4206/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.07.2006
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas KHOL

 

Parlament

1017 Wien

                                                                                                                     

 

Die Abgeordneten. Maga Terezija STOISITS, Freundinnen und Freunde haben am 17.05.2006 unter der Zahl 4255/J an mich eine parlamentarische Anfrage betreffend „Misshandlung des Schubhäftlings Bakary J.“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu Frage 1

Herr Bakary J. wurde von der Bezirkshauptmannschaft Baden aufgefordert seinen Pass vorzulegen. Dieser Aufforderung kam er aber nicht nach. Sein Rechtsanwalt, Mag. Rast,  wurde ebenfalls schriftlich aufgefordert, den Pass vorzulegen, reagierte aber auf diese Aufforderung nicht.

Aus diesem Grund gab es keine andere Möglichkeit, als ein Heimreisezertifikat anzufordern.

 

Zu Frage 2

Die Buchung erfolgte am 29.03.2006

 

Zu Frage 3

Grundsätzlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass dann, wenn jemand familiäre Beziehungen in Österreich hat, jedenfalls mit einer Problemabschiebung zu rechnen ist.

Die Abschiebung wurde jedoch aufgrund der Gesamtsituation als Problemabschiebung eingestuft und daher von Beamten begleitet. Die dafür vorgesehenen Regelungen wurden eingehalten.

Eine Problemabschiebung unter Begleitung eines neutralen und berichtspflichtigen Beobachters ist in so einem Fall nicht vorgesehen.

 

Zu den Fragen 4, 5 und 6

Das Kontaktgespräch fand am 6.4.2006, von 15.00 – 16.30 Uhr statt; anwesend waren der Kommandant des Abschiebeteams, der zuständige Schubhaftbetreuer und Herr Bakary J.

 

Zu Frage 7

ad a)

Die Dokumentation lautete:

 „Am 6.4.2006, von 15.00 bis 16.30 Uhr, fand das persönliche Gespräch im PAZ-Ost im

Beisein des Schubhaftbetreuers statt. Dabei legte der Abzuschiebende sowohl dem Schubhaftbetreuer - als auch mir gegenüber ein äußerst provokantes und präpotentes Verhalten an den Tag, sodass es unmöglich war, ein konstruktives Gesprächsklima zu erzeugen. Der Abzuschiebende wurde in englischer Sprache über die Vorgangsweise der Flugabschiebung aufgeklärt und es wurde ihm angeboten, mit seiner Gattin zu telefonieren.

Ferner wurde ihm Unterstützung angeboten, um eventuell noch unerledigte Angelegenheiten in Angriff nehmen zu können. Dies wurde von ihm in verbal aggressiver Art und Weise abgelehnt, wie sich überhaupt das ganze Gespräch von einer anhaltenden Aggressivität und Abneigung uns gegenüber zeichnete.“

 

ad b)

Eine Dokumentation eines Kontaktgesprächs durch die gemäß Empfehlung des Menschenrechtsbeirats beigezogenen Schubhaftbetreuer ist nicht vorgesehen.

 

Zu den Fragen 8 und 9

Ja. Die Verständigung über den Abschiebetermin ist Teil des Kontaktgespräches.

 

Zu Frage 10

Das Vorbereiten der benötigten Gepäckstücke erfolgt grundsätzlich durch den Abzuschiebenden selbst und erfahrungsgemäß überwiegend am Abflugtag oder am Tag zuvor.

 

Zu den Fragen 11 und 12

Ja.

 

Zu Frage 13

Die Schubhaftbetreuung wurde am Tag des Kontaktgesprächs vom Termin des Kontaktgesprächs und der Abschiebung informiert. Die Information wird üblicherweise im Rahmen des Kontaktgespräches an den jeweils Betroffenen weitergegeben.

 

Zu den Fragen 14 und 15

Eine Kopie des Heimreisezertifikats wurde auf Verlangen von Herrn J. am 07.04.2006 diesem ausgehändigt.

 

Zu Frage 16

Besuche der Schubhaftbetreuung fanden am 3., 4., und 6. sowie auch am 11. und 14. April statt.

 

Zu Frage 17

Inhalt der Gespräche waren die vertraglich vorgesehene humanitäre und soziale Betreuung des Schubhäftlings, insbesondere die Information zu den Herrn Bakary J. betreffenden anhängigen Verfahren, Kontaktaufnahme und Einholung von Informationen bei der Fremdenpolizeibehörde sowie Hilfestellung in der Kontaktaufnahme mit seiner Ehefrau, einem Bekannten und seinem Rechtsvertreter.

 

Zu Frage 18

Die Schubhaftbetreuung wurde am Montag, 10. April 2006 davon in Kenntnis gesetzt.

 

Zu Frage 19

Am 11. April 2006 - ein für den 10. April vorgesehener Besuch des Betreuers musste aufgrund der laufenden Einvernahme von Hr. J auf den nächsten Tag verschoben werden.

 

 

Zu Frage 20

Ja.

 

Zu den Fragen 21 und 22

Eine Dokumentation und Meldung an die Behörde war zu dem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich, zumal der Schubhaftbetreuung bekannt war, dass Herr Bakary J. bereits durch ermittelnde Beamte einvernommen war und Ermittlungen betreffend die Vorwürfe im Laufen waren.

 

Zu Frage 23

Misshandlungsvorwürfe werden seitens der Schubhaftbetreuung den Verantwortlichen für das Polizeianhaltezentrum zur Veranlassung entsprechender Ermittlungen zur Kenntnis gebracht, sofern der betroffene Fremde damit einverstanden ist.

 

Zu den Fragen 24 und 25

Eine Meldepflicht ist in den Förderverträgen nicht verankert.

 

Zu Frage 26

Einer verpflichtenden Weiterleitung von Misshandlungsvorwürfen, auch gegen den Willen des betreuten Schubhäftlings, stehen die Betreuungsorganisationen ablehnend gegenüber, da dies das Vertrauensverhältnis beeinträchtigen würde und in diesen Fällen keine Mitwirkung des Betroffenen zu erwarten wäre.

 

Zu Frage 27

Ja.

 

Zu Frage 28

Siehe Frage 21.

 

Zu Frage 29

Siehe Frage 21.

 

Zu den Fragen 30, 31 und 32

Es erfolgte keine diesbezügliche Meldung, da die Verletzungen im Zusammenhang mit dem Tatbestand des aktiven Widerstandes gegen die Staatsgewalt standen. Es wurden von Herrn Bakary J. zu diesen Zeitpunkt keine Misshandlungsvorwürfe gegenüber dem Aufsichtspersonal erhoben.

Nachdem diese Vorwürfe erhoben wurden, wurden die internen Untersuchungen ohne Verzögerungen aufgenommen, wobei das BIA maßgeblich involviert war.

 

Zu den Fragen 33 und 34

Zunächst erfolgte am 07.04.2006 eine ärztliche Untersuchung in der Universitätsklinik für Unfallchirurgie des AKH. Die erste polizeiamtsärztliche Untersuchung erfolgte unter Einsichtnahme des Befundes des AKH ebenfalls am 07.04.2006 (ca. 11.00 Uhr) mit dem Ergebnis, dass der Genannte haftfähig war.

 

Zu Frage 35

Dem Amtsarzt lag lediglich die Information vor, dass sich Herr Bakary J. die Verletzungen im Zuge von Widerstandshandlungen in Verbindung mit einem Fluchtversuch zugezogen hat.

 

Zu den Fragen 36, 37 und 38

Nur wenn der Verdacht einer Misshandlung vorliegt, ist eine Meldung an den Verantwortlichen für das Polizeianhaltezentrum unverzüglich zu erstatten.

 

Zu Frage 39

Die Behandlung mit einer Schanzkrawatte nach HWS-Trauma wird in der Medizin kontroversiell diskutiert. Herr Bakary J. hatte wegen seiner  Beschwerden die vorgesehene Medikation bekommen und wurde täglich klinisch kontrolliert.

 

Zu Frage 40

Die Verletzungen wurden sofort bei der bereits angeführten ersten amtsärztlichen Untersuchung am 07.04.2006 diagnostiziert. Auch die entsprechende medikamentöse Therapie bzw. weiterführende klinische Untersuchungen wurden eingeleitet.

Erst am 11.04.2006 wurde der Misshandlungsvorwurf dem Amtsarzt bekannt, worauf er ein diese Vorwürfe berücksichtigendes Gutachten erstellte.

 

Zu Frage 41

Bei Hinweisen auf Misshandlungen durch Exekutivbedienstete ist das Büro für interne Angelegenheiten im Bundesministerium für Inneres unverzüglich zu verständigen. Die weiteren Ermittlungen werden vom Büro für interne Angelegenheiten oder im Bereich der BPD Wien vom Büro für besondere Ermittlungen  gemäß den Bestimmungen der StPO vorgenommen. Aufgrund interner Vorschriften ist die zuständige Staatsanwaltschaft über derartige Vorfälle binnen 24 Stunden zu verständigen.

 

Zu Frage 42

Die erforderlichen Veranlassungen richteten sich nach dem jeweiligen Wissensstand. Nachdem durch Herrn J. bis zu dem Zeitpunkt keine diesbezüglichen Vorwürfe erhoben worden sind, ergab sich keine entsprechende Möglichkeit.

 

Zu den Fragen 43 und 44

Der vierte Beamte war unabhängig von der Abschiebung bei der Lagerhalle anwesend, als das Abschiebeteam mit Herrn Bakary J.  erschienen ist. Der Beamte gehört der Abteilung für Sondereinheiten der BPD Wien an.

 

Zu den Fragen 45 und 46

Diesbezügliche Entscheidungen werden seitens der zuständigen Behörde auf Grund der geltenden Rechtslage und in Absprache mit der Justiz getroffen.

 

Zu Frage 47

Eine derartige Statistik wird nicht geführt. Eine diesbezügliche Erhebung der gewünschten Daten anhand der Akten ist für diesen Zeitraum nur mehr bedingt möglich, zumal die Dokumente aufgrund der gesetzlichen Löschungsfristen zum Teil nicht mehr verfügbar sind.

 

Unter den genannten Voraussetzungen konnten 47 Fälle bei den Behörden erhoben werden.

 

Zu Frage 48

In 8 Fällen.

 

Zu Frage 49

In 28 Fällen.

 

ad Frage 50

In 4 Fällen.

 

 

Zu Frage 51

In 14 Fällen.

 

Zu Frage 52

Weitere Verdachtsfälle betreffend Misshandlungen auf dem Übungsgelände sind mir nicht bekannt.

 

Zu Frage 53

Die Halle wird in erster Linie durch Einheiten der Abteilung für Sondereinheiten (ASE) des Landespolizeikommandos Wien genutzt. Zwischen der BPD-Wien und der HK348 Vermögensverwaltung GmbH & Co. KEG wurde eine schriftliche Nutzungsvereinbarung abgeschlossen.

 

Zu Frage 54

Die Halle wurde für Einsatzübungen, Einsatztaktik- und Einsatztechnik-Ausbildungen und zum Training mit Einsatzmitteln genutzt.

 

Zu Frage 55

Der Zutritt zur Halle ist aufgrund der baulichen Gegebenheiten faktisch jedermann möglich. Ein Einfahrtstor an der Wehlistraße ist durch ein Zylinderschloss gesichert und versperrt.

Die Nutzung der Halle durch Exekutivbedienstete wird in Form eines generellen Rahmenauftrages durch das Kommando WEGA genehmigt.

 

Zu Frage 56

Die Nutzung der Halle wird durch Vermerke im Tagesbericht der Einsatzeinheiten, bzw. der Ausbildungsstelle dokumentiert.