4174/AB XXII. GP

Eingelangt am 07.07.2006
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-9.500/0002-I/PR3/2006     DVR:0000175

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017  Wien

Wien, 5. Juli 2006

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4214/J-NR/2006 betreffend Fluggast-entschädigung nach der VI (EG) Nr. 261/2004 – Umsetzung in Österreich – Beschwerden von Fluggästen, die die Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen am 8. Mai 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

In welchen EU-Mitgliedsstaaten wurde auf Basis der VO (EG) Nr. 261/2004 noch keine Beschwerdestelle benannt (Art. 16 Abs. 1)?

 

Antwort:

Es ist in allen Mitgliedsstaaten eine Beschwerdestelle benannt worden.

 

Fragen 2, 3 und 5:

Wer ist in Österreich die benannte Beschwerdestelle?

Seit wann gibt es diese benannte Stelle?

Was ist konkret deren Aufgabe?

 

Welche Mittel stehen dieser Beschwerdestelle zur Wahrung der Fluggastrechte zur Verfügung, wenn einzelne Luftfahrtunternehmen (Airlines) die Bestimmungen dieser unmittelbar geltenden EU-Verordnung nicht einhalten?

Wo und wie sind diese Beschwerdemöglichkeiten geregelt?

 

In welchen österreichischen Gesetzen sind diese Strafbestimmungen geregelt?

Welche einzelnen Tatbestände stehen unter Strafsanktion?

Welche Strafen sind bei welchen Verstößen gegen diese EU-Verordnung vorgesehen?

 

 

 

 

Antwort:

Seit 17. Februar 2005 ist das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie die gemäß Art. 16 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (im folgenden: „Verordnung“) benannte Beschwerdestelle zur Durchsetzung der Verordnung betreffend Abflüge von Luftfahrtunternehmen aus Österreich und Landungen von EU-Luftfahrtunternehmen aus Drittstaaten.

Beschwerdestelle gemäß Art. 16 Abs. 2 der Verordnung ist das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz.

 

Nach in Kraft treten der  Novelle zum Luftfahrtgesetz (LFG) am 01. Juli 2006 (BGBl. Nr. 88/2006) zeichnet der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vollinhaltlich verantwortlich.

Gemäß einem neuen § 139a LFG können Fluggäste unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte Streit- oder Beschwerdefälle wegen behaupteter Verstöße gegen Ge- oder Verbote aus der Verordnung an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie herantragen, der  eine einvernehmliche Lösung anstrebt oder den Parteien seine Ansicht zum herangetragenen Fall mitteilt. In diesem Verfahren sind die Luftfahrtunternehmen zur Mitwirkung, zur Erteilung aller für die Beurteilung der Sachlage erforderlichen Auskünfte sowie zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen verpflichtet.

 

Kommt ein Luftfahrtunternehmen in einem Streitbeilegungsverfahren seiner Pflicht zur Mitwirkung, Auskunftserteilung und Vorlage von erforderlichen Unterlagen nicht nach, so ist dieser Verstoß gegen die Verpflichtungen des § 139a Abs.1 LFG  mit Verwaltungsstrafe sanktioniert ( § 169 Abs.1 Z 1 LFG).

§ 169 Abs.1 Z 3 lit. g LFG legt allgemein  fest, dass derjenige, der der Verordnung zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung begeht. Diese ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu € 22.000 zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden.

 

Frage 4:

In welchen Mitgliedsstaaten wurden auf Basis der VO (EG) Nr. 261/2004 noch keine wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafbestimmungen bei Nichteinhaltung von Bestimmungen dieser VO festgelegt (Art. 16 Abs. 3 der VO)?

 

Antwort:

Darüber liegen mir keine Informationen vor.

 

Frage 6:

Wer bzw. wo sind diese benannten Beschwerdestellen im Sinne dieser VO in den anderen EU-Mitgliedsstaaten (ersuche um namentliche Bekanntgabe samt Adresse)?

 

Antwort:

Die in den Mitgliedstaaten benannten Beschwerdestellen gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung finden sich unter: http://ec.europa.eu/transport/air/rules/rights/doc/2005_01_31_national_enforcement_bodies_en.pdf

 

Fragen 7 bis 9:

Wie viele Beschwerden wegen Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung von Flügen gab es in den benannten Stellen der EU-Mitgliedsstaaten seit Inkrafttreten dieser VO (Aufschlüsselung nach Airlines)?

 

Wie viele von diesen Beschwerden wurden erledigt?

Wie wurden diese Beschwerden jeweils erledigt?

 

Wie viele der obigen Beschwerden wurden bei diesen benannten Stellen in der EU von österreichischen Fluggästen erhoben?

 

Antwort:

Diesbezüglich liegen noch keine Zahlen vor.

 

Fragen 10 bis 13:

Wie viele Beschwerden wegen Nichtbeförderung, Annullierung oder Verspätung von Flügen gab es bei der benannten österreichischen Stelle seit Inkrafttreten dieser VO (Aufschlüsselung nach Airlines)?

