4443/AB XXII. GP

Eingelangt am 29.08.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bundeskanzler

 

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen haben am
29. Juni 2006 unter der Nr. 4457/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfra-
ge betreffend Nahrungserg
änzungsmittel/gefälschte Arznei - Doping & Gesundheits-
gef
ährdung - gerichtliche Verfahren gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Im Jahr 2005 waren drei Personen des Bundeskanzleramts (BKA) u.a. als Organe im

Sinne von § 68a AMG tätig. Ebenso ist es im Jahr 2006.

Zu Frage 2:

In den Jahren 2005 und 2006 war jeweils ein Sachverständiger nach § 68a AMG tä-
tig.

Zu Frage 3:

Im Jahr 2005 wurden 17 Kontrollen anläßlich von Wettkämpfen in Kärnten, Tirol,
Salzburg, Steiermark und dem Burgenland durch den Amtssachverständigen durch-
gef
ührt. In Fitness-Studios erfolgten keine Kontrollen.

Zu Frage 4:

Sämtliche bei Sportveranstaltungen und Wettkämpfen durchgeführten Kontrollen er-
brachten negative Ergebnisse.

Zu Frage 5:

Zusätzlich zu den Wettkämpfen wurden 2005 in Räumen von Vereinen oder anderen
juristischen und nat
ürlichen Personen weitere Proben durch den Amtssachverständi-
gen gezogen, jedoch keine in Fitness-Studios.


Zu den Fragen 6 bis 8:

Im Jahr 2005 wurden 18 Proben auf Prohormone und andere verbotene Stoffe un-
tersucht. Hiebei wurden in zwei Proben verbotene Substanzen und zwar einmal 19-
Norandrostendion und einmal Clenbuterol sowie Metandienone festgestellt, aller-
dings in einem so geringen Ausmaß, daß eine Gesundheitsstörung auszuschließen
war. Die erstgenannte Substanz wurde in dem Produkt
super complete capsules"
mit der Chargen-Nr. 404001 der Fa. Ultimate Nutrition, im zweiten Fall in der Charge
L13023742 der Fa.
CreaVitargo" festgestellt, das Herkunftsland war nicht eindeutig
feststellbar.

Darüber hinaus wurden im Auftrag von Firmen und Verbänden durch das Labor Sei-
bersdorf weitere Nahrungserg
änzungsmittel auf Prohormone analysiert, die aller-
dings ganz geringfügig kontaminiert waren und zurückgezogen wurden, bevor sie
verkauft oder sonst in Verkehr gebracht wurden.

Zu den Fragen 9 bis 13 und 31:

Im Fall der Charge Nr. 404001 der Fa. Ultimate Nutrition wurde nach Einstellung des
Strafverfahrens nach
§ 84a AMG die Staatsanwaltschaft zur Begründung aufgefor-
dert und sodann das objektive Verfallsverfahren eingeleitet.

Mit Beschluß vom 16.10.2005 des BG Judenburg wurden sodann die sichergestell-
ten 14 Kartons zu je 12 Dosen und ein Karton zu sechs Dosen gemäß § 26 Abs.1
StGB eingezogen und nach Rechtskraft des Beschlusses der Vernichtung zugeführt.
Im Fale der Fa.
CreaVitargo" konnte der Lieferant im Inland nicht eruiert werden.

Zu den Fragen 14 und 15.
Keine.

Zu Frage 16:

Eine Anzeige an die StA/LG Leoben, Steiermark, wurde erstattet.

Zu den Fragen 17 und 18:
Nein.

Zu Frage 19:
Keine.

Zu den Fragen 20 bis 24:

Die in der AB 1875 XXII. GP angeführten Aktionen des BKA sind noch nicht abge-
schlossen.


Zu Frage 25:

Diese Frage betrifft keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts.

Zu den Fragen 26 bis 28:

Wie bereits in der AB Nr. 2663/J vom 15. April 2005 ausgeführt, verfolgen das BKA

und das BMGF mit Besorgnis das Doping- und Gesundheitsrisiko von verunreinigten

NEM.

Die Problematik wird auch heuer im Rahmen der weitergeführten Aufklärungskam-
pagne des BKA und des ÖADC Doping geht jeden an!" eingehend behandelt. Alle
Sportverbände haben Antidoping-Beauftragte bestellt, die jährlich in drei Seminaren
des ÖADC ebenso wie die Doping-Kontrollore geschult werden. Außerdem stehen
den Dach- und Fachverbänden Vortragende des ÖADC auf Anforderung im Rahmen
der Aufkl
ärungskampagne zur Verfügung und alle Kadermitglieder der Verbände er-
halten weiterhin unentgeltlich die Antidoping-Brosch
üre des ÖADC.

Zu den Fragen 29 und 30:

Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundeskanzleramts.

Sanktionen werden im Rahmen der Autonomie der Fachverbände verhängt.

Zu den Fragen 32 bis 36:

Nein. Dies gehört nicht zu den Aufgaben des Ressorts.

Zu den Fragen 37-42:

Konkrete Maßnahmen gegen Internetseiten konnten auch 2005 in Österreich bisher
noch nicht mit Erfolg ergriffen werden, da die Anbieter solcher Produkte die Stand-
orte der Server in L
ändern auswählen, in denen der Handel mit diesen Produkten
entweder überhaupt straffrei ist oder nur Verwaltungsübertretungen vorliegen. Aus
eben diesen Gründen kann derzeit auch keine weltweite Internet-Marktbeobachtung
durchgef
ührt werden.

Da es sich bei den NEM normalerweise um Lebensmittel handelt, sind die Lebens-
mittelaufsichtsbehörden der Länder zur Kontrolle zuständig. Stellt sich aber heraus,
da
ß es sich aufgrund der Inhaltsstoffe um Arzneimittel handelt, liegt die Zuständigkeit
für die Vollziehung beim BMGF. Lediglich die Anti-Doping-Bestimmungen liegen in
der Vollzugskompetenz des BKA. Bei Vorliegen von Verdachtsgründen werden die
Unterlagen an die zuständigen Behörden weitergeleitet.

Zu den Fragen 43 und 44:

Die Beantwortung der Qualifikation der Rechtsverletzungen fällt in den Zuständig-
keitsbereich des BMGF. Sowohl national wie international ist, wie bereits ausgeführt,
eine Kooperation im Gang. Die in der seinerzeitigen Anfragebeantwortung ange-
sprochene interne Kooperation fand bis zum 30. Juni 2006 in der
§ 8-Kommission
statt. Seit dem Inkrafttreten des Anti-Doping-Bundesgesetzes 2006 (BGBl.
I Nr. 64)


ist mit der Koordination das ÖADC als Unabhängige Kontrolleinrichtung gemäß § 17
leg. cit. betraut. Die bereits mehrfach angek
ündigte EU-Richtlinie liegt noch nicht vor,
zu ihrem Inhalt kann daher dzt. noch nichts gesagt werden.

Zu Frage 45:

Mit dem Anti-Doping-Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Sportförderungsgesetz
2005, BGBl: I 143 geändert wurde, wurden Bestimmungen über Prävention, For-
schungsförderung, Aufklärung und Kontrollen, die Schaffung einer Unabhängigen
Kontrolleinrichtung sowie Disziplinarmaßnahmen (§ 22) und verwaltungsstrafrecht-
liche Bestimmungen gegen Blut- und Gen-Doping (
§ 26) vorgesehen. Die erst durch
das BGBl. I Nr. 33/2002 eingeführten Strafbestimmungen der §§ 5a, 84a AMG und
§§ 2a, 6a RezeptpflichtG blieben unberührt.

Zu den Fragen 46 bis 50:

Erst nach der Publizierung der angekündigten EU-Richtlinie kann die innerstaatliche
Umsetzung in Angriff genommen werden. Die
§ 8-Kommission hat nach Teilnahme
an dem vom Europarat ausgeschriebenen Kongreß betr. NEM, der unter Teilnahme
der INTERPOL und der zust
ändigen EU-Kommissarin stattfand, mit der vom BMGF
neu eingef
ührten AMEG Kontakt aufgenommen und versucht, nach Publizierung der
Untersuchungsanstalten-Verordnung durch das BMGF eine fl
ächendeckende Kon-
trolle von NEM in Österreich zu erreichen.

Der diesbezügliche Bericht steht noch aus. Inwiefern die gesetzlichen
Voraussetzungen geschaffen werden sollten, daß bei Nachweis verbotener Stoffe in
NEM
öffentlich, und zwar unter vollständiger Namensnennung über gesundheitliche
Risken und Doping-Relevanz informiert und gewarnt werden kann, wie in der
Anfrage vorgeschlagen wird, bedarf noch einer eingehenden Pr
üfung. Derzeit sind
die rechtlichen Voraussetzungen jedenfalls noch nicht geklärt, zumal ein solches
legistisches Vorhaben zumindest innerhalb der EU nur gemeinsam sinnvoll
erscheint.

Zu Frage 51:

Wie bereits ausgeführt, führt das BKA gemeinsam mit dem ÖADC die Aufklärungs-
kampagne ebenso wie 2005 auch im heurigen Jahr weiter.

Zu den Fragen 52 und 53:

Zu der Frage der Anwendbarkeit des Produkthaftungsgesetzes, die nicht in meinen
Zuständigkeitsbereich fällt, hat das BMJ in der AB zur Anfrage Nr. 4432/J eingehend
Stellung genommen.

Die Verbände, Vereine und Sportler sowie Funktionäre werden sowohl bei der ge-
nannten Aufkl
ärungskampagne als auch in den anhängigen Einzelfällen durch die
Unabh
ängige Dopingkontrolleinrichtung ausreichend über ihre rechtlichen Möglich-
keiten informiert.


Zu den Fragen 54 bis 57:

Die Fragen hinsichtlich der Einstellung von zahlreichen Strafverfahren wurden durch
das BMJ zur genannten Anfrage Zahl 4432/J-NR/2006 detailliert beantwortet. Hin-
sichtlich der Frage 55 verweise ich auf die AB zu den Fragen 9-13. Das BMJ hat zu-
s
ätzlich mitgeteilt, daß dieses Verfahren mangels Nachweisbarkeit der subjektiven
Tatseite bei den Importeuren der
Super complete capsules" eingestellt wurde. Da-
nach gaben die Importeure an, sie h
ätten von ihren amerikanischen Geschäftspart-
nern regelm
äßig Gutachten und Zertifikate über die Unbedenklichkeit der importier-
ten Produkte verlangt. Tats
ächlich ergab sich aus den von den Importeuren vorge-
legten Best
ätigungen, daß keine der auf der Doping-Liste stehenden Substanzen in
den Produkten enthalten seien. Der Verdacht eines Finanzvergehens war nicht
indiziert.

Inwiefern der Entfall der Worte zu Dopingzwecken im Sport" im § 84a und im § 5a zu
einer einfacheren Verfolgung führen könnte, bedürfte noch einer eingehenden Prü-
fung. Abgesehen davon, daß zahlreiche der in Betracht kommenden Substanzen
häufig Wirkstoffe enthalten, die auch zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt
werden k
önnen, wird in jedem Einzelfall das Argument des Beschuldigten zu prüfen
sein, er habe die Arzneimittel nicht zu Zwecken des Dopings in Verkehr gesetzt.
Auch nach Meinung des BMJ stellt das Erfordernis des Vorsatzes in Bezug auf die
Verwendung zu Dopingzwecken im Sport auch kein
übergroßes Hindernis für die
Anklage dar: Es genügt dolus eventualis (§ 5 Abs.1 StGB).

Schließlich wird auch noch zu klären sein, ob das Wort Sport" in den genannten Ge-
setzesbestimmungen tats
ächlich nur den Spitzen- und Leistungssport umfassen soll,
wie dies offenbar von zahlreichen Staatsanwaltschaften derzeit angenommen wird,
oder auch den Breiten- und Fitness-Sport, was jedenfalls im Auslegungsweg m
öglich
wäre, ohne den Straftatbestand des § 84a AMG ändern zu müssen. Derzeit pflichte
ich dem BMJ aus den angeführten Gründen bei, daß für den Bereich des gerichtli-
chen Strafrechts kein Handlungsbedarf besteht, zumal der § 84a AMG erst kürzlich
eingef
ührt wurde und im Übrigen mit den bestehenden und kürzlich erweiterten ver-
waltungsstrafrechtlichen Bestimmungen das Auslangen gefunden werden kann.