4615/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.09.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0081-I/4/2006

»

 

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien       »

 

Erledigungstext:

»Sehr geehrter Herr Präsident!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. »4628/J vom »14. Juli 2006 der Abgeordneten »Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen, betreffend »Kontakte des Bundesministers für Finanzen mit Dr. Wolfgang Flöttl, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

»Einleitend lassen Sie mich festhalten, dass diese Anfrage wie auch die Anfrage Nr. 4703/J des Abgeordneten Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen ein neuerlicher Versuch – der selbstverständlich auch im Lichte des beginnenden National­ratswahlkampfes gesehen werden muss – ist, von den tatsächlichen Hinter­gründen und kriminellen Machenschaften in diesem Kriminalfall BAWAG – ÖGB abzulenken.

 

Gleichzeitig soll anscheinend mit dieser Anfrage im Wahlkampf von der äußerst erfolgreichen Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Bundesregierung abgelenkt werden. Ganz im Sinne der Empfehlungen der von der Sozial­demokratie in Auftrag gegebenen Studie des Sozialwissenschaftlers Harald Katzmayr wird hier zum wiederholten Mal der Versuch unter­nommen, mich hart anzugreifen und nachhaltig zu desavouieren.

Ich kann Ihnen versichern, dass dieser Versuch genauso scheitern wird wie die vorangegangenen Versuche. Immer dann, wenn sich die unabhängige Justiz mit derartigen Vorwürfen der Opposition beschäftigt hat, ist am Ende des Tages davon nichts übrig geblieben bzw. haben sich diese als haltlos und völlig aus der Luft gegriffen erwiesen. In diesem Zusammenhang muss ich schon daran erinnern, dass die Sozialdemokratische Partei Österreichs mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien am 22. Oktober 2004 verurteilt wurde wegen des Tatbestandes der „üblen Nachrede“. Weitere gerichtliche Verurteilungen der SPÖ wegen Vorwürfen wie beispielsweise ich hätte Abgaben verkürzt oder ich hätte kriminelle Handlungen gesetzt folgten. Der Herr Abgeordnete Pilz hat mir in anderem Zusammenhang Schiebung vorgeworfen. Er wurde dafür vom Landesgericht für Strafsachen Wien und vom Handelsgericht Wien rechtskräftig verurteilt.

 

An diesen nur demonstrativ aufgezählten Beispielen sieht man, dass von diesen rein parteipolitisch motivierten Untergriffen, die nur der Desavouierung meiner Person dienen sollen, am Ende nichts übrig bleibt.

 

Wie ich bereits im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshof­aus­schusses dargelegt habe, erscheint es mir völlig unverständlich, dass man für den Schaden, der durch vorsätzliche und wahrscheinlich auch kriminelle Handlungen und Verschleierungstaktiken des seinerzeitigen BAWAG Vor­standes eingetreten ist, nunmehr den Grund dafür bei den Organen der Aufsicht sucht. Wie ich bereits im erwähn­ten Unter­ausschuss weiters ausgeführt habe, kann eine Aufsicht nur dann funktio­nieren, wenn alle eingebundenen Bereiche ihre Verpflichtungen wahr­nehmen.

 

Wie wir heute wissen ist der Vorstand vorsätzlich seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Es gab eigene Vorstandssitzungen im kleinen Kreis zum Thema Karibikgeschäfte. Der Gesamtvorstand wurde verpflichtet, gewisse Themen dem Aufsichtsrat nicht zur Kenntnis zu bringen. Der Wirtschaftsprüfer ist seinen Berichtspflichten gemäß BWG nicht nachgekommen. Die Interne Revision wurde vom Vorstand derart fehlinformiert, dass sie von einer Beendigung der Karibikgeschäfte ausgehen musste, was die Einstellung der entsprechenden Prüfungshandlungen im Jahr 1999 erklärt. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat die anderen Mitglieder des Aufsichtsrates (darunter auch den Staatskommissär) nicht oder nur teilweise informiert. Ich kann daher nur feststellen, dass durch diese bewusste Ausschaltung, aller der Aufsicht vorgelagerten Stufen, eine Aufdeckung der Machenschaften nicht möglich war.

 

Entgegen der in der Einleitung der gegenständlichen Anfrage geäußerten Meinung des Anfragestellers bin ich der Ansicht, dass der Großteil der Ein­zelfragen Themen betrifft, die nicht Gegenstand der Vollziehung sind und diese Themen daher nicht dem Fragerecht gemäß § 90 GOG unterliegen.

 

Trotzdem möchte ich zur Klarstellung die Fragen wie folgt beantworten:

 

Zu 1. – 5. und 7.:

Ich bin weder mit Herrn Dr. Wolfgang Flöttl befreundet, noch habe ich zu Herrn Flöttl private, freundschaftliche, berufliche oder geschäftliche Kon­takte. Auch haben wir nicht miteinander telefoniert oder einen e-mail Schriftverkehr geführt.

