4096/AB XXII. GP

Eingelangt am 13.06.2006
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Hrn. Univ.Prof. Dr. Andreas KHOL

Parlament

1017 Wien                                                                                       

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben am 20.04.2006 unter der Nummer 4158/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Nahrungsergänzungsmittel/Gefälschte Arzneimittel – Doping & Gesundheits-gefährdung – „Sicherheitspolizeiliche Ermittlungen  im Jahre 2005“ gerichtet. 

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Nach der Polizeireform hat sich an den Zuständigkeiten in diesem Bereich nichts verändert.

Das Bundeskriminalamt, Büro 5.2, ist für Ermittlungen im Bereich der Computer- und Netzwerkkriminalität zuständig.

 

Diese Organisationseinheit führt primär technische Ermittlungen im Rahmen des Assistenz-dienstes für die jeweilige Fachabteilung durch.

 

Die zuständige Fachabteilung im Bereich der Arzneimittelfälschungen und der illegalen Weitergabe von Dopingmitteln ist das Referat 3.4.4 (Umweltkriminalität) im Bundes-kriminalamt.

 


Zu Frage 2:

Ein Hinweis auf der BMI Umweltmeldestelle betreffend Internetseite www.generikaonline.com ergab einen Bezug in die USA. Interpol Schriftverkehr wurde eingeleitet.

Ein weiterer Hinweis langte auf der BMI Umweltmeldestelle in Bezug auf die Internet Foren www.forum.gofeminin.de, www.gratis-forum.de und www.forum.kraftstrom.at   wegen des Handels mit dem Medikament „Adipex“ ein.

 

Dieses Medikament ist rezept- und apothekenpflichtig und dessen Wirkstoff führt zu Appetithemmung. Mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) und mit Interpol Deutschland wurde ein Schriftverkehr geführt, da diese Internetforen deutscher Herkunft sind. Im Zuge weiterer Ermittlungen konnte auch ein Anbieter des Medikamentes „Adipex“ in Graz ausgeforscht werden. Eine Anzeige wurde erstattet.

 

Ein weiterer Hinweis auf der BMI Internet Umweltmeldestelle langte in Bezug auf die  Internetseite www.panik.at ein, da über diese Adresse das Medikament „Seropram“ angeboten werde. Dieses Medikament ist rezeptpflichtig und darf nur in Apotheken abgegeben werden. Es ist für die Behandlung depressiver Störungen zugelassen. Mit dem BMGF wurde ein Schriftverkehr eingeleitet. Erhebungen wurden auch in Linz eingeleitet, da dort ein Anbieter dieses Medikamentes festgestellt werden konnte. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Eintragung missverständlich formuliert war und sich auf ein Naturprodukt bezog.

 

In einer Anzeige in Tirol von privater Seite wurde gegen ein „Institut für Naturheilverfahren“ der Verdacht erhoben, dass von diesem Institut unter dem Deckmantel „Naturheilmittel“ illegal pharmazeutische Arzneimittel erzeugt und vertrieben werden. Im Internet wird das Institut nur mit einer kurzen einseitigen Beschreibung sowie einer e-Mail-Adresse und einer Tel Nr. angepriesen. Ermittlungen sind im Gange.

 

Zu Frage 3:

Ein Fall in Tirol betraf die Sicherstellung von 89.000 Stk. Tabletten „Clenbuterol HCI – Made in Kore“ und 888 Stk. Ampullen „Testex Elmu Prolongatum 250 mg“.  Ein niederländischer Staatsangehöriger beabsichtigte die Mittel in sein Heimatland auszuführen.


Zu Frage 3.1 und 3.2:

a) von der unter Frage 3 beschriebenen, in Tirol sichergestellten Menge wurden 100 Stk. Tabletten „Clenbuterol HCI – Made in Kore“ und 10 Stk. Ampullen „Testex Elmu Prolongatum 250 mg“ untersucht.

 

b) in einem zweiten Fall einer Tiroler Sicherstellung von Anabolika war eine Untersuchung nicht möglich, weil kein nachweisbarer Verdacht auf eine bestimmte Person (Besitzer) vorgelegen ist (Unverhältnismäßigkeit der Untersuchungskosten). Sichergestellt  wurden 703 Stk. Tabletten "Naposim 5 mg Metandienonum", 21 Ampullen "Nandrolone Decanoate Norma 2 ml" und  4 Ampullen "Sustanon Organon 250 mg/1 ml".

 

Zu Frage 3.3 – 3.5

Die (unter 3.1) untersuchten Tabletten enthielten den verbotenen Wirkstoff Clenbuterol, während die Ampullen überhaupt keinen Wirkstoff enthielten und es sich offensichtlich um eine Fälschung handelte.

 

Zu Frage 3.6:

Es wurde gegen einen niederländischen Staatsbürger Strafanzeige an die Staatsan-waltschaft Innsbruck wegen Verdacht des  Vergehens nach § 15, 146 StGB und § 84 a AMG erstattet – das Verfahren wurde gemäß § 90 Abs 1 StPO eingestellt, weil der Tatbestand als Verwaltungsübertretung qualifiziert wurde. Seitens der zuständigen Bezirksverwaltungs-behörde konnte in Ermangelung eines entsprechenden Rechtshilfeabkommens mit den Niederlanden kein Strafverfahren eingeleitet werden, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Zif 3 VStG eingestellt wurde. Seitens der Zollbehörde wurde ein Finanzstrafverfahren anhängig gemacht.

 

Zu Frage 3.7:

Hinsichtlich der Ausführungen unter 3.1.a und 3.3 erfolgte die Analyse durch das  Dopingkontroll-Labor ARC Seibersdorf Research GmbH.

Hinsichtlich der unter 3.1.b angeführten Sicherstellung wurde vom Österreichischen Anti-Doping Komitee eine Analyse durch das Dopingkontroll-Labor ARC Seibersdorf Research GmbH mangels einer verdächtigen Person aus Kostengründen (Verhältnismäßigkeit) als nicht zielführend angesehen und unterblieb daher.


Zu Frage 4:

Aufgrund eines Erhebungsauftrag der StA Wr Neustadt wegen Verdacht nach § 84a Abs 1 AMG wurden Erhebungen zu 3 Internetseiten durchgeführt und bzgl. der Betreiber Nachforschungen mit dem Ergebnis angestellt, dass die Internetseiten noch unfertig waren. Diese Internetseiten konnten bereits einer in  Bosnien-Herzegowina etablierten Firma zugeordnet werden. Die in der Anzeige namentlich erwähnten Verdächtigen haben die Firme dort gegründet. Offiziell sind beide Verdächtigen nach Bosnien-Herzegowina verzogen. Die Erhebungen sind noch im Gange.

 

Aufgrund eines Erhebungsauftrages der StA Graz wegen Verdacht der §§ 146 ff StGB wurde die Internetseite www.corallife.cc kontrolliert, da angeblich ein völlig nutzloses Produkt mit der Bezeichnung „Coral Life“ als „medizinisches Wunder“ angeboten werde. Es konnte ein Bezug zu Deutschland und Brasilien hergestellt werden und wurde bereits ein Interpol Schriftverkehr eingeleitet. Erhebungen sind noch im Gange.

 

Auf der Internetplattform „EBAY“ bot ein österreichischer Staatsbürger das rezeptpflichtige  Arzneimittel „Spiropent“ (Clenbuterol) an.  Es erfolgte eine Anzeige gem. § 84a AMG an das Bezirksgericht Villach.

 

Zu Frage 5 und 6:

Nein.

 

Zu Frage 5.1:

Gem. § 76a Arzneimittelgesetz obliegt die Überwachung des Verkehrs und der Probennahmen von Nahrungsergänzungsmitteln, die im Verdacht stehen, dass sie Arzneimittel sind und die sich nach der Herstellung im Einzelhandel befinden, dem Landeshauptmann.

 

Zu Frage 5.2:

Da es sich beim § 84a Arzneimittelgesetz um ein gerichtliches Offizialdelikt handelt und  eine Gesundheitsgefährdung bei der Anwendung von Dopingmitteln bzw. ein Betrugs-tatbestand nicht auszuschließen ist, liegt bei konkretem Verdacht in jedem Falle eine Einschreitungsgrundlage für die Sicherheitsbehörden vor.

 

Zu Frage 7, 9 und 11:

Einleitung von Interpol Auslandsschriftverkehr. Durchführung von Observationen zur Feststellung, ob sich Verdächtige nicht doch in Österreich aufhalte und Erhebungen, ob Warensendungen in Österreich abgeschickt wurden.

 

Zu Frage 8, 10, 12, 31 und 32:

Von den Sicherheitsbehörden wurden aufgeschlüsselt nach Jahren folgende Anzeigen nach  § 84a Arzneimittelgesetz erstattet:

            2002     2

2003     9

2004     3

2005     3

 Eine Differenzierung zwischen Betreibern von Internetseiten, Herstellern, Händlern bzw. Inhabern oder Pächter von Fitnessstudios ist nicht möglich, da dies in der Kriminalstatistik nicht extra erfasst wird. Im Zusammenhang mit § 84a AMG wurde im Jahre 2004 auch eine Anzeige gem. § 176 StGB an die Staatsanwaltschaft erstattet.

 

 

Zu Frage 13 und 27:

Im BMGF wurde die  Arbeitsgruppe „Austrian Medicines Enforcement Group“ (AMEG) eingerichtet, in der neben Beamten des BMGF, des BMJ, des BMF/Zoll, des Bundesinstitutes für Arzneimittel, des Österreichischen Anti-Doping-Komitee, auch Vertreter des Bundeskriminalamtes (Referat zur Bekämpfung der Umweltkriminalität) Mitglied sind.

 

Anlassbezogen erfolgt ein intensiver Informationsaustausch zwischen den genannten Stellen, wobei schon öfters Stellungnahmen und Gutachten des BMGF über die Gefährlichkeit bzw. gesundheitlichen Auswirkungen von illegalen Arzneimitteln erstellt wurden.

 

Im Oktober 2005 wurde im Bundeskriminalamt ein Spezialseminar für Umweltsachbearbeiter aus ganz Österreich zum Thema „Illegale Weitergabe von Dopingmitteln, Arzneimittel-fälschungen“ durchgeführt.

 

Vortragende waren neben eigenem fachkundigen Personal auch Experten aus dem BMGF, dem Bundesinstitut für Arzneimittelkontrolle, der Arbeiterkammer (Abteilung Konsumenten-schutz) sowie des Österreichischen Anti-Doping-Komitees.

 

Im Herbst 2006 ist im Bundeskriminalamt die Abhaltung eines Grundausbildungslehrganges für Umweltsachbearbeiter geplant, bei welchem diese Problematik wiederum geschult wird.

 

Zu Fragen 14 und 15:

Im Jahr 2005 wurde gem. § 6a Rezeptpflichtgesetz von den Sicherheitsbehörden keine Anzeigen erstatten. 

 

Zu Fragen 16:

Zu der Anzahl von Anzeigen nach § 84a Arzneimittelgesetz durch die Sicherheitsbehörden im Jahr 2005 wird auf die Beantwortung der Frage 8 verwiesen.

Bezüglich Anzeigen von Sachverständigen und anderen Behörden kann von mir keine Auskunft erteilt werden, da die Beantwortung dieser Frage nicht in die Zuständigkeit meines Ressorts fällt.

 

Zu Fragen 17:

Es darf auf  Frage 3 verwiesen werden.

 

Zu Frage 18:

Nein.

 

Zu Frage 19:

Darüber werden keine Aufzeichnungen geführt. Die anlassbezogene Erhebung deser Daten würde einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten.

 

Zu Frage 20:

Eine umfassende Untersuchung der in Österreich erhältlichen Nahrungsergänzungsmittel fällt nicht in die Zuständigkeit meines Ressorts, da Nahrungsergänzungsmittel rechtlich als Nahrungsmittel oder Arzneimittel eingestuft werden.

 

 

Zu Frage 21:

Im Falle des Vorliegens einer entsprechenden Gesetzesinitiative durch das zuständige Ministerium, wird diese von meinem Ressort ausführlich und intensiv geprüft werden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann daher noch keine endgültige Stellungnahme abgegeben werden.

 

Zu Frage 22:

Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in die  Kompetenz meines Ressorts.

 

Zu Frage 23:

Vom Kriminalpolizeilichen Beratungsdienst wird im Rahmen der Suchtdeliktsprävention zur  Aufklärung in Bezug auf Doping beigetragen, soweit es sich um gerichtlich strafbare Handlungen handelt.


Zu Frage 24:

Da gem. § 84a Arzneimittelgesetz nur das in Verkehr bringen bzw. die Anwendung bei andern „zu Dopingzwecken im Sport“ gerichtlich strafbar ist, haben die Staatsanwaltschaften bzw. im Vorfeld die Ermittlungsbehörden den Vorsatz nachzuweisen, dass diese Dopingmittel eben mit diesem Vorsatz „zu Dopingzwecken im Sport“ in Verkehr gebracht wurden.

 

Da aber bei Käufen über das Internet kein direkter Kontakt zwischen Käufer und Verkäufer stattfindet, ist der Nachweis in der Praxis sehr schwer zu führen, was wiederum zu der hohen Zahl von Zurücklegungen bzw. Einstellungen von Verfahren führt.

 

Weitere Probleme sind die unterschiedlichen (oft fehlenden) rechtlichen Regelungen  in den einzelnen Staaten aus denen diese Mittel bezogen werden.

 

Zu Frage 25:

Bei der Bestellung von Dopingmitteln wird noch gegen keine gerichtlich strafbare Bestimmung verstoßen, da nur das in Verkehr bringen oder die Anwendung bei anderen zum Zwecke des Sports gerichtlich sanktioniert ist.

Sollte dies vorliegen wäre der  § 84a Arzneimittelgesetz anzuwenden. Zusätzlich wurde in der Vergangenheit die  §§ 146ff, 176 StGB angezeigt.

 

Zu Frage 26:

Die internationale Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden erfolgt grundsätzlich im Interpolweg, sofern gerichtlich strafbare Sachverhalte zugrunde liegen.

Durch Beamte des Bundeskriminalamtes (Referat zur Bekämpfung der Umweltkriminalität) wurde insbesondere an folgenden internationalen Veranstaltungen teilgenommen:


Zu Frage 28:

Wie in Frage 24 bereits angesprochen besteht zu den §§ 5a und 84a Arzneimittelgesetz legislativer Handlungsbedarf.

Die Worte „zu Dopingzwecken im Sport“ sollten herausgenommen werden, sodass jegliches in Verkehr bringen bzw. anwenden bei anderen ohne Einschränkung sanktioniert werden kann.

Dies würde es den Staatsanwaltschaften erleichtern Fälle zur Anklage zu bringen, da der Nachweis des Vorsatzes, dass diese Mittel „zu Dopingzwecken im Sport“ in Verkehr gebracht bzw. bei anderen angewendet wurden, nicht mehr nachgewiesen werden müsste.

 

Zu Frage 29:

Es wurden in den Jahren 2003 bis 2005 keine Ermittlungen wegen § 176 StGB und § 84a AMG gegen Fitnessstudios oder deren Betreibern in Österreich geführt. Es erfolgte aber im September 2004 eine Anzeige gegen einen österreichischen Staatsbürger der entgegen dem § 5a Abs. 1 Arzneimittelgesetz nachweislich 8 Dosen zu je 100 Stück in Form der Präparate „Extreme Fatburner“ und „Extreme Mass-Builder“ zu Dopingzwecke im Sport in Fitnessstudios - vorwiegend in der Steiermark und Salzburg - angeboten und verkauft hatte. Anzeige erfolgte an die StA Wiener Neustadt.

 

Zu Frage 30:

Im Zuge der unter Frage 29 angeführten Amtshandlung wurden in NÖ bei zwei Hausdurchsuchungen folgende Arzneimittel vorläufig sichergestellt:

Zl

Menge

Gebinde

Bezeichnung

1

2 Stk.

150 ml Glasflasche mit gelbl. Flüssigkeit

Angebl. Sesamöl

2

1 Karton

10 ml Zylinderglasampulle

Boldenone
Undecylenate USP

3

1 Stk.

10 ml Zylinderglasampulle

Testosterone Cyplonate USP

4

1 Stk.

10 ml Zylinderglasampulle

Boldenone
Undecylenate USP

5

1 Stk.

10 ml Zylinderglasampulle

Nandrolone Decanoate

6

5 Schachteln

5ml Zylinderglasampullen

Triamcinoloni

7

1 Schachtel

3ml Patronen

Humalog

8

1 Schachtel

5 x 3 ml Zylinderglasampullen

Huminuslin

9

1 Schachtel

2 geladene Insulinpens.

Insulin Novo Nordisk, Novorapid

 

Zu Frage 33:

Keine