4088/AB XXII. GP
Eingelangt am 09.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Öllinger,
Freundinnen und Freunde haben am
10.
April 2006 unter der Nr. 4148/J an mich eine schriftliche parlamentarische An-
frage betreffend
Beschwerden nach dem Privatfernsehgesetz 2005 gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Im Jahr 2005 wurden 13 Verfahren wegen Verletzung von Bestimmungen des
Privatfernsehgesetzes
(PrTV-G) vor der Kommunikationsbehörde Austria
(KommAustria)
geführt.
Zu Frage 2:
a)
Betreffend die X-Gate Multimedia Broadcasting GmbH bzw. dessen Massever-
walter wurde ein
Verfahren zum Entzug der Zulassung und ein Verwaltungsstraf-
verfahren geführt. Hintergrund war ein nicht von
der Behörde gemäß § 6 PrTV-G
bewilligter Wechsel des Übertragungssatelliten
sowie die Verletzung von Schutz-
bestimmungen zu Gunsten Minderjähriger bei
Ausstrahlung des Programms ge-
mäß § 32 Abs. 2
iVm Abs. 4 PrTV-G.
b)
Im Rahmen der „Werbebeobachtung" (§ 2 Abs. 1 Z 7
KommAustria-Gesetz
[KOG]) wurden grundsätzlich in jedem Monat (amtswegig)
Auswertungen sowohl
von Programmen des Österreichischen
Rundfunks als auch von Programmen pri-
vater
Rundfunkveranstalter vorgenommen. Bei den privaten Fernsehveranstal-
tern
wurden Sendungen von WKK Lokal-TV, ProSieben Austria, gotv, Premiere
Austria, LÄNDLE TV, Fashion-TV, TV6, ATVplus,
Steiermark 1, RTV und Munde-
TV ausgewählt:
- WKK Lokal-TV (WKK Lokal-TV der Weststeirischen
Kabel-TV Gesellschaft
mbH & CO KEG)
Gegenstand war die Vermutung einer Verletzung des § 46 Abs. 2
PrTV-G (An-
forderungen
an Patronanzsendungen) im Programm vom 07.01.2005 von
18:30
bis 20:08 Uhr.
- ProSieben Austria (ProSieben Austria GmbH)
Gegenstand war die Vermutung einer Verletzung des § 36 Abs. 4
PrTV-G
(Unterbrecherwerbung)
im Programm vom 05.02.2005 von 20:00 bis 20:15
Uhr.
- gotv (TIV KABEL-FERNSEH-GESELLSCHAFT m.b.H.)
Gegenstand war die Vermutung einer Verletzung von § 36 Abs. 4
PrTV-G
(Unterbrecherwerbung), § 38 PrTV-G (Kennzeichnungspflicht) und § 46 Abs.
2
PrTV-G (Anforderungen an Patronanzsendungen) im Programm vom
10.03.2005
von 17:30 bis 20:00 Uhr.
- Premiere Austria (Premiere Fernsehen GmbH)
Gegenstand war die Vermutung einer Verletzung des § 38 PrTV-G
(Kenn-
zeichnungspflicht) im
Programm vom 17.04.2005 von 19:00 bis 22:30 Uhr.
-
LÄNDLE TV (LÄNDLE TV Privatfernsehen &
TV-Produktionsanstalt)
Gegenstand war die Vermutung einer
Verletzung von § 35 Abs. 2 PrTV-G
(redaktioneller Einfluß), § 36 Abs. 2 PrTV-G
(Unterbrecherwerbung), § 38
PrTV-G
(Kennzeichnungspflicht) und § 46 Abs. 2 PrTV-G (Anforderungen an
Patronanzsendungen)
im Programm vom 12.05.2005 von 18:00 bis 20:00 Uhr.
- Fashion-TV (FASHION TV Programmgesellschaft mbH)
Gegenstand war die Vermutung einer Verletzung von § 36 Abs. 1
und Abs. 4
PrTV-G
(Unterbrecherwerbung) sowie § 38 PrTV-G (Kennzeichnungspflicht)
im Programm vom
12.05.2005 von 18:00 bis 20:00 Uhr.
- TV6 (X-Gate Multimedia Broadcasting GmbH)
Gegenstand war die Vermutung einer Verletzung von § 38 PrTV-G
(Kenn-
zeichnungspflicht)
und § 44 Abs. 2 PrTV-G (Werbe- und Teleshoppingdauer)
im Programm vom
13.06.2005 von 16:00 bis 18:00 Uhr.
- ATVplus (ATV Privatfernseh-GmbH)
Es wurde das Programm vom 10.06.2005 von 08:30 bis 11:00 Uhr ausgewer-
tet.
- Steiermark 1 (Steiermark 1 TV GmbH & Co KG)
Gegenstand war die Nichtvorlage von Aufzeichnungen gemäß § 47 Abs. 1
PrTV-G für das Programm vom 11.07.2005 von 20:00
bis 22:00 Uhr.
- RTV (RTV Regionalfernsehen GmbH)
Gegenstand
war die Vermutung einer Verletzung von § 42 PrTV-G (Werbung
und Teleshopping für alkoholische
Getränke) sowie einer mehrfachen
Verletzung
von § 38 PrTV-G (Kennzeichnungspflicht) im Programm vom
04.08.2005
von 18:00 bis 20:00 Uhr.
- Munde-TV (WestMedia Verlags-GmbH)
Gegenstand
ist die Vermutung einer Verletzung der Werbebestimmungen des
PrTV-G im Programm vom 07.10.2005 von 18:00
bis 20:00 Uhr.
Zu Frage 3:
Gemäß § 62 PrTV-G besteht die Entscheidung
der Regulierungsbehörde in der Fest-
stellung,
ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung des PrTV-G verletzt
worden
ist.
Wird von der Regulierungsbehörde eine Verletzung des PrTV-G
festgestellt, die im
Zeitpunkt
der Feststellung noch andauert, so hat der Rundfunkveranstalter unverzüg-
lich einen der
Rechtsansicht der Regulierungsbehörde
entsprechenden Zustand her-
zustellen.
a) Das Verfahren wurde in beiden Fällen
eingestellt, da die Satellitenänderung dem
Masseverwalter
nicht zurechenbar war. Darüber hinaus erfolgte seitens des Mas-
severwalters ein
Verzicht auf die Zulassung der X-Gate Multimedia Broadcasting
GmbH.
b)
- WKK Lokal-TV (WKK Lokal-TV der Weststeirischen
Kabel-TV Gesellschaft
mbH & CO KEG)
Das Verfahren wurde nach Einholung einer Stellungnahme eingestellt.
- ProSieben Austria (ProSieben Austria GmbH)
Das Verfahren wurde nach Einholung einer Stellungnahme eingestellt.
- gotv (TIV KABEL-FERNSEH-GESELLSCHAFT m.b.H.)
Es wurde bescheidmäßig eine Verletzung
von § 36 Abs. 4 PrTV-G (Unterbre-
cherwerbung), § 38 PrTV-G (Kennzeichnungspflicht) und § 46 Abs. 2
PrTV-G
(Anforderungen an Patronanzsendungen) festgestellt (Bescheid der Komm
Austria
vom 30.8.2005, KOA 2.100/05-53), teilweise wurde das Verfahren
nach
Einholung einer Stellungnahme eingestellt. Der Bescheid ist nicht rechts-
kräftig - das
Berufungsverfahren ist anhängig.
- Premiere Austria (Premiere Fernsehen GmbH)
Es
wurde bescheidmäßig eine Verletzung von § 38 PrTV-G (Kennzeichnungs-
pflicht) festgestellt (Bescheid der
KommAustria vom 19.7.2005, KOA 2.100/05-
065). Das Verfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.
- LÄNDLE TV (LÄNDLE TV Privatfernsehen & TV-Produktionsanstalt)
Es wurde bescheidmäßig eine Verletzung
von § 36 Abs. 2 PrTV-G (Unterbre-
cherwerbung), § 38 PrTV-G (Kennzeichnungspflicht) und § 46 Abs. 2
PrTV-G
(Anforderungen
an Patronanzsendungen) festgestellt (Bescheid vom
31.8.2005,
KOA 1.900/05-016). Der Bescheid ist nicht rechtskräftig - das
Berufungsverfahren
ist anhängig.
- Fashion-TV (FASHION TV Programmgesellschaft mbH)
Es wurde bescheidmäßig eine Verletzung
von § 36 Abs. 1 PrTV-G
(Unterbrecherwerbung)
sowie § 38 PrTV-G (Kennzeichnungspflicht)
festgestellt
(Bescheid vom 5.9.2005, KOA 2.100/05-074), teilweise wurde das
Verfahren nach Einholung einer Stellungnahme eingestellt. Das Verfahren ist
rechtskräftig
abgeschlossen.
- TV6 (X-Gate Multimedia Broadcasting GmbH)
Es wurde
bescheidmäßig eine Verletzung von § 38 PrTV-G (Kennzeichnungs-
pflicht) und § 44 Abs. 2 PrTV-G (Werbe- und
Teleshoppingdauer) festgestellt
(Bescheid vom 6.9.2005, KOA 2.100/05-077). Der Bescheid ist rechtskräftig -
die Berufungsbehörde bestätigte die
Entscheidung der KommAustria (BKS
vom
4.4.2006, GZ 611.001/0022-BKS/2005).
- ATVplus (ATV Privatfernseh-GmbH)
Die Auswertung ergab keine Vermutung von Verletzungen der Werbebe-
stimmungen
des PrTV-G. Das Verfahren wurde eingestellt.
- Steiermark 1 (Steiermark 1 TV GmbH & Co KG)
Es wurde bescheidmäßig eine Verletzung
wegen Nichtvorlage von Aufzeich-
nungen gemäß § 47 Abs. 1 PrTV-G festgestellt (Bescheid der
KommAustria
vom 02.11.2005, KOA
1.900/05-019). Der Bescheid ist rechtskräftig.
- RTV (RTV Regionalfernsehen GmbH)
Es wurde bescheidmäßig eine Verletzung
von § 42 PrTV-G (Werbung für alko-
holische Getränke) sowie eine mehrfache Verletzung von § 38 PrTV-G (Kenn-
zeichnungspflicht) festgestellt (Bescheid vom 12.1.2006, KOA 3.160/05-008).
Der Bescheid ist rechtskräftig.
- Munde-TV (WestMedia Verlags-GmbH)
Der
Rundfunkveranstalter wurde zur Stellungnahme aufgefordert. Das Verfah-
ren ist anhängig.
ad) Verwaltungsstrafverfahren:
In den zuvor beschriebenen Fällen
betreffend Premiere Austria (abgeschlossen),
Fashion-TV (abgeschlossen), gotv (Berufungsverfahren anhängig) bzw. im
Fall be-
treffend
das Programm Sat 1 (Beobachtung aus dem Jahr 2004; abgeschlossen)
wurde auch ein
Verwaltungsstrafverfahren geführt.
Zu Frage 4:
Im
Jahr 2005 wurden zwei Beschwerden von Personen, die behaupteten, durch Ver-
letzungen von Bestimmungen des PrTV-G
unmittelbar geschädigt worden zu sein, an
die Regulierungsbehörde herangetragen.
Zu Frage 5:
Eine Beschwerde (gegen Salzburg TV Fernsehgesellschaft m.b.H.)
behauptete
die
Verletzung des Grundsatzes, wonach alle Sendungen der
Rundfunkveranstalter
im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die
Menschenwürde und die
Grundrechte anderer achten müssen (§31 PrTV-G),
sowie
die Verletzung journalistischer Grundsätze (§ 33 PrTV-G) im
Programm
Salzburg
TV.
Die zweite Beschwerde behauptete, daß drei
Veranstalter von Satellitenhörfunk
ohne
Zulassung senden würden (vgl. § 64 Abs. 3
PrTV-G).
Zu Frage 6:
Im Fall Salzburg TV wies die KommAustria die Beschwerde als unbegründet ab.
Betreffend die zweite Beschwerde sind die Verfahren noch
nicht abgeschlossen. Tat-
sächlich konnte nur eine beschuldigte Partei
überhaupt ausfindig gemacht werden.
Zu den Fragen 7 bis 9:
Im Jahr 2005 wurden keine auf § 61 Abs. 1 Z 2 PrTV-G gestützten Beschwerden bei
der Regulierungsbehörde anhängig gemacht.
Zu den Fragen 10 und 11:
Die Tatsache, daß im Jahr 2005 lediglich zwei Beschwerden bei
der Kommunikati-
onsbehörde Austria nach § 61 PrTV-G anhängig gemacht
wurden, läßt nur bedingt
Rückschlüsse auf die
gesetzliche Grundlage zu.
Zum einen ist darauf zu verweisen, daß die mit BGBl.
I Nr. 97/2004
erfolgte Absen-
kung
der Schwelle für die sogenannten „Popularbeschwerden"
nach § 61 Abs. 1 Z 2
PrTV-G
von 300 Unterstützern auf nunmehr 120, nicht zu einem - wie
vielleicht er-
warteten
- Anstieg der Beschwerden geführt hat.
Zum anderen zeigt ein Vergleich mit der entsprechenden
Regelung im ORF-G, daß
die
gleichartigen Beschwerdemöglichkeiten dort sehr wohl in Anspruch
genommen
werden,
um ein Verfahren vor dem Bundeskommunikationssenat einzuleiten. Im Jahr
2005 wurden beim
Bundeskommunikationssenat 12 Verfahren aufgrund der Bestim-
mungen des § 36 ORF-G
anhängig gemacht.
Insbesondere
dieser Vergleich zeigt daher, daß die bestehenden Beschwerdemög-
lichkeiten ausreichend sind und kein übermäßiges
Hindernis hinsichtlich der Verfah-
renseinleitung
besteht. Im Zusammenspiel mit den amtswegig geführten
Verfahren
hinsichtlich
der Werbebestimmungen stellen die Beschwerdemöglichkeiten
nach § 61
PrTV-G
ein adäquates System zur Einhaltung der gesetzlichen Regelungen
des Pri-
vatfernsehgesetzes
dar. Reformbedarf ist daher keiner gegeben.