4192/AB XXII. GP

Eingelangt am 12.07.2006
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0026-Pr 1/2006

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 4242/J-NR/2006

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „gerichtliche Finanzverfahren 2004 und 2005“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Die Ausführungen zu den vorliegenden Fragepunkten stützen sich auf die mir übermittelten Berichte der Oberstaatsanwaltschaften bzw. Staatsanwaltschaften (beruhend auf vom Bundesrechenzentrum zur Verfügung gestellten Registerauswertungen) sowie auf Informationen aus den Fachabteilungen meines Hauses. In Teilbereichen stand für eine präzise Beantwortung der Fragen kein Zahlenmaterial zur Verfügung. Hier wäre der Ermittlungsaufwand, gemessen an der dafür eingeräumten Beantwortungsfrist, unvertretbar hoch gewesen. Ich bitte dafür um Verständnis.

Vereinzelt haben die Staatsanwaltschaften darauf hingewiesen, dass bezüglich der Fragen 5. und 7. (Erlassung eines Haftbefehles bzw. Verhängung der Untersuchungshaft) nicht berücksichtigt werden konnte, ob dies überwiegend wegen Finanzvergehen oder wegen anderer Delikte erfolgte.

 

Zu 1.:

Oberstaatsanwaltschaft Wien:

Staatsanwaltschaft Wien

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

 

112

 

155

Anzeigen von der FMA

1

6

In wie vielen Fällen sich eine Zuständigkeit der Gerichte ergab, konnte mangels Kennung im Register nicht ermittelt werden.

 

Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

18

18

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

18

10

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Staatsanwaltschaft St. Pölten

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

4

14

Anzeigen von der FMA

0

0

Die Frage der Gerichtszuständigkeit konnte mangels Kennung im Register nicht beantwortet werden.

 

Staatsanwaltschaft

Eisenstadt

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

10

7

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

10

7

Anzeigen von der FMA

0

0

 

 


Staatsanwaltschaft     Korneuburg

2004 + 2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

18

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

14

Anzeigen von der FMA

0

 

Staatsanwaltschaft Krems an der Donau

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

6

7

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

1

1

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Oberstaatsanwaltschaft Linz:

Staatsanwaltschaft   Linz

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

17

22

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

keine Angaben

keine Angaben

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Staatsanwaltschaft Salzburg

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

11

21

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

keine Angaben

keine Angaben

Anzeigen von der FMA

0

0

 

 

Staatsanwaltschaft   Wels

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

5

4

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

2

1

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Staatsanwaltschaft Steyr

2004 + 2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

20

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

20

Anzeigen von der FMA

0

 

Staatsanwaltschaft    Ried im Innkreis

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

5

3

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

5

3

Anzeigen von der FMA

0

0

 

 

 

 

 

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Graz:

Staatsanwaltschaft   Graz

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

31

45

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

keine Angaben

keine Angaben

Anzeigen von der FMA

0

0

 

 

Staatsanwaltschaft   Klagenfurt

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

30

15

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

11

7

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Staatsanwaltschaft    Leoben

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

8

6

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

4

1

Anzeigen von der FMA

0

0

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck:

Staatsanwaltschaft   

Innsbruck

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

17

28

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

2

13

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Staatsanwaltschaft   

Feldkirch

2004

2005

Anzeigen an die

Staatsanwaltschaft

6

12

Zuständigkeit des

Landesgerichtes

5

12

Anzeigen von der FMA

0

0

 

Zu 2.:

Nur wenige Staatsanwaltschaften haben in ihren Berichten eine Differenzierung der Einstellungen nach der StPO bzw. nach §§ 201 oder 202 FinStrG vornehmen können, sodass von einer gesonderten Auswertung Abstand genommen wird:

 

Oberstaatsanwaltschaft Wien:

Staatsanwaltschaft    Wien

2004

2005

Einstellungen

31

25

 

Staatsanwaltschaft    Wiener Neustadt

2004

2005

Einstellungen

1

8

 

Staatsanwaltschaft   

St. Pölten

2004

2005

Einstellungen

4

1

 

Staatsanwaltschaft    Eisenstadt

2004

2005

Einstellungen

1

0

 

Staatsanwaltschaft    Korneuburg

2004 + 2005

Einstellungen

2

 

