4642/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.11.2006
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMF-310205/0090-I/4/2006

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4719/J vom 12. September 2006 der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen, be­treffend S.W.I.F.T. – Illegale Datenschnüffelei durch USA – Wirtschaftsspionage?, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass es sich im vorliegenden Fall primär darum handelt, ob die "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications" (S.W.I.F.T.), eine Genossenschaft mit Sitz in La Hulpe ‑ Belgien, europäisches Datenschutzrecht verletzt hat. Dies wird derzeit von der Europäischen Kommission bzw. der dafür zuständigen „Artikel 29 – Datenschutzgruppe“ (eingerichtet gemäß der Richtlinie 95/46/EC) geprüft. Auf Grund der europäischen Dimension des vorliegenden Sachverhalts sind allfällige weitere erforderliche Maßnahmen von der rechtlichen Beurteilung dieser Datenschutzgruppe abhängig und bedürfen einer einheitlichen Vorgangsweise auf europäischer Ebene und somit aller Mitgliedstaaten.

 

Nun zu den konkreten Fragen:

 

Zu 1.:

Träger der „Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications“ (S.W.I.F.T.) sind die Finanzinstitute selbst, insbesondere Banken. Dabei haben sie privatwirtschaftliche Vereinbarungen geschlossen, deren Inhalt dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt ist. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich die Frage nicht beantworten kann.

 

Zu 2.:

Auf Grund der vorhandenen ‑ unter Punkt 1 dargelegten – Gegebenheiten liegen dem Bundesministerium für Finanzen diesbezüglich keinerlei Daten vor.

 

Zu 3.:

Dem Bundesministerium für Finanzen ist die gesetzliche Grundlage für die Datenübermittlung von der belgischen Firma S.W.I.F.T bzw. dessen Direktoriums an das US-Treasury (Finanzministerium) und die CIA bzw. für deren Zugriff auf Daten von S.W.I.F.T. nicht bekannt. Derzeit beschäftigt sich die europäische „Artikel 29 – Datenschutzgruppe“ mit der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts und der Frage, ob europäisches Daten­schutzrecht verletzt wurde.

 

Zu 4., 6., 9. und 10.:

Die Vollziehung der von diesen Fragen angesprochenen Angelegenheiten fällt nicht in den Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Finanzen. Ich ersuche daher auch diesbezüglich um Verständnis, dass ich diese Fragen nicht beantworten kann.

 

Zu 5.:

Auch diese Frage betrifft nicht den Kompetenzbereich des Bundes­ministeriums für Finanzen. Ich möchte in diesem Zusammenhang aber darauf hinweisen, dass nach den mir vorliegenden Informationen die Oesterreichische Nationalbank erstmalig im Juni 2006 durch die diesbe­zügliche Medienberichterstattung von der Datenweitergabe erfahren hat.

 

Zu 7.:

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass in einem derartigen Fall keine gesetzliche Verpflichtung besteht, das Bundesministerium für Finanzen zu verständigen. Meinem Ressort war der vorliegende Sachverhalt aus den Presseberichten vom 23. Juni 2006 (New York Times und The Wall Street Journal) bekannt. Auf Basis österreichischer Rechtsnormen waren jedoch keine Maßnahmen des Bundesministeriums für Finanzen erforderlich.

 

Zu 8.:

Seitens des Bundesministeriums für Finanzen bestehen keine Informations­pflichten an Dritte über Sachverhalte, die nicht in den Kompetenzbereich des Ressorts fallen. Insoweit wurde auch das Bundeskanzleramt über einen Sachverhalt, der dem Bundesministerium für Finanzen nur aus Zeitungs­berichten bekannt war, nicht informiert.

 

Zu 11. bis 13.:

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die daten­schutzrechtliche Beurteilung der Datenweitergabe durch die belgische S.W.I.F.T. und die damit zusammenhängende Frage einer allfälligen Ver­letzung des Grundrechts auf Datenschutz (gemäß Art. 1 Datenschutzgesetz) österreichischer Bankkunden der österreichischen Datenschutzkommission obliegt. Abgesehen davon lässt jedoch der vorliegende Sachverhalte auf keinerlei Verletzung des österreichischen Bankgeheimnisses durch österreichische Kreditinstitute schließen. Eine allfällige Verletzung des Bankgeheimnisses würde einen gerichtlich strafbaren Tatbestand darstellen, wobei es sich gemäß § 101 Bankwesengesetz um ein Antragsdelikt handelt.

 

Die Frage, ob europäisches Datenschutzrecht verletzt wurde, wird, wie bereits dargelegt, derzeit von der Europäischen Kommission bzw. der dafür zuständigen „Artikel 29 – Datenschutzgruppe“ inhaltlich und rechtlich geprüft. Die formale Stellungnahme der „Artikel 29 – Datenschutzgruppe“ wurde für November 2006 in Aussicht genommen.

 

Zu 14.:

Diese Frage betrifft Angelegenheiten der  Datenschutzkommission und fällt somit ebenfalls nicht in den Aufgabenbereich des Bundesministeriums für Finanzen.

 

Zu 15.:

Dieser Sachverhalt wird ‑ wie bereits ausgeführt ‑ noch von der „Artikel 29 – Datenschutzgruppe“ geprüft, eine endgültige Rechtsauffassung der EU-Kommission liegt demnach noch nicht vor.

 

Zu 16.:

Die Rechte der Bankkunden sind bereits durch das österreichische Bank­wesengesetz und das österreichische Datenschutzgesetz geschützt. Eine all­fällige Rechtsverletzung der Banken stellt einen strafgerichtlich bzw. ver­waltungsstrafrechtlich zu ahndenden Tatbestand dar.

 

Zu 17.:

Aufgrund der bereits bestehenden Sanktionierbarkeit von Handlungen, die das Bankgeheimnis (§ 101 Bankwesengesetz) bzw. das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Datenschutz verletzen, besteht nach Meinung des Bundesministeriums für Finanzen kein legistischer Handlungsbedarf. Auf Grund der europäischen Dimension des vorliegenden Sachverhalts sind allfällige weitere erforderliche Maßnahmen von der rechtlichen Beurteilung der „Artikel 29 – Datenschutzgruppe“ abhängig und bedürfen einer ein­heitlichen Vorgangsweise auf europäischer Ebene und somit aller Mitglied­staaten.

 

Zu 18.:

Diesbezüglich möchte ich auf meine Ausführungen zu den Punkten 16 und 17 hinweisen.

 

Zu 19.:

Das Bundesministerium für Finanzen hat gegenüber der „Artikel 29 – Daten­schutzgruppe“ keinerlei Stellungnahme abgegeben und wurde diesbezüglich auch nicht um eine solche ersucht.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.