(Übersetzung)
Europarat
Der Generalsekretär
Strassburg, 5. März 2003
Sehr geehrte Frau
Bundesministerin!
Ich beehre mich,
mich auf das Übereinkommen über die Verringerung von Mehrstaatigkeit und die
Wehrpflicht von Mehrstaatern aus 1963 zu beziehen, das von 12 Mitgliedstaaten
des Europarates, darunter auch Ihrem Land, am 31. Juli 1975 ratifiziert wurde.
Dieses Übereinkommen trat für Ihr Land am 1. September 1975 in Kraft. Seit
damals sind durch die Tatsache, dass 1997 ein anderes Übereinkommen über Staatsangehörigkeit
(ETS No. 166) mit abweichenden Regelungen angenommen wurde, Probleme
aufgetreten. Dieses Übereinkommen wurde nunmehr von acht Mitgliedstaaten
ratifiziert.
Im Hinblick auf
den wechselseitigen Einfluss der beiden Übereinkommen hat das Expertenkomitee
für Staatsbürgerschaft des Europarates (CJ-NA) kürzlich die Möglichkeit einer
teilweisen Kündigung des Übereinkommens aus 1963 diskutiert. Einige der
Vertragsparteien haben erklärt, dass sie nicht mehr an Kapitel I des
Übereinkommens gebunden sein wollen, da ihre nationale Gesetzgebung nicht mehr
den im Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen entspricht. Dennoch möchten diese
Staaten an das Kapitel II des Übereinkommens betreffend die Wehrpflicht von
Mehrstaatern gebunden sein.
Das CJ-NA
konsultierte im Wege des Europäischen Ausschusses für rechtliche Zusammenarbeit
(CDCJ) den Ausschuss der Rechtsberater für Völkerrecht (CAHDI) in dieser Frage.
Das CJ-NA nahm die Rechtsmeinung des CAHDI zur Kenntnis, wonach gemäß dem im
Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge verankerten
Völkervertragsrecht (im besonderen Artikel 44 Abs. 1) eine teilweise Kündigung
des Übereinkommens nur dann möglich ist, wenn dies alle Vertragsparteien des
Übereinkommens vereinbaren. Im Hinblick darauf, dass die in Kapitel I
enthaltenen Bestimmungen vom Rest des Übereinkommens in Bezug auf ihre
Anwendung getrennt sind, hat das CN-JA entschieden, zu empfehlen, dass die
Vertragsparteien durch schriftliches Verfahren zu einer Übereinkunft betreffend
die Auslegung von Artikel 12 Abs. 2 des Übereinkommens aus 1963 gelangen.
Diese
Übereinkunft wird auf dem folgenden Verständnis beruhen, das Ergebnis der
Diskussionen im CJ-NA ist:
1. Jede Vertragspartei, soweit sie betroffen ist,
kann jederzeit das Kapitel I dieses Übereinkommens durch eine an den
Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen.
2. Diese Kündigung wird ein Jahr nach dem Datum des
Erhalts einer solchen Notifikation durch den Generalsekretär wirksam.
3. Die Bestimmungen von Artikel 7 Absatz 2 des
Übereinkommens gelten in der durch das Protokoll von 1977 geänderten Form.
Ich ersuche Sie,
mir innerhalb von sechs Monaten mitzuteilen, dass die vorherigen Bestimmungen von Ihrer Regierung
angenommen werden. Dieser in meiner Eigenschaft als Depositär der Verträge des
Europarates gesendete Brief und die bestätigenden Antwortschreiben aller
Vertragsparteien werden eine Übereinkunft über die Auslegung im Sinne von
Artikel 31 Abs. 3 lit. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge
darstellen. Sobald alle Vertragsparteien ihre Zustimmung zum Ausdruck gebracht
haben, werde ich durch eine Bescheinigung bestätigen, dass alle
Vertragsparteien diese Übereinkunft getroffen haben. Die Übereinkunft über die Auslegung
wird mit dem Datum dieser Bescheinigung in Kraft treten.
Mit freundlichen
Grüßen
Walter Schwimmer