4245/AB XXII. GP

Eingelangt am 17.07.2006
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BM für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0074-I/4/2006

»

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4520/J vom 5. Juli 2006 der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen, betreffend Österreichische EU-Präsidentschaft, Leistungen und Ergebnisse, beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Am 1. Jänner 2006 hat Österreich zum zweiten Mal die Ratspräsidentschaft übernommen. Dabei wurde zum einen der aus den Verträgen der EU resultierenden Verpflichtung entsprochen, zum anderen die Möglichkeit genutzt, in den internationalen Beziehungen sechs Monate lang als Gesicht und Stimme der Europäischen Union wahrgenommen zu werden. Die Wahrnehmung der Präsidentschaft des Rates ist eine Dienstleistung der Mitgliedstaaten für das Funktionieren der Europäischen Union, die turnusmäßig von jedem Mitgliedstaat in gleicher Weise zu erbringen ist. In dieser Rotation spiegelt sich auch die Gleichstellung der EU-Mitgliedstaaten wieder.

 

Der Zeitpunkt, zu welchem Österreich den EU-Ratsvorsitz übernommen hat, fiel in eine schwierige Phase der europäischen Integration: Im Frühjahr 2005 hatten sich Frankreich und die Niederlande in Referenden gegen die Ratifizierung des Verfassungsvertrags ausgesprochen. Die Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau für 2007-2013 waren zunächst gescheitert, und erst gegen Jahresende konnte eine Einigung unter den Mitgliedstaaten erzielt werden. Unter den BürgerInnen hatte sich eine EU-skeptischere Stimmung breit gemacht.

 

Österreich versuchte deshalb von Beginn seiner Präsidentschaft an, zu mehr Vertrauen in Europa beizutragen – unter den Mitgliedstaaten ebenso wie zwischen der Union und ihren BürgerInnen. Dabei bewährte sich der Ansatz, mit konkreten Fortschritten die Gemeinsamkeiten auf europäischer Ebene zu stärken und damit auch die Akzeptanz europäischen Handelns durch einen klar erkennbaren Mehrwert für die BürgerInnen zu verbessern.

 

Meinen MitarbeiterInnen und mir ist es dabei infolge der professionellen inhaltlichen, organisatorischen und personellen Vorbereitung gelungen, zu zahlreichen Themen zukunftsweisende Erfolge zu erzielen:

 

Dass es meinen MitarbeiterInnen und mir – für mein Ressort bedeutete die Ratspräsidentschaft die Vorsitzführung im ECOFIN-Rat, beim ASEM-Finanzministertreffen (Asia-Europe Meeting) und beim FEMIP (Facility for Euro-Mediterranean Investment and Partnership) – wie auch der gesamten Bundesregierung gelungen ist, die Herausforderungen der EU-Ratspräsidentschaft anzunehmen und die damit verbundenen Chancen auch zu nutzen, zeigt die lange Liste der sehr erfolgreich behandelten Themen. Zahlreiche Einigungen auch zu kompliziertesten Themen, wichtige Fortschritte bei mittel- bis langfristig ausgelegten Projekten sowie etliche zukunftsweisende Initiativen gehen auf das erfolgreiche Agieren der österreichischen Ratspräsidentschaft zurück. Zu Recht wurde daher in den letzten Wochen positive Bilanz gezogen. So hat auch Herr Bundespräsident Dr. Fischer dieser Bundesregierung für die erfolgreiche Wahrnehmung österreichischer und europäischer Interessen während der Zeit des österreichischen EU-Vorsitzes gedankt und dabei ausgeführt: „Ich konnte mich überzeugen, dass in den abgelaufenen sechs Monaten gute Arbeit bei der Erfüllung der mit der Präsidentschaft in der Europäischen Union verbundenen Aufgaben geleistet wurde.“. Dass diese sehr positive Bewertung leider nicht selbstverständlich ist, wird klar, wenn man an die EU-Ratspräsidentschaft Österreichs unter einer sozialdemokratisch geführten Bundesregierung im Jahr 1998 denkt: damals reichte die Beurteilung von einem „bescheidenen Ergebnis“, wie der damalige Kommissionspräsident in der Tageszeitung „Der Standard“ vom 14. Dezember 1998 zitiert wurde, bis hin zur Qualifizierung als „insgesamt negatives Beispiel der Präsidentschaft eines kleinen Mitgliedslandes“ (Profil, 18. Jänner 1999).

 

Hinsichtlich der sich aus einem finanziellen Mehraufwand für öffentliche Budgets, aus dem durch Vorbereitung und Abwicklung der zahlreichen Ratssitzungen, Konferenzen und dergleichen bedingten Verwaltungsaufwand sowie aus dem Organisationsaufwand für Events in Österreich ergebenden Kosten ist es dieser Bundesregierung gelungen, das in den zum Teil sehr ehrgeizigen Themenstellungen bewiesene Verantwortungsbewusstsein ebenfalls unter Beweis zu stellen. Auch wenn im Vergleich zur Präsidentschaft Österreichs im zweiten Halbjahr 1998 nunmehr um zehn Mitgliedstaaten mehr in Entscheidungsfindungsprozessen zu koordinieren waren und es dabei galt, eine weitaus größere Zahl schwerwiegender Projekte voranzutreiben, war es mir dennoch wichtig, dass die in diesem Zusammenhang anfallenden Ausgaben auf das unbedingt erforderliche Ausmaß beschränkt wurden. Es wurden dabei in meinem Ressort auch keine zusätzlichen Ausgaben unter dem Titel "EU-Präsidentschaft" budgetiert, da ich – wie sich nunmehr erwartungsgemäß herausstellt zu Recht – davon ausgegangen bin, dass die unter diesem Titel anfallenden Ausgaben im Rahmen des allgemeinen Ressortbudgets bedeckt werden können. Es wurden sehr erfolgreich jene Maßnahmen getroffen, die eine Vereinbarkeit von Budgetdisziplin und hochwertiger Aufgabenerfüllung erlauben.

 

Aber auch der Blick auf die finanzielle Bilanz der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft über alle Ressorts hinweg, welche mit Ende Juni 2006 gezogen werden konnte, ist sehr erfreulich für die SteuerzahlerInnen: Den Sachaufwendungen von in Summe rund € 70 Mio. sowie den Aufwendungen von rund € 16,5 Mio. für zeitlich befristete Beschäftigte stehen zum Beispiel

Ö        ein zusätzlicher Wertschöpfungseffekt von € 108 Mio. (gemäß einer aktuellen IHS-Studie) bis € 400 Mio. (gemäß einer WIFO-Studie aus dem Jahr 1998),

Ö        ein positiver Impuls für die Beschäftigung mit mehr als 2.700 zusätzlich beschäftigten Personen,

Ö        263 Veranstaltungen in Österreich in allen österreichischen Bundesländern,

Ö        rund 53.000 zusätzliche Gäste und

Ö        bis zu 160.000 zusätzliche Übernachtungen

gegenüber. Darüber hinaus konnte die Gelegenheit genutzt werden, eine langfristige Image-Steigerung Österreichs als Wirtschaftsstandort sowie eine Festigung Österreichs als internationaler Finanzplatz zu bewirken. Neben den Erfolgen in Sachfragen, mit denen Österreich seine politische Bedeutung weiter steigern konnte, konnte diese Bundesregierung auch finanziell gesehen die mit der EU-Ratspräsidentschaft verbundenen Chancen optimal nutzen. Die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte überwiegen die finanziellen Aufwendungen des Bundes um mehr als 50%.

 


Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1. bis 4.:

Für die in meiner Einleitung kurz umrissenen Erfolge, welche ich zu Frage 5. für mein Ressort noch ausführlich beschreibe, war es unabdingbar, die Gelegenheit der Vorsitzführung Österreichs proaktiv zu nutzen. Dazu gehört es, Zusammenkünfte formeller und auch informeller Natur als Möglichkeit des Informationsaustausches zu organisieren, dessen es bedarf, um in der Rolle eines honest brokers auch zu schwierigen Themen in einem offenen Klima Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und dabei in einem Miteinander Lösungswege zu erschließen. Auch sind es die persönlichen Treffen, mit welchen durch die damit geschaffene Plattform des direkten Argumentationsaustausches einer neuen Initiative zu einem mehr an Chancen zu deren Weiterverfolgung beziehungsweise Realisierung verholfen wird. Dass mit den zahlreichen Treffen in Österreich auch die Gelegenheit genutzt werden konnte, Österreichs Vorzüge einem breiten Publikum in Erinnerung zu rufen und dabei positive Begleiteffekte für Beschäftigung und Wertschöpfung, aber auch für das Image Österreichs zu lukrieren, ist ein nicht zu übersehender Begleiteffekt.

