4053/AB XXII. GP
Eingelangt am 30.05.2006
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BM für
Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-10.000/0015-I/CS3/2006 DVR:0000175
Präsidenten des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 Wien
Sehr geehrter
Herr Präsident!
Die
schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4105/J-NR/2006 betreffend Zukunft des
öffentlichen Nahverkehrs, die die Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und
GenossInnen am 30. März 2006 an
mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Im Allgemeinen:
Der Bund hat in Zusammenarbeit mit den Ländern und
Verkehrsunternehmen nach einem Jahr Arbeit einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der
das Ziel verfolgt, die heute für den Nahverkehr aufgewendeten Bundesmittel
effizienter einzusetzen, um so ein attraktiveres Angebot an öffentlichen
Verkehrsleistungen zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist das BMVIT
den Empfehlungen einzelner Bundesländer und des Rechnungshofes gefolgt und hat
versucht, die Bundesländer in die Lage zu versetzen, selber den in ihren
Regionen notwendigen Nahverkehr organisieren und bestellen zu können. Denn der
Nahverkehr soll von jenen organisiert werden, die möglichst nahe am Kunden sind
und so die Bedürfnisse der Fahrgäste am besten kennen.
Derzeit trägt der Bund
für den Betrieb des Öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs rd. € 1,1
Mrd, im Vergleich dazu wenden die Länder insgesamt rd. € 442 Mio auf. Demnach
ist die Aussage, wonach den Ländern eine größere Last aufgebürdet wird, als der
Bund jemals getragen hat, nicht nachvollziehbar.
Frage 1:
Sind die oben dargestellten Pläne des
Verkehrsministeriums weiterhin aufrecht, die einen weitgehenden Rückzug des
Bundes aus seinen Aufgaben für den öffentlichen Personennahverkehr vorsehen?
Antwort:
Im Entwurf zum ÖPNRV-G
verpflichtet sich der Bund zur Bestellung begünstigter Tarife bei den
Eisenbahnunternehmen zur Sicherstellung eines nah- und
regionalverkehrsrelevanten Grundangebotes. Dies entspricht dem § 7 ÖPNRV-G
1999.
Die vom Bund zur
Verfügung gestellten Mittel werden erstmals indexiert und den Ländern in voller
Höhe zur Verfügung gestellt.
Ein weitgehender
Rückzug des Bundes aus seinen Aufgaben für den Öffentlichen Personenverkehr ist
davon nicht abzuleiten, vielmehr ist es Ziel des Bundes die Aufgaben– und
Ausgabeverantwortung zusammenzuführen. Im Schienenbereich behält der Bund
weiterhin seine Verpflichtungen, die Tarifbestellungen im Nah- und
Regionalverkehr sicherzustellen und zieht sich auch aus seiner Verantwortung
als Eigentümer der ÖBB keinesfalls zurück.
In der letzten Besprechung mit allen Bundesländern am
31.03.2006 wurde ausdrücklich die Notwendigkeit einer Neuordnung des
öffentlichen Verkehrs betont und die Idee der Verländerung von Finanzen und
Kompetenzen als grundsätzlich richtiger Reformweg bestätigt.
Genau aus diesen Gründen haben am 31.3. alle
Ländervertreter beschlossen, in einer Arbeitsgruppe dieses Konzept weiter zu
diskutieren und einzelne offene Fragen bis zum Sommer abzuklären.
Fragen 2 und 3:
Mehr als ein Drittel der Eisenbahninfrastruktur soll
„Landesschienenstrecke“ werden: Wie lautet die exakte Auflistung der Teile des
Kern- und Ergänzungsnetzes, die in Länderverwaltung überführt werden sollen?
Gibt es dazu bereits Finanzierungspläne seitens der
Länder?
Antwort:
Derzeit wird in der ÖBB Holding AG in Zusammenwirken mit allen
Tochtergesellschaften ein
Regionalbahnkonzept erarbeitet, das sowohl die Interessen des Personen-, als
auch des Güterverkehrs und die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse der ÖBB
Infrastruktur Betrieb AG berücksichtigt. Ehe dieses Konzept, das vom
Unternehmen ÖBB in seiner aktienrechtlichen Verantwortung selbständig erstellt
wird, fertig ist, kann ich keine Aussagen über einzelne Strecken oder das
Gesamtausmaß oder über allfällig notwendige Finanzierungen treffen. Darüber
hinaus gibt es Gespräche mit dem Land Niederösterreich, in denen ein mögliches
Prozedere für eine Verländerung von Eisenbahninfrastruktur diskutiert wird.
Frage 4:
Wie hoch ist die Zahl der Arbeitsplätze, die durch die
Verländerung verloren gehen wird?
Antwort:
Durch eine Verländerung der Finanzen und Kompetenzen
sind keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Arbeitsplätze zu erwarten, zumal
sich zumindest im organisatorischen Bereich die Aufgaben lediglich verändern
und neue Schwerpunkte bei den einzelnen Gebietskörperschaften gesetzt werden,
wie zum Beispiel ein verstärktes Monitoring im Bereich des Bundes, um die
Effizienz der eingesetzten finanziellen Mittel zu überprüfen.
Frage 5:
Befürchten Sie durch die zu erwartende
Kompetenzaufsplitterung auf Länder und Bund keinen Qualitätsverlust für den
flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr?
Antwort:
Ein Qualitätsverlust für den flächendeckenden
öffentlichen Personennahverkehr ist nicht zu erwarten, da die vom Bund für Bus-
und Bahnverkehr derzeit bereitgestellten Mittel – und zwar kein Cent weniger -
künftig den Bundesländern zugeordnet werden. Diese wissen damit, welches
Verkehrsangebot sie planen und organisieren können, um so optimaler auf die
Wünsche der Fahrgäste eingehen zu können. Alle internationalen Erfahrungen
zeigen, dass durch die Verländerung von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung die
Effizienz beim Einsatz der Mittel gestiegen ist, das Verkehrsangebot deutlich
ausgeweitet werden konnte und mehr Fahrgäste für den öffentlichen Verkehr
gewonnen werden konnten. Das empfiehlt auch der Rechnungshof in seinem Bericht.
Frage 6:
Welche Pläne für eine überregionale Koordinierung gibt
es, angesichts der Tatsache, dass PendlerInnen den öffentlichen
Personennahverkehr auch Ländergrenzen überschreitend nutzen?
Antwort:
Die Frage der grenzüberschreitenden Verkehre wird auch
derzeit bereits in Absprache zwischen den einzelnen
Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften geregelt, soweit dies möglich ist.
Ziel ist es dabei unabhängig von Ländergrenzen und abgestimmt auf die
Pendlerströme auch grenzüberschreitende Angebote für Pendler anzubieten.
Frage 7:
Mit welcher durchschnittlichen Verteuerung müssen
BerufspendlerInnen nach einer Umsetzung des geplanten Konzepts rechnen?
Antwort:
Ein Zusammenhang zwischen der Regionalisierung des
Öffentlichen Personennahverkehrs und einer Verteuerung für Berufspendler ist nicht
nachvollziehbar. Die Tarife werden bereits derzeit – ohne Einflussnahme des
Bundes – zwischen den Verkehrsunternehmen und den
Verkehrsverbundorganisationsgesellschaften festgesetzt. Der Bund wird – wie
bereits ausgeführt – auch die für Bus- und Bahnverkehr bereitgestellten Mittel
den Ländern zur Verfügung stellen, wobei erstmalig für den gesamten Bus- und
Schienenbereich eine jährliche Anpassung der Fördermittel gemäß
Verbraucherpreisindex und Fahrgastaufkommen vorgesehen ist.
Frage 8:
Können Sie ausschließen, dass ein Verlagern der
Finanzierungslasten vom Bund auf die Länder zur Schließung von Regionallinien
führen wird, weil die Länder der zusätzlichen Finanzierungsbelastung nicht
gewachsen sind?
Antwort:
Durch die
Zusammenführung der Aufgaben – und Ausgabenverantwortung liegt es künftig im
Entscheidungsbereich der Länder Schwerpunkte im Schienen- und/oder Busverkehr
zu setzen und die Mittel entsprechend flexibel einsetzen. Dadurch wird eine
systemumfassende Angebotsoptimierung zwischen Schiene und Bus erreicht.
Frage 9:
Welche Maßnahmen zur Attraktivierung und
Modernisierung des öffentlichen Personennahverkehr sind seitens des
Ministeriums in nächster Zukunft geplant?
Antwort:
Die ÖBB Personenverkehrs AG plant zur Modernisierung des Fahrparks die
Beschaffung zusätzlicher Doppelstockwagen und weiterer moderner
Nahverkehrstriebwagen. Ebensolche Strategien haben mehrere österreichische
Privatbahnen. Dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung der
Eisenbahnverkehrsunternehmen folgend kann der Bund für die Fahrzeugbeschaffung
keine finanziellen Beiträge leisten, sondern nur für den Ausbau und die
Verbesserung der Infrastruktur, die in den Ballungsräumen (siehe z.B.:
Umsetzung NAVIS in Salzburg, Umsetzung des Nahverkehrskonzeptes in Linz,
Errichtung der Regionalverkehrsbahn Hall-Völs etc.) schrittweise erfolgt.
Frage 10:
Wird die Bundesregierung ihre Aufgabe zur
Co-Finanzierung von zusätzlichen Verkehren nach § 24 und 26 ÖPNRVG einhalten?
Antwort:
Der Bund wird – bis zum Inkrafttreten eines neuen
ÖPNRV-G – zumindest die gesetzliche Verpflichtung im Ausmaß von € 7,3 Mio zur
Cofinanzierung neuer Verkehrsangebote gemäß §§ 24 – 26 einhalten. Der Bund hat
sich in den letzten Jahren bemüht – soweit dies budgetär möglich ist – dafür
über das gesetzliche Maß hinausgehende finanzielle Mittel aufzubringen. Derzeit
stellt der Bund jährlich rd. € 11 Mio für zusätzliche Verkehrsangebote zur
Verfügung.
Im Entwurf zum ÖPNRV-G neu ist vorgesehen, die für die
Bestellerförderung vorgesehenen Mittel auf € 30 Mio pro Jahr aufzustocken.
Diese Mittel werden den Ländern für die Einrichtung neuer Verkehre zur
Verfügung gestellt und zwar unabhängig von der Höhe eines
Finanzierungsbeitrages von Ländern oder Dritten. Damit wird das
Fördersystem extrem vereinfacht,
Land und Gemeinden können rasch und direkt – ohne zusätzlicher Befassung durch
den Bund – mehrjährige Förderprogramme vereinbaren. Das schafft
Planungssicherheit und reduziert Bürokratieaufwand.
Frage 11:
Welche konkreten Zusagen oder Abkommen bestehen
zwischen Bund und Land Tirol hinsichtlich der Finanzierung der Regionalbahn
Hall-Völs?
Antwort:
Zwischen Bund, Land Tirol und Stadt Innsbruck
wurde im Jahr 2004 ein Übereinkommen über die Gewährung von
Finanzierungsbeiträgen zur Errichtung eines leistungsfähigen
Regionalbahnsystems im Zentralraum der Landeshauptstadt Innsbruck geschlossen,
das folgende Projekte beinhaltet:
- Verbesserungs-
und Beschleunigungsmaßnahmen bei der Verknüpfung der Stubaitalbahn mit dem zu
realisierenden Regionalbahnprojekt
- Teilprojekt
Ost des Regionalbahnkonzeptes zwischen Hall und Technik West
Darüber hinausgehend gibt es für dieses
Projekt keine weiteren schriftlichen Zusagen oder Abkommen.
Mit freundlichen Grüßen
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