4636/AB XXII. GP

Eingelangt am 27.10.2006
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

JOSEF PRÖLL

Bundesminister

 

 

 

An den                                                                                               Zl. LE.4.2.4/0096-I 3/2006

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 27.10.2006

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl.parl.Anfr.d.Abg.z.NR Dr. Eva Glawischnig-Piesczek,

Kolleginnen und Kollegen vom 12. September 2006, Nr. 4711/J,

betreffend falsche Prioritäten bei der Altreifenverwertung

 

 

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen vom 12. September 2006, Nr. 4711/J, betreffend falsche Prioritäten bei der Altreifenverwertung, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu Frage 1:

 

Die vor einigen Jahren erarbeite „Positivliste“ stellt eine reine Selbstverpflichtung der Zementindustrie dar mit dem Ziel, sowohl die Verbrennung von Abfällen in Form ausgewählter Ersatzbrennstoffe definierter Qualität sicherzustellen als auch den Stand der Technik für die Verbrennung von Abfällen zu beschreiben.

 

Unabhängig davon existieren für den Einsatz von Altreifen in diesbezüglichen Anlagen seit Jahren konkrete, rechtskräftige Bescheide. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmungen, die den Einsatz von Altreifen in Anlagen der Zementindustrie als Ersatzbrennstoff verbieten würden.

 

Auf Grund des hohen Heizwertes leistet die thermische Verwertung von Altreifen durch den Ersatz von konventionellen fossilen Brennstoffen einen Beitrag zur Ressourcenschonung und (nicht zuletzt durch den Anteil an biogenem Kohlenstoff im Altreifen) zur Verminderung der klimarelevanten CO2-Emissionen.

 

In Österreich wird die Verbrennung von Abfällen mittlerweile umfassend durch die Abfallverbrennungsverordnung geregelt, die den Stand der Technik darstellt. In dieser Verordnung werden auch Grenzwerte für die Emissionen in die Luft festgeschrieben. Für Schwermetallemissionen in die Luft wurden strenge Grenzwerte festgelegt, wobei es dabei keine Unterscheidung zwischen Anlagen der Zementindustrie und anderen Mitverbrennungsanlagen oder Abfallverbrennungsanlagen gibt.

 

Weiters befindet sich derzeit eine Richtlinie des BMLFUW in Ausarbeitung, welche strenge Vorgaben an die Qualität von Ersatzbrennstoffen für den Einsatz in industriellen Feuerungsanlagen (einschließlich Zementanlagen) sowie in Mitverbrennungsanlagen vorsieht.

 

Zu Frage 2:

 

Die Altfahrzeug-Richtlinie wurde in Österreich mit der Altfahrzeugverordnung umgesetzt. Diese verpflichtet Hersteller und Importeure sowie Erstübernehmer, Altfahrzeuge zu 80 Gewichtsprozent stofflich und zu 85 Gewichtsprozent gesamt zu verwerten (für das Kalenderjahr 2006), bezogen auf die als Altfahrzeug übernommenen Massen.

 

Da die Altfahrzeug-Richtlinie nicht vorgibt welche Bauteile jedenfalls einer stofflichen Verwertung zuzuführen sind, wurde es auch in der österreichischen Umsetzung den Verpflichteten überlassen, auf Basis von Wirtschaftlichkeitskriterien zu entscheiden, wie sie die Quoten erreichen.

 

 

 

Zu Frage 3:

 

Da die stoffliche Verwertung von Altreifen nicht nur jene Altreifen betrifft, die aus Altfahrzeugen stammen, sondern insbesondere Altreifen aus dem Ersatz während der Lebensdauer eines Fahrzeugs, könnte dies nur in Form einer gesonderten Altreifenverordnung vorgegeben werden. Diesbezüglich wird aber aufgrund der Gesamtabfallmasse von Altreifen im Verhältnis zu anderen Abfallströmen derzeit kein Handlungsbedarf gesehen.

 

Zu Frage 4:

 

Dem BMLFUW bzw. der zuständigen Bezirkshauptmannschaft liegen keine Informationen über ein Altreifenlager in Neuseiersberg vor.

 

Hinsichtlich des Altreifenlagers in Großwarasdorf liegt ein Behandlungsauftrag der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 6. Dezember 2005 gegenüber dem Verpflichteten vor. Der Verpflichtete ist dem Auftrag bisher nicht nachgekommen. Es muss daher eine Ersatzvornahme durchgeführt werden. Aufgrund der Größe des Lagers ist eine europaweite Ausschreibung erforderlich.

 

Zu Frage 5:

 

Festzuhalten ist, dass die grenzüberschreitende Verbringung von Altreifen gemäß EG-AbfallverbringungsVO zwecks stofflicher und thermischer Verwertung in OECD-Staaten, die den OECD-Ratsbeschluss C (92)39 FINAL  bzw. dessen Novelle C (2001)107 FINAL implementiert haben, nicht der Notifikations- und Bewilligungspflicht des BMLFUW unterliegt, zumal Altreifen und Altreifenschnitzel auf der Grünen Liste explizit genannt sind.  Es sind daher nur die in Artikel 11 der EG-AbfallverbringungsVO 259/93 genannten Unterlagen zur Dokumentation der Verwertung mitzuführen.