 

Zu den unzähligen Sitzungen von Ratsarbeitsgruppen, welche von der Österreichischen Ständigen Vertretung in Brüssel organisiert und unter dem Vorsitz meiner MitarbeiterInnen abgehalten wurden, verweise ich auf die Beantwortung der Anfrage Nr. 4518/J vom 5. Juli 2006 durch die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten. Darüber hinaus teile ich mit, dass ich während der österreichischen Ratspräsidentschaft, die für mich die Vorsitzführung im ECOFIN-Rat, beim ASEM-Finanzministertreffen (Asia-Europe Meeting) und beim FEMIP (Facility for Euro-Mediterranean Investment and Partnership) bedeutet hat, an nachstehenden Treffen teilgenommen habe:

 

In 5 Sitzungen des ECOFIN wurden unter meinem Vorsitz maßgebliche Fortschritte erzielt. Die wichtigsten Punkte waren unter anderem

Ö        die Einigung über die Verlängerung des ermäßigten MwSt-Satzes auf arbeitsintensive Dienstleistungen,

Ö        die Erhöhung des EIB-Beitrages zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung,

Ö        die effektive Anwendung des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspaktes,

Ö        die Weichenstellung für die Finanzdienstleistungspolitik der nächsten Jahre (Verbesserung in Bezug auf die Aufsichtsbehörden, -standards und -praktiken, weitere Integration der Retailmärkte, Verbesserung des Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Fusionen),

Ö        die weitere Initiative im Zusammenhang mit einer Verwaltungskostenreduzierung (better regulation),

Ö        die Erweiterung der Eurozone,

Ö        die Qualitätssteigerung des EU-Finanzmanagements,

Ö        Fortschritte bei der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs,

Ö        die Verlängerung der e-Commerce-Richtlinie,

Ö        Fortschritte bei der Schaffung einer einheitlichen Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage sowie

Ö        die Einigung zur Rationalisierung der Mehrwertsteuerausnahmen.

 

Weiters fanden von Jänner bis April 2006 anlässlich des politischen Trilogs zur interinstitutionellen Vereinbarung vier Zusammenkünfte zwischen Rat, Europäischem Parlament und Europäischer Kommission statt. Die Verhandlungen für den Rat wurden dabei von mir geführt. Nach nur vier Treffen konnte am 4. April 2006 eine Einigung über die interinstitutionelle Vereinbarung über die Haushaltsdisziplin und die wirtschaftliche Haushaltsführung inklusive Finanzrahmen 2007-2013 erzielt werden.

 

Am 10. und 11. Februar 2006 nahm ich in meiner Funktion als Ratsvorsitzender am G8-Treffen in Moskau teil. Die wichtigsten Themen waren dabei: Weltwirtschaft und Welthandel, Vogelgrippe, ein multilaterales Schuldenerlassprogramm, Geldwäsche und Governance-Fragen einer zukunftsorientierten Fiskalpolitik, Stabilität und Sicherheit der Energieversorgung.

 

Am 22. und 23. März 2006 habe ich an der Frühjahrstagung der Bretton Woods Institutionen (Weltbank und IWF) teilgenommen. Behandelte Themen waren die internationale Wirtschaft, das neue multilaterale Überwachungsverfahren sowie Niedrigeinkommensländer und die  mittelfristige Strategie (einschließlich Quotenfrage).

 

Am 9. und 10. Juni 2006 nahm ich am zweiten G8-Treffen während der Zeit der österreichischen Ratspräsidentschaft, diesmal in St. Petersburg, teil. Die wichtigsten Themen waren: Governance-Fragen einer zukunftsorientierten Fiskalpolitik, das Neuhinzukommen von Geberländern im Entwicklungshilfezusammenhang, Energie und Weltwirtschaft, Energie und Entwicklung, Vogelgrippe, Wissensstand der Bevölkerung in den Bereichen Finanzwesen und Geldwäsche.

 

Am 25. und 26. Juni 2006 fand gemeinsam mit den mediterranen Partnerstaaten ein Sonder-ECOFIN mit dem daran anschließenden 6. FEMIP-Ministertreffen (Facility for Euro Mediterranean Investment and Partnership - Ministerial Meeting) in Tunis statt. Beim ECOFIN-Teil wurden die Reformfortschritte in Bezug auf das Investitionsklima in Mittelmeerländern, Handelserleichterungen, Good Governance, makroökonomische Stabilität sowie die Qualität der öffentlichen Finanzen behandelt. Beim FEMIP-Treffen standen die FEMIP-Aktivitäten der EIB im Jahr 2005 sowie die strategischen Orientierungen für die Jahre 2006/07 schwerpunktmäßig im Vordergrund.

 

Mit VertreterInnen des Europäischen Parlaments habe ich mich im Zusammenhang mit der Wahrnehmung meiner aus der österreichischen Ratspräsidentschaft resultierenden Aufgaben an nachfolgend angeführten Tagen zum jeweils angegebenen Thema getroffen:

 

Datum

Thema

Ort

30. November 2005

Treffen mit österreichischen Abgeordneten zum Europäischen Parlament zum Arbeitsprogramm der österreichischen Präsidentschaft

Brüssel

30. November 2005

Treffen mit EP-Berichterstatter Böge zur Finanzperspektive

Brüssel

23. Jänner 2006

Präsentation des Arbeitsprogramms der österreichischen Präsidentschaft im Ausschuss für Wirtschaft und Währung

Brüssel

23. Jänner 2006

Trilog betreffend die Finanzperspektive 2007-13

Brüssel

21. Februar 2006

Trilog betreffend die Finanzperspektive 2007-13

Brüssel

21. März 2006

Trilog betreffend die Finanzperspektive 2007-13

Brüssel

4. April 2006

Trilog betreffend die Finanzperspektive 2007-13

Brüssel

17. Mai 2006

Verabschiedung der Finanzperspektive im Plenum des Europäischen Parlaments

Straßburg

 

Mein Staatssekretär Dr. Alfred Finz hat drei weitere Termine mit VertreterInnen des Europäischen Parlaments wahrgenommen:

 

Datum

Thema

Ort

13. März 2006

Telekonferenz mit VertreterInnen des Ausschusses für Wirtschaft und Währung zum Frühjahrsgipfel und zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik

Brüssel

17. Mai 2006

Fragestunde im Plenum des Europäischen Parlaments

Straßburg

17. Mai 2006

Treffen mit EP-Berichterstatterin Gräßle zur Haushaltsordnung

Straßburg

 

Darüber hinaus hat mein Ressort im ersten Halbjahr 2006 unter dem Titel der EU-Präsidentschaft folgende Veranstaltungen abgehalten beziehungsweise organisiert:

 

Datum

Veranstaltung

Ort

18. und 19. Jänner 2006

Reinventing Bretton Woods Initiative

Wien

5. bis 7. Februar 2006

Steuertagung

Wien

28. Februar bis 3. März 2006

Zoll 2007 Strategieseminar der GeneralzolldirektorInnen zu Spezial-themen der österreichischen Rats-präsidentschaft

Innsbruck

9. bis 11. März 2006

ASEM Deputies

Wien

20. bis 21. März 2006

FEMIP Expert Meeting (Treffen auf hoher ExpertInnenebene)

Wien

20. und 21. März 2006

SNAI (Shanghai National Accounting Institute) – Seminar in Shanghai

Shanghai

7. bis 10. April 2006

ECOFIN-ASEM-Treffen

Wien

3. bis 5. Mai 2006

Sitzung der Ratsarbeitsgruppe Zollunion in Österreich

Salzburg

18. bis 20. Mai 2006

Ratsarbeitsgruppe Export Credits Group

Salzburg

24. bis 26.Mai 2006

Ratsarbeitsgruppe Haushaltsausschuss

Wien

1. Juni 2006

Financial Sanctions

Wien

 

Zu 5.:

Für mein Ressort bedeutete die Ratspräsidentschaft die Vorsitzführung im ECOFIN-Rat, beim ASEM-Finanzministertreffen (Asia-Europe Meeting) und beim FEMIP (Facility for Euro-Mediterranean Investment and Partnership). Meinen MitarbeiterInnen und mir ist es dabei infolge der professionellen inhaltlichen, organisatorischen und personellen Vorbereitung gelungen, zu zahlreichen Themen zukunftsweisende Erfolge zu erzielen:

 

So konnte mit der interinstitutionellen Vereinbarung zur Finanzperspektive 2007-13 durch den mit dem Europäischen Parlament erzielten Kompromiss sichergestellt werden, dass sämtliche Gemeinschaftsprogramme rechtzeitig in Kraft treten können und künftig für Maßnahmen zur Wachstums- und Beschäftigungsförderung deutlich mehr Budgetmittel zur Verfügung stehen: 36% mehr für Forschung und Entwicklung, 88% mehr für Transeuropäische Netze, 43% mehr für Bildung und Ausbildung. Gleichzeitig ist es gelungen, trotz der ursprünglich viel höheren Forderungen des Europäischen Parlaments ein Ausgabengesamtvolumen sicherzustellen, das nahe an dem beim Europäischen Rat im Dezember 2005 erzielten Ergebnis liegt.

 

Die Verhandlungen zur Finanzvorschau wurden von meinen MitarbeiterInnen und mir aber auch zu einer weiteren Qualitätssteigerung des EU-Finanzmanagements genutzt. So wurden die Weichen in Richtung einer wirksameren Finanzkontrolle gestellt – etwa durch die stärkere Einbindung der nationalen Rechnungshöfe bei der Überprüfung der Verwendung von EU-Haushaltsmitteln. Außerdem werden aufgrund einer österreichischen Initiative die Grundsätze von Better Regulation künftig auch im Zusammenhang mit der Ausgestaltung von EU-Programmen verwirklicht.

 

Ferner ist es auf eine Initiative der österreichischen Präsidentschaft zurückzuführen, dass die EIB innerhalb der nächsten Jahre ihre Darlehen für wachstums- und beschäftigungsfördernde Maßnahmen deutlich erhöhen wird. Für die Bereiche Forschung, Technologie und KMU werden zusätzlich € 15 Mrd. und für den Ausbau der Transeuropäischen Netze zusätzlich € 25 Mrd. zur Verfügung stehen. Weiters werden im Wege von Instrumenten des EIF bis zu € 30 Mrd. an zusätzlichem Risikokapital für KMU bereit gestellt.

 

Auch hinsichtlich des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspaktes, der unter anderem auf eine symmetrischere Anwendung der Fiskalregeln über den Konjunkturzyklus ausgerichtet ist, konnten Fortschritte im Interesse einer stärkeren Betonung der Qualität und Nachhaltigkeit in den nationalen Budgetstrategien verbucht werden. Die Mitgliedstaaten haben sich dazu verpflichtet, die günstigeren Wachstumsaussichten zu einer ambitionierteren Budgetpolitik zu nutzen, und die Qualität und Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen weiter zu verbessern. Nach 2,8% des BIP im Jahr 2004, wird sich das Defizit in der Euro-Zone auf voraussichtlich 2,3% des BIP im Jahr 2006 verringern.

 

Im Hinblick auf die Herausforderungen der Globalisierung hat sich der ECOFIN-Rat unter meinem Vorsitz auf die Notwendigkeit einer reformorientierteren Wirtschaftspolitik verständigt und in diesem Zusammenhang eine Reihe sehr konkreter Maßnahmen identifiziert, die zur Stärkung des Investitions- und Wirtschaftsstandortes Europa rasch in Angriff genommen werden müssen. Bei diversen Treffen im Rahmen der EU-Außenvertretung (IWF- Frühjahrstagung, G-8 Finanzministertreffen, ASEM- Finanzministertreffen) ist es zudem gelungen, eine Annäherung der Standpunkte zu internationalen Wirtschafts- und Finanzfragen wie etwa betreffend die Themen Handelsungleichgewichte, Energieversorgung und Energiesicherheit sowie Umsetzung der Entschuldungsinitiative zu erreichen.

 

Auch hinsichtlich der Finanzdienstleistungspolitik der nächsten Jahre sind unter der österreichischen Ratspräsidentschaft wichtige Weichenstellungen erfolgt. Es wurde das gemeinsame Verständnis des ECOFIN-Rates entwickelt, dass sich die künftigen Arbeiten auf drei Bereiche konzentrieren müssen: eine weitere Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden sowie die Angleichung der Aufsichtsstandards und Aufsichtspraktiken, die Vertiefung der Integration der Retailmärkte sowie eine Verbesserung des Rechtsrahmens für grenzüberschreitende Fusionen. Nach schwierigen Verhandlungen konnte mit dem Europäischen Parlament darüber hinaus eine politische Einigung über die Umsetzung der FATF-Sonderempfehlung VII erzielt werden. Fortschritte gab es unter der österreichischen Ratspräsidentschaft schließlich auch im Zusammenhang mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission betreffend die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für den Zahlungsverkehr sowie im Dialog mit den USA zur Finanzmarktregulierung.

 

Weiters haben unter der österreichischen Ratspräsidentschaft erste Diskussionen über die künftige Ausgestaltung der EIB-Außenmandate stattgefunden, auf deren Grundlage die Europäische Kommission in den nächsten Wochen einen konkreten Vorschlag vorlegen wird. Als wesentliche Zielsetzungen des ECOFIN-Rates wurden dabei unter anderem die bessere Kooperation zwischen der EIB, der Europäischen Kommission sowie den internationalen Finanzinstitutionen und die geographische Fokussierung auf die Beitrittskandidaten und die EU-Nachbarstaaten identifiziert.

 

Betreffend die Erweiterung der Euro-Zone wurde durch den österreichischen EU-Ratsvorsitz erreicht, dass die Europäische Kommission und die EZB ihre Konvergenzberichte bereits früher als ursprünglich geplant vorgelegt haben. Damit konnte bereits anlässlich des Europäischen Rates am 16. Juni 2006 eine politische Entscheidung getroffen werden, wonach Slowenien als erster der neuen Mitgliedstaaten ab dem 1. Jänner 2007 dem Euro-Währungsgebiet angehören wird.

 

Weiters konnte eine Einigung darüber erzielt werden, dass jene Mitgliedstaaten, die einen entsprechenden Antrag bei der Europäischen Kommission gestellt haben, auf arbeitsintensive Dienstleistungen weiterhin den ermäßigten Mehrwertsteuersatz anwenden können. Insgesamt haben 10 Mitgliedstaaten mit über 200 Mio. EinwohnerInnen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

 

Gleichzeitig ist es Österreich gelungen, die Ratspräsidentschaft für eine Initiative zur Verbesserung der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs zu nutzen. So konnte bewirkt werden, dass die Europäische Kommission derzeit gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Möglichkeiten im Hinblick auf eine wirksamere Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs prüft. Eine Variante ist dabei auch das so genannte Reverse Charge Modell, das in Österreich bereits mit Erfolg im Baugewerbe zur Anwendung kommt. Die Europäische Kommission dürfte demnächst eine Mitteilung vorlegen, mit der sie die aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen weiter präzisieren wird.

 

Hinsichtlich des Mehrwertsteuerpaketes mit den Themen Ort der Dienstleistung, One Stop Shop, Mehrwertsteuer-Rückerstattungen und e-Commerce-Richtlinie konnte durch den von der österreichischen Präsidentschaft vorgeschlagenen Lösungsansatz, die einzelnen Elemente des Pakets stufenweise umzusetzen, eine weitgehende Annäherung der ursprünglich sehr unterschiedlichen Positionen erreicht werden. Als Zwischenlösung wurde ein Kompromiss vereinbart, der eine kurzfristige Verlängerung der e-Commerce-Richtlinie bis Ende 2006 vorsieht, wobei von allseitiger Bereitschaft zur Fortsetzung der Arbeit am Mehrwertsteuerpaket ausgegangen wird mit dem Ziel eines Gesamtkompromisses bis zum Jahresende.

 

Schließlich ist es der österreichischen Präsidentschaft ebenfalls gelungen, das Thema der Einführung einer konsolidierten Körperschaftssteuerbe-messungsgrundlage wieder stärker in der politischen Diskussion zu verankern und eine breitere Unterstützung seitens der Mitgliedstaaten zu erreichen. In der Zwischenzeit steht eine große Mehrheit dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber, wiewohl eine Vielzahl an technischen Detailfragen noch weiter geprüft werden muss, bevor die Europäische Kommission einen konkreten Vorschlag vorlegen wird. Die Einführung einer konsolidierten Bemessungsgrundlage würde die Verwaltungskosten für Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, deutlich verringern und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen beitragen.

 

Zu 6.:

Nach den mir vorliegenden Aufzeichnungen sind im Ressortbudget meines Hauses zum Stichtag 30. Juni 2006 folgende Ausgaben getätigt worden. Dabei sind sämtliche Zahlungen sowie die zum Stichtag bereits feststehenden Ausgaben berücksichtigt.

 

Bezeichnung

Betrag 2005

Betrag 2006

Personalaufwand

€ 564.300,80

€ 424.799,83

Sachaufwand

€ 186.173,29

€ 1,819.416,87

 

Zum Vergleich weise ich darauf hin, dass für die EU-Präsidentschaft im Jahr 1998 ein Sachaufwand in einer Höhe von € 1,546 Mio. angefallen ist. Berücksichtigt man

Ö        dass im Jahr 1998 kein ECOFIN-ASEM-Treffen stattgefunden hat, an dem mehr als 40 internationale Delegationen auf Ministerebene teilgenommen haben und welches daher auch entsprechende Kosten verursacht hat,

Ö        die Steigerung der Anzahl der Mitgliedstaaten und damit der TeilnehmerInnen an den Treffen und

Ö        die inflationsbedingte Bereinigung des Sachaufwandes

so konnten die nunmehr getätigten Ausgaben deutlich unter jenen der Präsidentschaft 1998 gehalten werden.

 

Zu 7.:

Wie ich bereits anlässlich der Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 3337/J vom 11. Juli 2005 ausgeführt habe, wurden in meinem Ressort unter dem Titel "EU-Präsidentschaft" keine zusätzlichen Ausgaben budgetiert. Die unter diesem Titel anfallenden Ausgaben wurden im Rahmen des allgemeinen Ressortbudgets bedeckt. So wurden durch Umschichtungen im Ressortbudget Beträge in der Höhe von € 1,127 Mio. für 2005 und € 6,671 Mio. für 2006 zur Bedeckung des erforderlichen Aufwandes vorreserviert.

 

Diese Budgetplanung erfolgte im Zuge der Erstellung des Doppelbudgets 2005/2006 im Jahr 2004, somit relativ frühzeitig. Zum damaligen Zeitpunkt stand weder die Anzahl, noch die Art und Ebene der auszurichtenden Veranstaltungen fest. Daher konnte die Planung nur auf der Basis der Ausgaben der letzten EU-Präsidentschaft Österreichs unter Berücksichtigung inflationsbedingter Kostensteigerungen und des Umstandes der Steigerung der Anzahl der Mitgliedstaaten und damit der TeilnehmerInnen an den Treffen erfolgen. Durch eine optimale Schaffung organisatorischer Rahmenbedingungen durch meine MitarbeiterInnen unter besonderer Berücksichtigung der Grundsätze der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit konnte letztlich doch mit bedeutend geringeren Ausgaben das Auslangen gefunden werden, ohne dabei auf das einer österreichischen Ratspräsidentschaft entsprechende hohe Niveau der Veranstaltungen verzichten zu müssen. Beispielsweise ist es im Zusammenhang mit dem ECOFIN-ASEM-Treffen in einem durchaus schwierigen Prozess gelungen, nicht nur die Abhaltung des Treffens in Österreich sicherzustellen, sondern auch den Termin so festzulegen, dass das Treffen in der permanenten Konferenzfazilität stattfinden konnte und auch die Fahrzeugflotte des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten samt Chauffeuren und Lotsung zur Verfügung stand. Damit konnten die Ausgaben gegenüber der Budgetierung bedeutend gesenkt werden.

