Vorblatt

Problem:

Am 2. Juli 2001 wurde ein Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Salzach“ und in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ unterzeichnet.

Dieser Vertrag beinhaltet die Inkraftsetzung eines neuen, den heutigen Anforderungen entsprechenden Grenzurkundenwerks für den Grenzabschnitt „Salzach“ und für die Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland. Weiters enthält dieser Vertrag eine auf Grund baulicher Maßnahmen notwendig gewordene Grenzänderung im Bereich des Haibaches im Grenzabschnitt „Innwinkel“.

Ziel der Gesetzesinitiative:

Die Abänderung des Verlaufes der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland.

Inhalt:

Inkraftsetzung eines neuen Grenzurkundenwerks für einen Teil der Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland sowie Änderungen des Staatsgrenzverlaufs.

Alternativen:

Keine.

EU-Konformität:

Die Regelungszuständigkeit der Europäischen Union erstreckt sich nicht auf die Festlegung des Verlaufes von Staatsgrenzen.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Nach Art. 3 Abs. 2 B-VG sind zur innerstaatlichen Durchführung übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und der betroffenen Bundesländer erforderlich; weiters erhöhtes Präsenz- und Konsensquorum gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG.

Kosten:

Keine.


Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Salzach“ und in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ sowie in Teilen des Grenzabschnitts „Innwinkel“ bewirkt vor allem, dass die österreichisch-deutsche Staatsgrenze im Bereich der Salzach und im Bereich der Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ (vom Scheibelberg bis zum Inn bzw. vom Inn bis zum Lech) durch ein neues, den heutigen Anforderungen entsprechendes, Grenzurkundenwerk bestimmt wird. Weiters wird durch den Vertrag der Verlauf der Staatsgrenze im Inn (Bereich Kufstein) dahin gehend geändert, dass die Staatsgrenze nicht mehr dem Talweg, also der Verbindungslinie der jeweils tiefsten Punkte der Flusssohle folgt, sondern geradlinig zwischen koordinativ festgelegten Punkten in der Flussmitte verläuft; ferner wird die Staatsgrenze als unbeweglich festgelegt. Durch den Ausbau der Eisenbirner Landesstraße erfolgte eine Verlegung des Haibachs, sodass sich die Notwendigkeit ergeben hat, die Staatsgrenze, die dieser Veränderung nicht gefolgt ist, wiederum in die Mitte des neuen Betts des Haibaches zu verlegen.

Die Erstellung eines neuen Grenzurkundenwerks für den Grenzabschnitt „Salzach“ und für die Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ war deshalb notwendig, da die bisher geltenden Grenzverträge, Konventionen, Abkommen, Protokolle usw. aus dem 19., zum Teil sogar aus dem 18. Jhdt. stammen und die einem Teil dieser Rechtsgrundlagen beigegebenen Grenzurkundenwerke naturgemäß ebenso alt sind. Durch das neue Grenzurkundenwerk soll der Verlauf der österreichisch-deutschen Staatsgrenze in den angeführten Bereichen authentisch festgestellt werden.

Hinsichtlich des Grenzänderungsfalls im Bereich des Haibaches ist vorgesehen, dass das Gesamtflächenausmaß der Gebietsteile, die ein Vertragsstaat an den anderen abtritt, nicht größer ist als das Gesamtflächenausmaß der Gebietsteile, die er erhält. Es beträgt 2 031 m2 für jeden der beiden Vertragsstaaten.

Ferner sind innerstaatlich nach Art. 3 Abs. 2 B-VG für die vereinbarten Gebietsänderungen übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und des Landes Oberösterreich erforderlich. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Inkraftsetzung des neuen Grenzurkundenwerks für den Grenzabschnitt „Salzach“ und für die Sektion I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“, da zahlreiche Unklarheiten im Grenzverlauf zu klären waren bzw. der Charakter der Staatsgrenze geändert wird. Es sind daher übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und der Länder Salzburg, Oberösterreich und Tirol erforderlich.

Hinsichtlich der Grenzänderung im Art. 6 des vorzitierten Vertrages wird bestimmt, dass private Rechte an den Gebietsteilen, die an den jeweils anderen Staat übergehen, gewahrt bleiben und vom Übernehmenden in seiner Rechtsordnung weiter bestehen.

Die nähere Vorgeschichte des gegenständlichen Vertrages sowie die im vorliegenden Gesetzentwurf zitierten Vertragsanlagen sind in den Erläuterungen zum Vertrag, den die Bundesregierung unter einem dem Nationalrat zur verfassungsmäßigen Behandlung nach Art. 50 B-VG vorlegt, behandelt. Auf diese Erläuterungen darf daher verwiesen werden.

II. Besonderer Teil

Zu § 1:

Die Bezeichnungen „Staatsgrenze zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland“ und „Anlagen zum Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vom 2. Juli 2001 über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze…“ müssten im vorliegenden Gesetzentwurf wiederholt verwendet werden. Aus ökonomischen Gründen wurden daher hiefür Begriffsbestimmungen geschaffen.

Zu § 2 Abs. 1:

Der Art. 2 Abs. 2 Z 2 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gemeinsame Staatsgrenze vom 29. Februar 1972 sieht vor, dass die Vertragsstaaten das geltende Grenzurkundenwerk für den Grenzabschnitt „Salzach“ einvernehmlich erneuern werden.

Der Verlauf der Staatsgrenze soll nunmehr ausschließlich durch die neuerstellten Grenzurkunden bestimmt werden

Durch das vorliegende Grenzurkundenwerk wird nunmehr die Grenzlinie geradlinig zwischen koordinativ festgelegten Punkten, die auf der Mittellinie der Salzach liegen, bestimmt. Da gemäß dem Vertrag vom 29. Februar 1972 die Staatsgrenze im Grenzabschnitt Salzach teilweise durch ein Grenzurkundenwerk, teilweise durch die Mitte des Wasserlaufs und teilweise durch die Mitte des regulierten Flussbetts definiert war, muss die gegenständliche Bestimmung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 B-VG als Änderung der Staatsgrenze gesehen werden.

Zu § 2 Abs. 2:

Durch Art. 10 des Vertrages wird die vorerwähnte Regelung über den Grenzverlauf im gesamten Grenzabschnitt „Salzach“ außer Kraft gesetzt (vgl. Art. 10 Z 6 des Vertrages).

Anlässlich einer Besichtigung der Grenzstrecke der Salzach durch die Grenzkommission hat diese nach Anhörung von wasserwirtschaftlichen Experten beider Seiten festgestellt, dass im Bereich zwischen den Grenzrichtungssteinpaaren Nr. 44 und 45 auf Grund der Uferformationen mit fortwährenden Veränderungen des Laufs der in diesem Bereich unregulierten Salzach zu rechnen ist. Es erscheint daher sinnvoll, die Beweglichkeit der Staatsgrenze in diesem Bereich beizubehalten, wobei die Staatsgrenze wie im Vertrag vom 29. Februar 1972 durch die Mitte des Wasserlaufs bestimmt wird. Da in den übrigen Teilen der Salzach die Staatsgrenze durch die neuen Grenzurkunden als unbeweglich festgelegt wird, erscheint es aus Gründen der Klarstellung erforderlich, diese Bestimmung aufzunehmen.

Zu § 3:

Gemäß Art. 2 Abs. 2 Z 3 des Vertrags zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gemeinsame Staatsgrenze vom 29. Februar 1972 haben die Vertragsstaaten vorgesehen, das geltende Grenzurkundenwerk für den Grenzabschnitt „Scheibelberg-Bodensee“ einvernehmlich zu erneuern. Die auf Grund des Vertrags gebildete „Österreichisch-Deutsche Grenzkommission“ hat ein neues Grenzurkundenwerk für die Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ erstellt. Der Verlauf der Staatsgrenze soll nunmehr ausschließlich durch die neu erstellten Grenzurkunden bestimmt werden.

Die Beschreibung der Staatsgrenze (Anlage 3) enthält in tabellarischer Form die Reihenfolge der Grenzzeichen sowie Angaben über Type und Standort eines jeden Grenzzeichens und die Wortbeschreibung des Grenzverlaufs von einem Grenzzeichen zum nächsten.

Die Koordinaten der Grenzzeichen sind in einem eigenen tabellarischen Verzeichnis (Anlage 4) in den Gauß-Krüger-Systemen M 31 Grad östlich Ferro (System der österreichischen Landesvermessung) und Lo = 12 Grad östlich Greenwich (deutsches staatliches System) ausgewiesen.

Die Grenzkarte (Anlage 5) basiert auf maßstäblich berichtigten Luftbildern, so genannten „Orthophotos“. Eingetragen sind ferner ua. der Grenzverlauf, die Grenzzeichen mit ihrer Bezeichnung, die Namen der angrenzenden Staaten und Gemeinden sowie wesentliche topographische Einzelheiten.

Bei der Erstellung des neuen Grenzurkundenwerks waren zahlreiche Unklarheiten im Grenzverlauf, hervorgerufen durch ungenaue Beschreibung der Staatsgrenze in den historischen Unterlagen bzw. durch Veränderungen in der Natur, zu klären. Daher waren umfangreiche Vermessungsarbeiten, Besichtigungen in der Natur und intensives Studium historischer Quellen durch die „Österreichisch-Deutsche Grenzkommission“ erforderlich. Nun soll der Verlauf der Staatsgrenze in den Sektionen I und II des Grenzabschnitts „Scheibelberg-Bodensee“ authentisch festgestellt werden.

Es sind daher die Art. 3 und 5 des Vertrags nicht zuletzt auch aus Gründen der Rechtssicherheit als verfassungsändernd anzusehen und dementsprechend zu behandeln.

Zu § 4 Abs. 1:

Gemäß Art. 4 des Vertrags vom 20. April 1977, BGBl. Nr. 388/1979, zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über den Verlauf der gemeinsamen Staatsgrenze im Grenzabschnitt „Dreieckmark-Dandlbachmündung“ und in einem Teil des Grenzabschnittes „Scheibelberg-Bodensee“ sowie über Befugnisse der Grenzkommission verläuft die Staatsgrenze im Inn vom Grenzpunkt Nr. 129 bis zum Schnittpunkt mit der Geraden vom Grenzpunkt Nr. 1 der Sektion II zum Weiser Nr. 1 (Süd) im Talweg des Flusses. Als Talweg wird die kontinuierlich verlaufende Verbindungslinie der jeweils tiefsten Punkte der Flusssohle definiert, wobei die Staatsgrenze allen natürlichen und künstlichen Veränderungen des Talwegs folgt, soweit dieser innerhalb der Flusssohle verbleibt. Der Begriff des Talwegs geht auf Belange der Schifffahrt zurück und sichert den Vertragspartnern auch bei niedrigstem Wasserstand einen gleichberechtigten Anteil am Wasserlauf.

Mangels vertraglicher und völkergewohnheitsrechtlicher Regelung besteht jedoch keine Bestimmung zur Frage, wo die Staatsgrenze auf Bauwerken verläuft, die den Fluss überspannen. Im Zusammenhalt mit Art. 5 des Vertrags vom 29. Februar 1972 ergibt sich sohin, dass die Staatsgrenze auf derartigen Bauwerken durch den Verlauf des darunter liegenden Talweges bestimmt wird, der als bewegliche Linie jedoch fortwährenden Veränderungen ausgesetzt ist. Überdies trat durch die Stauwirkung der Kraftwerke Nußdorf und Oberaudorf-Ebbs und des damit verbundenen Einflusses auf die Fließgeschwindigkeit des Flusses eine Nivellierung der Flusssohle ein, sodass der Talweg nicht mehr eindeutig festgestellt werden kann.

Die Staatsgrenze soll daher in die Flussmitte verlegt und als unbeweglich festgelegt werden, wobei jedoch bei dauernder Betriebsstilllegung eines Kraftwerks die Vertragsstaaten zur Aufnahme von Verhandlungen über die Beibehaltung des Charakters der Unbeweglichkeit verpflichtet sind.

Zu § 4 Abs. 2:

Durch diese Regelung werden Wassernutzungsrechte der Berechtigten beider Vertragsstaaten am jeweils anderen Staatsgebiet für den Fall normiert, dass ein Vertragsstaat dauernd oder vorübergehend vom Wasserlauf des Inn abgetrennt wird. Es erscheint daher notwendig, diese Bestimmungen als verfassungsändernd anzusehen.

Zu § 5:

Auf die Ausführungen zu § 3 wird verwiesen.

Zu § 6:

In den Jahren 1994 bis 1996 wurde die neben dem Haibach verlaufende Eisenbirner Landesstraße verlegt und verbreitert und dadurch der Verlauf des Haibachs verändert. Die Staatsgrenze, die gemäß Art. 4 Abs. 1 des Vertrags vom 29. Februar 1972 als unbeweglich in der Mitte des Haibaches verläuft, ist diesen Veränderungen nicht gefolgt und schneidet den neuen Straßenverlauf mehrfach. Die Staatsgrenze soll daher in die Mitte des neuen Betts des Haibachs verlegt werden und weiterhin unbeweglich bleiben. Weiters erscheint auch eine Änderung der Staatsgrenze im Bereich der Grenzpunkte 24 und 24/2 sinnvoll, damit der Parkplatz der Gemeinde Freinberg auf österreichischem Staatsgebiet zu liegen kommt. Der vollständige Flächenausgleich wird durch eine Grenzänderung zwischen den Grenzpunkten 29/12 und 29/16 erzielt.

Diese Grenzänderungen bewirken, dass Gebietsteile in der Größe von insgesamt je 2 031 m2 dem jeweils anderen Vertragsstaat zufallen.

Zu § 7:

Das In-Kraft-Treten dieses Bundesverfassungsgesetzes muss primär davon abhängig gemacht werden, dass der Vertrag in Kraft tritt. Darüber hinaus ist aber zu beachten, dass innerstaatlich nach Art. 3 Abs. 2 B-VG übereinstimmende Verfassungsgesetze des Bundes und der von den Gebietsänderungen betroffenen Bundesländer Salzburg, Tirol und Oberösterreich erforderlich sind. Es muss daher das In-Kraft-Treten der §§ 2 bis 6 auch von der Erlassung jeweils übereinstimmender Landesverfassungsgesetze abhängig gemacht werden.

Es kann daher der Vertrag erst dann ratifiziert werden, wenn außer dem vorliegenden Bundesverfassungsgesetz auch die entsprechenden Landesverfassungsgesetze beschlossen worden sind. In analoger Weise wurden bereits andere Grenzverträge behandelt.

Abs. 2 enthält die Vollzugsklausel.

III. Vollziehungskosten

Durch die Vollziehung des gegenständlichen Bundesverfassungsgesetzes erwächst weder dem Bund noch den beteiligten Ländern ein nennenswerter Sachaufwand.