4227/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.07.2006
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BM für Landesverteidigung

 

Anfragebeantwortung

GÜNTHER  PLATTER

BUNDESMINISTER FÜR LANDESVERTEIDIGUNG

 

S91143/41-PMVD/2006                                                                                                    . Juli 2006

Herrn
Präsidenten des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Spindelegger, Kolleginnen und Kollegen haben am 5. Juli 2006 unter der Nr. 4524/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die "Österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse" gerichtet. Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu 1 und 2:

Auf Arbeitsebene wurden von meinem Ressort ein Ministerempfang für die in Österreich akkreditierten Attachés am 11. Jänner 2006 in Wien, die Durchführung des Moduls 4 betreffend die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) vom 16. bis 20. Jänner 2006 in Wien, ein Seminar zur Sicherheitssektorreform (Balkan) am 13. und 14. Februar 2006 in Wien, die Betreuung des Verteidigungsausschusses der parlamentarischen Versammlung der Westeuropäischen Union vom 20. bis 22. Februar 2006 in Wien und Graz, ein ESVP-Orientierungskurs vom 20. bis 24. Februar 2006 in Brüssel, ein Workshop der Headline Task Force (HTF) vom 13. bis 16. März 2006 in Graz, ein Besuch des Landesverteidigungsausschusses des Bundesrates am 15. März 2006 in Wien, unter der gemeinsamen Vorsitzführung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten und mir am 15. Mai 2006 in Brüssel ein Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen (RAA/AB), ein Workshop zu Reception, Staging and Onward Movement (RSOM) vom 22. bis 24. Mai 2006 in Wien sowie einen ESVP-Orientierungskurs vom 29. Mai bis 2. Juni 2006 in Brüssel organisiert.

Zu 3 und 4:

Am 6. und 7. März 2006 fand in Innsbruck unter meiner Vorsitzführung ein informelles Verteidigungsministertreffen statt, auf Beamtenebene ein informelles Treffen der Strategischen Direktoren am 19. und 20. Jänner 2006 in Wien sowie ein informelles Treffen der Strategischen Direktoren am 25. April 2006 in Brüssel.

Zu 5:

Die österreichische Ratspräsidentschaft arbeitete auf Basis des trinationalen „Ar­beitsprogramms“ des Vereinigten Königreichs, Österreichs und Finnlands zu zivil-militärischer Koordinierung an einer Initiative zum Thema Management von Operationen. Der Rat wurde darüber informiert, dass das Politische und Sicherheitspolitische Komitee ein - für Änderungen im Lichte zukünftiger Entwicklungen offenes - Rahmendokument mit Lösungsansätzen zur Kenntnis genommen hatte und nahm diesbezügliche Schlussfolgerungen an.

Als Follow-up zur internationalen Konferenz zum Thema „Sicherheitssektorreform (SSR) am Westbalkan“, die am 13./14. Februar 2006 in Wien stattgefunden hat, wurde von Österreich ein Präsidentschaftspapier vorgelegt, das auf die konkrete Umsetzung von Unterstützungen im Bereich Sicherheitssektorreform gerichtet ist. Als ersten Schritt werden die Europäische Kommission und das Ratssekretariat einen Überblick über EU Sicherheitssektorreform-Aktivitäten auf dem Westbalkan erstellen.

Weiters wurde ein Rahmendokument zum Aspekt „militärischer Transport“ in der Reaktion auf Katastrophen  beim Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen am 15. Mai 2006 angenommen. Da der Transport im Rahmen der Reaktion der EU auf Katastrophen grundsätzlich eine Fähigkeitslücke darstellt, ist mit diesem Rahmendokument eine gute Grundlage dafür geschaffen worden, dass man sich im Detail damit beschäftigt, wie man die effizientere Nutzung und Koordinierung vorhandener Ressourcen in diesem Bereich sicherstellen kann. Der Aspekt „Transport“ als solches hat sich im Rahmen der Maßnahmen nach dem Tsunami im Jahr 2004 als zentral herauskristallisiert, weshalb er dann auch prioritär bearbeitet wurde.

Das Dokument betreffend „Vorläufige EU-Regelungen zur Koordinierung in Notfällen und Krisen von Brüssel aus“ (EU-Dok. 8380/06) wurde durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter im April 2006 angenommen. Die genannten Regelungen sind als Arbeitsgrundlage zu betrachten, die beschreiben, wie auf strategischer Ebene vorzugehen ist, wenn sich Katastrophen großen Ausmaßes ereignen, die möglicherweise mehrere EU-Mitgliedstaaten oder die EU als Ganzes betreffen. Dabei soll durch die Regelungen eine kohärente und abgestimmte Vorgangsweise erzielt werden. Dadurch, dass sie auf Katastrophen sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU Anwendung finden, sind sie auch ein weiterer wichtiger Beitrag zur säulenübergreifenden Zusammenarbeit in Brüssel.

Zu den wesentlichen Fortschritten betreffend die Fähigkeitsentwicklung während der österreichischen Präsidentschaft zählen der Abschluss der Entwicklung der Methode für den ersten Teilschritt der qualitativen Analyse der Streitkräftefähigkeiten (das so genannte „Scrutinising“), der Abschluss des Prozesses der nationalen Einmeldungen militärischer Mittel und Fähigkeiten zur Erreichung des militärischen Planziels 2010 sowie die Arbeit an der Entwicklung der weiteren Teilschritte der qualitativen Analyse der Streitkräftefähigkeiten, die auf Basis der festgelegten Roadmap begonnen wurde.

Im Bereich des strategischen Lufttransportes, welcher ein wesentliches Fähigkeitsdefizit darstellt, konnte durch die formale Unterzeichung des Vertrages zur Inkraftsetzung einer Übergangslösung (die so genannte Strategic Airlift Interim Solution – SALIS) ein Schritt nach vorne gemacht werden.

Während der österreichischen Präsidentschaft wurden erstmals alle in diversen Staaten (Bosnien/Herzegowina, Sudan, Demokratische Republik Kongo) eingesetzten zivilen und militärischen Missionen der EU einer gemeinsamen Evaluierung unterzogen. Ziel war die bessere Koordinierung und Abstimmung der zivilen und militärischen Instrumente der EU.

Unter österreichischer Vorsitzführung wurde der Entscheidungsfindungsprozess für die militärische Operation EUFOR RD CONGO eingeleitet, sowie die Planungsphase abgeschlossen. Die  führende Rolle in diesen Prozessen lag beim Ratssekretariat und den beiden großen Truppenstellern, Deutschland und Frankreich. Während der österreichischen Präsidentschaft wurde weiters eine Exercise Study zum Thema Evakuierungsoperationen durchgeführt. Das EU-Übungsprogramm 2007 bis 2011 wurde beim Rat am 12. Juni 2006 beschlossen.

Durch Österreich wurden im Rahmen des European Security and Defence College (ESDC) ein Modul des High Level Course und  zwei Orientation Courses durchgeführt. Schwergewicht des Moduls war die Analyse der regionalen Herausforderungen für die ESVP und die Diskussion möglicher Handlungsperspektiven für die EU. In den Orientation Courses wurden Grundlagen der ESVP vermittelt. Um die ESVP auch für Drittstaaten transparenter zu machen, war es Österreich ein Anliegen, diese Kurse auch für diese Staaten und Internationale Organisationen zu öffnen. Im Sinne des Balkanschwerpunktes wurden insbesondere Kroatien, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Albanien, Bos­nien/Herzegowina und Serbien/Montenegro eingeladen, Teilnehmer zu nominieren.

Der Balkan wurde in mehreren Themenbereichen prioritär integriert (siehe Sicher­heitssektorreform, Operationen und Ausbildung) und bei allen hochrangigen  Treffen auch diskutiert. Über die österreichische Ratspräsidentschaft hinaus wurde durch das Bundesministerium für Landesverteidigung ein Balkanpaket geschnürt, das in den nächsten drei Jahren die weitere Annäherung der Länder des Westlichen Balkans an die EU und die ESVP unterstützen soll.

Zu 6 bis 8:

Sämtliche Aufwendungen wurden aus den laufenden Budgets 2005 und 2006 bedeckt und es wurden keine Zusatzbudgets veranschlagt.

Zur Unterstützung der „EU-Ratspräsidentschaft 2006“ wurden im Rahmen planstellen­unwirksamer Aufnahmen insgesamt zehn Vertragsbedienstete befristet angestellt, für die im Jahr 2005 rund 0,3 Mio. Euro und im Jahr 2006 rund 0,2 Mio. Euro, bis einschließlich 30. Juni 2006 somit ein Gesamtbruttobetrag (einschließlich Mehrdienstleistungen) von rund 0,5 Mio. Euro aufgewendet wurde.

Nach den mir vorliegenden Unterlagen ist der im Rahmen der österreichischen EU-Rats­präsidentschaft beim Bundesministerium für Landesverteidigung im Zeitraum 2005 bis einschließlich 30. Juni 2006 angefallene EU-spezifische Mehraufwand mit rund 0,9 Mio. Euro zu beziffern. Die durch das Österreichische Bundesheer darüber hinaus zur Sicherheitsvorsorge bzw. Organisationsunterstützung, wie etwa der Luftraumüberwachung erbrachten Leistungen, erfolgten im Rahmen des Ausbildungs- und Einsatzbetriebes.  

Zu 9:

Keine

Zu 10:

Nein.

Zu 11:

Zu den inhaltlichen Ergebnissen verweise ich auf die Ausführungen zu Frage 5. Auch die durch das Bundesministerium für Landesverteidigung erbrachten Leistungen während der EU-Präsidentschaft, insbesondere betreffend logistische Unterstützung, Luftraumsicherung, Pioniertechnik sowie IKT- und Fernmeldewesen fanden internationales Lob. Die zu erbringenden Leistungen waren nicht nur mit einem hohen Ausbildungswert und einem Erfahrungsgewinn für das Österreichische Bundesheer verbunden, sondern bestätigten die professionellen und in hoher Qualität durchgeführten Unterstützungsleistungen, den hervorragenden Ausbildungsstand des Österreichischen Bundesheeres und die Qualifikation des eingesetzten Personals. Österreich partizipiert darüber hinaus wie alle anderen EU-Mitgliedsstaaten auch an der funktionierenden ESVP, insbesondere von den laufenden und in Planung befindlichen ESVP-Missionen am Balkan.

Im Übrigen verweise ich auf die durch den Herrn Bundesminister für Finanzen am 4. Juli 2006 präsentierte Studie betreffend konkrete Ziele und Ergebnisse der österreichischen EU-Präsidentschaft 2006 im Bereich der Wirtschaft- und Finanzpolitik.