 

Zu 8. und 9.:

Um dem erhöhten Personalbedarf, der sich aus den Aufgaben der Vorbereitung, Durchführung und Aufarbeitung der österreichischen EU-Präsidentschaft 2006 ergibt beziehungsweise ergab, Rechnung zu tragen, wurde vom Bundeskanzleramt bereits im Oktober 2004 die Möglichkeit geschaffen, für den Zeitraum vom 1. Jänner 2005 bis zum 31. August 2006 befristet Vertragsbedienstete mit Sondervertrag aufzunehmen, wobei die Einhaltung des budgetären Personalaufwandes jederzeit gewährleistet sein musste.

 

In meinem Ressort sind auf Basis dieser Regelung bis 31. August 2006 insgesamt 26 MitarbeiterInnen in einem befristeten Dienstverhältnis für die im Zusammenhang mit der EU-Präsidentschaft anfallenden Mehraufgaben tätig. Die finanzielle Bedeckung erfolgt aus dem laufenden Budgetvollzug. Ein Sonderbudget steht hiefür – wie bereits erwähnt – nicht zur Verfügung.

 

Zu 10.:

In meinem Ressort wurden keine Werkverträge betreffend längerfristige Arbeitsleistungen und keine Arbeitsleihverträge abgeschlossen.

 

Zu 11.:

Wie ich bereits in meiner Einleitung dargelegt habe, obliegt den Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Präsidentschaft des Rates auf Grund der Verträge der EU. Es handelt sich dabei um eine Dienstleistung für das Funktionieren der Europäischen Union, die turnusmäßig von jedem Mitgliedstaat in gleicher Weise zu erbringen ist. In dieser Rotation spiegelt sich auch die Gleichstellung der EU-Mitgliedstaaten wieder. Die Präsidentschaft bringt darüber hinaus mit sich, in den internationalen Beziehungen sechs Monate lang als Gesicht und Stimme der Europäischen Union wahrgenommen zu werden.

 

Dass bei der Erfüllung dieser Notwendigkeit, die zugleich auch eine Chance darstellt, Kosten anfallen, ist unvermeidbar. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass neben dem ideellen Wert, der mit einer gelungenen Vorsitzführung für den betreffenden Mitgliedstaat in Form einer internationalen Imagesteigerung verbunden ist, auch zusätzliche Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte zu lukrieren sind.

 

Das IHS hat im Auftrag meines Ressorts die volkswirtschaftlichen Effekte der österreichischen EU-Präsidentschaft untersucht. Dabei wurde errechnet, dass die EU-Präsidentschaft eine zusätzliche volkswirtschaftliche Wertschöpfung im Ausmaß von 1:1,26 der Ausgaben bewirkt hat. Das bedeutet, dass eine zusätzliche Wertschöpfung in Höhe von € 108 Mio. ausgelöst wurde. Legt man die Annahmen jener WIFO-Studie, die anlässlich der letzten EU-Präsidentschaft im Jahr 1998 erstellt wurde, zu Grunde, so sind es sogar rund € 400 Mio. an zusätzlicher Wertschöpfung, die aus der aktuellen Vorsitzführung entstanden sind.

 

Weiters erlaube ich mir, nochmals darauf hinzuweisen, dass den angefallenen Ausgaben weiters

Ö        ein positiver Impuls für die Beschäftigung mit mehr als 2.700 zusätzlich beschäftigten Personen,

Ö        263 Veranstaltungen in Österreich in allen österreichischen Bundesländern,

Ö        rund 53.000 zusätzliche Gäste und

Ö        bis zu 160.000 zusätzliche Übernachtungen

gegenüberstehen. Darüber hinaus konnte die Gelegenheit genutzt werden, eine langfristige Image-Steigerung Österreichs als Wirtschaftsstandort sowie eine Festigung Österreichs als internationaler Finanzplatz zu bewirken. Neben den bereits umrissenen Erfolgen in Sachfragen, mit denen Österreich seine politische Bedeutung weiter steigern konnte, konnte diese Bundesregierung auch finanziell gesehen die mit der EU-Ratspräsidentschaft verbundenen Chancen optimal nutzen. Die Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte überwiegen die finanziellen Aufwendungen des Bundes um mehr als 50%.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen