4510/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.09.2006
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BM für Gesundheit und Frauen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGF-11001/87-I/3/2006

Wien, am      31. August 2006

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 4612/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde wie folgt:

 

 

Frage 1:

Die Versorgung von Menschen mit Behinderungen mit den notwendigen Hilfsmitteln hat - wie bei sonstigen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung auch – auf Grundlage der sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen.

Liegen alle krankenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor, sind seitens der Krankenversicherungsträger (elektrische) Krankenfahrstühle selbstverständlich zu bewilligen.

 

Fragen 2 und 9:

Hinsichtlich der in meine Zuständigkeit fallenden gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung ist festzuhalten, dass eine Differenzierung des Leistungsangebots der einzelnen Versicherungszweige auf deren unterschiedliche sozialpolitische Ausgangslage (die gesetzliche Unfallversicherung stellt eine Ablöse der Dienstgeberhaftpflicht dar), Finanzierung (alleiniger Dienstgeberbeitrag in der Unfallversicherung gegenüber paritätischer Mittelaufbringung in der Krankenversicherung) und Zielsetzung (möglichst umfassende Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in der Unfallversicherung gegenüber der primären Sicherstellung der Krankenbehandlung in der Krankenversicherung) und daraus abgeleiteter gesetzgeberischer Ausgestaltung zurückzuführen ist.

Dementsprechend sind die Aufgaben und die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung andere als jene der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Unfallheilbehandlung hat mit allen geeigneten Mitteln die durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit hervorgerufene Gesundheitsstörung oder Körperbeschädigung sowie die durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursachte Minderung der Erwerbstätigkeit bzw. der Fähigkeit zur Besorgung der lebenswichtigen persönlichen Angelegenheiten zu beseitigen oder zumindest zu bessern und eine Verschlimmerung der Folgen der Verletzung oder Erkrankung zu verhüten.

Die Krankenbehandlung hingegen hat ausreichend und zweckmäßig zu sein, sie darf aber das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Durch die Krankenbehandlung sollen die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wieder hergestellt, gefestigt oder gebessert werden.

Dieser grundlegenden Unterscheidung folgt auch die Regelung der (Mit)finanzierung von Heilbehelfen und Hilfsmitteln durch Unfall- oder Krankenversicherung.

Im Übrigen weise ich darauf hin, dass die Kostentragung bei der Versorgung von Menschen mit Behinderungen mit den notwendigen Hilfsmitteln nach der geltenden Kompetenzverteilung auch in die Zuständigkeit der Länder im Rahmen der Behindertenhilfe und/oder Sozialhilfe fällt.

 

Frage 3:

Zweifelsohne trägt die Mobilität von Menschen mit Behinderungen zu deren Integration in das gesellschaftliche Leben bei.

 

Frage 4:

Ja.

 

Fragen 5 und 7:

Die Sozialversicherungsträger sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit nach dem Grundsatz der Selbstverwaltung eingerichtet und haben in Leistungssachen auf der Grundlage des Gesetzes und der von ihnen getroffenen Tatsachenfeststellungen prinzipiell frei und in Eigenverantwortung zu entscheiden. Ist ein/e Antragsteller/in mit dem von einem Versicherungsträger in einer Leistungssache bezogenen Rechtsstandpunkt nicht einverstanden, so kann er/sie vom Versicherungsträger die Erteilung eines Bescheides über den Leistungsanspruch verlangen, der u.a. auch eine Begründung der Entscheidung zu enthalten hat. Gegen einen solchen Bescheid kann sodann erforderlichenfalls eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht werden, wobei dieses Verfahren kostenlos ist.

Im Hinblick auf diese Rechtslage ist eine Bewertung der von den Krankenversicherungsträgern in ihrer autonomen Vollziehung ihrer Aufgaben erfolgten Begründung von Mitteilungen und Bescheiden in einzelnen Leistungsfällen durch mich in meiner Eigenschaft als oberste Aufsichtsbehörde mit den als bekannt vorausgesetzten gesetzlichen Befugnissen rechtsunerheblich. Im Übrigen gibt die zitierte Begründung der Ablehnung die im Gesetz gewählte Ausdrucksweise wieder.

 

Abschließend merke ich an, dass nach Mitteilung der Wiener Gebietskrankenkasse vor der Entscheidung über die allfällige Gewährung eines elektrischen Krankenfahrstuhles immer eine persönliche Begutachtung durch einen Arzt/eine Ärztin des Medizinischen Dienstes erfolgt. Bei dieser Gelegenheit werden sowohl mit dem/der Versicherten als auch mit seiner/ihrer Betreuungsperson die Feststellungen und die Bewertungen der Begutachtung ausführlich besprochen und diskutiert. Gleichzeitig werde über alternative Unterstützungsmöglichkeiten informiert.

 

 

Frage 6:

Die Krankenversicherungsträger übernehmen die Kosten von Krankenfahrstühlen und anderen krankenversicherungsrechtlichen Leistungen dann, wenn alle leistungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Entscheidung über den Leistungsanspruch bei Krankenfahrstühlen muss durch den zuständigen Versicherungsträger erfolgen, der auf Grundlage der Verordnung des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin anhand der Expertise des chefärztlichen Dienstes das Vorliegen der gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine geltend gemachte Leistung zu beurteilen hat, zumal der Versicherungsträger letztlich auch die Verantwortung für die ordnungsgemäße Verwendung der für die Aufgabenerfüllung zur Verfügung stehenden Mittel der Versichertengemeinschaft trägt und die Versicherungsträger zu einer sparsamen und wirtschaftlichen Verwendung der Mittel verpflichtet sind.

 

Frage 8:

Ich habe mehrfach klargestellt, dass mir die Sorgen und Nöte behinderter Personen ein besonderes Anliegen sind.

Falls Missstände aufgezeigt werden, werde ich mich im Rahmen der aus meiner aufsichtsbehördlichen Funktion erfließenden rechtlichen Möglichkeiten für die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes einsetzen.

Eine direkte Einflussnahme auf die Entscheidung von Einzelfällen kommt mir im Hinblick auf die bereits zu den Fragen 5 und 7 dargestellte Rechtslage jedoch nicht zu.

 

Frage 10:

Mit dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ist es gelungen, eine weit reichende Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten und sicher zu stellen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Angelegenheiten des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz fallen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Maria Rauch-Kallat

Bundesministerin