4361/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.08.2006
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

Anfragebeantwortung

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

GZ 10.000/0143-III/4a/2006

                                                                                           

Wien, 7. August 2006

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4470/J-NR/2006 betreffend Europaratsbeschluss zur Haltung von Versuchstieren, die die Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen am 30. Juni 2006 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Ad 1.:

In Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie 86/609/EWG zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere sind Tierversuche in Österreich durch das Tierversuchsgesetz (Bundesgesetz vom 27. September 1989 über Versuche an lebenden Tieren, BGBl. Nr. 501/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 162/2005) geregelt. Für die Vollziehung des Tierversuchsgesetzes sind in Österreich die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft und die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständig. In Österreich dürfen Tierversuche nur unter den strengen Voraussetzungen des Tierversuchsgesetzes, insbesondere der §§ 3 und 4 durchgeführt werden.

 

Was die Haltung von Versuchstieren (Haltungsbedingungen, Pflege und Unterbringung der Tiere) betrifft, hat das Österreichische Tierversuchsrecht durch Gesetz und Verordnung die im Anhang II zu Art. 5 der EU-Richtlinie 86/609/EWG enthaltenen Leitlinien (Leitlinien für die Haltung und Unterbringung von Versuchstieren) nicht nur voll umgesetzt, sondern diese im Interesse des Tierschutzes und der verbesserten Tierhaltung mit weitgehend verbesserten und anspruchsvolleren Standards auch rechtlich verbindlich gemacht, d.h. es handelt sich bei diesen Regelungen für die Tierhaltung von Versuchstieren

-   um eine rechtlich verbindliche Regelung für die Haltungsbedingungen – „Tierversuchs-Verordnung“ BGBl. II Nr. 198/2000 – und nicht nur um eine bloße „Empfehlung“ sowie

-   um einen Mindeststandard für die Haltung, Unterbringung und Pflege von Tieren.

 

Was die „Haltungsempfehlungen des Europarates für Versuchstiere“ betrifft, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es ein besonderes Anliegen der Österreichischen EU-Ratspräsidentschaft war, den Beschluss des Rates über den Standpunkt der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich des Vorschlags für eine Änderung von Anhang A des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere herbeizuführen (siehe Rat der Europäischen Union 7643/06 Gesetzgebungsakte und andere Rechtsinstrumente, beschlossen vom Rat am 10. April 2006). Dadurch wurde es möglich, dass „auf der 4. Multilateralen Anhörung der Vertragsparteien des Europäischen Übereinkommens zum Schutz der für Versuche und anderen wissenschaftlichen Zwecke verwendeten Wirbeltiere“ die Europäische Kommission im Namen der Europäischen Gemeinschaft die Annahme dieses überarbeiteten Anhangs A des Übereinkommens mit Leitlinien für die Unterbringung und Pflege der Tiere unterstützen konnte. Gemäß Art. 31 dieses Europäischen Übereinkommens tritt jede Änderung des Anhangs A zwölf Monate nachdem sie auf der Multilateralen Anhörung mit der 2/3 Mehrheit der Vertragsparteien angenommen wurde, in Kraft, sofern nicht ein Drittel der Vertragsparteien Einwände geltend gemacht hat. Seitens der Kommission wurde auf Grund dieses Beschlusses des Rates eine positive Erklärung zu diesem Anhang A abgegeben und damit die zuvor zitierte zwölfmonatige Frist in Gang gesetzt. Seitens der Europäischen Kommission wird nunmehr geprüft und mit den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beraten werden, in welcher Form dieser Anhang A „Guidelines for accommodation and care of animals (Artikel 5 of Convention)“ umgesetzt werden soll. Soweit bisher zu erfahren war, soll dies in Form einer „Empfehlung“ bzw. mit Empfehlungscharakter an die Mitgliedstaaten weitergegeben werden.

 

Österreichischerseits wird nunmehr zu prüfen sein, inwieweit die in der österreichischen Tierversuchs-Verordnung (Verordnung über die Haltung, Unterbringung und Pflege, Zucht- und Liefereinrichtungen sowie Kennzeichnung von Versuchstieren, Tierversuchs-Verordnung, BGBl. II Nr. 198/2000) enthaltenen Standards bzw. Mindestanforderungen dem zitierten Anhang A entsprechen und ob bzw. inwieweit die Österreichische Tierversuchsverordnung abzuändern oder zu ergänzen sein wird. Wenngleich dieser Prozess in formeller Hinsicht unter Bedachtnahme auf die zwölfmonatige Frist des Europäischen Übereinkommens erfolgen soll, wird in materieller Hinsicht bereits eine Überprüfung der Regelungen bzw. Empfehlungen für die Haltungsbedingungen vorgenommen werden.

 

Ad 2.:

Was „tierartgerechte Haltungsbedingungen für Versuchstiere“ in Österreich betrifft, so ist  davon auszugehen, dass diese durch die Tierversuchs-Verordnung BGBl. II Nr. 198/2000, und zwar durch die (gegenüber Anhang II des Art. 5 der EU-Tierversuchsrichtlinie 86/609/EWG verbesserten und rechtlich verbindlichen) Mindestanforderungen für die Haltung, Unterbringung und Pflege von Tieren grundsätzlich gegeben sind.

 

Was die „EU-weite Durchsetzung“ betrifft, so wird Österreich gegenüber der EU-Kommission und in den zuständigen EU-Organen darauf dringen, dass Haltungsempfehlungen für Versuchstiere als Mindestanforderung in allen EU-Staaten gleichartig umgesetzt werden.

 

Ad 3. und 5.:

Zu diesen Fragen ist vorweg festzuhalten, dass für die Vollziehung des Tierversuchsgesetzes in Österreich die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft und die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur zuständig sind. Im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wurden in den letzten 5 Jahren 113 Kontrollen von Tierversuchseinrichtungen durchgeführt.

 

Das Ergebnis dieser Kontrollen war, dass in 31 Fällen Verbesserungen in der Tierhaltung angeregt und die Leiter der Tierversuchseinrichtungen zur Stellungnahme aufgefordert bzw. diese Verbesserungen umgesetzt wurden.

 

In vier Fällen wurden Anzeigen wegen Übertretung des TVG an die Verwaltungsstrafbehörden erstattet.  In einem Fall wurde zwar eine Übertretung des Tierversuchsgesetzes festgestellt, jedoch war zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits Verfolgungsverjährung gemäß § 31 VStG eingetreten, sodass eine Verfolgung durch die Verwaltungsstrafbehörde nicht mehr möglich war. Die Tierversuchseinrichtung wurde dennoch nachdrücklich auf die Rechtswidrigkeit des festgestellten Verhaltens aufmerksam gemacht und auf die Einhaltung der Bestimmungen des Tierversuchsgesetzes hingewiesen.

 

Ad 4.:

Zunächst ist davon auszugehen, dass die Tatsache einer gesetzlichen Regelung von Tierversuchen aus ethischen Motiven erfolgt ist und das Tierversuchsgesetz (Bundesgesetz vom 27. September 1989 über Versuche an lebenden Tieren, BGBl. Nr. 501/1989, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 162/2005) eine ethische Abwägung darstellt. Durch die in jedem einzelnen Genehmigungsverfahren anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen ist verfahrensimmanent auch eine ethische Evaluierung gegeben. In diesem Zusammenhang wird insbesondere auf die §§ 3 und 4 des Tierversuchsgesetzes verwiesen, in denen die strengen Voraussetzungen für die Genehmigung eines Tierversuches sowie für die Unzulässigkeit von Tierversuchen enthalten sind.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Elisabeth Gehrer e.h.