 

Eine Notifikationspflicht besteht lediglich für Verbringungen von Altreifen und anderen Abfällen der Grünen Liste in jene EU-Staaten, die im Rahmen der Beitrittsverträge Übergangsbestimmungen verhandelt haben (Polen, Lettland, Slowakei und zukünftig Bulgarien, Rumänien) bzw. in jene Nicht-OECD Staaten, die der Kommission gemeldet haben, dass sie ein anderes Kontrollverfahren (Notifikation) als jenes der Grünen Liste wünschen.

 

Somit kann nur über jene Mengen an Altreifenverbringungen in den Jahren 2000 – 2006 berichtet werden, für welche eine Genehmigung des BMLFUW erforderlich war.

 

Weiters darf darauf hingewiesen werden, dass bei der Verbringung von Abfällen der Grünen Liste, für welche bestimmte Staaten der EU noch ein Kontrollverfahren wollen, lediglich seitens des Versandstaates zu prüfen ist, ob diese Abfälle im Einklang mit den nationalen Anforderungen im Einfuhrstaat verwertet werden (Einwand nur bei ökologisch nicht vertretbaren Missständen!).

 

2000 – 2001:

Keine Eintragungen für Altreifenverbringungen in der Notifikationsdatenbank.

 

2002: 

Verbringungen zur stofflichen Verwertung (R3) in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 50 Tonnen;

Verarbeitete und transportierte Menge: rd. 14 Tonnen.

 

2003: 

Verbringungen zur stofflichen Verwertung (R3) in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 50 Tonnen;

Verarbeitete und transportierte Menge: rd. 7 Tonnen.

 

2004: 

Keine Eintragungen für Altreifenverbringungen in der Notifikationsdatenbank.

 

2005:

Verbringungen zur stofflichen Verwertung (R3) in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 570 Tonnen;

Verarbeitete und transportierte Menge: rd. 344 Tonnen.

 

Verbringungen zur thermischen Verwertung (R1) in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 10.000 Tonnen;

Verarbeitete und transportierte Menge: rd. 2.139 Tonnen.

 

Verbringungen zur Verwertung nach Polen (R13 für R3 und R11):

Bewilligte Menge: 5.000 Tonnen;

Verarbeitete und transportierte Menge: 5.000 Tonnen

 

 

2006

Verbringungen zur stofflichen Verwertung in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 370 Tonnen;

Bisher verarbeitete und transportierte Menge: rd. 152 Tonnen.

 

Verbringungen zur thermischen Verwertung in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 6.000 Tonnen;

Bisher verarbeitete und transportierte Menge: rd. 793 Tonnen.

 

Verbringungen zur Zwischenbehandlung und stofflichen Verwertung (R3) in die Slowakei:

Bewilligte Menge: 2000 Tonnen;

Bisher noch kein Transport angemeldet.

 

Kontrollen:

Weder illegale Verbringungen noch unzulässige Lager werden seitens des BMLFUW in irgendeiner Weise geduldet.

 

Aufgrund eines konkreten Anlassfalles (Anhaltung eines Transportes) wurde seitens des BMLFUW das BMF (Zoll) informiert, dass Verbringungen von Altreifen unter dem Deckmantel „Grüne Liste“ zu der genannten Anlage jedenfalls zu stoppen und zu unterbinden sind, zumal es sich keinesfalls um eine Verwertung, sondern um eine Beseitigung handelt.

 

Sowohl das tschechische Umweltministerium als auch zuständige österreichische Stellen wurden durch das BMLFUW über die Klassifikation als Beseitigungsmaßnahme und die rechtlichen Konsequenzen der Einstufung als Beseitigung informiert (Notifizierungspflicht).

 

Im Rahmen von schwerpunktmäßig mehrmals jährlich seitens des BMLFUW in Kooperation mit Vertretern des Zolls und der Polizei sowie mit Behördenvertretern von Nachbarstaaten gemeinschaftlich durchgeführten Kontrollen der grenzüberschreitenden Abfallverbringung auf der Straße, per Bahn oder Schiff wurden in den letzten Jahren  keine Verbringungen von Altreifen festgestellt.

 

Zu Frage 6:

 

Die Altfahrzeugverordnung ist im November 2002 in Kraft getreten. Konkrete Vorgaben über die Art und Weise der Berechnung von Verwertungsquoten sowie der damit zusammenhängenden Abfallmassen existieren somit erst für das Kalenderjahr 2003.

 

Aufgrund des Aufbaus des dafür erforderlichen Datenmanagements existieren für das Kalenderjahr 2003 und die davor liegenden Kalenderjahre allerdings nicht so verlässliche Daten, die eine gesicherte Quotenberechnung ermöglichten. Für die Kalenderjahre 2004 und 2005 liegt die Gesamtverwertungsquote bei 79 %.

 

 

Der Bundesminister: