4080/AB XXII. GP
Eingelangt am 06.06.2006
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BM für
Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-11.500/0006-I/CS3/2006 DVR:0000175
An den
Präsidenten des
Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
1017 W i e n
Sehr
geehrter Herr Präsident!
Die
schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4137/J-NR/2006 betreffend Kosten des
hochrangigen Straßenbaus in Vorarlberg, die die Abgeordneten Mandak,
Freundinnen und Freunde am 6. April 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich
mich wie folgt zu beantworten:
Frage 1:
Bis wann sollen aus heutiger Sicht die ASFINAG-Bauvorhaben a) 2. Röhre Pfändertunnel, b) Verbindung der österreichischen und der Schweizer Rheintalautobahn (S 18), c) Umsetzung des Anschussstellenkonzeptes A 14 und d) Verbreiterung der A 14 fertiggestellt werden?
Antwort:
a) Röhre Pfändertunnel
Fertigstellung der neuen Weströhre 2011, anschließend Adaptierung der bestehenden Oströhre bis 2011/2012
b) Verbindung der österreichischen und der Schweizer Rheintalautobahn
(S 18)
Fertigstellungstermin noch offen.
Grundsätzlich liegen nunmehr alle Bewilligungen vor und es könnte gebaut werden, wenn nicht der Naturschutzbescheid noch als Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof liegen würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung bis zum EU-Urteil ausgesetzt und eine baldige Entscheidung wird erwartet.
ASFINAG wird die Planungen nach Vorliegen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs aktualisieren.
Siehe hierzu auch Punkt 6.
c) Umsetzung des Anschlussstellenkonzepts A 14
Aus der im Rahmen des Österreich weiten Anschlussstellenkonzeptes durchgeführten Auflistung und Bewertung sämtlicher Anschlussstellenwünsche leitet sich nicht automatisch auch eine Umsetzungsverpflichtung ab. So werden im Rahmen des Projekts auch Anschlussstellen geführt, die entsprechend baulicher, verkehrlicher und räumlicher Wirkung als nicht zweckmäßig beurteilt und somit nicht oder nicht sofort umgesetzt werden. Im Anschlussstellenkonzept sind keine Fertigstellungstermine angeführt.
Im Bauprogramm 2006 der ASFINAG sind folgende Projekte für Vorarlberg enthalten:
- Anschlussstelle Weidach (bereits fertiggestellt)
- Anschlussstelle Wolfurt - Lauterach (bereits fertiggestellt)
- Umbau / Eweiterung Anschlussstelle Dornbirn Süd (geplante Fertigstellung 2008)
- Anschlussstelle Klaus (geplante Fertigstellung 2007-2008)
- Umbau Anschlusstelle Bludenz-Bürs (geplante Fertigstellung 2007-2008)
d) Verbreiterung der A 14
Die Verbreiterung der A 14 ist für das Jahr 2010 geplant.
Frage 2:
Welche Bruttogesamtkosten ergeben sich aus heutiger Sicht für jedes dieser vier Projekte, wenn die aktuellen Kostenschätzungen auf den Termin der voraussichtlichen Fertigstellung hochgerechnet werden?
Antwort:
a) Röhre Pfändertunnel
Gesamtkosten € 190,-- Mio.
b) Verbindung der österreichischen und der Schweizer Rheintalautobahn (S 18)
Gesamtkosten € 420,70 Mio.
c)
Umsetzung des Anschlussstellenkonzepts
A 14
- Umbau und Eweiterung der ASt Dornbirn Süd € 8,80 Mio.
- Anschlussstelle Klaus € 1,21 Mio.
- Umbau Bludenz-Bürs € 6,80 Mio.
d)
Verbreiterung der A 14
Gesamtkosten € 22,-- Mio.
Frage 3:
Wie hoch schätzen Sie a) mindestens und b) allerhöchstens die Finanzierungskosten für jedes der vier Projekte bei einer Tilgungsdauer von 50 Jahren und einem Zinssatz zwischen 3 % und 5,8 %?
Antwort:
Derzeit finanziert sich die ASFINAG durchschnittlich mit einem Zinssatz von 3,62 % bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 3,5 Jahren bei entsprechendem Zinsänderungsrisiko. Bei Annahme einer 50-jährigen Bindung, müsste als Zinssatz zum heutigen Stand 4,6% angesetzt werden. Auf Basis des bestehenden Fruchtgenussvertrages ist die Annahme einer 50-jährige Tilgungsdauer zusätzlich zu hinterfragen.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass in allen Berechnungen seitens der ASFINAG neben den Finanzierungskosten auch die Kosten der betrieblichen und baulichen Erhaltung einfließen und die Einnahmen auf der jeweiligen Strecke im Sinne einer Barwertberechnung berücksichtigt werden. Diese Betrachtung ist diejenige, die auch als Grundlage für den politischen Entscheidungsprozess zu empfehlen ist.
Der Zeitplan für die einzelnen Projekte ist der Antwort zur Frage 1 und die Bruttogesamtkosten aus heutiger Sicht sind der Antwort zu Frage 2 zu entnehmen.
Frage 4:
Wie hoch schätzen Sie – angesichts der Kostensteigerungen beim Projekt L200 (15 % zwischen Baubeginn im Sommer 2004 und Jahresende 2005) oder der zweiten Röhre des Pfändertunnels (von 116 Mio. im Jahre 2002 auf netto 145 Mio. bzw. brutto 174 Mio. im Jahre 2005) – die bis zu den geplanten Fertigstellungsterminen anfallenden index- oder marktpreisorientierten Kostensteigerungen jedes der angeführten Bauvorhaben a) mindestens und b) allerhöchstens?
Antwort:
Wir
gehen von Kostensteigerungen von ca. 2 % pro Jahr aus, wobei diese in den
Gesamtkosten inkludiert sind.
Frage 5:
Wie werden sich Ihrer Einschätzung nach Kostensteigerungen wie die bei der 2. Pfändertunnelröhre auf den Schuldenstand der ASFINAG und die Preisentwicklung der Autobahnvignette in den kommenden 10 Jahren auswirken?
Antwort:
Die Kostensteigerung bei der 2. Röhre des Pfändertunnels beruhen im wesentlichen darauf, dass in der Zwischenzeit eine Konkretisierung des Projektes vorgenommen wurde. Des weiteren ist der erhöhte Sicherheitsanspruch für die Mannschaft im Vortrieb - und auch der höhere Qualitätsanspruch am Bau (Entwässerungssysteme, Fahrbahnaufbau) entsprechend zu berücksichtigen. Weiteres sind in puncto Tunnelsicherheit zusätzliche Adaptierungen notwendig, wie z.B. Tunnelausstattung wie Kameras, Nischen, Notrufsäulen, Beleuchtung oder Belüftung. Darüber hinaus sind u.a. zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen vor und nach den Tunnelportalen vorgesehen (Knoten Weidach, Citytunnel, Hörbranz, Lochau), die teils bereits umgesetzt wurden. Ebenso wurde der Anteil der Gleitung erhöht.
Naturgemäß haben Kostensteigerungen diverser ASFINAG-Projekte auch Auswirkung auf den Schuldenstand der ASFINAG. Die Preisentwicklung der Vignette als eines der Finanzierungsinstrumente des hochrangigen Straßennetzes ist aber nicht unmittelbar von der aktuellen Kostenentwicklung einzelner Projekte abhängig, sondern muss so gestaltet sein, dass unter Berücksichtigung der Benutzerakzeptanz und der Inflation ein längerfristig ausreichender Beitrag zur Gesamtkostendeckung der ASFINAG erreicht wird.
Frage 6:
Wie schätzen Sie die Situation nach dem kürzlich ergangenen S18-Urteil des EuGH ein, der einen Verstoß gegen die Vogelschutzrichtlinie festgestellt und die Rechtmäßigkeit der Bewilligungsverfahren mangels Zuständigkeit nicht beurteilt hat?
Antwort:
a) Status Quo, 25. April 2006
Grundsätzlich liegen nunmehr alle Bewilligungen vor und es könnte gebaut werden. Der Naturschutzbescheid liegt aber noch als Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof – dieser hat seine Entscheidung bis zum EU-Urteil ausgesetzt und wird wohl in Kürze entscheiden.
Weitere Vorgangsweise der ASFINAG:
Nach Vorliegen des Verwaltungsgerichtshofserkenntnisses werden die Planungen aktualisiert.
Insgesamt sollte in den weiteren Planungen versucht werden, die Anforderungen des nunmehr größeren Natura 2000 Gebietes mit der S 18 abzustimmen.
b) Klagsinhalt / Zur
Vertragsverletzungsklage der Europäischen Kommission gegen Österreich,
eingereicht am 12.Mai 2004
Österreich hat gegen die FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitatsrichtlinie) verstoßen, indem
(1) zwar das Lauteracher Ried als Vogelschutzgebiet (=besonderes Schutzgebiet: BSG) aufgenommen wurde, nicht aber die Gebiete Soren und GIeggen-Köblern, insgesamt also zu wenige Flächen für den Wachtelkönig ausgewiesen wurden (entsprechend dem Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie)
Die Kommission
hat diesem Punkt stattgegeben – Fazit: Mehrausweisung erforderlich
(2) bei der Bewilligung des Straßenbauvorhabens Bundesschnellstraße Bodensee S 18 keine Alternativenprüfung im Sinne des Artikel 6 Absatz 4 der Habitatrichtlinie stattgefunden hat, obwohl erhebliche Auswirkungen des Projektes auf das Natura 2000-Gebiet festgestellt wurde. Die Variantenprüfung im Vorprojektstadium entspricht nicht der Alternativenprüfung nach Natura-2000.
Diese Klage
wird abgewiesen, da der Verfahrensbeginn für die Schnellstraße bereits vor dem
Beitritt Österreichs zur EU war (nämlich 1992) und damit die Bestimmungen der
FFH Richtlinie auch später nicht gelten (so genanntes „Pipelineprojekt“ =
Übergangsbestimmungen bei EU-Beitritt)
c) Chronologie der Planungen, S18
vor 1992 |
Lauteracher Ried als Landschaftsschutzgebiet nach Vorarlberger Naturschutzgesetz |
1992 |
Trassenfestlegungsverfahren (§ 4-Verfahren) für S18 eingeleitet – danach vollständige Überarbeitung des Projektes |
8. März 1994 |
Start Auflage- und Anhördungsverfahren zur Trassenfestlegung nach § 4 BStG (ohne UVP) |
1. Jänner 1995 |
Beitritt Österreichs zur EU |
7. Juni 1995 |
Bekanntgabe des Landschaftsschutzgebietes Lauteracher Ried als BSG (Besonderes Schutzgebiet) nach der FFH-Richtlinie an die EU-Kommission |
8. April 1997 |
§ 4 - Trassenverordnung für S18 erlassen |
19. Jänner 1999 |
Einreichung des Projektes zur naturschutzrechtlichen Genehmigung |
6. Juli 2001 |
Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung Berufung gegen den Bescheid |
12. November 2001 |
Informationsersuchen der EU-Kommission an zuständige Stellen aufgrund einer Beschwerde |
27. Juni 2002 |
EU-Kommission kommt zum Ergebnis, dass Österreich gegen die Verpflichtungen aus der Vogelschutzrichtlinie bzw. der FFH-Richtlinie verstoßen hat. Aufforderung zur Stellungnahme (Mahnschreiben) – Vorwürfe der EU-Kommission können in mehreren Korrespondenzen nicht ausgeräumt werden |
21. Februar 2003 |
Naturschutzrechtlicher Genehmigungsbescheid durch Land Vorarlberg bestätigt |
29. August 2003 |
Vollstreckung der Entscheidung vom Verwaltungsgerichtshof ausgesetzt. Planungsvorhaben ruht seither. |
12. Mai 2004 |
Europäische Kommission erhebt Klage gegen die Republik Österreich |
23. März 2006 |
Urteil des Europäischen Gerichtshofes |
Frage 7:
Wie erklären Sie, dass in Zeiten angeblich sparsamer Haushaltsführung des Bundes bei der Verländerung der Bundesstraßen B den Bundesländern offenbar um 50 % überhöhte Summen übertragen wurden, mit denen (Zitat aus den oben erwähnten Anfragebeantwortungen des Vorarlberger ÖVP-Landesrates Rein) „Überschüsse“ und „Rücklagen“ angelegt wurden?
Antwort:
Die Auffassung, dass bei der Verländerung der Bundesstraßen B den Bundesländern um
50 % überhöhte Summen übertragen wurden, kann ho. nicht geteilt werden. Einzelne Länder beklagen sogar im Gegenteil, dass die zur Verfügung gestellten Mittel bei weitem nicht ausreichen, um die immer teurer werdenden Straßenbauvorhaben umsetzen zu können. Die Anlage von „Rücklagen“, um anstehende Projekte größeren Kostenumfanges auf einmal und nicht in Teilen verwirklichen zu können, erscheint daher naheliegend.
Frage 8:
Werden Sie und Ihre Regierungskollegen als Konsequenz aus dieser Tatsache für eine umgehende entsprechende Redimensionierung dieser Mittel eintreten, um den Bundeshaushalt zu entlasten? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Die Verhandlungen
bzw. Entscheidungen über die zukünftige Mittelzuteilung an die Bundesländer für
Straßen liegen in der Verantwortung des Bundesministers für Finanzen.
Mit freundlichen
Grüßen