4600/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.09.2006
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BM für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

 

 

Anfragebeantwortung

 

BUNDESMINISTERIN FÜR SOZIALE SICHERHEIT

GENERATIONEN UND KONSUMENTENSCHUTZ

Ursula Haubner

 

 

Herrn                                                                                             

Präsidenten des Nationalrates                                                   (5-fach)

Parlament                                                                                     

1010 Wien                                                                                    

                                                                                                       

                                                                                                       

                                                                                                       

GZ: BMSG-40001/0044-IV/9/2006                                           Wien,

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4611/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde wie folgt:

 

Fragen 1 und 2, 5 bis 7:

Ich darf darauf hinweisen, dass die Angelegenheiten der gesetzlichen Kranken- und Unfallversicherung seit der Bundesministeriengesetz-Novelle 2003 in die Kompetenz des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen fallen; zur Beantwortung der darauf Bezug habenden Fragen kommt mir daher keine Zuständigkeit zu.

 

Fragen 3 und 8:

Die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen war immer ein besonderer Schwerpunkt der Politik meines Ressorts. Ich verweise nur auf die erfolgreichen Maßnahmen im Bereich der „Behindertenmilliarde“, das Behinderten­gleichstellungspaket und die Verbesserungen im Bereich der Pflege.

 

Selbstverständlich vertrete ich daher auch die Ansicht, dass die Mobilität von Menschen mit Behinderungen ein wesentlicher Faktor für deren Integration am gesellschaftlichen Leben ist, und zwar sowohl im Bereich des so genannten Privat­lebens als auch im Bereich des Arbeitslebens.

 

Ein wesentliches Element der erfolgreichen Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt stellen Förderungen zur Erreichbarkeit von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen dar. Ich habe vor kurzem Maßnahmen gesetzt, um diese Zugangsmöglichkeiten weiter zu erhöhen. Im Zuge der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung werden die Erhöhung von Mobilität und die Barrierefreiheit in verschiedenster Form gefördert.

Besonders hervorzuheben wäre dabei u. A. die Förderung der investiven Maß­nahmen zur Verbesserung der Zugänglichkeit von Betrieben und Einrichtungen für Menschen mit Behinderung. Hier werden Maßnahmen wie z.B. die Errichtung einer Rampe oder der Einbau eines (Treppen-)Liftes ebenso finanziell unterstützt wie etwa die Errichtung von Behindertenparkplätzen oder die behindertengerechte Umgestaltung von Arbeits- oder Ausbildungsplätzen.

 

Zu den geförderten Maßnahmen zählen auch die Übernahme von Transport- und Führerscheinkosten sowie Zuschüsse zur Erlangung der Lenkerberechtigung, zum Erwerb eines Kraftfahrzeuges und zur Abgeltung der vom Menschen mit Behinderung zu tragenden behinderungsbedingten Mehraufwendungen, die im Zusammenhang mit der Fahrt von und zum Arbeitsplatz oder mit der Ausübung der Beschäftigung stehen. Ebenso können Kosten für die Anschaffung eines Blinden­führhundes übernommen werden.

 

Aus demselben Grund wird auch ein wesentlicher Teil der dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für die Mobilitätsförderung aufgewendet. So bezogen sich im Jahre 2005, 32 % aller positiv erledigten Ansuchen auf Mobilitätshilfen für Menschen mit Behinderungen.

 

Frage 4:

Ich kenne nicht nur Menschen mit Behinderungen, wie sie in der Frage beschrieben werden, persönlich, sondern habe auch die Erfahrung machen dürfen, dass diese Menschen mit der angemessenen Hilfestellung zu überdurchschnittlichen Leistungen in der Lage sind. Diese Menschen bei der größtmöglichen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen war von Anfang an ein Kernelement meiner Politik als Sozialministerin.

 

Frage 9:

Zur Forderung „Gleiches Recht auf Rehabilitation“ verweise ich auf das Behindertenkonzept der österreichischen Bundesregierung vom Dezember 1992. Bereits damals hat sich die Bundesregierung dazu bekannt, dass Rehabilitation unabhängig von der Ursache der Behinderung angeboten werden muss. Im Behindertenkonzept sind daher ausdrücklich als Zielsetzungen festgehalten

-          das Bekenntnis zum Finalitätsprinzip in der Rehabilitation,

-          die Schaffung eines Rechtsanspruches auf Rehabilitation,

-          die Abkehr vom Kosten-Nutzen-Prinzip in der Rehabilitation und

-          die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Rehabilitationseinrichtungen.

 

Der Bereich der Krankenversicherung fällt jedoch seit 2003 in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen.

 

Frage 10:

Das Behindertengleichstellungspaket mit seinen beiden Kernbereichen Diskriminierungsschutz im Bereich der Arbeitswelt (geregelt im Behinderten­einstellungsgesetz) sowie Diskriminierungsschutz im täglichen Leben (geregelt im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz) stellt einen Meilenstein in der Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in der österreichischen Rechtsgeschichte dar. Darüber hinaus wurde mit dem Behinderten­anwalt im Bundesbehindertengesetz eine wichtige neue Position zur Stärkung der Anliegen behinderter Menschen geschaffen.

 

Begleitet wurde dieses Paket durch die auf die Initiative meines Ressorts zurück­zuführende Anerkennung der Gebärdensprache in der Bundesverfassung sowie durch das Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz, das wichtige Änderungen in zahlreichen Materiengesetzen mit sich brachte.

 

Dieses Bündel von gesetzlichen Bestimmungen soll natürlich auch zu einem gesamtgesellschaftlichen Umdenken im Umgang mit Menschen mit Behinderungen führen.

Primärer Fokus des Gleichstellungsrechts ist es zu verhindern, dass Menschen mit Behinderungen auf Grund ihrer Behinderung weniger günstig behandelt werden als andere Menschen und dadurch in ihren Möglichkeiten der Teilhabe beeinträchtigt werden. Darüber hinaus brauchen Menschen mit Behinderungen natürlich auch weiterhin spezielle Maßnahmen in den Bereichen der medizinischen, schulischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation. Diese Materien sind sinnvoller Weise in Materiengesetzen geregelt und bedürfen auch einer regelmäßigen Evaluierung und gegebenenfalls Verbesserung.

 

Einen aktuellen Handlungsbedarf betreffend eine Änderung des Behinderten­gleichstellungsrechts des Bundes kann ich daher derzeit nicht erkennen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen