4587/AB XXII. GP

Eingelangt am 13.09.2006
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BM für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

 

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

Herrn                                                                                             

Präsidenten des Nationalrates

Parlament

1010 Wien

                                                                                                       

 

 

GZ: BMSG-500108/0002-V/10/2006                                        Wien,

 

 

 

Betreff:  Parlamentarische Anfrage Nr. 4667/J

               der Abg. Mag. Christine Lapp betreffend

               Finanzmittel für den  Schultransport behinderter Kinder

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4667/J der Frau Abgeordneten Mag. Lapp wie folgt:

 

Mit den gesetzlichen Bestimmungen des Abschnittes Ia im Familienlastenausgleichs­gesetz (FLAG) 1967 wird der Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz ermächtigt, Verträge zur Durchführung von Schülerfrei­fahrten im Linienverkehr sowie im Gelegenheitsverkehr abzuschließen und Gemein­den oder Schulerhaltern Kosten zu ersetzen, die ihnen für die Schülerbeförderung entstehen. Es kann daraus aber kein gesetzlicher Anspruch der Schüler darauf abgeleitet werden, grundsätzlich immer und um jeden Preis eine unentgeltliche Beförderung für die Zurücklegung des Weges zu und von der Schule zur Verfügung gestellt zu erhalten. Auch der geistige und/oder körperliche Zustand eines Schul­kindes ist kein maßgebliches Kriterium für die Teilnahme an der Schülerfreifahrt, wohl aber die Schulfähigkeit. Grundsätzlich ist es mein Bestreben, möglichst allen Kindern, die eine Schule als „ordentliche Schüler“ besuchen können, eine – abgesehen vom gesetzlichen Selbstbehalt – unentgeltliche Beförderung zur Schule und zurück zur Verfügung zu stellen.

Im Rahmen der Schülerfreifahrten gibt es weder im Bereich des Linien­verkehrs, noch im Bereich der Gelegenheitsverkehre eine gesonderte Abrechnung oder statistische Erfassung behinderter Schüler. Zu begründen ist dies damit, dass ein Teil der be­hinderten Schüler durchaus in der Lage ist, trotz ihres Leidens öffentliche Verkehrs­mittel für die Zurücklegung des Schulweges in Anspruch zu nehmen. Im Bemühen um eine vollwertige Integration in ein „normales“ Leben wird dabei in vielen Fällen bewusst angestrebt, trotz bestehender Beeinträchtigungen ohne bevorzugende Sonderbehandlungen den Alltag zu meistern. In diesem Sinne sind diese Schüler von vorn herein meist gar nicht ausdrücklich als „behindert“ erkennbar und geben sich auch nicht als solche zu erkennen. Darüber hinaus wäre unter solchen Umständen auch schwer eine Grenze zu ziehen, welcher Schüler bereits als behindert zu gelten hat und welcher noch nicht.

 

Für die Beförderung der Schüler im Linienverkehr werden österreichweit im Durch­schnitt rund € 360,-- pro Schüler und Schuljahr ausgegeben, die Beförderungskosten pro Schüler im Gelegenheitsverkehr (in Gebieten ohne ausreichende linienmäßige Verkehrsstrukturen werden Beförderungsmittel für die Schülerbeförderung nach ört­lichem Bedarf angemietet) sind annähernd gleich hoch, in beiden Fällen ist die Kostentendenz aber steigend.

 

Bereits bei Einführung der Freifahrten war absehbar, dass durch die in Österreich gegebene freie Schulwahl für einige Schüler besonders lange Fahrtstrecken zwischen der elterlichen Wohnung und der Schule anfallen können. Unter diesem Aspekt wurde im Linienverkehr ein Kilometerlimit eingezogen (derzeit 130 km pro Fahrtrichtung), ab dem die Plausibilität und die regelmäßige Nutzbarkeit der gewähl­ten Verkehrsverbindung vom örtlich zuständigen „Kundenteam Freifahrten“ im Einzelfall geprüft wird. Damit wird auch einer Forderung des Rechnungshofes entsprochen, wonach auch die Mittel des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (FLAF) nach den im Bundes-Verfassungsgesetz festgelegten Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit zu verwalten sind.

 

Die Zentralisierung verschiedener Schultypen, insbesondere aber die vermehrte Unterbringung behinderter und lernschwacher Schüler in wenigen sonderpädagogischen Zentren oder ähnlichen Einrichtungen in jedem Bundesland bringt durch Entfall oder Verringerung entsprechender kleiner örtlicher Einrichtungen den jeweiligen Wohnsitzgemeinden finanzielle Entlastungen. Durch den wesentlich längeren Schulweg der davon betroffenen Schüler entstehen aber dem FLAF, welcher hier nicht steuernd eingreifen kann, erhebliche Mehrkosten.

 

Bereits mit der Einführung der Schülerbeför­derung im Gelegenheitsverkehr ab dem Schuljahr 1973/74 wurde auch eine sogenannte „Kopfquote“ - ein Höchst­betrag pro Schüler und Schuljahr - festgelegt, bis zu dem die Beförderungskosten aus FLAF-Mitteln beglichen werden. Dieser Höchstbe­trag, welcher früher nach Bedarf, in den letzten Jahren hingegen jeweils regelmäßig nach dem VPI valorisert wurde, betrug im Schuljahr 2005/06 pro Schüler € 1.585,--. Unter Berücksichtigung der besonderen Situation behinderter Schüler wurde für diese bestimmt, dass bei besonderer Not­wendigkeit auch gesonderte Beförderungen im Gelegenheitsverkehr eingerichtet werden können und darüber hinaus die für solche Beförderungen zu zahlende Vergütung (zuletzt ebenfalls nach dem VPI valorisiert) im Schuljahr 2005/06 bis zu einem Höchstausmaß von € 2.690,-- pro behindertem Schüler aus FLAF-Mitteln beglichen wird.

 

Speziell bei Einzelbeförderungen auf längeren Strecken oder wenn Kleingruppen von Schülern aus entlegenen Landesteilen zu einer speziellen sonderpädagogischen Einrichtung gebracht werden, findet das mit der Schülerbeförderung im Gelegen­heitsverkehr betraute Verkehrsunternehmen mit diesen Höchstbeträgen als Ver­gütung aber nicht immer das Auslangen. Zur Abdeckung der Mehrkosten in solchen Fällen stellen die betroffenen Verkehrsunternehmen ihre zusätzlichen finanziellen Forderungen an die betreffenden Gemeinden bzw. Schulerhalter. Soweit bei diesen die dafür vorgesehenen Mittel jedoch nicht reichen, wenden sich die Gemeinden diesbezüglich an das Amt der jeweiligen Landesregierung.

 

In den Sozialhilfegesetzen der Bundesländer sind nämlich üblicherweise auch Mittel als Hilfe zur Erziehung und Schulbildung behinderter Kinder vorgesehen, insbe­sondere die Übernahme der durch die jeweilige Behinderung bedingten Mehrkosten. Zu diesen Kosten zählen auch die Fahrtkosten zur und von der Schule, wenn es sich um Kinder handelt, die nicht mit einem „normalen Schulbus“ befördert werden können, sondern taxidienstähnliche Fahrten in Anspruch nehmen müssen, sei es in Form von Gruppen- oder Einzelfahrten.

 

Unter Bezug auf diese Ausführungen möchte ich zu den einzelnen Fragen noch Folgendes bemerken:

 

Ad 1) Die nach dem VPI valorisierte „Kopfquote“ von € 2.690,-- pro Schuljahr und behindertem Kind gilt in dieser Höhe seit Beginn des Schuljahres 2005/06.

 

Ad 2) Eine gesonderte Statistik über Schulfahrtkosten behinderter Schüler existiert aus den vorgenannten Gründen nicht, in der Folge gibt es auch keine bundesländer­weise Aufschlüsselung.

 

Ad 3) Die vorerwähnten „Kopfquoten“ im Gelegenheitsverkehr gelten bundesweit, die „Kopfquote“ für behinderte Schüler liegt dabei erheblich über jener von „normalen“ Schülern und beträgt annähernd das 7,5-fache des durchschnittlichen Beförderungs­aufwandes pro Schüler.

 

Ad 4) Die linienmäßig durchgeführten Schülerfreifahrten werden zur Gänze aus FLAF-Mitteln finanziert. Im Gelegenheitsverkehr verbleiben in bestimmten Fällen, z.B. bei längeren Einzelbeförderungen behinderter Schüler sowie bei der Beschulung in zentralen sonderpädagogischen Einrichtungen durch die Kostenbegrenzung nach der „Kopfquotenregelung“ Restkosten, für die Gemeinden bzw. Länder aufzukommen haben.

 

Ad 5 + 6) Die Schülerfreifahrten im Gelegenheitsverkehr werden nach einem Kilometertarif vergütet, welcher nach der Fahrzeuggröße und der jeweiligen Tageskilometerleistung gestaffelt ist. Dieser wird in den letzten Jahren – analog zur Tarifentwicklung im Linienverkehr – für jedes Schuljahr nach dem VPI valorisiert; diese Valorisierung erstreckt sich natürlich auch auf die erwähnten „Kopfquoten“.

 

Ad 7) Ich sehe die Schülerfreifahrten insgesamt nicht gefährdet. Im Zusammenhang mit örtlichen Schulzusammenlegungen und mit der Verlagerung des Unterrichts für behinderte oder lernschwache Schüler in zentrale sonderpädagogische oder ähnliche Einrichtungen möchte ich aber an dieser Stelle an die Gemeinden und Länder appellieren, ihren Verpflichtungen gegenüber behinderten Kindern im Rahmen der Sozialhilfe bzw. ähnlicher landesgesetzlicher Bestimmungen weiterhin nachzukommen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen