4494/AB XXII. GP

Eingelangt am 04.09.2006
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-11.500/0015-I/PR3/2006     DVR:0000175

 

 

An den

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017   W i e n

 

Wien, 29. August 2006

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4689/J-NR/2006 betreffend angebliche politische Einflussnahme nach der nicht erwartungsgemäßen Vergabeentscheidung beim PPP-Transitstraßenprojekt A5 (Nordautobahn), die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 14. Juli 2006 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

 

Fragen 1 bis 3:

Können Sie die in den Medien kolportierten Bemühungen seitens „der Politik“, den Auftrag Nordautobahn oder Teile davon dem im Bieterverfahren unterlegenen „Akor“-Konsortium zukommen zu lassen, bestätigen, wenn ja, auf welcher Grundlage, wenn nein, warum nicht?

 

Können Sie die in den Medien kolportierten Bemühungen seitens „der Politik“, den Auftrag Nordautobahn oder Teile davon dem im Bieterverfahren unterlegenen „Akor“-Konsortium zukommen zu lassen, ausschließen, wenn ja, auf welcher Grundlage, wenn nein, warum nicht?

 

Handelt es sich bei der in den Medien und in Frage 1 und 2 angesprochenen „Politik“ entsprechend der politischen Zuordenbarkeit der im Konsortium vertretenen Bank-Bau-Konglomerate um eine großkoalitionäre Struktur, oder ist Ihre Bewegung hier ebenfalls aktiv?

 

 

 

 

Antwort:

Nach den Grundsätzen des Vergaberechts wird durch die ASFINAG der Zuschlag für das gegenständliche Projekt, welches die Vergabe eines Baukonzessionsvertrages für die Planung, die Errichtung, die Finanzierung und den Betrieb von Teilen der A5 (Nord Autobahn), der S2 (Wiener Nordrand Schnellstraße) und der S1 (Wiener Außenring Schnellstraße) umfasst, an jenen Bieter erteilt werden, welcher das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot gelegt hat. Eine Bemühung seitens der Politik findet nicht statt.

 

Frage 4:

Können Sie bei der Entscheidung für den nunmehrigen Bestbieter politischen Einflussnahmen oder Querbezüge – auch solche im Umfeld Ihres Bündnisses – ausschließen, wenn ja, auf welcher Grundlage, wenn nein, warum nicht?

 

Antwort:

Das Projekt „PPP Ostregion – Paket 1“ wurde von der ASFINAG streng nach den Grundsätzen des Vergaberechtes abgewickelt, dh. insbesondere auch, dass die Bestbieterermittlung nach eindeutigen, objektiv nachvollziehbaren Zuschlagskriterien erfolgte. Diese Zuschlagskriterien wurden in der Ausschreibungsunterlage der ASFINAG Anfang Mai 2005 festgelegt und blieben über den gesamten weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens unverändert. Somit ist jede, wie auch immer gelagerte, Einflussnahme auf die Bestbieterermittlung auszuschließen.

 

Fragen 5 bis 7:

Was ist Ihnen über medial kolportierte Verbindungen zwischen der dem Vernehmen nach im bestbietenden Konsortium aktiven Hypo Alpe-Adria und ASFINAG-Aufsichtsratsmitgliedern im einzelnen bekannt?

 

Hielten Sie Beratertätigkeiten eines ASFINAG-Aufsichtsratsmitglieds für ein Mitglied eines in einem von der ASFINAG durchführten Vergabeverfahren bietenden (und erfolgreichen) Bieterkonsortiums für einen Interessenskonflikt, wenn nein, warum nicht?

 

Sehen Sie die in Fragen 4, 5 und 6 angesprochenen möglichen Zusammenhänge im Fall ihres Zutreffens als a) im Einklang mit geltendem österreichischen und europäischen Recht stehend, b) im Einklang mit den Grundsätzen der Corporate Governance stehend an, und wenn ja, warum?

 

Antwort:

Da das Vergabeverfahren derzeit noch nicht abgeschlossen ist, ist es nicht möglich, Details aus den einzelnen Angeboten bekannt zu geben. Deshalb kann ich Mutmaßungen über beteiligte Untenehmen weder bestätigen noch dementieren. Einen Interessenskonflikt von Mitgliedern des Aufsichtsrats der ASFINAG kann ich jedoch dezidiert ausschließen.

 

Frage 8 bis 10:

Warum haben Sie sich so für ein PPP-Projekt Nordautobahn engagiert, obwohl dieses Modell doch auf die großen internationalen Player der Bau- und Finanzierungsszene zugeschnitten ist und damit die von Ihnen und Ihren Partei- und RegierungskollegInnen so oft beschworenen heimischen Klein- und Mittelbetriebe der Bauwirtschaft systematisch ausbootet?

 

Haben Sie konkret etwas gegen diese offenkundige systematische Benachteiligung heimischer Klein –und Mittelbetriebe in Ihrem Zuständigkeitsbereich unternommen, und wenn ja, was?

 

Welche Schritte Ihrer Regierungskollegen sind Ihnen dazu bekannt?

 

Antwort:

Hier ist zunächst festzuhalten, dass dieses PPP-Modell eine Effizienzsteigerung bei Planung, Bau und Betrieb von Autobahnen ermöglicht und dient somit in erster Linie dem Kunden „Autofahrer“, welchem ich mich verpflichtet fühle. Weiters setzt dieses Projekt neue Maßstäbe für den heimischen Markt, da durch die Beiziehung privaten Know-hows neue Wettbewerbsstrukturen sowie ein Benchmark für die Kernaufgaben der ASFINAG geschaffen werden. Darüber hinaus folgt die Einbindung Privater bei der Umsetzung wichtiger Infrastrukturvorhaben nicht nur den Empfehlungen der Europäischen Wachstumsinitiative und des österreichischen Generalverkehrsplans sondern auch den zahlreichen positiven internationalen Erfahrungen mit derartigen Projekten.

Wichtig für den Erfolg derartiger Projekte ist jedoch eine bestimmte Größe, welche wiederum eine entsprechende technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zukünftigen Konzessionärs erfordert. Immerhin liegt das gegenständliche Bauvolumen bei ca. 850 Mio. €. Nichts desto trotz umfasst der Leistungsumfang eine derartige Fülle von Aufgaben, welche auch vom zukünftigen Betreiber sicher nur mit Hilfe lokaler Auftragnehmer erfüllt werden können. Deshalb bin ich mir sicher, dass auch heimische Klein- und Mittelbetriebe zur Durchführung dieses Projekts herangezogen werden.

 

Frage 11:

Im Mittel entfallen 60% der Gesamtkosten hochrangiger Straßenbauprojekte auf Finanzierung und anteiligen Schuldendienst und nur 40% auf den Bau. Wie viele Arbeitsplätze werden pro eingesetzter Million Euro durch die Finanzierung von hochrangigen Straßenbauprojekten in Österreich konkret gesichert, und wie hoch ist der entsprechende Wert pro eingesetzten Million Euro beim Bau selbst?

 

Antwort:

Zur Verteilung der Aufwendungen ist festzuhalten, dass entgegen Ihrer Ausführungen bei der ASFINAG im Mittel 22% für den Zinsendienst und rund 56 % für die bezogenen Bauleistungen aufgewendet werden.

Die ASFINAG hat, beginnend mit dem Jahr 1997, erhebliche Investitionen in den Neubau, in die bauliche Erhaltung und sonstige Investitionen getätigt. Waren diese im Jahr 1997 noch rund € 290 Mio. werden sie im Jahr 2006 auf das 4-fache - auf ca. € 1,23 Mrd. - steigen.

Der hohe Stellenwert der ASFINAG ist durch den Anteil von knapp 10% der gesamten österreichischen Bauproduktion (EUR 10.8 Mrd.) bzw. 23% der heimischen Tiefbauproduktion (EUR 4,4 Mrd.) ersichtlich (2004).  Der Gesamteffekt der Investitionen der ASFINAG auf das reale BIP liegt laut einer, vom WIFO kürzlich durchgeführten Studie bei einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums um etwa +0,5% bis +0,7%.

Dieser Anstieg des BIP in Folge der Investitionen der ASFINAG löst auch auf dem heimischen Arbeitsmarkt positive Effekte aus. So wird im Jahr 2008 die Zahl der Beschäftigten um mehr als 13.000 höher als ohne ASFINAG Investitionsimpuls.

 

Frage 12:

Wie hoch waren die in Ihrem Verantwortungsbereich entstandenen Kosten für a) Finanzberatung, b) Rechtsberatung, c) sonstige Beratung, d) Berater insgesamt im Zusammenhang mit dem PPP-Projekt-Nordautobahn?

 

Antwort:

Laut Informationen der ASFINAG belaufen sich die Aufwendungen für Beratungsleistungen für das Projekt „PPP Ostregion – Paket 1“ auf insgesamt ca. 12 Mio. € für die Jahre 2004 – 2006.

 

Frage 13:

Wie hoch war der Anteil der zu Frage 12 aufgelaufenen Summen, der an in Österreich steuerzahlende Beratungsunternehmen und Berater gegangen ist?

 

Antwort:

Laut Informationen der ASFINAG beträgt der Anteil, welcher im Zuge des Projekts „PPP Ostregion – Paket 1“ an in Österreich steuerzahlende Beratungsunternehmen ergangen ist ca. 90% der gesamten Beratungsleistungen.

 

Fragen 14 und 15:

Wie hoch waren die in Ihrem Verantwortungsbereich entstandenen Kosten für a) Finanzberatung, b) Rechtsberatung, c) sonstige Beratung, d) Berater insgesamt im Zusammenhang mit sonstigen PPP-Projekten, etwa im Schienenbereich?

 

Wie hoch war der Anteil der zu Frage 14 aufgelaufenen Summen, der an in Österreich steuerzahlende Beratungsunternehmen und Berater gegangen ist?

 

Antwort:

Die im Schienenbereich diesbezüglich vorgesehenen Beraterkosten für PPP-Projekte betragen

€ 48.000,-- exkl. USt. und sind als Abgeltung für die Vorbereitung, Begleitung und Moderation der Arbeitsgruppe PPP-Projekt "Summerauer-Bahn" vorgesehen. Bis dato wurden jedoch noch keine Zahlungen geleistet.

 

Frage 16:

Können Sie ausschließen, dass zur Risikobegrenzung des siegreichen Bieters bei der Nordautobahn a) Zahlungen aus dem Bundesbudget, b) Transferzahlungen aus ASFINAG-Einnahmen aus dem übrigen ASFINAG-Netz erfolgen werden?

 

Antwort:

a) Ja.

Die ASFINAG erhält keine Zuwendungen aus dem Bundesbudget, deshalb sind Zahlungen an den zukünftigen Konzessionär aus diesem Titel nicht vorgesehen. Jedoch haftet die Republik Österreich als hundertprozentiger Eigentümer der ASFINAG im Rahmen des Fruchtgenussvertrages für gewisse Verbindlichkeiten der ASFINAG, welche sich aus der Erfüllung ihrer Leistungspflichten ergeben. Ob eine solche Haftung im Zuge des PPP-Projekts, welches ja eine Laufzeit von 33 Jahren hat, oder sonstiger Leistungspflichten der ASFINAG - aus welchen Gründen auch immer - schlagend werden wird, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht beantworten.

b) Nein.

 

Frage 17:

Wenn nein – welche Zahlungen in welcher Höhe werden erfolgen?

 

Antwort:

Hinsichtlich der Antwort 16 b) ist auszuführen, dass die Zahlungen der ASFINAG an den zukünftigen Konzessionär, wie alle Zahlungen der ASFINAG, natürlich aus ihren Einnahmen erfolgen. Diese sind primär die netzweiten Mauteinnahmen aus Vignette, Sondermaut und LKW-Road Pricing. Die Höhe der Zahlungen an den zukünftigen Konzessionär basieren auf dessen Angebot und können aufgrund des laufenden Vergabeverfahrens nicht offen gelegt werden.

 

 

 

Frage 18:

Wer waren bzw. sind die Mitglieder des von Ihnen beim Vergabeverfahren Nordautobahn zusätzlich zu den bestehenden Kontrollinstrumenten eingesetzten Lenkungsausschusses, und was war die gesetzliche Grundlage dieser Einsetzung und der laufenden Arbeit dieses Ausschusses?

 

Antwort:

Der Lenkungsausschuss wurde von mir persönlich eingesetzt, um das Projekt während der Ausarbeitung der wesentlichen Projektstrukturen zu begleiten und sicher zu stellen, dass die Ziele und Vorgaben dieses Projekts im Sinne der Republik Österreich erreicht bzw. eingehalten werden.

Der Lenkungsausschuss bestand aus

 

Herrn Dipl.Ing. Hansjörg Tengg (Vorsitzender)

Herrn RA Dr. Johannes Schramm (Stellvertretender Vorsitzender)

Herrn Dr. Peter Franzmayr

Herrn HR Dipl. Ing. Rudolf Gruber

Herrn Dr. Friedrich Huber

Herrn Mag. Michael Jungwirth

Herrn Dipl. Ing. Herbert Kasser

Herrn Mag. Arnold Schiefer

Herrn Dipl. Ing. Gerhard Weber

 

Frage 19:

„Das stellt sicher, dass die Wertschöpfung dieses Projektes zum überwiegenden Teil in Österreich realisiert werden kann.“ (Vizekanzler Hubert Gorbach, APA-OTS263, 22.6.2006)

Wie groß wird dieser „überwiegende Teil der Wertschöpfung“ konkret sein, und wie gelangen Sie zu diesem Ergebnis?

 

Antwort:

Grundsätzlich stellt dies die Tatsache sicher, dass die gesamten Bauleistungen ja in den Bundesländern Wien und Niederösterreich erbracht werden und auch in weiterer Folge der Betrieb und die Erhaltung einer österreichischen Bundesstraße erfolgt. In jedem Fall werden maßgebliche Leistungen durch heimische Unternehmen erbracht werden, welche in allen Bieterkonsortien vorhanden sind und somit einen überwiegenden österreichischen Wertschöpfungsanteil sicherstellen. Eine konkrete Bezifferung der Wertschöpfung wäre zu diesem Zeitpunkt des Projekts nicht seriös. In diesem Zusammenhang sei aber auf das LKW Maut Projekt verwiesen, bei welchem ja auch etwa 90% der Wertschöpfung in Österreich generiert werden konnten.

 

Frage 20:

„Deshalb werden die gesteckten Ziele, unter anderem der günstigeren Realisierung, auch erreicht werden können.“ (Vizekanzler Hubert Gorbach, APA-OTS263, 22.6.2006)

Wie hoch wird im Fall einer Realisierung des PPP-Projekt Nordautobahn die Einsparung

a) für die mautzahlenden AutofahrerInnen,

b) für die steuerzahlende Allgemeinheit konkret pro Jahr bzw. über die Laufzeit insgesamt unter Einbeziehung der in Frage 16 angesprochenen Zahlungen sein, und welches Nicht-PPP-Referenzszenario legen Sie diesem Vergleich zugrunde?

 

Antwort:

a) Nach Angaben der ASFINAG ist über das PPP Projekt die Beschaffung der Bauleistungen (Herstellung und bauliche Erhaltung) wirtschaftlich vorteilhafter gegenüber der herkömmlichen Beschaffung dieser Leistungen durch die ASFINAG. Detaillierte Informationen können aus Verschwiegenheitsgründen und mit Hinweis auf das laufende Vergabeverfahren nicht offen gelegt werden.

b) Wie schon zu 16) a angemerkt erhält die ASFINAG keinerlei Zuwendungen aus dem Bundesbudget. Nichts desto trotz ist der wirtschaftliche, zweckmäßige und sparsame Einsatz von Mitteln im Interesse aller Steuerzahler.

 

Frage 21:

Laut ASFINAG-Aufsichtsratschef Quendler (vgl APA-ORS 236, 22.6.2006) wird der Bestbieter nun eingeladen, „seine Finanzierung zu finalisieren“. Die Finanzierbarkeit des Bestgebots ist noch nicht abschließend dargelegt. Können Sie erklären, auf welcher Grundlage Sie (siehe Frage 17) trotzdem bereits abschließende Aussagen über die Erreichung der gesteckten Einsparungsziele treffen können?

 

Antwort:

Ihre Annahmen betreffend die Finanzierung sind nicht korrekt. Selbstverständlich ist die Finanzierung bereits inhaltlich finalisiert, ist diese doch Bestandteil der letztgültigen Angebote gewesen, welche Ende Mai 2006 gelegt wurden. Die darin ausgewiesenen Angaben ermöglichen einen eindeutigen Vergleich mit dem Referenzszenario der ASFINAG.

In Folge werden u. a. die Finanzierungsverträge des Bestbieters rein formal finalisiert und auf Konformität mit den Inhalten des letztgültigen Angebots überprüft. In dieser Phase darf eine materielle Änderung von, der Angebotsbewertung zu Grunde liegenden, Inhalten nicht mehr erfolgen.

 

Frage 22:

Können Sie ausschließen, dass diese Finalisierung durch die Hypo Alpe-Adria erfolgt?

 

Antwort:

Neuerlich kann ich derzeit aus vergaberechtlichen Gründen Annahmen über beteiligte Unternehmen weder bestätigen noch dementieren. Diese Informationen liegen auch nicht vor.

 

 

Mit freundlichen Grüßen