250 der Beilagen XXII. GP

 

Beschluss des Nationalrates

Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

Änderung der Jurisdiktionsnorm

Die Jurisdiktionsnorm, RGBl. Nr. 111/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 98/2001, wird wie folgt geändert:

1. Dem § 39 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Auf die Teilnahme des ersuchenden Gerichtes an der Beweisaufnahme ist Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, ABl. 2001, L 174, 1, auch dann entsprechend anzuwenden, wenn es sich um kein Gericht eines Mitgliedstaates im Sinn dieser Verordnung handelt.“

2. Nach § 39 werden folgende Überschrift und folgender § 39 a eingefügt:

„Beweisaufnahme durch ausländische Gerichte

§ 39a. (1) Eine unmittelbare Beweisaufnahme durch ausländische Gerichte ist im Inland nur zulässig, wenn sie vom Bundesminister für Justiz genehmigt wurde.

(2) Außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, ABl. 2001, L 174, 1, ist die Genehmigung zu erteilen, wenn

           1. die Gegenseitigkeit gewährleistet ist,

           2. die beabsichtigte Beweisaufnahme nicht gegen Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung einschließlich der Bestimmungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, verstößt,

           3. sichergestellt ist, dass alle von der Beweisaufnahme betroffenen Personen freiwillig mitwirken und dass das ausländische Gericht im Inland keine Zwangsmaßnahmen setzt, sowie

           4. die beabsichtigte Beweisaufnahme nicht völkerrechtlichen Verpflichtungen oder außenpolitischen Interessen der Republik Österreich zuwiderläuft; insofern ist vor Abgabe der Erklärung das Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten herzustellen.

(3) Die Genehmigung kann davon abhängig gemacht werden, dass das nach § 37 Abs. 2 zuständige Gericht an der Beweisaufnahme teilnimmt. Droht bei dieser Beweisaufnahme

           1. im Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, ABl. 2001, L 174, 1, ein Verstoß gegen deren Art 17 Abs. 2 oder Abs. 5 lit. c oder

           2. außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, ABl. 2001, L 174, 1, ein Verstoß gegen Abs. 2 Z 2 und 3,

so hat dieses Gericht die Beweisaufnahme insofern zu untersagen.

(4) Das nach § 37 Abs. 2 zuständige Gericht hat auf Ersuchen des ausländischen Gerichtes bei der Durchführung der Beweisaufnahme tatsächliche Unterstützung zu gewähren.”

Artikel II

Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 112/1895, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2003, wird wie folgt geändert:

Nach § 291 werden folgende Überschrift und folgende §§ 291a bis 291c eingefügt:

„Beweisaufnahme im Ausland

§ 291a. (1) Liegen die Voraussetzungen für die Beweisaufnahme durch ein ersuchtes ausländisches Gericht vor, so kann das Prozessgericht auf Antrag einer Partei im Ausland an der Beweisaufnahme des ersuchten Gerichtes teilnehmen oder an dessen Stelle selbst Beweis aufnehmen, wenn

           1. dies völker- oder gemeinschaftsrechtlich zulässig und unter Bedachtnahme auf den Reiseaufwand und die tatsächlichen Verhältnisse im betreffenden Staat zumutbar ist,

           2. auf Grund außergewöhnlicher Umstände, etwa wegen der besonderen Schwierigkeit des Beweisthemas oder der über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Bedeutung eines persönlichen Eindrucks, eine Beweisaufnahme nur durch das ersuchte Gericht nicht ausreicht und

           3. die voraussichtlichen Kosten der auswärtigen Amtshandlung und damit allfällig verbundener Dolmetscherkosten als Vorschuss bei Gericht erliegen; das ist nicht erforderlich, wenn allen Parteien, die nach § 3 GEG einen Kostenvorschuss zu erlegen hätten, Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs. 1 Z 1 lit. b und c gewährt wurde.

(2) Zur Frage, ob eine Amtshandlung außerhalb des Geltungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, ABl. 2001, L 174, 1, zulässig ist, ist vorweg eine Erklärung des Bundesministers für Justiz einzuholen. Dieser hat zuvor das Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten herzustellen. Ansuchen um Beweisaufnahme sind in diesem Fall im Wege des Bundesministeriums für Justiz zu stellen.

§ 291b. (1) Eine Amtshandlung nach § 291a ist durch abgesondert anfechtbaren Beschluss anzuordnen. Ein dagegen erhobener Rekurs hat aufschiebende Wirkung.

(2) Gegen die Abweisung eines Antrags nach § 291a Abs. 1 ist kein abgesondertes Rechtsmittel zulässig.

§ 291c. Die Bestimmungen des § 291a Abs. 1 Z 2 und 3 sowie des § 291b sind auf eine im Ausland stattfindende Befundaufnahme durch einen Sachverständigen nicht anzuwenden.“

Artikel III

Änderung der Reisegebührenvorschrift 1955

Die Reisegebührenvorschrift, BGBl. Nr. 133/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 119/2002, wird wie folgt geändert:

In § 25 wird folgender Absatz 2a eingefügt:

„(2a) Eine Dienstreise nach Abs. 1 lit. a ist zu bewilligen, wenn sie im Rahmen der Rechtsprechung zur Durchführung oder zur Beteiligung an einer Beweisaufnahme im Ausland rechtskräftig angeordnet wurde.“

Artikel IV

Inkrafttreten

Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2004 in Kraft.