4429/AB XXII. GP

Eingelangt am 23.08.2006
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BM für Gesundheit und Frauen

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/68-I/3/2006

Wien, am      23. August 2006

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4430/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde wie folgt:

 

Grundsätzlich ist einleitend festzuhalten, dass – soweit mit den vorliegenden Fragen Aspekte des Baurechts und der Vollziehung auf dem Gebiet des Krankenanstaltenrechts berührt sind – diesbezüglich keine Zuständigkeit des BMGF vorliegt. Gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG obliegt dem Bund auf dem Gebiet des Krankenanstaltenwesens lediglich die Grundsatzgesetzgebung. Die Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung ist Landessache.

 

Unter dem Gesichtspunkt der gesetzlichen Krankenversicherung ist Folgendes festzustellen:

 

 

Frage 1:

Für die gesetzliche Krankenversicherung besteht nach geltender Rechtlage lediglich hinsichtlich der Gesamtverträge betreffend Gruppenpraxen die Anordnung gemäß § 342 Abs.1 Z 9 ASVG, dass diese Regelungen über die Sicherstellung eines behindertengerechten Zuganges zu Vertrags-Gruppenpraxen nach den Bestimmungen der ÖNORM B 1600 „Barrierefreies Bauen“ sowie der ÖNORM B 1601 „Spezielle Baulichkeiten für behinderte und alte Menschen“ zu enthalten haben. Dennoch sind die Krankenversicherungsträger generell bemüht, das Erfordernis der Barrierefreiheit von Behandlungseinrichtungen in neu abgeschlossene Verträge aufzunehmen.

 

Frage 2:

Zu dieser Frage wurden Stellungnahmen der betroffenen Krankenversicherungsträger eingeholt, die folgendes Bild ergeben:

 

Das IPM Stockerau ist ein physikalisches Institut, dem mit Bescheid des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18.9.1990 die

sanitätsbehördliche Errichtungsbewilligung erteilt wurde. Die Betriebsbewilligung wurde mit Bescheid vom 19.11.1990 zugesprochen; beide Bescheide enthalten keine Auflagen hinsichtlich des barrierefreien Zugangs. Die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse steht seit 1.1.1992 in einem Vertragsverhältnis zu diesem Institut, welches mit 1.2.2004 von einem neuen Betreiber übernommen wurde, mit dem weiterhin ein Vertrag besteht. Die übrigen im Bundesland Niederösterreich vertretenen Krankenversicherungsträger haben in der Folge zu unterschiedlichen Zeitpunkten ebenfalls Verträge mit dem Institut abgeschlossen (zuletzt den für die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau gültigen Vertrag am 7.7.1997) und dabei den für die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse maßgeblichen Vertraginhalt in seinen wesentlichen Teilen übernommen. Seinerzeit bestand in Stockerau keine gleichwertige Vertragseinrichtung und es war auch kein/e Vertragsarzt/ärztin für physikalische Medizin niedergelassen. Der Bedarf einer vertraglich abgesicherten Versorgung der Versicherten war somit jedenfalls gegeben. Auch derzeit ist das IPM Stockerau das einzige physikalische Institut der Stadt.

 

Wie den obigen Ausführungen zu entnehmen ist, stammen die Verträge aus einer Zeit, in der – wie die betroffenen Versicherungsträger auch selbst feststellen – diese für dieses Thema noch nicht im ausreichenden Ausmaß sensibilisiert waren. Auf das Bemühen um Berücksichtigung der Barrierefreiheit bei neuen Vertragsabschlüssen wird von den Versicherungsträgern jedoch stets hingewiesen.

 

Abschließen wird noch bemerkt, dass nach Mitteilung der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse derzeit in dem in Rede stehenden Institut Umbaumaßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit (etwa der Einbau eines Lifts) im Gange seien.

 

Fragen 3 und 4:

Diese Fragen betreffen Angelegenheiten des IPM Stockerau als privat geführte Institution. Diesbezügliche Daten sind mir daher nicht bekannt.

 

Fragen 5 und 6:

Eine faktische Beseitigung des „Diskriminierungstatbestandes“ ist mit Abschluss der Umbauarbeiten zu erwarten. Festgehalten werden muss, dass durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung Rechtsvorschriften nicht verletzt worden sind.

 

Frage 7:

Vorrangige Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Versorgung der Versicherten mit Vertragsleistungen in allen Bereichen der Gesundheitsleistungen. Die Alternative zum Vertragsabschluss mit dem genannten Institut wäre (jedenfalls im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) wohl eine Situation gewesen, in der die Krankenversicherungsträger dieser Verpflichtung nicht nachkommen hätten können. Es darf in diesem Zusammenhang aber noch einmal auf die mittlerweile stattgefundene Sensibilisierung der Verantwortlichen in den Krankenversicherungsträgern und auf deren Bemühungen bei nunmehr zu tätigenden Vertragsabschlüssen hingewiesen werden.

 

Frage 8:

Ich habe mehrfach klargestellt, dass mir die Sorgen und Nöte behinderter Personen ein besonderes Anliegen sind. Dies haben auch die Krankenversicherungsträger zur Kenntnis genommen und sind bemüht, in diesem Sinne zu handeln. Ich möchte betonen, dass nicht immer die gesetzliche Regelung bestimmter Vorgangsweisen oder die Verschärfung bereits bestehender Vorschriften zum Ziel führen, insbesondere dann, wenn eine zu strenge Reglementierung einen Vertragsabschluss verhindert und damit zum Nachteil für die Versicherten wird. Ich vertraue vielmehr auf die durchaus erkennbare Verhaltensänderung der Versicherungsträger in dieser Frage. Ich weise aber abschließend noch einmal darauf hin, dass eine entsprechende Berücksichtigung der Barrierefreiheit im gegebenen Zusammenhang im Bereich der Landesvollziehung Platz greifen sollte.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin