698 der Beilagen XXII. GP
Beschluss des Nationalrates
Bundesgesetz, mit
dem das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und die
Konkursordnung zur Bekämpfung des Sozialbetrugs geändert werden
(Sozialbetrugsgesetz-SozBeG)
Der
Nationalrat hat beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
Artikel Gegenstand
I Änderungen
des Strafgesetzbuches
II Änderungen
des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes
III Ermittlungsbefugnisse
der Finanzstrafbehörden, Zollämter und ihrer
Organe zur Verfolgung des Sozialbetruges
IV Änderungen
der Konkursordnung
V In-Kraft-Treten
VI Übergangsbestimmung
Artikel I
Änderungen des
Strafgesetzbuches
Das
Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 136/2004, wird wie folgt geändert:
1. Im § 88
Abs. 2 Z 2 werden das Wort „Arzt“ durch die Worte „Angehöriger eines gesetzlich geregelten
Gesundheitsberufes“ und
die Worte „der Heilkunde“ durch die Worte „seines Berufes“ ersetzt.
2. Im § 121
Abs. 1 werden die Worte „der
Heilkunde, der Krankenpflege, der Geburtshilfe, der Arzneimittelkunde oder
Vornahme medizinisch-technischer Untersuchungen“ durch die Worte „eines
gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes“ ersetzt.
3. Nach dem
§ 153b werden folgende §§153c bis 153e samt Überschriften eingefügt:
„Vorenthalten
von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung
§ 153c. (1) Wer als Dienstgeber Beiträge eines
Dienstnehmers zur Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger
vorenthält, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Trifft die Pflicht
zur Einzahlung der Beiträge eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung eine
juristische Person oder eine Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so
ist Abs. 1 auf alle natürlichen Personen anzuwenden, die dem zur
Vertretung befugten Organ angehören. Dieses Organ ist berechtigt, die
Verantwortung für die Einzahlung dieser Beiträge einzelnen oder mehreren
Organmitgliedern aufzuerlegen; ist dies der Fall, findet Abs. 1 nur auf
sie Anwendung.
(3) Der Täter ist
nicht zu bestrafen, wenn er bis zum Schluss der Verhandlung
1. die
ausstehenden Beiträge zur Gänze einzahlt oder
2. sich
dem berechtigten Sozialversicherungsträger gegenüber vertraglich zur
Nachentrichtung der ausstehenden Beiträge binnen einer bestimmten Zeit
verpflichtet.
(4) Die Strafbarkeit
lebt wieder auf, wenn der Täter seine nach Abs. 3 Z 2 eingegangene
Verpflichtung nicht einhält.“
Betrügerisches Vorenthalten von
Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und
Abfertigungsgesetz
§ 153d. (1) Wer als Dienstgeber Beiträge zur
Sozialversicherung dem berechtigten Versicherungsträger oder Zuschläge nach dem
Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz der Bauarbeiter-Urlaubs- und
Abfertigungskasse betrügerisch vorenthält, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren zu bestrafen. Betrügerisch handelt, wer schon die Anmeldung zur
Sozialversicherung oder die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und
Abfertigungskasse mit dem Vorsatz vorgenommen hat, keine ausreichenden Beiträge
oder Zuschläge zu leisten.
(2) Wer Beiträge oder
Zuschläge in einem 50 000 Euro übersteigenden Ausmaß vorenthält, ist
mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(3) Nach Abs. 1
und 2 ist gleich einem Dienstgeber zu bestrafen, wer die Tat als leitender
Angestellter (§ 309) einer juristischen Person oder einer
Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, oder zwar ohne Einverständnis
mit dem Dienstgeber, aber als dessen leitender Angestellter (§ 309)
begeht.
Organisierte
Schwarzarbeit
§ 153e. (1) Wer gewerbsmäßig
1. Personen zur selbstständigen oder
unselbstständigen Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Anmeldung zur
Sozialversicherung oder ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung anwirbt,
vermittelt oder überlässt,
2. eine größere Zahl illegal erwerbstätiger
Personen (Z 1) beschäftigt oder mit der selbstständigen Durchführung von
Arbeiten beauftragt oder
3. in einer Verbindung einer größeren Zahl illegal
erwerbstätiger Personen (Z 1) führend tätig ist,
ist mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Nach Abs. 1
ist auch zu bestrafen, wer eine der dort genannten Handlungen als leitender
Angestellter (§ 309 StGB) einer juristischen Person oder einer
Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit begeht.
4. Im § 167
Abs. 1 StGB wird vor dem Wort „Wuchers“ die Wendung „betrügerischen
Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem
Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz,“ eingefügt.
Artikel II
Das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 106/2004 wird wie folgt geändert:
1. § 33 Abs. 1
lautet:
„(1) Die Dienstgeber
haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der
Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und
Teilversicherte) bei Arbeitsantritt, spätestens jedoch bis 24.00 Uhr des ersten
Beschäftigungstages beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und
binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An-
sowie die Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der
Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen
Versicherungen pflichtversichert ist.“
1a. Nach § 33
Abs. 1 wird folgender Abs. 1a eingefügt:
„(1a) Der Dienstgeber kann die
Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. innerhalb
der Frist nach Abs. 1 die Dienstgeberkontonummer, die Namen und
Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort
und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben
Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).“
1b. § 41
Abs. 2 wird aufgehoben.
1c. Im § 41
Abs. 4 wird der Punkt am Ende der Z 2 durch einen Strichpunkt
ersetzt;
folgende Z 3 wird angefügt:
„3. für die Mindestangaben-Anmeldung nach § 33
Abs. 1a Z 1 auch die telefonische Meldung vorzusehen.“
1d. Im § 41
Abs. 5 erster Satz wird dem Ausdruck „An(Ab)meldung“ der Ausdruck
„vollständigen“ vorangestellt. «
2. § 114 wird
aufgehoben.
3. Nach § 621
wird folgender § 622 samt Überschrift angefügt:
„Schlussbestimmungen
zu Art. II des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/200x
§ 622. (1) Die §§ 33 Abs. 1 und 1a
sowie 41 Abs. 4 Z 2 und 3 sowie Abs. 5 in der Fassung des
Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/200x und die Aufhebung des § 41
Abs. 2 treten zu dem Zeitpunkt in Kraft, in dem der Bundesminister für
soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit Verordnung
feststellt, dass die zur Erfüllung der Anmeldeverpflichtung nach § 33
Abs. 1a Z 1 erforderlichen technischen Mittel zur Verfügung stehen.
(2)
§ 114 tritt mit Ablauf des 28. Februar 2005 außer Kraft.“
Artikel III
Ermittlungsbefugnisse
der Finanzstrafbehörden, Zollämter und ihrer Organe zur Verfolgung des
Sozialbetruges
(1) Die Gerichte und
die Staatsanwaltschaften können bei der Verfolgung strafbarer Handlungen nach
den §§ 153c bis 153e StGB die Hilfe der Finanzstrafbehörden, der Zollämter
und ihrer Organe in Anspruch nehmen. Der Hilfe der Sicherheitsbehörden und
ihrer Organe dürfen sich die Gerichte und Staatsanwaltschaften nur bedienen,
wenn die Finanzstrafbehörden, die Zollämter oder ihre Organe nicht rechtzeitig
zu erreichen sind; sie können sich aber der Sicherheitsbehörden und ihrer
Organe stets bedienen, wenn der aufzuklärende Sozialbetrug zugleich auch den
Tatbestand einer anderen gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, die kein
Finanzvergehen ist.
(2) Die im Abs. 1
genannten Behörden und Organe der Bundesfinanzverwaltung haben eine Tätigkeit
zur Aufklärung der in Abs. 1 erwähnten strafbaren Handlungen nur so weit
zu entfalten, als das Gericht oder die Staatsanwaltschaft darum ersucht oder
soweit im Rahmen einer Prüfung gemäß §§ 86, 89 EStG auf Grund bestimmter
Tatsachen anzunehmen ist, der Verdächtige habe eine solche strafbare Handlung
begangen. In diesem Umfang gelten die Bestimmungen des § 197 Abs. 3
bis 5 FinStrG sinngemäß.
Artikel IV
Änderungen der
Konkursordnung
Die
Konkursordnung, RGBl. Nr. 337/1914, zuletzt geändert durch das
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 92/2003, wird wie folgt geändert:
1. In
§ 77a Abs. 1 wird der Punkt am Ende der Z 6 durch einen
Strichpunkt ersetzt und folgende Z 7 angefügt:
„7. die Zurückweisung des Antrags auf Eröffnung des
Konkurses gemäß § 63.”
2. Nach § 174
wird folgender § 174a samt Überschrift eingefügt:
„Zustellung
bei unbekanntem Aufenthalt
§ 174a. (1) Ist die Feststellung einer
Abgabestelle nicht möglich, so kann die Zustellung an einen im Firmenbuch
eingetragenen Rechtsträger und dessen Organe ohne Bestellung eines Kurators
durch Aufnahme in die Ediktsdatei erfolgen (§ 115 ZPO). Auch alle weiteren
Zustellungen können durch Aufnahme in die Ediktsdatei erfolgen. Hierauf ist in
der Bekanntmachung hinzuweisen.
(2) Ist der Beschluss
in der Insolvenzdatei öffentlich bekannt zu machen (§ 173a), so kann die
zusätzliche Aufnahme in die Ediktsdatei entfallen. In der Ediktsdatei ist auf
die Bekanntmachung in der Insolvenzdatei hinzuweisen.
(3) Werden Daten eines
Verfahrens in die Insolvenzdatei aufgenommen, so sind die nach Abs. 1 in
die Ediktsdatei aufgenommenen Daten zu löschen, sobald die Einsicht in die
Insolvenzdatei nicht mehr zu gewähren ist (§ 14 IEG); sonst nach
einem Jahr nach deren Eintragung.“
Artikel V
In-Kraft-Treten
Die Artikel I und III
treten mit 1. März 2005, Artikel IV tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.
Artikel VI
Übergangsbestimmung
Die durch dieses
Bundesgesetz geänderten Strafbestimmungen sind in Strafsachen nicht anzuwenden,
in denen vor ihrem In-Kraft-Treten das Urteil in erster Instanz gefällt worden
ist. Nach Aufhebung eines Urteils infolge Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung,
Wiederaufnahme oder Erneuerung des Strafverfahrens oder infolge eines
Einspruches ist jedoch im Sinne der §§ 1, 61 StGB vorzugehen.