 

 

Staatsanwaltschaft    Krems an der Donau

2004

2005

Einstellungen

4

2

 

Oberstaatsanwaltschaft Linz:

Staatsanwaltschaft    Linz

2004

2005

Einstellungen

2

4

 

 

Staatsanwaltschaft    Salzburg

2004

2005

Einstellungen

2

5

 

Staatsanwaltschaft    Wels

2004

2005

Einstellungen

1

3

 

Staatsanwaltschaft    Steyr

2004

2005

Einstellungen

1

0

 

Staatsanwaltschaft    Ried im Innkreis

2004

2005

Einstellungen

1

0

 

Oberstaatsanwaltschaft Graz:

Staatsanwaltschaft    Graz

2004

2005

Einstellungen

5

4

 

Staatsanwaltschaft    Klagenfurt

2004

2005

Einstellungen

7

8

 

Staatsanwaltschaft    Leoben

2004

2005

Einstellungen

3

0

 

Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck:

Staatsanwaltschaft   

Innsbruck

2004

2005

Einstellungen

5

37

In drei Verfahren wurde dem Einspruch gegen die Anklageschrift vom OLG Innsbruck stattgegeben und das Verfahren daraufhin eingestellt.

 

Staatsanwaltschaft    Feldkirch

2004

2005

Einstellungen

1

0

Zu 3. und 4.:

Im Jahre 2004 erfolgten österreichweit 117 und im Jahr 2005 107 rechtskräftige Verurteilungen wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Finanzstrafgesetz. Die Verteilung der Verurteilungen in den Jahren 2004 und 2005 auf die Sanktionsarten (Geld- und Freiheitsstrafen) können den beiden nachfolgenden grafischen Tabellen entnommen werden. Eine Aufschlüsselung der Verurteilungen auf die einzelnen Strafgerichte bzw. die staatsanwaltschaftlichen Behörden steht mir nicht zur Verfügung.

Zu 5.:

Die Anzahl der berichteten Festnahmen wurde jeweils in Klammer gesetzt

Staatsanwaltschaft   

2004

2005

Wien

mind. 2

mind. 4

Wiener Neustadt

1 (7)

0 (1)

St. Pölten

0 (0)

4 (4)

Eisenstadt

6 (3)

5 (5)

Korneuburg

2004 + 2005: insgesamt 2

Krems an der Donau

0 (0)

0 (0)

Linz

1

0

Salzburg

0 (0)

0 (0)

Wels

2 (2)

0 (0)

Steyr

2 (2)

2 (2)

Ried im Innkreis

0 (0)

0 (0)

Graz

2 (2)

2 (2)

Klagenfurt

0 (0)

0 (0)

Leoben

0 (0)

0 (0)

Innsbruck

0 (0)

0 (0)

Feldkirch

0 (0)

1 (0)

Die Staatsanwaltschaft Wien konnte aus dem elektronischen Register die Zahl der erlassenen Haftbefehle und die Zahl der Festnahmen nur ansatzweise - auf Grund der Registerkennung "azv" (Ausschreibung zur Verhaftung) - auswerten. Dieser Schritt wird im Register nur ausnahmsweise gesetzt. Es ist daher davon auszugehen, dass eine deutlich höhere Anzahl von Haftbefehlen erlassen wurde.

Zu 6.:

Die Staatsanwaltschaft Wien kann die Zahl der offenen Haftbefehle mit vertretbarem Aufwand nicht erheben. Im Übrigen war im Berichtszeitraum nur im Bereich der Staatsanwaltschaften Eisenstadt, Korneuburg und Feldkirch jeweils ein Haftbefehl betreffend ausländische Beschuldigte offen.

Zu 7.:

Staatsanwaltschaft   

2004

2005

Wien

9

13

Wiener Neustadt

7

1

St. Pölten

0

4

Eisenstadt

3

5

Korneuburg

2004 + 2005: insgesamt 3

Krems an der Donau

0

0

Linz

1

0

Salzburg

0

0

Wels

2

0

Steyr

2004 + 2005: insgesamt 4

Ried im Innkreis

0

0

Graz

2

2

Klagenfurt

0

0

Leoben

0

0

Innsbruck

0

0

Feldkirch

0

0

Zu 8.:

Die Staatsanwaltschaften Korneuburg, Salzburg, Steyr und Feldkirch gaben die Gesamtzahl der im Berichtszeitraum vollzogenen Haus- und Personendurchsuchungen bekannt. Die Staatsanwaltschaften Wien, Eisenstadt und Linz konnten die Anzahl der vollzogenen Haus- und Personendurchsuchungen mit vertretbarem Aufwand nicht ermitteln.

Staatsanwaltschaft   

2004

2005

Wien

-

-

Wiener Neustadt

2

1

St. Pölten

1

1

Eisenstadt

-

-

Korneuburg

2004 + 2005: insgesamt 3

Krems an der Donau

0

0

Linz

-

-

Salzburg

2004 + 2005: insgesamt 8

Wels

0

0

Steyr

2004 + 2005: insgesamt 1

Ried im Innkreis

1

0

Graz

2

4

Klagenfurt

7

1

Leoben

0

1

Innsbruck

1

0

Feldkirch

2004 + 2005: insgesamt 3

 

Zu 9. bis 12.:

Nach den mir vorliegenden Informationen wurden im Zusammenhang mit Strafverfahren nach dem Finanzstrafgesetz keine Ansprüche nach dem Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz geltend gemacht.

Zu Frage 13:

Die vom Bundesministerium für Justiz zur Prüfung der staatlichen Reaktionen auf strafbares Verhalten eingesetzte Expertenkommission hat in ihrem am 1.4.2004 vorgestellten Bericht für das Finanzstrafrecht eine stärkere Ausdifferenzierung des Sanktionensystems bei besonders strafwürdigen Fällen qualifizierter Abgabenhinterziehung und des Schmuggels (mit einer nachhaltigen Schädigung des Gemeinwesens) vorgeschlagen und auch empfohlen, die Subsidiarität des Betrugstatbestandes gegenüber den Fiskaldelikten (§ 22 Abs. 2 FinStrG) einzuschränken.

Mit dem Steuerreformgesetz 2005 (BGBl. I Nr. 57/2004) wurde zusätzlich zu den bestehenden Qualifikationen für die gewerbsmäßige und bandenmäßige Begehung von Steuerstraftaten und für die Fälle bewaffneten Schmuggels eine neue Qualifikationsstufe für einen 500.000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag in § 38 Abs. 1 FinStrG eingeführt. In diesem Fall ist neben der primär angedrohten Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vorgesehen. Durch das Wachstums- und Beschäftigungsgesetz 2005 (BGBl. I Nr. 103/2005) wurde eine weitere Qualifikation in § 38 Abs. 1 FinStrG aufgenommen, sodass bei einem strafbestimmenden Wertbetrag von mehr als 3 Mio. Euro zusätzlich zur primär angedrohten Geldstrafe nunmehr eine Freiheitsstrafe bis zu sieben Jahren verhängt werden kann. Diese letzte Strafverschärfung im Finanzstrafgesetz ist mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten.

Grundsätzlichere Überlegungen zum Verhältnis zwischen Finanzstraftaten und den Delikten des allgemeinen Strafrechts, insbesondere dem Betrug, könnten im Rahmen einer Überarbeitung des Finanzstrafrechts angestellt werden, die mittelfristig gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen geplant ist.

Hingewiesen sei hier auch auf das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG, BGBl. I Nr. 151/2005), mit dem eine strafrechtliche Verantwortlichkeit von juristischen Personen und anderen Verbänden (insbesondere Personengesellschaften des Handelsrechtes) für die in ihrem Einflussbereich begangenen Straftaten geschaffen worden ist. Durch die mit dem Abgabenänderungsgesetz 2005 (BGBl. I 161/2005) eingeführte Bestimmung des § 28a FinStrG ist das VbVG auch auf Finanzvergehen anwendbar. Die die Anwendung des VbVG regelnden Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes sind seit 31.12.2005 in Kraft. Ergänzend wurde durch Änderungen im Einkommenssteuergesetz 1988 (§ 20 Abs. 1 Z 5) und im Körperschaftssteuergesetz 1988 (§ 12 Abs. 1 Z 4) klargestellt, dass Verbandsgeldbußen nicht steuerlich abzugsfähig sind.

11. Juli 2006

(Maga. Karin Gastinger)