 

Wie Sie sich sicher leicht vorstellen können, werden einem Finanzminister, aber auch jedem anderen Regierungsmitglied und das sicherlich nicht nur in Österreich, im Laufe ihrer jeweiligen Amtszeit bei den verschiedensten Ge­legenheiten eine Vielzahl von Personen vorgestellt. Dies umso mehr, wenn man sein Amt auch so versteht, dass man zum Vorteil des Wirtschafts- und Arbeitsstandortes und damit auch zum Vorteil aller Österreicher möglichst viele Kontakte zu knüpfen bzw. Verbindungen herzustellen hat. Würde ich dies nicht tun würden Sie mir das sicherlich auch vorwerfen.

 

Im konkreten Fall sind mir 2 derartige Kontakte erinnerlich.

 

Einmal wurde mir Herr Dr. Flöttl, als ich gerade ein Speiselokal in New York verlassen wollte, vorgestellt. Dabei haben wir einander die Hände geschüttelt und ein paar unverbindliche Worte gewechselt.

 

Ein anderes Mal hat der angesehene österreichische Bankier Julius Meinl V zum Abendessen auf ein Boot eingeladen. Dabei begegnete mir auch Herr Dr. Flöttl. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die Familie meiner Frau seit vielen Jahren mit der Familie Meinl freundschaftliche Beziehungen pflegt, weshalb ich dieser Einladung auch gerne nachgekommen bin. Dies umso mehr, als auch ich seit Jahren mit der Familie Meinl befreundet bin. Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass meine Arbeitskraft voll und ganz im Dienste der Republik Österreich und damit ihrer Bevölkerung steht. Mein Privatleben gehört aber mir. Ich werde meine Freunde daher so oft, wann und wo ich will treffen und mir diesbezüglich auch keine Vorschriften machen lassen.

 

Ausdrücklich festhalten möchte ich, dass bei keiner dieser Gelegenheiten der nunmehrige Kriminalfall BAWAG auch nur erwähnt oder angesprochen wurde.

 

Aufgrund der völligen Bedeutungslosigkeit dieser zufälligen Zusammen­treffen wurden über diese keine Aktenvermerke angelegt.

 

Wie ich bereits mehrmals bei anderen Gelegenheiten ausgeführt habe, stand Herr Flöttl 2005 noch im guten Ruf, ein international erfolgreicher Invest­mentbanker zu sein. Herr Flöttl war auch in höchsten sozialdemokratischen Politikerkreisen, darunter auch bei solchen Personen, wie dem ehemaligen sozialdemokratischen Bundeskanzler Vranitzky und dem ehemaligen sozialdemokratischen Finanzminister Klima, durchaus bestens bekannt. Genauso gut könnten die anfragenden Abgeordneten mir die Frage stellen, ob ich den ehemaligen ÖGB Präsidenten Verzetnitsch oder die ehemaligen BAWAG Vorstände Zwettler bzw. Elsner getroffen habe. Auch hier würde ich selbstverständlich eine derartige Frage mit ja beantworten, dies obwohl – wie wir heute wissen – diese Personen die Hauptverantwortlichen im Zusammenhang mit den kriminellen Machenschaften im BAWAG Skandal sind.

 

Meine Unabhängigkeit habe ich allein schon dadurch bewiesen, dass ich nach dem Bekannt werden der unter merkwürdigen Umständen erfolgten Kreditvergabe an Refco, also 6 Monate nach der oben erwähnten Einladung der Familie Meinl, eine neuerliche Prüfung der BAWAG durch die FMA und die OeNB initiiert habe. Bei dieser Gelegenheit habe ich die Organe
der genannten Institutionen ausdrücklich ersucht zu prüfen, ob die
Refco–Angelegenheit in irgendeinem Zusammenhang mit dem
Karibik Skandal der 90er-Jahre bzw. die Person Flöttl stehen könnte.

 

Aufgrund der kriminellen Machenschaften – wie wir aufgrund des derzeitigen Wissensstandes sagen können, wurden zur Verschleierung der Verluste und Geldflüsse über 120 Firmengebilde gegründet – konnten die Prüfer auch damals noch keine diesbezüglichen Feststellungen treffen.

 

Zu 6.:

Alles was zu diesem Thema zu berichten ist, ist dem Erhebungsbericht meines Ressorts gemäß § 40 GOG, der den Damen und Herren Abge­ordneten des Ausschusses auch zugekommen ist, zu entnehmen bzw. habe ich dazu im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ausführlich Stellung genommen.

 

Da dieser vertrauliche Erhebungsbericht der Presse (siehe Profilzitate) ohnehin bereits bekannt zu sein scheint, zitiere ich dazu im Folgenden ausnahmsweise die bezughabenden Passagen auf den Seiten 20 – 22:

 

„1. Dezember 2000

Der vom BMF an die OeNB erteilte Prüfungsauftrag gemäß § 70 Abs. 1 Z 3 BWG vom 1. Dezember umfasste folgende Themenkreise:

 

 

Die Prüfung wurde zwischen 14. Dezember 2000 und 12. Februar 2001 durchgeführt. Ein Zwischenbericht, der bei Evidentwerden wesentlicher oder schwer wiegender Mängel er­stattet hätte werden müssen (Beschluss der Expertenkommission vom 10. Dezember 1999), wurde im Rahmen der Prüfung nicht übermittelt.

