4170/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.07.2006
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BM für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

 

Herrn                                                                                             

Präsidenten des Nationalrates                                                   (5-fach)

Parlament                                                                                     

1010 Wien                                                                                    

                                                                                                       

                                                                                                       

                                                                                                       

GZ: BMSG-10001/0127-I/A/4/2006                                          Wien,

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4213/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen wie folgt:

Fragen 1 bis 3 und 6:

Laut meinen Informationen hat bereits jeder Mitgliedsstaat eine Stelle nach Art. 16 Abs. 1 VO (EG) Nr. 261/2004 benannt. Eine Liste dieser Stellen findet sich auf der Homepage der Europäischen Union unter http://ec.europa.eu/transport/air/rules/rights/doc./2005_01_31_national_enforcement_ bodies_en.pdf.

Hinsichtlich der Situation in Österreich ist festzuhalten, dass die EG VO 261/2004 in ihrem Art. 16 Abs. 1 verpflichtend eine durchsetzende Stelle und in Art. 16 Abs. 2 optional eine sonstige Beschwerdestelle vorsieht. In Österreich war es bisher Praxis, dass die durchsetzende Stelle nach Art. 16 Abs. 1 bei der Obersten Zivilluftfahrtbehörde im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, die optionale Beschwerdestelle nach Art. 16 Abs. 2 bei der Sektion Konsumentenschutz des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz angesiedelt war. In meinem Ressort wurden daher eingehende Anfragen von Passagieren beantwortet und konkrete Beschwerden zur weiteren Überprüfung an die durchsetzende Stelle im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie weitergeleitet.

Fragen 4 und 7 bis 9 und 15:

Zu diesen Fragen liegen mir keine Informationen vor.

Frage 5:

Die Sanktionen betreffend Verstöße gegen die VO 261/2004 sind in der am 24. Mai 2006 vom Nationalrat beschlossenen Novelle zum Luftfahrtgesetz geregelt (§ 169 Abs. 1 Z 3 lit. g LFG). Diese Bestimmung stellt generell alle Verstöße gegen die Vorschriften der VO 261/2004 unter Verwaltungsstrafsanktion. Der Strafrahmen beträgt bis zu 22.000 €.

Frage 10:

Im Zeitraum zwischen 17. Februar 2005 und 30. April 2006 wurden von der
Beschwerdestelle für Fluggastrechte im Bundesministerium für soziale Sicherheit,
Generationen und Konsumentenschutz knapp 200 Beschwerden als potentielle Verstöße gegen die VO 261/2004 an die durchsetzende Stelle im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie weiter geleitet.

Die überwiegende Zahl der Beschwerden betraf Flugstreichungen aufgrund von technischen Gebrechen, wobei sich stets die Frage stellte, ob ein Fall eines außergewöhnlichen Umstandes im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der VO 261/2004 vorlag und die Fluglinie alles Zumutbare getan hatte, um den Eintritt dieses Umstandes zu verhindern. Hier nahmen die Fluglinien im Rahmen des sehr breiten Interpretationsspielraumes einen sehr restriktiven Standpunkt ein. Es ist zu erwarten, dass durch die ab 1. Juli 2006 vorgesehene Schlichtungsstelle im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ein für beide Seiten befriedigender Interessenausgleich zwischen Fluglinien und Passagieren erzielt werden kann.

Fragen 11 bis 14, 17 und 18:

Hinsichtlich dieser Fragen verweise ich auch auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.


Frage 16:

Aus der Erfahrung der Beschwerdestelle im BMSG würden die in der VO 261/2004 vorgesehenen Ausgleichsleistungen in den meisten Fällen ausreichen, um die bestehenden sonstigen Schadenersatzansprüche abzudecken. Wie viele sonstige Schadenersatz- oder Regressansprüche im Sinne von Art. 12 und 13 der VO 261/2004 in Österreich geltend gemacht wurden, ist mir nicht bekannt.

Frage 19:

Dadurch, dass die Fluglinien bei Annullierungen grundsätzlich die Zahlung von Ausgleichsleistungen in so gut wie allen Fällen abgelehnt haben, ist bei vielen Passagieren und auch bei den Konsumentenschutzinstitutionen dieser Eindruck entstanden. Aus Sicht der Beschwerdestelle im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz trifft dies nicht von vornherein zu. Zumindest die Austrian Airlines Group übermittelte dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie stets die entsprechenden technischen Unterlagen und Wetterberichte. Ich hoffe, dass etwaige falsche Angaben in Zukunft dadurch, dass diese
Unterlagen und sonstigen Nachweise von allen Fluglinien der im Luftfahrtgesetz nun vorgesehenen Schlichtungsstelle im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zur Beurteilung vorgelegt werden müssen, ausgeschlossen werden können.

Frage 20:

Die in diesem Zusammenhang relevante Frage lautet, ob ein technisches Gebrechen als außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Verordnung angesehen werden kann oder nicht. Bejaht man das, so bleibt im Sinn von Art. 5 Abs. 3 in jedem Beschwerdefall zu klären, ob die Fluglinie alle ihr zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um den Eintritt der außergewöhnlichen Umstände zu verhindern. Diese Frage enthält somit einen großen Wertungsspielraum. Erst langsam beginnen die juristische Fachliteratur und auch Gerichte diesen Wertungsspielraum zu konkretisieren. Ich hoffe, dass auch die von der künftigen Schlichtungsstelle im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie zu treffenden Wertungen zu einer Klärung beitragen werden.


Frage 21:

Derzeit besteht ein sehr breiter Interpretationsspielraum bei der Auslegung der Verordnung, welcher erst durch Verwaltungspraxis und Rechtsprechung ausgefüllt werden muss.

Frage 22:

Soweit mir bekannt ist, wurde durch die Europäische Kommission nur erhoben, inwieweit in den einzelnen Mitgliedstaaten die Vorgaben der Verordnung legistisch umgesetzt wurden. In welchen Mitgliedstaaten die Vorgaben der Verordnung nicht eingehalten werden, ist mir nicht bekannt.

Frage 23:

Nach Auskunft des Bundeskanzleramtes läuft dieses Verfahren noch, es ist aber zu erwarten, dass in Folge der Neuregelung des Luftfahrtgesetzes dieses beendet wird.

Frage 24:

Die Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/EG ist bereits im Jänner 2006 in Kraft getreten.

Betreffend den geplanten Verordnungsvorschlag des Europäischen Parlaments und des Rates über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität haben der Rat, das Europäische Parlament und die Kommission bereits im Herbst 2005 informelle Gespräche geführt, um in erster Lesung zu einer Einigung über dieses Dossier zu gelangen. Eine zweite Lesung und die Einleitung des Vermittlungsverfahrens sollten dadurch vermieden werden.

Der endgültige Beschluss dieser Verordnung im Verkehrsministerrat ist daher für Anfang Juli 2006 zu erwarten. Die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union würde dann voraussichtlich Ende Juli erfolgen.


Insbesondere aus behindertenpolitischer Sicht ist diese Verordnung sehr zu begrüßen. Die Europäische Union wählt mit dieser Verordnung ein sehr geeignetes
Instrument, um bestehende Benachteiligungen von behinderten Flugreisenden zu beseitigen und die Rechte von Menschen mit Behinderungen im europäischen Luftverkehrsbinnenmarkt sicherzustellen. Die Verordnung enthält weit gehende Standards und wird nicht nur eine bedeutende und positive Auswirkung auf die Freizügigkeit von behinderten Menschen, sondern auch eine nicht zu übersehende Signalwirkung für weitere bürgerorientierte Maßnahmen der Europäischen Union haben.

 

Mit freundlichen Grüßen