 

Wie viele von diesen Beschwerden wurden (beispielsweise durch Ausgleichsleistungen) positiv erledigt?

Wie wurden diese Beschwerden erledigt?

Ersuche jeweils um Aufschlüsselung nach Airlines!

 

Wie viele Beschwerden wurden seitdem nicht erledigt (Aufschlüsselung nach Airlines)?

 

Warum wurden diese Beschwerden nicht erledigt?

Wie lautete jeweils die Begründung dafür?

 

Antwort:

Dem bmvit wurden bisher rund 200 Beschwerden übermittelt, die mögliche Verstöße gegen Verpflichtungen aus der Verordnung enthalten. Ca. 40% der Beschwerden richteten sich gegen österreichische Luftfahrtunternehmen, die restlichen Beschwerden gegen andere, fast ausschließlich europäische Luftfahrtunternehmen.

Ein Großteil der Beschwerden betraf Annullierungen von Flügen aufgrund technischer Gebrechen. In diesen Fällen ist jeweils zu prüfen, ob die Annullierung auf einen außergewöhnlichen Umstand zurückgeht, der sich auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären (vgl. Art. 5 Abs. 3 der Verordnung. Das Luftfahrtunternehmen hat den Nachweis des technischen Gebrechens zu erbringen (z.B. durch Vorlage der Eintragungen in technischen Wartungsbüchern). Als besonders schwierig erweist sich die Prüfung der Vermeidbarkeit des außergewöhnlichen Umstandes.

Vielfach wurden auch mangelhaft erbrachte Betreuungsleistungen gemäß Art. 9 der Verordnung ( z.B. Mahlzeiten, Erfrischungen, Hotelunterbringung, Telefongespräche, e-mails) beklagt.

Die Beschwerden gegen österreichische Luftfahrtunternehmen konnten großteils abgeschlossen werden. Ca. ein Drittel der  Beschwerden betreffen Flüge außerhalb Österreichs (d.h. Abflüge oder Landungen außerhalb Österreichs), zu deren Durchsetzung die Behörden der betroffenen Länder einschreiten. Diese Beschwerden müssen meist erst in Berichtsform gebracht und in die englische Sprache übersetzt werden, um sie der zuständigen ausländischen Beschwerdestelle in einem anderen Mitgliedstaat zur Durchsetzung übermitteln zu können. Das vorliegende Sprachproblem wurde in der Verordnung nicht geregelt, es bleibt zur Lösung den Mitgliedstaaten überlassen. Die Mitgliedstaaten einigten sich untereinander darauf, Beschwerden jeweils in der Landessprache und in Englisch zu bearbeiten, andere Möglichkeiten scheitern in den Mitgliedstaaten an Kostenfragen (für Übersetzungen). Ca. ein Viertel der Beschwerden betreffen ausländische Luftfahrtunternehmen, wovon ca. die Hälfte erledigt werden konnte, die übrigen Beschwerden sind noch in Prüfung.

 

Probleme bei der Bearbeitung der Beschwerden ergeben sich vor allem dadurch, dass die Verordnung eine Reihe von Unklarheiten in sich birgt, die der Interpretation bedürfen, und zwar europaweit. Die Mitgliedstaaten haben daher schon im Vorjahr eine Vielzahl von Fragen an die Europäische Kommission herangetragen. In weiterer Folge wurde dann seitens der Europäischen Kommission in Aussicht gestellt, in Kürze zur Klärung der Probleme Richtlinien zu erlassen und den Mitgliedstaaten zur Erleichterung ihrer Arbeit zur Verfügung zu stellen. Dies ist noch anhängig.

 

Frage 14:

Welche behördlichen Maßnahmen wurden wegen Nichterledigung dieser Beschwerden durch die zuständigen Behörden von der benannten Stelle ergriffen?

 

Antwort:

Es bestehen keine rechtlichen Zwangsmöglichkeiten einer österreichischen Behörde gegen Behörden in anderen Mitgliedsstaaten.

 

Fragen 15 und 16:

In wie vielen Fällen mussten seit Inkrafttreten dieser EU-Verordnung auf Österreichs Flughäfen bzw. durch Airlines in Österreich „Betreuungsleistungen“ erbracht werden (Aufschlüsselung nach Airlines)?

 

Wie viele sonstige Schadensersatzansprüche oder Regressansprüche nach Art. 12 und 13 der VO sind Ihnen in Österreich gegen Airlines bekannt geworden?

Wie wurden diese erledigt (ersuche jeweils um Aufschlüsselung nach Airlines)?

 

Antwort:

Zu diesen Fragen liegen noch keine Zahlen vor.

 

Fragen 17 und 18:

Wann erfolgten durch zuständige Behörden bzw. die benannte Stelle eine Kontrolle bei den Airlines (auf den einzelnen österreichischen Zivilflughäfen), ob die Bestimmungen der VO (EG) Nr. 261/2004 tatsächlich eingehalten werden?

 

Welche Ergebnisse erbrachten diese Kontrollen (Aufschlüsselung nach Airlines)?

Welche behördlichen Maßnahmen mussten ergriffen werden?

 

Antwort:

Es werden in unregelmäßigen Zeitabständen stichprobenartige Überprüfungen durchgeführt und gegebenenfalls lenkende Maßnahmen gesetzt: Eine weitere Verbesserung ist nach in Kraft treten der Novelle zum LFG, wie in der Antwort zu den Fragen 2,3 und 5 skizziert, zu erwarten.

 

Frage 19:

Ist es richtig, dass durch Airlines halbleere Flüge aus wirtschaftlichen Gründen gestrichen werden und die Fluglinie einen technischen Defekt (z.B. Flugsicherheitmängel) meldet, um keine Entschädigung bzw. Ausgleichszahlungen an Fluggäste leisten zu müssen?

 

Antwort:

Es liegen keine Beweise vor, aus denen sich ableiten ließe, dass Luftfahrtunternehmen Flüge aus wirtschaftlichen Gründen  streichen und einen technischen Defekt zur Vermeidung von Ausgleichszahlungen melden würden.

 

Frage 20:

Welche Definition eines „technischen Defekts“ ist bei Beschwerden heranzuziehen?

 

Antwort:

Bei der näheren Beurteilung bezüglich der Frage eines technischen Defektes ist festzuhalten, dass die Sicherheit der Luftfahrzeuge zweifelsfrei oberstes Gebot bleiben muss.

 

Jedes Luftfahrtunternehmen ist verpflichtet, sämtliche von den Herstellern sowie von den Behörden vorgeschriebenen technischen Wartungsarbeiten und Überprüfungen regelmäßig durchzuführen. Diese unterliegen auch permanenten strengen Kontrollen. Durch die gewissenhafte Erfüllung der behördlichen Wartungsauflagen wird dem von der Verordnung geforderten Sorgfältigkeitsmaßstab entsprochen.

 

Frage 21:

Welche Probleme sehen Sie national bei der Vollziehung dieser EU-Verordnung?

 

Antwort:

Bei der Vollziehung der Verordnung gibt es europaweit noch Auslegungsprobleme aufgrund Unklarheiten der Verordnung.

 

Frage 22:

Welche konkreten Ergebnisse erbrachte die zit. Überprüfung der EU-Mitgliedsstaaten durch die EU-Kommission?

In welchen Mitgliedsstaaten werden die Vorgaben dieser Verordnung nicht eingehalten?

 

Antwort:

Darüber liegen mir keine näheren Informationen vor.

 

Frage 23:

Wie ist der Stand des im Einleitungstext zit. Verfahrens wegen mangelhafter Umsetzung der VO (EG) Nr. 261/2004?

 

Antwort:

In diesem Zusammenhang darf auf die Ausführungen bezüglich der ab 01. Juli 2006 in Kraft tretenden Novelle zum LFG verwiesen werden, deren Inhalt in der Antwort zu den Fragen 2,3 und 5 aufgeschlüsselt wurden.

 

Frage 24:

Welche Haltung nimmt Österreich konkret zu den angekündigten Vorschlägen der EU-Kommission hinsichtlich des weiteren Ausbaus des Konsumentenschutzes im Luftverkehr ein?

Wie ist der Stand der europäischen Diskussion?

 

Antwort:

Unter Berücksichtigung des immer freier werdenden Wettbewerbs wird es aus Sicht des bmvit als unerlässlich gesehen, auch bezüglich des Ausbaus der Konsumentenschutzinteressen verstärkte Maßnahmen zu setzen. In diesem Zusammenhang gibt es auch auf europäischer Ebene verschiedene Maßnahmenprogramme. So gehören neben der Stärkung der allgemeinen Konsumentenrechte im Sinne der zuletzt beschlossenen „Fluggastrechte-Verordnung“ auch verbesserte Rahmenbedingungen bezüglich der Beförderung von Personen mit eingeschränkter Mobilität zur Zielsetzung der EU. Diesbezüglich kam es unter britischer Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2005 informell zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat zu einer Einigung. Das Europäische Parlament hat anschließend am 14.12.2005 seine Stellungnahme in 1. Lesung abgegeben und das Abstimmungsergebnis spiegelt den Kompromiss wider.

Die Verordnung wurde anlässlich des Verkehrsministerrates am 08. Juni 2006 angenommen. Die offizielle Unterzeichnung zwischen den Präsidenten des Rates und des Europäischen Parlaments ist für den 05. Juli 2006 geplant. Die Veröffentlichung im Amtsblatt wird ca. 2 Wochen nach diesem Termin erfolgen.

Österreich hat den Vorschlag immer unterstützt und sich für eine Stärkung des Schutzes von Personen mit eingeschränkter Mobilität ausgesprochen.

 

Mit freundlichen Grüßen