4211/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.07.2006
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BM für Inneres

 

Anfragebeantwortung

 

An

Herrn Präsidenten des Nationalrates

Univ. Prof. Dr. Andreas KHOL

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Michael Spindelegger und DI Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen haben am 5. Juli 2006 unter der Nr. 4522/J eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse gestellt.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach meinem Zuständigkeitsbereich und den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 – 4:

Während der ö EU-Ratspräsidentschaft fanden auf politischer Ebene insgesamt sieben formelle Treffen und zwei informelle Treffen statt:

 

Darunter  fallen drei Räte der Justiz und Innenminister, die am 21. Februar in Brüssel, am 27./28. April sowie am 1. /2. Juni in Luxemburg stattfanden.

 

Die halbjährlichen EU-Troika-Treffen im Bereich Justiz und Inneres wurden mit der Russischen Föderation am 21. März in Moskau und mit den USA am 3. Mai in Wien abgehalten.

 

 

In Umsetzung des „Haager Programms“ veranstaltete das Innenministerium vom

4. – 5. Mai in Wien die internationale Konferenz „Die Innere Sicherheit als Element in den Beziehungen der EU mit ihren Nachbarn”. Im Vorfeld dieser Ministerkonferenz wurde am 4. Mai in Wien ein Treffen der Innenminister der EU (Österreich, Finnland, Deutschland, Slowenien und Portugal) mit Ministern der Russischen Föderation und der Vereinigten Staaten von Amerika organisiert.

Auf informeller Ebene fand das Treffen der Justiz- und Innenminister vom 12.-14. Jänner in Wien sowie das Mehr-Präsidentschaften Treffen am 30. Jänner ebenfalls in Wien statt.

 

Mit Vertretern des Europäischen Parlaments habe ich folgende Termine wahrgenommen:

·       die Präsentation des Arbeitsprogramms der österreichischen Präsidentschaft im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 24. Jänner 2006 in  Brüssel

·den Trilog zur Terrorismusbekämpfung am 10. Mai 2006 in Brüssel

·den Trilog zu SIS II am 17. Mai 2006 in Strassburg und

·die Abschlusspräsentation der österreichischen Präsidentschaft im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres am 20. Juni 2006 in Brüssel

 

Auf Beamtenebene fanden in Brüssel formelle Sitzungen der strategischen Ausschüsse SCIFA (Strategischer Ausschuss für Einwanderungs-, Grenz- und Asylfragen)  und CATS (Ausschuss nach „Artikel 36“) sowie der BM.I -Ratsarbeitsgruppen statt.

Zu diesen unzähligen Sitzungen von Ratsarbeitsgruppen, welche von der Österreichischen Ständigen Vertretung in Brüssel organisiert unter dem Vorsitz meiner MitarbeiterInnen abgehalten wurden, verweise ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 4518/J durch die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten (Gesamtliste der Ratsarbeitsgruppensitzungen).

 

Zu diesen regelmäßigen formellen Sitzungen innerhalb der Ratsstrukturen tagten weiters unter österreichischem EU-Ratsvorsitzes folgende EU-Gremien in insgesamt 8 Sitzungen:

·            der Verwaltungsrat der Europäischen Polizeiakademie: 2-mal vom 23. - 24. Februar

und vom  9. - 10. Mai in Wien

·            der Verwaltungsrat Europol: 1-mal vom 15. - 16. Mai in Wien

·            das European Crime Prevention Network: 2-mal am  20. /21.Februar  und vom

·            18. /19. Mai in Wien sowie

·            die Task Force der Polizeichefs: 3-mal am 9. /10. Jänner in Wien, am  2./ 3. März in

       Den Haag und am 9. Juni in Brüssel

In Umsetzung des Aktionsplans zum Haager Programm und der Arbeitsprogramme des Rates wurden weiters folgende Treffen in und außerhalb von Österreich veranstaltet.

 

Hierbei handelt es sich um folgende Veranstaltungen:

·Hochrangiges Koordinationskomitee, 10. Februar 2006, Brüssel

·CABSI Meeting, 13. Februar 2006, Baden

·Verbindungsbeamten Konferenz Zagreb, 14./15. Februar 2006, Zagreb

·Expertentreffen „Zukunft Europols”, 23./24. Februar 2006, Brüssel

·EU-US High Level Meeting JLS (SICFA + CATS Vorsitzende), 2./3. März 2006,  Wien 

·Verbindungsbeamten Konferenz Russische Föderation, 14. März 2006, Moskau

·Expertenseminar Kinderhandel, 14.-16. März 2006, Wien und High Level Seminar Kinderhandel, 17. März 2006, Wien 

·Seminar „Radikalisierung und Rekrutierung“, 20./21. März 2006, Trier, Deutschland

·Seminar „Missbrauch des Internets zu terroristischen Zwecken“, 28./29. März 2006, Den Haag

·Friends of the Presidency zur „Future of Europol“, 5./6. April 2006, 24. - 25. April, Brüssel

·Konferenz über Medien, Migration und Asyl („COMMA“) , 19./21. April 2006, Wien

·“Seminar on Co-ordination and Communication between EU and UN in Disaster Relief Activities outside the EU”, 8. - 11. Mai 2006, Salzburg

·16. Treffen der Generaldirektoren für den Zivilschutz, 17.- 19. Mai 2006, Graz

·Konferenz „Dialog der Kulturen und Religionen“, 19. Mai 2006, Wien

·Seminar Vermögensabschöpfung, 22. - 24. Mai 2006, Salzburg

·Verbindungsbeamten Konferenz Ukraine, 24. Mai 2006, Kiew

·„Drug Policing Balkan“, 31. Mai – 2. Juni 2006, Wien

·Sirene Operator Tagung 5. - 9. Juni 2006 und Heads of Sirene, 5.-8. Juni 2006, Wien

·Verbindungsbeamten Konferenz Westbalkan, 8. Juni 2006, Belgrad

 

Zu Frage 5:

Meinen MitarbeiterInnen und mir ist es infolge der professionellen inhaltlichen, organisatorischen und personellen Vorbereitung gelungen, in sechs Schwerpunktfeldern ganz konkrete Ergebnisse für die Sicherheit in Österreich und der EU zu erreichen:

Bei der Umsetzung der neuen EU-Außenstrategie im Bereich der inneren Sicherheit wurde mit dem Aufbau eines „Sicherheitsgürtels“ um die EU begonnen. Die Grundlage dafür bildet das auf einer österreichischen Idee fußende Konzept einer „Partnerschaft für die Sicherheit“ zwischen der EU und interessierten Drittstaaten. Dieses konnte bei der großen Ministerkonferenz am 4. und 5. Mai 2006 in der Wiener Hofburg erarbeitet und in der „Wiener Erklärung“ festgeschrieben werden. Neben den EU-Mitgliedern, den Beitrittsländern und Beitrittskandidaten haben daran die Länder des Westbalkan und der Neuen Nachbarschaft im Osten und Süden der Union sowie die Russische Föderation und die USA mitgewirkt.

 

Darauf aufbauend wurde eine erste „Partnerschaft für die Sicherheit“ zwischen der EU und den Westbalkanstaaten begründet: Die Union hat unter österreichischem Vorsitz ein kohärentes Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Korruption, illegaler Migration und der Gefahr des Terrorismus in unserem südöstlichen Umfeld beschlossen. Gleichzeitig konnte ein Maßnahmenpaket gegen den Drogenhandel aus Afghanistan angenommen werden, der zumeist über die Balkan-Route in die EU und nach Österreich erfolgt. Die „Polizeikooperations-Konvention für Südosteuropa“ ergänzt den österreichischen Balkan-Schwerpunkt. Sie wurde am 4. Mai 2006 in Wien von Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Moldau, Montenegro, Rumänien und Serbien unterzeichnet. Mit dieser auf österreichische Initiative zustande gekommenen Konvention werden die Staaten Südosteuropas deutlich näher an die europäischen Standards der polizeilichen Zusammenarbeit herangeführt.

 

Globale Probleme wie der Terrorismus, die organisierte Kriminalität oder die illegale Migration erfordern globale Antworten. Der österreichische Ratsvorsitz hat daher mit der „Wiener Initiative“ erstmal einen gemeinsamen Innenminister-Dialog zwischen der EU, Russland und den USA zustande gebracht.

 

Auch im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Korruption konnten konkrete Ergebnisse erzielt werden. So wurde der Startschuss für eine Neustrukturierung und Stärkung von Europol gesetzt und ein entsprechender „Optionenbericht“ erarbeitet. Im Kampf gegen den Kinderhandel wurde ein Handbuch mit verbesserten Befragungs- und Ermittlungsmethoden erstellt. Aufgrund einer zukunftsgerichteten EU-Kriminalitätsanalyse (Organised Crime Threat Assessment – OCTA) hat der Rat erstmals klare Prioritäten für die Bekämpfung der Kriminalität in Europa definiert. Zur Abschöpfung von Vermögen aus kriminellen Handlungen wurde ein Netzwerk nationaler Kontaktstellen geschaffen. Zudem haben wir mit dem Aufbau eines Netzwerks gegen Korruption begonnen.

 

Im Kampf gegen den Terrorismus konnte der europäische Aktionsplan (CTAP) überarbeitet und aktualisiert werden. Als besonderer Schwerpunkt sind eine Reihe von Beiträgen gegen Radikalisierung und Anwerbung für den Terrorismus zu nennen. Ein Kernelement war dabei die große internationale Konferenz zum „Dialog der Kulturen und Religionen“ am 19. Mai 2006 in Wien, bei der Modelle des Dialogs in verschiedenen Ländern innerhalb und außerhalb der EU verglichen und bewährte Praktiken herausgearbeitet wurden. Am 10. Mai 2006 fand der erste hochrangige politische Dialog zwischen dem Rat, der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament statt, mit dem Ziel, die Kooperation der EU-Institutionen bei der Bekämpfung des Terrorismus zu verbessern.

 

In den Bereichen Asyl, Migration und Grenzmanagement konnten wichtige Impulse für eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der EU und mit Drittstaaten gesetzt werden. So wurden gemeinsame Rückführungen von illegal Aufhältigen auf dem Luftweg beschlossen und noch während der österreichischen Präsidentschaft eine erste derartige Rückführung durchgeführt. Um Hilfesuchenden möglichst rasch und nahe ihrer Heimat Schutz bieten zu können, wurden Pilotprogramme in den Regionen Ukraine, Moldawien, Belarus sowie Sub-Sahara vorbereitet. EU-Staaten, die einem besonderen Einwanderungsdruck ausgesetzt sind, werden in Hinkunft EU-Unterstützung erhalten. Zur weiteren Harmonisierung der Asylverfahren soll ein gemeinsames EU-Informationssystem über die Situation in Herkunftsländern von Migration aufgebaut werden. Zudem müssen EU-Länder ihre Partner künftig informieren, bevor sie Maßnahmen setzen, die Auswirkungen für andere Mitgliedstaaten haben könnten. Die Schaffung gemeinsamer Visaantragsstellen und des neuen Visa-Informationssystems (VIS) konnten vorbereitet werden.

 

Die Verhandlungen über Rückübernahme- und Visaerleichterungsabkommen wurden mit Russland abgeschlossen und für die Westbalkanländer vorbereitet. Überdies ist das gemeinschaftliche Rückübernahmeabkommen mit Albanien am 1. Mai 2006 in Kraft getreten.

 

Nahezu abgeschlossen werden konnten auch die Verhandlungen über den mittlerweile dritten Europäischen Flüchtlingsfonds sowie über die drei neuen Fonds in den Bereichen Außengrenzen, Rückkehr und Integration. Mit diesen für die Jahre 2007-2013 mit rd. 4.000 M€ dotierten Fonds werden wesentliche Impulse für ein gemeinschaftliches Asyl-, Migrations- und Grenzmanagement möglich.

 

Zur Vorbereitung der vollen Schengen-Inkraftsetzung in den neuen Mitgliedstaaten wurden 10 Evaluierungsmissionen zur Qualität der dortigen Grenzkontrollen, zur Visumpolitik und zur polizeilichen Zusammenarbeit durchgeführt. Zudem haben wir die Rechtsgrundlagen für das neue Schengener Informationssytem (SIS II) vorbereitet. Damit wird die spätere volle Einbeziehung der neuen EU-Mitglieder in das System der EU-Polizeikooperation ebenso ermöglicht wie der Abbau der Grenzkontrollen zu diesen Staaten.

Im Bereich Krisen- und Katastrophenmanagement  konnten die Grundlagen für ein rasches und koordiniertes EU-Vorgehen geschaffen und ein entsprechendes Handbuch erstellt werden. Außerdem hat die österreichische Präsidentschaft einen wichtigen Impuls für eine verbesserte Kooperation zwischen der EU und der UNO gesetzt.

 

Zu Frage 6:

Für die österreichische EU-Präsidentschaft wurden nachstehende Budgetmittel aufgewendet, wobei die Personalausgaben im Rahmen des jeweiligen laufenden Budgets bedeckt waren bzw. sind.

 

a)

Personalausgaben 2005:

0,64

Mio. €

Sachausgaben 2005:

0,19

Mio. €

Gesamt:

0,83

Mio. €

           

b)

Personalausgaben 2006:

0,94

Mio. €

Sachausgaben 2006:

1,43

Mio. €

Gesamt:

2,37

Mio. €

 

Die Sachausgaben für das Jahr 2006 beziehen sich auf getätigte Zahlungen bis einschließlich 30.6.2006.

Da bis dato noch nicht sämtliche Abrechnungen vorliegen, wird aus heutiger Sicht mit weiteren Ausgaben in Höhe von rd. 0,3 Mio. € gerechnet.

 

Zu Frage 7:

Nein, da unter Hinweis auf die seinerzeitige Beantwortung der von Marianne Hagenhofer, und GenossInnen unter Nr. 3339/J eingebrachten Anfrage die diesbezüglichen Ausgaben im Rahmen des jeweiligen laufenden Budgets bedeckt waren bzw. sind.

 

Zu den Fragen 8 und 9:

Im Rahmen zeitlich befristeter Dienstverhältnisse wurden vom Bundesministerium für Inneres insgesamt 49 Vertragsbedienstete mit Sondervertrag für den EU-Vorsitz aufgenommen. Die Aufwendungen sind im Rahmen des laufenden Budgets bedeckt.

Es wurden keine neuen Planstellen geschaffen.

 

Zu Frage 10:

Es wurden keine Werkverträge betreffend längerfristiger Arbeitsleistungen oder Arbeitsleihverträge abgeschlossen.

 

Zu Frage 11:

Die Wahrnehmung der Präsidentschaft des Rates obliegt den Mitgliedstaaten auf Grund der Verträge der EU. Es ist eine Dienstleistung für das Funktionieren der Europäischen Union, die turnusmäßig von jedem Mitgliedstaat in gleicher Weise zu erbringen ist. In dieser Rotation spiegelt sich auch die Gleichstellung der EU-Mitgliedstaaten wieder. Die Präsidentschaft bringt darüber hinaus mit sich, in den internationalen Beziehungen sechs Monate lang als Gesicht und Stimme der Europäischen Union wahrgenommen zu werden.

 

Zu den Kosten- und Nutzenüberlegungen verweise ich auf die jüngst erfolgten Mitteilungen des Bundesministers für Finanzen an die Öffentlichkeit, die sich auf Berechnungen von Wirtschaftsforschungsinstituten stützen. Danach ist durch die Ratspräsidentschaft eine zusätzliche Wertschöpfung zwischen 108 und 400 Mio. Euro eingetreten. Es wurden mehr als 2.700 Personen zusätzlich beschäftigt und es kamen rund 53.000 zusätzliche Gäste nach Österreich.

 

Darüber hinaus möchte ich aber als Innenministerin ganz besonders den Nutzen unserer Präsidentschaft für die innere Sicherheit Österreichs hervorheben. Als einen Schwerpunkt habe ich daher bewusst den Ausbau eines Sicherheitsgürtels rund um die Europäische Union gewählt und dazu beigetragen, dass sich die EU auch in Hinkunft verstärkt mit diesem wichtigen Thema auseinander setzt, um den Import von Sicherheitsproblemen sichtbar zu verringern.