3972/AB XXII. GP

Eingelangt am 28.04.2006
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0020-I 3/2006

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien                                                                                          Wien, am 27. April 2006

 

 

 

Gegenstand:      Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Ing. Kurt Gartlehner,

Kolleginnen und Kollegen vom 2. März 2006, Nr. 4029/J,

betreffend bedenkliche Veränderungen im Verhalten

von Bienenvölkern

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen vom 2. März 2006, Nr. 4029/J, betreffend bedenkliche Veränderungen im Verhalten von Bienenvölkern, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Die Strahlenschutzabteilung des Lebensministeriums schenkt seit Beginn der 80-er Jahre der Einwirkung nichtionisierender Strahlung auf den Menschen besondere Beachtung. Schon sehr früh wurde durch Studien der Ist-Zustand erhoben, d.h. es wurden die Anwendungsbereiche nichtionisierender Strahlung, die auftretenden Expositionen und die dokumentierten Forschungsergebnisse ermittelt und bewertet.

 

Auf internationaler Ebene werden seit 1996 die Erforschung und die Bewertung einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Felder unterhalb der Grenzwerte mit großem Aufwand von der Weltgesundheitsorganisation koordiniert (WHO-EMF Projekt). Die Bewertung der Forschungsergebnisse erfolgt auf internationaler Ebene durch die unabhängige Internationale Wissenschaftliche Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP).

 

Unter den derzeit geltenden Normen sind die Empfehlungen der ICNIRP zu verstehen, die auch der Empfehlung des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder (0 Hz bis 300 GHz) zu Grunde liegen. Zum Schutz der Arbeitnehmer hat das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 2004/40/EG vom 29. April 2004 erlassen, die auch mit den Empfehlungen der ICNIRP übereinstimmt und seitens des BMWA in die österreichische Gesetzgebung implementiert wird.

 

Hinsichtlich der Frage einer möglichen Beeinflussung der Umwelt durch elektromagnetische Felder fasste die WHO 2005 in einem Informationsblatt[1] zusammen, dass die begrenzte Anzahl an publizierten Studien, die sich mit einem möglichen Risiko durch elektromagnetische Felder auf Ökosysteme beschäftigt haben, keine Evidenz einer signifikanten Auswirkung auf die Umwelt zeigen. Die WHO folgerte, dass aus heutiger Sicht die Expositionsgrenzen wie sie von der ICNIRP zum Schutz der Gesundheit des Menschen empfohlen werden, auch die Umwelt ausreichend schützen können.

 

Zu Frage 1:

 

Wissenschaftliche Untersuchungen haben nachgewiesen, dass niederfrequente elektromagnetische Felder sich negativ auf Bienen auswirken können. Honigbienen sind zum einen fähig, Magnetfelder ab 100 μT bei einer Frequenz von 60 Hz wahrzunehmen, zum anderen haben Studien ergeben, dass Bienen in starken elektrischen Feldern von über 4 kV/m, z.B. unmittelbar unter einer 380 kV Hochspannungsleitung, weniger Honig produzieren bzw. eine erhöhte Mortalität aufweisen (der Grenzwert zum Schutz der Menschen vor Einwirkungen durch diese Felder liegt bei 5 kV/m). Man erklärt diese Effekte durch elektrische Schocks, die die Bienen erfahren, wenn sie Kontakt mit dem Bienenstock aufnehmen. Es wird daher Imkern empfohlen, die Bienenstöcke nicht im unmittelbaren Umfeld von Hochspannungsleitungen aufzustellen.

 

Im Hochfrequenzbereich ist anzumerken, dass es einen Bericht von nicht erklärbaren Völkerzusammenbrüchen in Österreich von Univ.-Doz. Dr. Ruzicka gibt. Es handelt sich hier aber um vereinzelte Beobachtungen, die bisher nicht in einer wissenschaftlichen Studie nachgewiesen wurden. Weiters gibt es im Rahmen einer Pilotstudie aus dem Jahre 2005 an der Universität Koblenz-Landau Beobachtungen zum Rückkehrverhalten der Bienen, die auf einen vertieften Forschungsbedarf hinweisen. Nachgewiesene (etwa in einschlägigen wissenschaftlichen (peer-reviewed ) Journalen veröffentlichte) Veränderungen des Verhaltens von Bienen, ausgelöst durch hochfrequente elektromagnetische Felder, wie sie von Basisstationen produziert werden, sind meinem Ressorts aber nicht bekannt. Auch ist kein plausibler Mechanismus bekannt, der eine Veränderung des Bienenverhaltens durch Hochfrequenzfelder erklären könnte. Die Wellenlänge der Felder des Mobilfunks (900 MHz; λ= 30 cm) liegt nicht im Bereich der Körpergröße der Bienen (2 cm) und entspricht somit nicht der Resonanzfrequenz für den Bienenkörper (diese liegt bei 15 GHz). Das elektromagnetische Feld wird um die Biene gebeugt und es kommt nicht zu einer erhöhten spezifischen Absorptionsrate.

 

Zu Frage 2:

 

Dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sind hauptsächlich Studien bekannt, die sich mit Effekten niederfrequenter Felder auf Bienen beschäftigen.

 

Im Hochfrequenzbereich konnte eine wissenschaftliche Arbeit zeigen, dass die Exposition durch ein 2,45 GHz Feld mit 500 W/m2 (50 mal höher als der Grenzwert) keine Einflüsse auf die Mortalität und Nahrungsaufnahme bei Honigbienen hatte.

 

Elektrosmog und seine Auswirkungen auf Bienen sind Gegenstand von Forschungsarbeiten in Deutschland und der Schweiz. Diese Untersuchungen sind auf die österreichischen Verhältnisse durchwegs übertragbar. Die Pilotstudie von Hermann Stever  et al. 2005 an der Universität Koblenz beschäftigt sich mit Verhaltensänderungen von Honigbienen durch elektromagnetische Exposition. Die Bienenvölker dienen als Bioindikatoren zur Überprüfung eines Modells, das Störungen neuronaler Strukturen durch elektromagnetische Wellen nachweisen soll.

 

Im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms, das vom Bundesumweltministerium (BMU) und dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) initiiert wurde, werden von 2002 – 2006 ca. 50 Forschungsvorhaben in den Disziplinen Biologie, Dosimetrie, Epidemiologie und Risikokommunikation durchgeführt. Eine Zwischenbilanz zu diesem Forschungsprogramm wurde 2005 in Berlin präsentiert (http://www.bfs.de/).

 

Forschungsarbeiten in Österreich sind bis auf die Untersuchungen von O. Univ. Doz. Dr. Ferdinand Ruzicka, Med. Univ. Wien, nicht bekannt.

 

Zu den Fragen 3 bis 6:

 

An das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde zwar die Frage eines möglichen negativen Einflusses von nichtionisierender Strahlung auf die Gesundheit von Großvieh herangetragen, das Problem von möglichen Verhaltensänderungen bei Bienen bisher noch nicht. Im Falle von Rindern konnte eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch die Felder von Basisstationen nicht bestätigt werden.

 

Zu Frage 7:

 

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unterstützt im Rahmen seiner budgetären Mittel das WHO-EMF-Projekt. Dieses internationale Projekt wurde von der WHO als Reaktion auf die wachsende Besorgnis der Öffentlichkeit im Jahre 1996 - zur Beurteilung der Auswirkungen elektrischer und magnetischer Felder auf die Gesundheit und Umwelt - ins Leben gerufen.

 

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat, gemeinsam mit dem Bundesministerium für Verkehr, Technologie und Innovation eine Fachexpertise in Auftrag gegeben. Es sollte festgestellt werden, ob Hochfrequenzsendeanlagen wie z.B. Basisstationen des Mobilfunks bei Expositionen weit unterhalb der Grenzwerte Schlafstörungen verursachen können. Die Expertise konnte keinen Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und einer Exposition durch hochfrequente EMF nachweisen.

 

Zu Frage 8:

 

International und national werden regelmäßig Messungen der Mobilfunkimmissionen durchgeführt. Die durchgeführten Messungen zeigen, dass die Immissionswerte um einen Faktor 100 bis 1000 und mehr unterhalb der gültigen Grenzwerte liegen. Auch das Land Steiermark hat 2003 groß angelegte Messungen durchgeführt, die zeigten, dass an allen gemessenen Punkten die Immissionswerte weit unterhalb der Grenzwerte lagen.

 

Im unmittelbaren Nahfeld von Basisstationen (in Bereichen, die für die Allgemeinheit nicht zugänglich sind) kann es zu Grenzwertüberschreitungen kommen.

 

 

Zu Frage 9:

 

Die Ergebnisse des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms stehen auch für Österreich zur Verfügung. Konkrete Ansätze, unabhängige Forschung zur Handystrahlung zu forcieren, gibt es bislang nicht.

 

Die Erforschung biologischer Effekte unterhalb der Grenzwerte im Hinblick auf ihre gesundheitliche Relevanz, bedingt einen sehr hohen Forschungs- und Bewertungsaufwand, der keinesfalls auf nationaler Ebene bewältigt werden kann. Mein Ressort ist daher bestrebt, weltweite Synergien zu nutzen und unterstützt im Rahmen der budgetären Möglichkeiten das „WHO-EMF Projekt“.

 

Der Bundesminister:

 



[1] Information sheet: Electromagnetic fields and public health: Effects of EMF on the environment (WHO- EMF- Project,: Feb. 2005)