3986/AB XXII. GP
Eingelangt am 04.05.2006
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möglich.
BM
für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
BUNDESMINISTERIN
FÜR SOZIALE SICHERHEIT
GENERATIONEN UND KONSUMENTENSCHUTZ
Ursula Haubner
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates (5-fach)
Parlament
1010
Wien
GZ: BMSG-40001/0017-IV/2006 Wien,
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete
schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4046/J-NR/2006 der
Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Fragen 1 bis 6:
Die Arbeitsgruppe
„Weiterentwicklung des Sozialhilferechts" hat am 15.5.2003 das letzte
Mal getagt. Dem beiliegenden Bericht können sowohl die einzelnen Termine der
Sitzungen, die personelle Zusammensetzung der Arbeitsgruppe als auch in
zusammengefasster Form die Ergebnisse der jeweiligen Sitzungen entnommen
werden.
Der Bericht der Arbeitsgruppe
wurde der Landessozialreferentenkonferenz 2003 in Vorarlberg zur Behandlung
zugeleitet. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden zustimmend zur
Kenntnis genommen. Darüber hinaus hat sich die Landessozialreferentenkonferenz
zu einer raschen Umsetzung der Vorschläge im Rahmen einer Art. 15a B-VG
Vereinbarung bereit erklärt, sofern der Bund in seinem Zuständigkeitsbereich
die entsprechenden Mindeststandards auf Basis dieses Konzeptes definiert und
diese in die Vereinbarung einbringt.
Als
Grundlage für weiterführende Gespräche hat Univ. Prof. Dr. Walter Pfeil
im Auftrag des BMSG nach der Landessozialreferentenkonferenz 2003 einen wissenschaftlichen Entwurf einer Art. 15a B-VG Vereinbarung über gemeinsame
Maßnahmen für eine soziale Mindestsicherung erarbeitet, der anlässlich der
Volksanwaltschaftsenquete im März 2004 präsentiert wurde. Dieser Entwurf
basiert sowohl auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppe als auch auf dem Beschluss
der Landessozialreferentenkonferenz 2003.
Die Landessozialreferentenkonferenz
2004 im Juli in Wien beschäftigte sich abermals mit der Harmonisierung der Sozialhilfe
und brachte mit Beschluss zum Ausdruck, dass von den Landessozialreferenten die
bisherigen Verhandlungen als gescheitert erachtet werden, wenn die oben
genannte/n Bundesminister/in bis zum Herbst 2004 nicht ihre grundsätzliche
Position vorlegen, die sowohl Vorstellungen über die finanziellen
Mindeststandards enthält, als auch auf die Fragen der Weiterentwicklung der
Notstandshilfe und der Krankenversicherung für Sozialhilfeempfänger eingeht.
Darüber hinaus wurden Erwartungen an den kommenden Finanzausgleich gestellt,
weil sonst die existentielle Mindestsicherung in der Sozialhilfe nicht
umgesetzt werden könnte.
Der Bund ist mit der
außerordentlichen Erhöhung der Ausgleichszulagenrichtsätze für 2006
gegenüber den Ländern in Vorleistung getreten. Soweit mir bekannt
ist, laufen derzeit auch Verhandlungen mit den Ländern über die Einbeziehung
der Sozialhilfeempfänger in die Krankenversicherung oder die Ausgabe von
E-Cards an diese Personengruppe. Hinsichtlich der Frage der Notstandshilfe darf
ich an dieser Stelle auf die Zuständigkeit des BM für Arbeit und Wirtschaft
verweisen.
Des Weiteren habe ich im Jänner
zahlreiche NGO's und Vertreter aus BMF, BMWA und BMJ zu einem Arbeitskreis
Lebenssicherung eingeladen, wo sehr offen über die Fragen der Sozialhilfe
und auch über Lösungsmöglichkeiten diskutiert wurde. Dieser Arbeitskreis wird
fortgeführt und es sollen in weiterer Folge konkrete Schwerpunkte auch
mit den Ländern diskutiert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Anlage
Weiterentwicklung des Sozialhilferechts:
der
Arbeitsgruppe im BMSG
redigiert
von a.Univ.Prof. Dr. Walter J. Pfeil
1. Auftrag
der Arbeitsgruppe und festgelegte Vorgangsweise
2. Zusammensetzung
der Arbeitsgruppe und Sitzungen
3. Zum
Stellenwert des Zwischenberichtes
1. Prämissen
und Zielsetzungen
2. Konkrete
Vorschläge
1. Lebensunterhalt,
Richtsätze: Stärkere Pauschalierung
2. Sonderzahlungen
3. Sonderbedarf
4. Wohnen
5. Hilfe
bei Krankheit und Schwangerschaft
1. Einsatz
von Vermögen
2. Einsatz
von Einkommen
3. Berücksichtigung
von Leistungen Dritter
4. Einsatz
der Arbeitskraft
5. Persönliche
Voraussetzungen, insb. Staatsangehörigkeit
1. Allgemeines
2. Ersatz
durch (ehemalige) HilfeempfängerInnen
3. Ersatz
durch Unterhaltspflichtige
4. Ersatz
durch Geschenknehmer
5. Verfahren
1. Auftrag der Arbeitsgruppe und festgelegte
Vorgangsweise
Der Auftrag für eine gemeinsame Weiterentwicklung des Sozialhilferechts geht auf mehrere Beschlüsse der Landessozialreferentenkonferenz zurück: So wurde am 14. 11. 1997, eine entsprechende Entschließung des Nationalrates aufgreifend (vgl. 388/A [E] 20. GP), das Interesse der Länder an einer Weiterentwicklung der Sozialhilfegesetzgebung unter Maßgabe des Konsultationsmechanismus ebenso unterstrichen wie deren Bereitschaft, daran mitzuarbeiten. Der damals eingeforderte Auftrag, durch das (damalige) BMAGS einen Querschnittsvergleich erstellen zu lassen, führte insb. zur Vergabe der Studie „Vergleich der Sozialhilfesysteme der österreichischen Bundesländer“, die 2001 präsentiert wurde.
Im Rahmen der Landessozialreferentenkonferenz am 10. 12. 1999 wurde sodann beschlossen, einen Arbeitskreis unter Federführung des (damaligen) BMAGS einzurichten, der eine Einigung über die Schwerpunkte einer Vereinheitlichung von Qualitätsstandards in der Sozialhilfe herbeiführen sollte.
Diese Arbeitsgruppe wurde nach Vorliegen der oa. Studie im Spätherbst 2001 vom (nunmehrigen) BMSG einberufen. Dabei wurde Einigung über folgende Vorgangsweise erzielt:
> Verständigung auf
Eckpunkte/ Themenbereiche
> Erörterung der
Instrumentarien für Umsetzung (zB. Art 15a-Vereinbarung,
Grundsatzgesetz)
> Vorbereitung der
Beschlussfassung bei Landessozialreferentenkonferenz
> Einbindung weiterer
Organisationen (Gemeindeverband, Städtebund, NGOs
etc).
Die in dieser Arbeitsgruppe zu bearbeitenden Themenbereiche wurden in der Folge der Landessozialreferentenkonferenz vorgelegt und von dieser mit Beschluss vom 19. 4. 2002 wie folgt genehmigt.
-
Verfahren
- Leistungskatalog/ Richtsätze
-
Einsatz bzw. Anrechnung von Einkommen/ Vermögen
- Ersatz
-
Statistik (dieser Punkt wurde in der Folge nicht weiter behandelt, weil
dazu
eine andere Arbeitsgruppe eingesetzt
ist).
Auch das von der Arbeitsgruppe vorgeschlagene Ziel ihrer Arbeit wurde von der Landessozialreferentenkonferenz am 19. 4. 2002 genehmigt. Der Auftrag der Arbeitsgruppe liegt somit in der Vorbereitung einer weitestmöglichen Harmonisierung der verschiedenen Vorschriften, welche sich insb. an folgenden Punkten orientieren soll:
* Annäherung, aber
nicht unbedingte völlige Angleichung der landesrechtlichen
Regelungen
* Klarstellung, welche Leistungen es geben soll und
* welche Leistungen mit Rechtsanspruch ausgestattet sind
* Einheitliche Terminologie
* Leistungshöhe
soll aus einem fixen und einem variablen Teil bestehen, wobei die
Deckung des Unterkunftsbedarfes
zum variablen (also länderspezifisch festzu-
setzendem) Teil zählt.
Schließlich wurde von der Landessozialreferentenkonferenz am 19. 4. 2002 beschlossen, dass die Ergebnisse der Arbeitsgruppe innerhalb eines Jahres in einem Rohbericht vorgelegt werden sollen.
Diesem Auftrag soll mit dem vorliegenden Zwischenbericht entsprochen werden.
2. Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und
Sitzungen
Die Arbeitsgruppe steht unter der Leitung von SCh Dr. Gruber, der bei Abwesenheit vom stv. Sektionsleiter Mag. Pallinger vertreten wird; die weiteren Vertreterinnen des BMSG, Frau Mag. Otter und Frau Mag. Käfer, sind auch für das Protokoll der Sitzungen verantwortlich.
Die wissenschaftliche Begleitung liegt bei Prof. Pfeil., der auch mit der Erstellung und Redigierung des Zwischenberichtes betraut wurde.
In der Arbeitsgruppe sind alle Bundesländer vertreten. An
den bisherigen Sitzungen haben teilgenommen für …
Burgenland:
Dr. Pongracz;
Kärnten:
Dr. Wissiak/ teilweise vertreten durch Dr. Fresacher;
Niederösterreich:
HR Dr. Gröss;
Oberösterreich:
HR Dr. Huemer/ teilweise vertreten durch Dr. Roller/ OAR Wall;
Salzburg:
HR Dr. Prucher und/ oder Dr. Kuchner;
Steiermark:
HR Dr. Knapp/ teilweise vertreten durch Dr. Url/ Dr. Feeberger;
Tirol:
Mag. Mauracher/ Dr. Bidner/ Mag. Hengl/ Dr. Knapp/ Dr. Bischof;
Vorarlberg:
HR Dr. Rhomberg/ teilweise mit Dr. Oberhauser;
Wien:
DSA Stanzl/ Mag. Eitel/ Mag. Pober/ Dr. Rosenauer/ AR Wittine/ Mag.
Worell.
Bisher fanden zwölf (meist ganztägige) Sitzungen statt, konkret am 5. 11. 2001, 31. 1., 4. 4., 13. 5., 28. 6., 10. 7., 27. 9., 31. 10., 22. 11. und 13.12. 2002 sowie 30. 1. und 15. 5. 2003.
3. Zum Stellenwert des Zwischenberichtes
Der an die
Arbeitsgruppe erteilte Auftrag war in einigen Themenbereichen insofern leicht
zu erfüllen, als in diesen Fragen auf ExpertInnenebene schon länger weitgehend
unstrittig ist, in welche Richtung eine Weiterentwicklung und
Harmonisierung gehen müsste. Dies gilt namentlich für das Verfahrensrecht, aber
auch für eine Reihe von Fragen bei den Leistungsvoraussetzungen und sogar im
Leistungsrecht selbst.
In anderen
Fragen, insb. im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Ersatzrechtes,
bestanden zunächst gewisse Auffassungsunterschiede. Dennoch ist es auch hier gelungen,
zu gemeinsamen Vorschlägen zu kommen, bei denen es sich nicht bloß um
„kleinste gemeinsame Nenner“ handelt, sondern durchwegs um qualitative
Lösungen, die in allen Ländern ohne substantielle Abstriche umsetzbar
erscheinen.
Die zu all
diesen Punkten erarbeiteten Vorschläge wurden zwar nicht formell abgestimmt.
Die im vorliegenden Zwischenbericht in der folgenden Weise …
·
aufgelisteten
und durch größere Schrift hervorgehobenen Empfehlungen
beruhen jedoch
auf dem Grundkonsens aller TeilnehmerInnen der Arbeitsgruppe.
Die zur Erläuterung und argumentativen
Untermauerung dieser Empfehlungen aufgenommenen Zwischentexte
versuchen die wesentlichen Elemente der entsprechenden Diskussionen
zusammenzufassen und sind
zur besseren Unterscheidbarkeit in kleinerer Schrift
gehalten, wobei die Verantwortung für die konkreten Formulierungen
beim wissenschaftlichen Begleiter der Arbeitsgruppe liegt.
In einigen Punkten war ein solcher Grundkonsens nicht
erzielbar. Das lag vor allem daran, dass sich die jeweiligen VertreterInnen in
diesen Fragen außer Stande sahen, eine Zustimmung ohne (insb. politische)
Rückkoppelung bzw. ohne vertiefende Berechnungen oder Verhandlungen abzugeben.
Die in diesen Fragen bestehenden Optionen und
Entwicklungsmöglichkeiten wurden dennoch andiskutiert und werden in diesem
Zwischenbericht …
als dunkel unterlegte Passagen kenntlich gemacht, wobei der wissenschaftliche
Begleiter der Arbeitsgruppe nicht nur für die konkreten Formulierungen,
sondern auch für die unterbreiteten Vorschläge verantwortlich zeichnet.
Alle
TeilnehmerInnen der Arbeitsgruppe waren sich freilich bewusst, und dieser Umstand
sollte auch für die politisch Verantwortlichen außer Streit stehen, dass die
Weiterentwicklung der Sozialhilfe zu einem Instrumentarium, das eine
Vermeidung und nachhaltige Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung
wirklich zu gewährleisten vermag, insgesamt nicht ohne höhere Aufwendungen
erzielbar ist, selbst wenn einzelne der vorgelegten Vorschläge zu Einsparungen
führen würden.
Der Auftrag der Arbeitsgruppe ist daher letztlich nur
erfüllbar, wenn der Vermeidung und nachhaltigen Bekämpfung von Armut und sozialer
Ausgrenzung auf Landes- wie auf Bundesebene entsprechende politische Priorität
beigemessen wird.
(Diese Vorschläge wurden - mit Ausnahme des dunkel unterlegten Teils - von der Landessozialreferentenkonferenz bereits mit Beschluss vom 19. 4. 2002 gebilligt)
1. Prämissen und Zielsetzungen
Die
völlige Inadäquanz des „allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts“ (AVG) für die
Bedürfnisse in der Sozialhilfe und die auf diese angewiesenen Personen wird
schon seit langem bemängelt. Obwohl auf Auftrag der Landessozialreferentenkonferenz
bereits 1994 ein entsprechender „Musterentwurf“ für eine Neuregelung vorgelegt
wurde, haben bisher nur wenige Länder von der Möglichkeit Gebrauch gemacht,
entsprechende Sonderregelungen zu schaffen.
Die zentrale Forderung
für eine nachhaltige Weiterentwicklung des sozialhilferechtlichen Verfahrens
und des Zugangs zum Recht besteht daher in einer Adaptierung des ...
è AVG
mit adäquaten Sonderregelungen ...
è zur
Gewährleistung rascher, nachhaltiger und effektiver Hilfe
...
è mit
hoher Rechtssicherheit und Transparenz ...
è bei
möglichst geringem Aufwand.
2. Konkrete Vorschläge
Gesetzestechnisch wären diese Ziele zunächst durch
Etablierung eines ...
·
eigenen
Abschnitts „Verfahrensrecht“
in den Sozialhilfegesetzen ...
·
unter
Klarstellung der Anwendbarkeit des AVG mit dem Vorbehalt „soweit
dieses Gesetz nichts anderes bestimmt“ sowie ...
·
Aufnahme adäquater
Sonderregelungen
zu erreichen. An der
grundsätzlichen Behördenzuständigkeit sollte sich hingegen nichts
ändern. Danach wären also ...
·
in erster
Instanz die örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden und
in zweiter Instanz die jeweiligen Landesregierungen sachlich
zuständig; ...
·
nur im Ersatzrecht
sollte die Entscheidung weitgehend den Gerichten übertragen werden (s.
unten V.5.).
Die wichtigsten verfahrensrechtlichen Vorkehrungen zur
unmittelbaren Verbesserung des Zugangs zum Recht in der Sozialhilfe
bestehen in der ...
·
Ermöglichung der
Antragseinbringung bei allen Stellen, ohne dass daraus Nachteile
für Hilfe Suchende resultieren, sowie der ...
·
Klarstellung/
Erweiterung der Antragsberechtigung bzw. Vertretungsbefugnis;
insb. für Haushalts-/ Familienangehörige der Hilfe Suchenden; evt. auch (in
eingeschränktem Umfang) für Einrichtungen.
Perspektivisch wäre überdies die Einrichtung von niederschwelligen
und dezentralen Anlauf- und Beratungsstellen zu überlegen, die möglichst
mit anderen Sozialleistungsträgern vernetzt sein sollten („Sozialzentren“).
Für die Entwicklung solcher (zumindest Vorstufen für) one-desk-Formen
sollten möglichst rasch Pilotprojekte in Kooperation mit anderen
Trägern eingerichtet werden.
Im Hinblick auf das Ermittlungsverfahren müsste
das AVG jedenfalls um eine ausdrückliche ...
·
Informations-
und Anleitungspflicht (wie
sie bereits im Bgld-, NÖ- und OÖSHG vorgesehen ist)
ergänzt werden. Gerade, aber
nicht nur in diesem Zusammenhang sind Regelungen der ...
·
(Vorkehrungen
für) fachliche Qualifikation der MitarbeiterInnen ...
und natürlich auch deren
unverzügliche Umsetzung unabdingbar.
·
Die
ausdrückliche Verankerung einer Mitwirkungspflicht (mit entsprechender
Sanktionsmöglichkeit nach Belehrung) sowie einer Anleitungspflicht (wie
sie ebenfalls bereits im Bgld-, NÖ- und OÖSHG vorgesehen sind) ...
würde wesentlich zur Transparenz
und Verfahrensökonomie beitragen.
Bei der Entscheidung über Anträge auf
Sozialhilfe ist dafür Vorsorge zu treffen, dass ...
·
eine Aussetzung
des Verfahrens bei Vorfragen nur in besonderen Ausnahmefällen in
Betracht kommt, sowie ...
·
eine Bindung
der SH-Behörde auch an gerichtliche Vergleiche (insb. Unterhalt)
besteht. Besonders vordringlich
ist freilich die ausdrückliche Verankerung einer...
·
Verpflichtung
der Behörde zur Soforthilfe durch Mandatsbescheid, sowie der ...
·
grundsätzlichen
Pflicht, Bescheide nur schriftlich zu erlassen, wobei ...
·
keine
Bescheidpflicht in
(allenfalls noch näher zu definierenden) Bagatellfällen und bei der
Anpassung von Dauerleistungen bestehen soll, außer die Hilfe
suchende Person verlangt dies binnen angemessener Frist.
Weiters muss es zu einer...
·
Verkürzung der Entscheidungspflicht
kommen, die im Hinblick auf regelmäßige (Geld-)Leistungen längstens drei
Monate betragen darf, sowie sind ...
·
ausdrückliche
Regelungen über die
Einstellung, Neubemessung der Hilfe zu treffen.
Im Rechtsmittelverfahren ist vor allem ...
·
die
Berufungsfrist auf sechs Wochen zu verlängern,
·
die Möglichkeit
eines Berufungsverzichtes auszuschließen, und ebenso ...
·
die
aufschiebende Wirkung von Berufungen in Leistungsangelegenheiten auszuschließen,
sowie ...
·
die
Mitwirkungspflicht (samt Sanktionen) auch im Berufungsverfahren
ausdrücklich zu verankern.
Weitere im Zuge einer Weiterentwicklung des
Verfahrensrechtes zu berücksichtigende wesentliche Punkte wären die in allen
Ländern erforderliche ausdrückliche Verankerung ...
·
eines (Ver-)Pfändungsverbotes
für Sozialhilfeleistungen sowie
·
eines
Übertragungsverbotes, das aber Ausnahmen zulässt, wie sie derzeit im OÖSHG
vorgesehen sind,
und schließlich die ...
·
Reduzierung
der Strafbestimmungen und die
Vereinheitlichung des Strafausmaßes, wobei Verwaltungsstrafen
* nur mehr bei Vorsatz,
* nicht auch bei Versuch,
* und nicht kumulierend mit einer
gerichtlichen Verurteilung
vorgesehen sein sollten.
Die
große konzeptionelle und ursprünglich auch faktische Stärke der Sozialhilfe,
das Individualitäts- oder noch deutlicher: Bedarfsdeckungsprinzip,
ist im Laufe der Zeit zunehmend ausgehöhlt und in der Praxis weitgehend
vom Subsidiaritätsprinzip verdrängt worden. Dies gilt vor allem für die
(laufenden) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Ein zentraler
Ansatz, um die Sozialhilfe in diesem Bereich (wieder) zu einem effektiven und
effizienten Instrument der Bekämpfung und Vermeidung von Armut und sozialer
Ausgrenzung zu machen, wäre die Ergänzung der Individualität um ein
Mindestsicherungsprinzip in Form einer stärkeren Pauschalierung
bei den (insb. laufenden) Geldleistungen. Damit würde auch das Prinzip der
„Hilfe zur Selbsthilfe“ aufgewertet sowie die Transparenz und Rechtssicherheit
für die Betroffenen erhöht. Zudem käme es zu wohl beträchtlichen Verwaltungsvereinfachungen.
Im Rahmen des
Lebensunterhaltes soll es daher in Hinkunft nur mehr einen pauschalierten
Betrag im Sinne eines Mindeststandards geben, der grundsätzlich alle
Bedarfe abdeckt, außer jenen für Unterkunft und einige –
näher zu definierende - anlassbezogene Bedarfe (Sonderbedarfe, dazu unten
III.3.).
Diese Mindeststandards müssten daher in der Mehrzahl
der Länder deutlich über den bisherigen Richtsätzen liegen und wären
unter Berücksichtigung der für den Wohnbedarf vorzusehenden Leistungen (s. unten
III.4.) festzusetzen.
Obwohl eine Vereinheitlichung nach oben aus
sozialpolitischer Sicht wünschenswert und aus armutspolitischer Sicht unbedingt
indiziert wäre, müssen hier doch die unterschiedlichen, aber durchwegs nur
schmalen Möglichkeiten in budgetärer und politischer Hinsicht realistisch
eingeschätzt werden: Zwar könnten durch Festlegung einer Bandbreite der
Höhe der zukünftigen Mindeststandards, die in mehreren Etappen
sukzessive verringert werden könnte, die Spielräume für eine Angleichung nach
oben wesentlich erhöht werden. Ohne korrespondierende Maßnahmen auf Bundesebene
(insb. durch stärkere Berücksichtigung des Wohnaufwandes im Rahmen der Ausgleichszulagenrichtsätze
oder Etablierung von Mindeststandards in der Arbeitslosenversicherung), die
ausschließen, dass Verbesserungen in der Sozialhilfe zu einer deutlichen
Lastenverschiebung in Richtung Länder und Gemeinden führen, scheint diese Form
einer Weiterentwicklung der Sozialhilfe freilich kaum vorstellbar.
In jedem Fall soll es an Stelle der Differenzierung
zwischen Allein-, Haupt- und Mitunterstützten und der zum Teil unzureichenden
Erfassung von Lebens- oder Wohngemeinschaften ...
je einen „Mindeststandard“
für Alleinstehende und für Personen in Haushaltsgemeinschaften
geben,
wobei es als Vorstufe zu einer
Annäherung der Höhe dieser Leistungen (s. oben) zumindest einheitliche
Äquivalenzrelationen (danach könnte der Mindeststandard für eine Person in
Haushaltsgemeinschaft etwa bei 75% des Mindeststandards für Alleinstehende,
vgl. die genau auf diesen Wert - in Anlehnung an die Standardisierungen im
„Europäischen Haushaltspanel“ abstellende jüngste Anhebung der
Ausgleichszulagenrichtsätze durch das SVÄG, BGBl I 2003/8) geben sollte.
Dazu kommt ein
Mindeststandard für Kinder, der (als Orientierungshilfe) bei 30%
des Betrages für Alleinstehende liegen soll, wobei die Familienbeihilfe wie
bisher nicht angerechnet wird (s. unten IV.2.).
Zur
Sicherstellung einer wirklichen Bedarfsdeckung darf eine...
Unterschreitung dieses Mindeststandards nur mehr bei einer
Anrechnung eigener Mittel und als Sanktion bei Arbeitsunwilligkeit
...
in Betracht kommen. In allen anderen Fällen,
insb. bei „Verschwendung“ könnte mit einem ausnahmsweise Ausweichen auf
Sachleistungen bzw. der Auszahlung in Raten und/ oder direkt an die
Unterhaltsberechtigten das Auslangen gefunden werden.
Diese
pauschalierten Mindeststandards sollten auch nicht durch (wiederholt gewährte)
Aushilfen „unterlaufen“ werden. Vielmehr sollten ...
ab einer
Hilfsbedürftigkeit von voraussichtlich mindestens drei Monaten (wiederkehrende)
Dauerleistungen zuerkannt werden, während bei einer bloß vorübergehenden
Notlage (= bis drei Monate) auch vorerst einmalige Leistungen oder nur
befristeten Zuerkennungen möglich sein sollen.
2. Sonderzahlungen
Sonderzahlungen
sind ein fixer Bestandteil der österreichischen Gehaltsstrukturen und
finden sich daher auch bei Sozialleistungen, insb. in der Pensionsversicherung.
Aus sozialhilferechtlicher Sicht sind sie daher als Beitrag zur „Normalisierung“
sowie als Betonung des „Hilfe zur Selbsthilfe“-Prinzips und damit als
wesentliche Ergänzung der verstärkten Pauschalierung bei den
„Mindeststandards“ zu sehen, wobei aber die bisher teilweise vorgesehenen Zweckbindungen
entfallen müssten.
Daher sollten
zwei jährliche Sonderzahlungen beibehalten werden, aber nur bei Dauerleistungen
(im obigen Sinn, dh. ab dreimonatigem Bezug) gebühren.
Diese
pauschalierten Mindeststandards sollten auch nicht durch (wiederholt gewährte)
Aushilfen „unterlaufen“ werden. Vielmehr sollte ...
die Auszahlung
der Sonderzahlungen höchstens vierteljährlich erfolgen, die
weitestmögliche Parallelität mit anderen Systemen (insb. Pensionsversicherung)
spricht eher für eine halbjährliche Auszahlung.
Die
Sonderzahlungen gebühren in Höhe des jeweiligen monatlichen Mindeststandards,
wobei aber darauf öfter als 12-mal pro Jahr zufließende regelmäßige Einkünfte,
dh. andere „Sonderzahlungen“ (aliquot) anzurechnen wären.
3. Sonderbedarf
In besonderen Einzelfällen sollte das
Individualitätsprinzip dennoch erhalten bleiben und Überschreitungen der
jeweiligen Mindeststandards vorgesehen sein.
Bei individuellen
Sonderbedarfen sollen daher Leistungen über den Mindeststandard hinaus gewährt
werden können, wobei dies für bestimmte Personengruppen/ Bedarfsbereiche auch
in Form von pauschalierten Zuschlägen möglich sein soll.
Ein Rechtsanspruch
sollte dabei jedenfalls bei wiederkehrenden krankheits- und pflegebedingten
Mehraufwändungen (zB. Diätkost) vorgesehen sein.
Andere
Sonderbedarfe sollten als „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ (dh. grundsätzlich
ohne Rechtsanspruch) abgedeckt werden.
4. Wohnen
Der
Bedarf an Unterkunft ist der wichtigste Sonderbedarf, der zusätzlich zum
Mindeststandard im obigen Sinn und zwar in Form von Rechtsansprüchen
abzudecken ist. Wegen der hier nicht zu überwindenden regionalen
Unterschiede sollte dieser Bereich gesondert geregelt werden. Eine
Harmonisierung in den Grundstrukturen und Kriterien für die Bemessung dieser
Leistungen scheint dennoch sinnvoll und auch möglich.
Die Deckung des
Wohnbedarfes soll durch ein vom Mindeststandard gänzlich entkoppeltes
„Wohngeld“ mit Rechtsanspruch erfolgen.
Damit sollen
auch die Betriebskosten gedeckt werden, der Aufwand für Strom und
Heizung soll dagegen bereits vom Mindeststandard erfasst sein.
Die
Festlegung der Höhe des „Wohngeldes“ soll unter Berücksichtigung der regionalen
Unterschiede erfolgen, wobei es Obergrenzen geben soll (zB. durch
Festlegung einer angemessenen Miete pro m²).
Für die
Ermittlung einer derartigen „angemessenen Miete“ sollen aber einheitliche
Kriterien zugrundegelegt werden, insb. durch Festlegung einer zumutbaren
Wohnfläche je nach Familien- bzw Haushaltsgröße.
Die Höhe eines solchen „Wohngeldes“ kann nur
mit Blick auf das Niveau der Mindeststandards (s. oben III.1.)
diskutiert werden. Angesichts der unterschiedlichen Systeme in den
einzelnen Ländern (hohe Richtsätze und de facto geringe Zusatzleistungen für
Wohnen auf der einen, niedrige Richtsätze und Übernahme fast des gesamten
Wohnaufwandes auf der anderen Seite, mitunter aber auch niedrige Richtsätze und
bescheidene Zusatzleistungen) kann die politische Umsetzung eines „Wohngeldes“
in einer bedarfsdeckenden Höhe nur abgestimmt mit der Weiterentwicklung
von den Richtsätzen zu echten Mindeststandards erfolgen.
Wie dort gilt auch für Erhöhungen durch ein
solches „Wohngeld“, dass es korrespondierender Maßnahmen im Bundesrecht
bedarf. So könnte etwa ein „Wohnzuschlag“ für AusgleichszulagenbezieherInnen
mit nachgewiesenem hohen Wohnaufwand eine bessere Bedarfsdeckung auch für
diese Personengruppe ermöglichen und gleichzeitig einen Einstieg in die bereits
oben III.1. als erforderlich angeführte nachhaltige Anhebung der
Mindeststandards auf Bundesebene bewirken.
Für die Finanzierung eines „Wohngeldes“
müssten auch das Instrumentarium und die Mittel aus der Wohnbauförderung
nutzbar gemacht werden. Deren bundesweite Öffnung für alle Wohnformen
gerade für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen wäre sicher ein erster
Schritt dafür.
5. Hilfe bei Krankheit und Schwangerschaft
Die gesonderte Erfassung von
Personen ohne (hinreichenden) Schutz der Krankenversicherung (als Versicherte
oder als Angehörige) in der Sozialhilfe ist wenig effizient und verwaltungsaufwändig.
Eine umfassende Lösung dieses Problems kann freilich nur im Zusammenspiel
mit Änderungen im Bundesrecht erfolgen.
Vor allem
sollten SozialhilfeempfängerInnen ohne Krankenversicherungsschutz in das Krankenversicherungssystem
integriert werden, wobei der Bund die Einbeziehung vornehmen soll, die Länder
aber einen pauschalen Beitrag leisten könnten.
Wie
Beispiele in anderen Bereichen zeigen (vgl. die Erfassung von Kriegsopfern oder
die Einbeziehung von AsylwerberInnen in der Krankenversicherung), wäre dieser
Weg wesentlich zweckmäßiger als die bisher bestehenden Möglichkeiten
einschließlich der aufwändigen, vergleichsweise teuren und zudem erst nach
einer Wartezeit wirksamen Selbstversicherung, die (teilweise) von der
Sozialhilfe finanziert wird.
Da
auch im Fall einer Einbeziehung in die Krankenversicherung nicht alle Bedarfe
gedeckt sein würden, bedarf es zusätzlicher Vorkehrungen, insb. müssten ...
SozialhilfebezieherInnen
hinsichtlich von Begünstigungen wie etwa einer Rezeptgebührenbefreiung
den EmpfängerInnen einer Ausgleichszulage gleichgestellt werden, sowie
für die
Tragung der Kosten, die von den Krankenversicherungsträgern nicht (zur Gänze)
übernommen werden (zB. Selbstkosten für bestimmte Behandlungen, Heilbehelfe
etc.) und dadurch den Betroffenen entstehen, von den Ländern (zumindest im
Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung) Vorsorge getroffen werden.
Auch
in einem weiterentwickelten Sozialhilferecht wird der Einsatz eigener Mittel
vor oder zur Inanspruchnahme von Leistungen unverzichtbar sein. Im
Rahmen der Regelungen über den Einsatz von Vermögen sollte es aber in allen
Ländern einheitliche Standards und entsprechende Klarstellungen
geben.
Gegenstände
zur Erwerbsausübung und zur Deckung geistig-kultureller Bedürfnisse sind
nicht als verwertbar anzusehen.
Im Hinblick auf
Bar- und Sachwerte sollten jedenfalls bei der Hilfe in (teil)stationären
Einrichtungen zur Sicherung etwa der Begräbniskosten Freigrenzen
vorgesehen sein.
Ein Auto
ist dagegen grundsätzlich zu verwerten, es sei denn, es wird berufs- oder
behinderungsbedingt sowie in ländlichen Gebieten mangels entsprechender
Infrastruktur benötigt. Jedes weitere Auto stellt einen Luxusgegenstand dar
und ist zu verwerten.
Auch bei
Vorhandensein von mehreren Wohnungen und soweit der angemessene Eigenbedarf
gedeckt ist, soll eine Verwertung erfolgen. Im Übrigen kommt es bei
Eigenheimen zu einer Sicherstellung im Grundbuch.
Schmerzengeld und Erträgnisse daraus zählen nicht
zum zu verwertenden Vermögen.
Der
Einsatz von eigenem Einkommen wird in einem weiterentwickelten Sozialhilferecht
sogar erhöhte Bedeutung erlangen, da im Zuge der stärkeren
Pauschalierung der Leistungen auch die Ausnahmekataloge der nicht zu
berücksichtigenden Einkommen gestrafft und vereinheitlicht werden
sollen.
Überdies
sollten die bestehenden Differenzierungen beibehalten werden, nach denen
insb. das Pflegegeld oder die Familienbeihilfe zwar grundsätzlich nicht als
Einkommen angesehen werden, bei Inanspruchnahme von pflegerischen Leistungen
(Pflegegeld) bzw stationären Leistungen (auch die Familienbeihilfe) aber sehr
wohl zu berücksichtigen sind.
Demnach
sollten in Hinkunft ...
das Kinderbetreuungsgeld
sowie aus einem Übergabevertrag fließende Leistungen als Einkommen
angerechnet werden, wobei auch der Bund Überlegungen in ebendiese Richtung in
Bezug auf das Ausgleichszulagenrecht anstellen sollte;
die Familienbeihilfe
beim Einsatz des Einkommens nicht berücksichtigt werden. Vielmehr soll
es auch in Hinkunft einen eigenen Mindeststandard für Kinder geben;
auch Familienförderungen
für einkommensschwache Familien nicht als Einkommen bewertet werden.
3. Berücksichtigung von
Leistungen Dritter
Auf die Anrechnung faktischer Leistungen
kann auch in einer weiterentwickelten Sozialhilfe ebenfalls nicht verzichtet
werden. Allerdings sollten ...
die Ausnahmen
bei der Anrechnung von Leistungen Dritter vereinheitlicht werden (insb.
Zuwendungen der freien Wohlfahrt, andere freiwillige Leistungen).
Die
praktisch größten Probleme liegen aber wohl in einer fairen und möglichst wenig
aufwändigen ...
Erfassung von Haushalts-
oder Lebensgemeinschaften, die bereits im System der Mindeststandards
erfolgen sollte (s. oben III.1.).
Darüber
hinaus bedarf es einer Klarstellung, wie mit nicht realisierten Ansprüchen
Hilfe Suchender gegen Dritte umgegangen werden soll. Daher sollte in Hinkunft
...
eine Rechtsverfolgungspflicht
ähnlich wie im OÖSHG ausdrücklich verankert werden.
4. Einsatz der Arbeitskraft
Grundsätzlich
wird auch in einer weiterentwickelten Sozialhilfe der Einsatz der eigenen Arbeitskraft
verlangt werden müssen. Hier sollten aber zunächst Doppelgeleisigkeiten und
Widersprüche im Verhältnis zur primär zuständigen Arbeitslosenversicherung abgebaut
werden. Das bedeutet konkret insb., dass ...
sich
weiterentwickelte und harmonisierte Sozialhilfebestimmungen bei der Definition
der Zumutbarkeitskriterien hinsichtlich der Begriffe „Erwerbsunfähigkeit“
und „angemessene“ Entlohnung sowie des Berufschutzes am AlVG
orientieren sollten; und
die Ausnahme vom
Einsatz der Arbeitskraft „Pensionsalter“ mit dem Regelpensionsalter
(derzeit 65/60) klargestellt werden sollte.
Auf der anderen Seite sind in der Sozialhilfe auf
Grund ihrer besonderen Funktion zum Teil großzügigere Regelungen als in
der Arbeitslosenversicherung erforderlich, so insb. ...
im Hinblick auf
die Ausnahme von der Pflicht zum Einsatz der Arbeitskraft bei „Erwerbsausbildung“,
die grundsätzlich mit dem 18. Lebensjahr bzw. mit dem Abschluss einer ersten
Erwerbsausbildung, die vor dem 18. Lebensjahr begonnen wurde, begrenzt werden
sollte, wobei ein Studium keine geschützte Erwerbsausbildung im Rahmen der Sozialhilfe
darstellen kann;
hinsichtlich der
Berücksichtigung der familiären Situation beim Einsatz der Arbeitskraft,
wo sich weiterentwickelte Sozialhilfebestimmungen an die jetzigen Regelungen
zur (Un-)Zumutbarkeit des Einsatzes der Arbeitskraft bei Kinderbetreuungspflichten
im OÖSHG anlehnen sollten;
im Hinblick auf
die Unzumutbarkeit des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft, wenn die Pflege
eines Angehörigen eine bestimmte Intensität erreicht, was jedenfalls durch
die Inanspruchnahme der begünstigten Weiterversicherung (§ 76 ASVG) oder durch
Vorliegen der Pflegegeldstufe 3 indiziert wäre;
hinsichtlich der
Sanktion bei Arbeitsunwilligkeit, die nur zu einer stufenweise Kürzung
der Sozialhilfe und höchstens ausnahmsweise bis zu einem völligen Entfall der
Leistung führen darf. Die erforderliche Versorgung der Angehörigen ist
dabei auf jeden Fall (und zwar nach Möglichkeit auch im AlVG) sicherzustellen.
Auch
sonst müssten Harmonisierungen mit der Arbeitslosenversicherung durch Anpassungen
im AlVG erfolgen. Insb. sollte ...
auch in der
Arbeitslosenversicherung bei der Zumutbarkeit die familiäre Situation verstärkt
berücksichtigt werden, indem auf Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen
mehr als bisher Bedacht genommen wird.
Perspektivisch sollte eine Mindestsicherung für
BezieherInnen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe (vor allem die
bisherigen „Aufstocker“) angestrebt werden.
Damit könnte
bereits ein wesentlicher Abbau der vielfach bestehenden und unnötigen
Aufwand für die Arbeitslosen wie für die jeweilige Administration
verursachenden Doppelzuständigkeiten zwischen AMS-Geschäftsstellen und
Sozialämtern erreicht werden.
Die zum Teil schon bestehenden Kooperationsformen
zwischen AMS und Sozialhilfebehörden sollten dennoch ausgebaut und durch Pilotprojekte
ergänzt werden.
Auf Sicht
sollte aber eine einheitliche Erfassung möglichst aller arbeitsfähigen
Arbeitslosen bei einer Stelle angestrebt werden. Aus vielen Gründen ist
dafür das AMS besser geeignet als die Sozialhilfe, wie es im
Regierungsprogramm ins Auge gefasste ist:
* Zunächst ist
zu betonen, dass die Sozialhilfebehörden für die notwendigen Betreuungs-,
Vermittlungs- und Qualifizierungsaufgaben strukturell und von ihrer
fachlichen und personellen Ausrichtung nicht geeignet sind, und daher eine
nachhaltige Überwindung der Notlage Arbeitslosigkeit in geringerem Ausmaß bzw.
weniger rasch zu erwarten ist.
* Daneben würde diese Verschiebung eine deutliche Verschlechterung
der Rechtsposition von NotstandshilfebezieherInnen bewirken, die derzeit
weder ihr Vermögen einsetzen noch mit Kostenersatzpflichten (zumal solchen für
ihre Eltern oder Kinder) rechnen müssen, aber andererseits Ansprüche in der
Krankenversicherung sowie auf die Anerkennung von Ersatzzeiten in der
Pensionsversicherung haben.
* In vielen Fällen würde es zudem zu einer erheblichen Reduzierung der
Leistungshöhe für die Anspruchsberechtigten kommen, wobei weibliche
Arbeitslose ganz besonders betroffen sein würden.
* Schließlich würde eine Verlagerung der Notstandshilfe zur Sozialhilfe zu
einer dramatischen zusätzlichen Kostenbelastung für die Länder und vor
allem die Gemeinden führen. Im Falle einer Zusammenführung auf der Ebene
des AMS durch Einbau von Mindestsicherungselementen im AlVG sollten die Länder
und Gemeinden aber entsprechend an der Finanzierung beteiligt sein.
Ungeachtet
dessen müssten auch in der Sozialhilfe (allenfalls in Kooperation mit dem AMS
und anderen Einrichtungen) Vorkehrungen getroffen werden, um die Qualifikation
und Integration von arbeitsfähigen Hilfe Suchenden zu fördern (vgl. auch
die „Hilfe zur Arbeit“ im OÖSHG).
Daher sollen zur
Integration von arbeitslosen SH-Empfängern in das Erwerbsleben in den
Sozialhilfegesetzen Anreize geschaffen werden.
Diese
Anreizsysteme sollen zumindest vorübergehender Art (zB. sechs Monate)
sein und können beispielsweise in Form von Wiedereinstiegshilfen, Freibeträgen
etc. bestehen.
5. Persönliche Voraussetzungen, insb.
Staatsangehörigkeit
Die
mit einer Ausnahme in allen Ländern vorgesehene – meist sogar mehrstufige –
Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit Hilfe Suchender verursacht hohen
und oft unnötigen Verwaltungsaufwand, erzeugt viele Härten und
Ungerechtigkeiten und versucht Probleme zu bewältigen, die auf ganz anderen
Ebenen als bei den Anspruchsvoraussetzungen in der Sozialhilfe gelöst werden
müssten.
Einheitliche Grundregel für eine weiterentwickelte Sozialhilfe müsste daher
sein, dass ...
Anspruch auf Sozialhilfe grundsätzlich alle
Personen haben, die sich (im Sinne des Fremdenrechts) rechtmäßig in
Österreich aufhalten.
Für einzelne Personengruppen müssten dennoch Sonderregelungen
getroffen werden. Dies gilt insb. für ...
Personen, die
nur zu einem vorübergehenden Aufenthalt (= bis zu drei Monaten)
berechtigt sind (insb. „Touristen“), für die (wie etwa bereits jetzt im
StmkSHG) nur ein eingeschränkter Anspruch bestehen sollte bzw. an die
(weitergehende) Leistungen nur im Privatrechtsweg erbracht werden
sollten.
Für
andere Personen, insb. AsylwerberInnen, rechtlich oder faktisch nicht
abschiebbare Personen sollte die zwischen Bund und Ländern bereits
weitgehend akkordierte Art. 15a B-VG- Vereinbarung „über die
vorübergehende Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde“ so
rasch als möglich abgeschlossen und umgesetzt werden.
1. Allgemeines
Der
Kostenersatz ist erwartungsgemäß einer der politischen heikleren
Bereiche für eine Weiterentwicklung und Harmonisierung. Dies gilt umso mehr,
als einige Länder ganz bewusst Erleichterungen beim Kostenersatz vorgenommen
haben, andere dagegen – ebenso bewusst – bei den bisherigen Modellen geblieben
sind. Eine ernsthafte Diskussion der Möglichkeiten einer Weiterentwicklung
erfordert daher in diesem Bereich ganz besonders eine differenzierte
Betrachtungsweise.
In diesem Sinne gibt es einige Bereiche der
Ersatzpflicht, die im wesentlichen unverändert bleiben sollten. Insb. sollte
...
der Kostenersatz
durch Erben ehemaliger HilfeempfängerInnen, deren (ehemalige) EhegattInnen
sowie durch Eltern für Leistungen an ihre minderjährigen Kinder
(jeweils im Rahmen der Unterhaltspflicht bzw. soweit für das Kind
Familienbeihilfe bezogen wird) ebenso grundsätzlich beibehalten werden
...
wie der Ersatz
durch Sozialversicherungsträger (s. aber unten V.3.) ...
und durch
sonstige Erbringer kongruenter Leistungen (einschließlich der
schon bisher berücksichtigen Transferleistungen wie die Familienbeihilfe).
Grundsätzlich beibehalten (aber vereinheitlicht)
sollten auch die Nebenbestimmungen werden, nach denen von der Einbringung
des Ersatzes in Härtefällen abzusehen ist oä.
Bereits
im Lichte der bisher geltenden Grundprinzipien der Sozialhilfe ist die
Beibehaltung der Ersatzpflicht für (ehemalige) HilfeempfängerInnen unhaltbar,
auch wenn diese praktisch durch Härteklauseln und Verjährungsfristen entschärft
sind. Daher ...
soll der
Kostenersatz durch die HilfeempfängerInnen grundsätzlich entfallen.
Davon ausgenommen sind die Fälle von sichergestelltem Vermögen.
Mit einer solchen Sicherstellung sollte freilich sehr behutsam
vorgegangen werden. Dies gilt vor allem, wenn die Überwindung der Notlage
möglich erscheint und/ oder die Sozialhilfe nicht auf Dauer (insb. stationäre)
Leistungen zu erbringen hat. Aus dem gleichen Grund sollte ...
der Ersatz auch
bei einem nachträglichen Vermögenszuwachs (zB. Erbschaft; Ansparung von
Einkommen, auch wenn es an sich der Anrechung entzogen ist) nur bei stationären
Leistungen zum Tragen kommen.
Grundsätzlich keine Änderung sollte es hingegen bei missbräuchlicher
Inanspruchnahme von Leistungen geben. Daher sollte ...
die Rückerstattungspflicht
grundsätzlich beibehalten, aber auf Fälle der Verletzung der Anzeigepflicht
bzw. Erschleichung beschränkt werden.
3. Ersatz durch Unterhaltspflichtige
Neben
den oben V.1. genannten unterhaltspflichtigen Personen sind in der
Mehrzahl der Länder auch noch die Eltern für Leistungen an ihre volljährigen
Kinder sowie Kinder für Leistungen an ihre Eltern ersatzpflichtig. Aus
sozialpolitischer Sicht spricht vieles dafür, auch im Hinblick auf diese
Personen eine Entkoppelung vom Unterhaltsrecht (wie bereits im Verhältnis
Enkel/ Großeltern) vorzunehmen. Auf der anderen Seite wird befürchtet, dass
damit eine hohe Zusatzbelastung für die öffentlichen Haushalte sowie
eine - gesellschaftspolitisch nicht erwünschte - de-facto-Aushöhlung des
Unterhaltsrechtes bewirkt würde. Angesichts dieser Gegensätze konnte in
dieser Frage kein Konsens erzielt werden.
Perspektivisch bieten sich aber durchaus Möglichkeiten an,
hier doch zu einer Harmonisierung zu kommen. So könnte dem ersten oa. Einwand
insofern begegnet werden, als ein Abgehen von der Ersatzpflicht von Eltern für
Leistungen an ihre volljährigen Kinder bzw. von Kindern für Leistungen an ihre
Eltern in allen Ländern durch eine (mit der Pensionshöhe progressiv
ansteigende) Erfassung von Teilen der Pensions-Sonderzahlung im Zuge der
Legalzession (vgl. insb. § 324 ASVG) „kompensiert“ werden könnte.
Dies könnte etwa in der Form erfolgen, dass die
Legalzession auch jene Beträge (teilweise) erfasst, um welche die Summe aus
Pensionssonderzahlungen und den allmonatlich von der Legalzession
freibleibenden Pensionsteilen einen bestimmten Grenzbetrag (zB. in Höhe des
n-fachen des Mindeststandards/ Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende)
übersteigt. Wie bisher in § 324 Abs 3 ASVG müsste aber die Versorgung
unterhaltsberechtigter Angehöriger der stationär versorgten Person vorrangig
gesichert sein.
Die befürchtete de-facto-Aushöhlung des Unterhaltsrechts wird wohl nur im Hinblick auf die Ersatzpflicht von Eltern für Leistungen an ihre großjährigen (zB. arbeitslose oder erwerbsunfähige) Kinder in Betracht kommen. Hier könnte die uU. durch Rücknahme der Ersatzpflicht indizierte erhöhte Inanspruchnahme von Sozialhilfe insb. durch stärkere Betonung der Pflicht zum Einsatz der Arbeitskraft und genaue Berücksichtigung von Naturalunterhalt vermieden werden.
4. Ersatz durch Geschenknehmer
Die
mittlerweile in vier Ländern vorgesehene Möglichkeit, auch ohne herkömmliche
zivilrechtliche Instrumente (Anfechtung, Scheingeschäfte etc) auf Begünstigte
einer Schenkung oder eines sonst auffällig günstigen Rechtsgeschäftes im
Ersatzweg greifen zu können, ist rechtspolitisch fragwürdig und zudem verfassungsrechtlich
bedenklich. Sollte dennoch ein Bedarf bestehen, an diesen Regelungen
festzuhalten, sollte in einer weiterentwickelten Sozialhilfe ...
in Hinkunft beim
Kostenersatz durch Geschenknehmer zumindest von einer höheren
Erheblichkeitsgrenze ausgegangen und den Ersatzpflichtigen die Möglichkeit
eines Gegenbeweises eröffnet werden.
5. Verfahren
Auch
bei den Regelungen über die Durchsetzung von Ersatzforderungen besteht einiger Klarstellungs-
und Harmonisierungsbedarf. Insb. sollte in allen Ländern ...
für den Ersatz
in der „offenen“ Sozialhilfe eine einheitliche Verjährungsfrist von drei
Jahren, für den stationären Bereich eine Verjährungsfrist von fünf
Jahren gelten; sowie ...
einheitlich eine
ausdrückliche Vergleichsmöglichkeit zur außerstreitigen Bereinigung von
Ersatzforderungen geschaffen werden.
Die Vollziehung von Ersatzforderungen ist überdies
wegen deren teilweisen civil-rights-Charakters verfassungsrechtlich
bedenklich und zudem im Hinblick auf den damit verursachten
Verfahrensaufwand verwaltungsökonomisch nicht sinnvoll. Daher sollten
zwar ...
Ersatz- oder
Rückerstattungsforderungen gegen ehemalige HilfeempfängerInnen
weiterhin im Verwaltungsweg erledigt werden;
in allen übrigen
Fällen sollten Streitigkeiten in Ersatzangelegenheiten jedoch durch die Gerichte
entschieden werden.