3890/AB XXII. GP

Eingelangt am 11.04.2006
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BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

 

An den

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

 

Parlament

1017 Wien

           

                                                                              

                                                                                                                                                                    

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Petra Bayr und GenossInnen haben am 14.02.2006 unter der Nr. 3947/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Umsetzung des angekündigten Maßnahmenpakets gegen weibliche Genital­verstümmelung“ gerichtet. 

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

In Kooperation mit den Bundesministerien für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, für Bildung, Wissenschaft und Kultur, für auswärtige Angelegenheiten, für Justiz sowie für Gesundheit und Frauen wurde zum Themenbereich „Maßnahmen gegen traditionsbedingte Gewalt gegen Frauen in Österreich“ eine Broschüre erstellt und veröffentlicht. Die Broschüre wurde auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesasylamtes verteilt, um auf den im gegenständlichen Zusammenhang besonders sensiblen Umgang mit diesem betroffenen Personenkreis aufmerksam zu machen. Weiters finden laufend Aus- und Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vollzugsbereiches des Asylrechtes statt. Zudem ist auf vom Bundesministerium für Inneres geförderte Psychotherapieprojekte (Caritas, HAMAYAT, ASPIS, Volkshilfe, Peregrina, SOS- Menschenrechte, Zebra,  Evangelische Diakonie) hinzuweisen, die u.a. von  FGM  betroffene Asylwerberinnen betreuen. Das Psychosoziale Zentrum von SOS- Menschenrechte in der Betreuungsstelle Traiskirchen bietet diese Therapiemöglichkeit bereits ab Unterbringung in der Betreuungsstelle an.

Zu Frage 2:

Wesentliche Änderungen wurden insbesondere durch das mit 1.1.2006 in Kraft getretene AsylG 2005 normiert. Genitalverstümmelung ist als besonders schwerer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit einer Person zu werten, welcher als asylrelevante Verfolgungshandlung im Sinne der GFK zu qualifizieren ist. Diesbezüglich ist insbesondere auf Art. 9 Abs. 2 lit. f der Richtlinie 2004/83/EG zu verweisen, welcher auf Verfolgungshandlungen Bezug nimmt, die an die Geschlechts­zugehörigkeit anknüpfen. In § 2 Abs. 1 Z 11 des AsylG 2005 wurde in Umsetzung dieser Status-Richtlinie explizit auf Art. 9 verwiesen. Des Weiteren stellt § 20 Abs. 1 AsylG 2005 sicher, dass eine Asylswerberin von einem Organwalter desselben Geschlechts einzuvernehmen ist, wenn ihre Furcht vor Verfolgung auf Eingriffe in ihre sexuelle Selbstbestimmung gründet ist, es sei denn, sie verlangt Anderes. Gem. § 30 AsylG 2005 dürfen Asylanträge, die von traumatisierten Opfern von Gewalt  gestellt werden, im Zulassungsverfahren nicht abgewiesen werden. In eben dieser Bestimmung wird auch gesetzlich normiert, dass im gesamten Verfahren auf die besonderen Bedürfnisse dieser Menschen (selbstverständlich) Bedacht zu nehmen ist. Schließlich sieht das AsylG 2005 in § 60 die Führung einer Staatendokumentation durch das Bundesasylamt vor. Es werden laufend aktuelle Länderfeststellungen aufbereitet und den einvernehmenden Referenten als Entscheidungshilfen zur Verfügung gestellt.

 

Zu den Fragen 3 bis 6:

Genitalverstümmelung und sonstige Formen von Gewaltausübungen gegen Frauen führen nach ständiger Rechtssprechung bei Erfüllen der sonstigen Erfordernisse zur Asylgewährung. In Umsetzung der europarechtlichen Vorgabe wurde in § 11 AsylG vorgesehen, dass bei der Prüfung eines Antrages auf internationalen Schutz (Asylantrag) eine Prüfung hinsichtlich der Möglichkeit und Zumutbarkeit der inländischen Fluchtalternative vorzunehmen ist. Angaben zu Auswirkungen in diesem Zusammenhang können aufgrund des erst kurzen praktischen Anwendungszeitraumes derzeit nicht gemacht werden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf Flucht- und Ablehnungsgründe keine statistischen Aufzeichnungen geführt werden.

 

 

 

 

 

Zu den Fragen 7 bis 9:

Im Dezember 2005 wurden alle Referentinnen und Referenten des Bundesasylamtes in Vorbereitung auf die Änderungen im Asylrecht (AsylG 2005) geschult. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesasylamtes wurden sowohl hinsichtlich der Neuerungen des AsylG 2005 als auch in Bezug auf die Besonderheiten einer Einvernahme im Asylwesen geschult. Dabei hat UNHCR die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Gründe nach der Flüchtlingskonvention, auch unter besonderer Berücksichtigung der geschlechtsspezifischen Verfolgung, geschult.

 

Zu Frage 10 und 11:

Die Evaluierung und Weiterentwicklung der Maßnahmen und Bemühungen erfolgt laufend. Auch ist selbstverständlich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortwährend sensibilisiert werden. Eine notwendige und wichtige Maßnahme für die Betreuung der von FGM betroffenen Frauen stellt jedenfalls die Durchführung sowie die Ausweitung der psychologischen Betreuungs- und Psychotherapieprojekte dar.