 

Jänner – März 2001

Prüfung des Jahresabschlusses 2000 durch den Bankprüfer KPMG.

 

16. Jänner 2001

Schriftliche Erklärung des BAWAG-Vorstandes an die OeNB-Prüfer, dass keine Geschäftsbe­ziehungen zu Wolfgang Flöttl bestehen (im BMF bekannt geworden mit Übergabe des OeNB-Prüfungs­berichtes).

 

5. März 2001

Fertigstellung des bankaufsichtlichen Prüfungsberichtes und des Prüfungs­berichtes des Jah­resabschlusses 2000.

 

14. März 2001

Fertigstellung des Berichtes über die Prüfung des Konzernabschlusses 2000.

 

5. April 2001

260. Sitzung des AR der BAWAG, Behandlung des Jahresabschlusses 2000.

 

12. April 2001

Gutachten Univ.Prof. Dr. Gerhard Frotz, wonach die Geschäfte der Austost Anstalt Schaan nicht der Zustimmung des BAWAG-Aufsichtsrates nach § 27 Abs. 6 BWG bedürfen (im BMF bekannt geworden mit Übergabe des OeNB-Prüfungs­berichtes).

 

22. Mai 2001

Mit Schreiben vom 22. Mai 2001 übermittelte die OeNB ihren Prüfungsbericht dem BMF, der folgende wesentliche Feststellungen enthielt:

 

 

21. Juni 2001

Wie nach den Bestimmungen des BWG vorgesehen, übermittelt die OeNB auch der geprüften Bank den Prüfungsbericht und hat diese ca. 1 Monat Zeit, hierzu Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme der BAWAG ist dann auch mit Schrei­ben vom 21. Juni 2001 an die OeNB erfolgt, wobei die Bank hierin ausdrücklich folgendes festhält:

 

"Es ist uns ein Anliegen festzuhalten, dass die Prüfung durch die OeNB mit entsprechen­der Sachkenntnis, differenziert und in Summe sehr konstruktiv verlaufen ist. Eine ex­terne Prüfung, wie die Vorliegende, ist ohne Einschränkung positiv zu bewerten, da der Vorstand Wert darauf legt, auf verbesserungsfähige Abwicklungen oder gar mögliche Systemmängel, von welcher Seite auch immer (Innenrevision oder extern), aufmerksam gemacht zu werden, um diese im eigenen Interesse korrigieren zu können."

 

Die Bank hat daher mit dieser Stellungnahme eindeutig erkannt, dass der Bericht der OeNB ein Auftrag für entsprechende Verbesserungen ist, was auch in den weiteren Ausführungen detaillierter und glaubhaft dargestellt wird.

 

Aus der hiezu abgegebenen Stellungnahme der OeNB-Prüfer, es "bedarf keiner weiteren Kommentierung“, hat das BMF den berechtigten Schluss gezogen, dass die vorge­schlagenen Maßnahmen in zeitlicher und materieller Sicht aus­reichend sind und somit kein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Da fer­ner keine Anzeichen evident waren, das In­stitut hintergehe die Aufsicht oder informiere diese bewusst falsch, konnte dieser Mitteilung Glaube geschenkt werden. Dies wird auch durch den OeNB-Kommentar zur BAWAG-Stellung­nahme unterstützt („es bestehen keine kontroversiellen Standpunkte“), wo­durch implizit die Plausibilität dieser Vorschläge und Maßnahmen der Bank bestätigt wird.

 

Von der Expertenkommission, in der die OeNB u.a. auch mit dem für die BAWAG zuständigen Prüfungsleiter als stv. Mitglied bzw. auch dessen Vorgesetzten vertreten war, wurde der Prüfbericht in weiterer Folge nicht mehr diskutiert.

 

Es war daher aufgrund

 

für das BMF kein weiterer unmittelbarer aufsichtsrechtlicher Handlungsbedarf gegeben. Da für 2002 bei der BAWAG bereits weitere Prüfungen nach § 70 Abs. 1 Z 3 BWG ein­geplant (siehe Chronologie 30. Oktober 2001) und keinerlei Anzeichen für Verluste in den "Karibik-Geschäften" vorhanden waren, wurde der Prüfungsbericht am 10. Dezember 2001 abgeschlossen.“

 

Da ohnehin alles offen gelegt wurde, sehe ich derzeit keinerlei Notwendig­keiten oder Veranlassungen, irgendjemanden vom Amtsgeheimnis zu ent­binden.

Zu 8.:

Den in der Frage indirekt formulierten Vorwurf, ich hätte ein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt (§ 302 StGB Mißbrauch der Amtsgewalt, § 308 StGB verbotene Intervention) weise ich auf das Schärfste zurück.

Mit freundlichen Grüßen

 

Karl-Heinz Grasser eh.