dieses Versagen tragen?

 

Antwort:

Die mäßige Verzögerung beim Abschluss der gesetzlichen Umsetzungsmaßnahmen löste keine erkennbaren volkswirtschaftlichen Mehrkosten aus. Was die Verfahrenskosten selbst anlangt muss ich zunächst darauf verweisen, dass die Abwicklung von Vertragsverletzungsverfahren österreichischerseits in die Zuständigkeit des Herrn Bundeskanzlers fällt und vom Verfassungsdienst behandelt wird. Aufgrund seiner Auskunft kann ich Ihnen aber mitteilen, dass in einem solchen Verfahren auf Grundlage einer informellen Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union grundsätzlich keine Verfahrenskosten verrechnet werden. Die Kostenentscheidung des Gerichtshofes in der Sache C-476/03 hatte also für Österreich keine praktische Relevanz, und die Erstattungsfrage stellt sich nicht.

 

Mit freundlichen Grüßen