Vorblatt

Problem:

Anlässlich der Konferenz zur Überprüfung des Übereinkommens vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (in der Folge: VN-Waffenübereinkommen), wurde beschlossen, Artikel 1 des VN-Waffenübereinkommens zu ändern und damit den Anwendungsbereich des Übereinkommens sowie der dazugehörigen Protokolle auf nicht internationale bewaffnete Konflikte auszudehnen. Dadurch bleibt der Schutz gegen unnötige Leiden und die Gewährleistung eines Mindestmaßes an Menschlichkeit nicht mehr ausschließlich auf internationale bewaffnete Konflikte beschränkt.

Die Verbote beziehungsweise die Beschränkung des Einsatzes von diesen Kategorien konventioneller Waffen werden in vier dem Übereinkommen angehängten  Protokollen genau umschrieben. Es handelt sich um:

      das Protokoll über nichtentdeckbare Splitter (Protokoll I)

      das Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen (Protokoll II). Die ursprüngliche Fassung dieses Protokolls wurde am 3. Mai 1996 geändert.

      das Protokoll über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Brandwaffen (Protokoll III)

      das Protokoll über blindmachende Laserwaffen (Protokoll IV).

Problemlösung:

Mit der Annahme der Änderung von Artikel 1 des VN-Waffenübereinkommens wird diese Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Übereinkommens und der dazugehörigen Protokolle auf nicht internationale bewaffnete Konflikte auch für Österreich rechtlich verbindlich.

Alternativen:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Mit der Annahme der Änderung von Artikel 1 des VN-Waffenübereinkommens  entstehen für Österreich keine zusätzlichen Kosten.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Sonderkundmachung gemäß Artikel 49 Absatz 2 B-VG der authentischen arabischen, chinesischen, französischen, russischen und spanischen Sprachfassung.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Bei der Änderung von Artikel 1 des Übereinkommens vom 10. Oktober 1980 über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermäßige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (im Folgenden VN-Waffenübereinkommen), handelt es sich um die Ergänzung eines auf Gesetzesstufe stehenden Staatsvertrages, welche die Genehmigung des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 B-VG bedarf. Die Ergänzung hat keinen politischen Charakter und enthält weder verfassungsändernde noch verfassungsergänzende Bestimmungen. Die Bestimmung des geänderten Artikels 1 des VN-Waffenübereinkommens ist zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Recht geeignet, eine Beschlussfassung nach Artikel 50 Absatz 2 B-VG durch den Nationalrat ist somit nicht erforderlich.

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da die Änderung keine Angelegenheiten regelt, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen.

Österreich ist Vertragspartei des am 10. Oktober 1980 im Rahmen der Vereinten Nationen angenommenen VN-Waffenübereinkommens, welches am 2. Dezember 1983 in Kraft getreten ist.

Das Übereinkommen regelt das Verbot bzw. die Beschränkungen des Einsatzes bestimmter Kategorien von konventionellen Waffen, die in den einzelnen Protokollen genau umschrieben sind. Die wesentliche Zielsetzung des Übereinkommens besteht in der Vermeidung unnötiger Leiden und der Gewährleistung eines Mindestmaßes an Menschlichkeit in bewaffneten Konflikten, die mit konventionellen Kampfmitteln geführt werden.

Die allgemeinen Bestimmungen sind in einem Rahmenabkommen enthalten, dem vier Protokolle angehängt sind:

      Protokoll I verbietet die Verwendung von Waffen mit nichtentdeckbaren Splittern.

      Protokoll II behandelt das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen.  Die ursprüngliche Fassung von Protokoll II wurde am 3. Mai 1996 geändert.

      Protokoll III regelt das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Brandwaffen.

      Protokoll IV verbietet den Einsatz von blindmachenden Laserwaffen als Kampfmittel gegen den Menschen, wenn sie zum Zwecke der permanenten Blendung des menschlichen Auges entwickelt wurden.

Protokoll IV ist am 30. Juli 1998 in Kraft getreten. Das In-Kraft-Treten des Protokolls II in seiner am 3. Mai 1996 geänderten Fassung erfolgte am 3. Dezember 1998.

Österreich hat das Übereinkommen sowie die Protokolle I bis III am 14. März 1983 (kundgemacht im BGBl. Nr. 464/1983) ratifiziert. Die Annahmeurkunde zu Protokoll II in seiner am 3. Mai 1996 geänderten Fassung sowie Protokoll IV wurden von Österreich am 27. Juli 1998 beim Depositar, dem VN-Generalsekretär, hinterlegt (kundgemacht im BGBl. III Nr. 17/1999).

Entsprechend dem von den Vertragsstaaten des Übereinkommens vorgesehenen eigenen Mechanismus wurde die Tragweite und die Wirkungsweise des Übereinkommens im Rahmen einer eigens vom Generalsekretär der Vereinten Nationen vom 11. bis 21. Dezember 2001 in Genf einberufenen Konferenz   überprüft. Zur Vorbereitung dieser Überprüfungs­konferenz fanden drei Treffen eines Vorbereitungskomitees in Genf statt (14. Dezember 2000, 2. bis 6. April 2001, 24. bis 28. September 2001). Die erste Überprüfungskonferenz des VN-Waffenübereinkommens hatte  in den Jahren 1995 und 1996 stattgefunden.

Die Arbeiten dieser Zweiten Überprüfungskonferenz wurden am 21. Dezember 2001 erfolgreich, unter anderem mit der einvernehmlichen Annahme der in Dokument CCW/CONF.II/2 enthaltenen Schlusserklärung, zu Ende geführt. Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Konferenz war die Einigung der Vertragsstaaten auf eine Änderung von Artikel 1 des VN-Waffenübereinkommens, wodurch der Wirkungsbereich des Übereinkommens und der dazugehörigen Protokolle auf nicht internationale bewaffnete Konflikte ausgeweitet wird. Mit dieser Änderung  konnte der völkerrechtliche Grundsatz des Verbotes des Einsatzes von Waffen, die übermäßige Leiden verursachen, weiterentwickelt werden.

Die Frage der Ausdehnung des Anwendungsbereiches des VN-Waffenübereinkommens und der dazugehörigen Protokolle war einer der Schwerpunkte der während der Zweiten Überprüfungskonferenz geführten Verhandlungen. Bereits anlässlich der Ersten Überprüfungskonferenz des VN-Waffenüberein­kommens war der Anwendungsbereich von Protokoll II auf die nicht internationalen bewaffneten Konflikte ausgedehnt worden. Diese Änderung ist jedoch auf Protokoll II in seiner geänderten Fassung beschränkt geblieben. Die auch von Österreich erhoffte Erweiterung des Anwendungsbereiches des gesamten VN-Waffenübereinkommens fand damals nicht die erforderliche Unterstützung der Ersten Überprüfungskonferenz.

Vom IKRK und von den USA war im Vorfeld der Zweiten Überprüfungskonferenz vorgeschlagen worden, dass diese 1996 für das geänderte Protokoll II beschlossene Erweiterung des Anwendungsbereichs auf nicht internationale bewaffnete Konflikte auch für die anderen Zusatzprotokolle des VN-Waffenübereinkommens wirksam sein sollte. Bereits während der Vorbereitungen zur Überprüfungskonferenz zeichnete sich ab, dass allgemein einer  Änderung der Rahmenkonvention gegenüber allen anderen zur Diskussion gestellten Optionen (wie zum Beispiel eine Änderung jedes Protokolls, die Annahme eines eigenen Zusatzprotokolls) der Vorzug gegeben wurde.

Entsprechend Artikel 8 Absatz 1 des VN-Waffenübereinkommens ist es grundsätzlich möglich, Bestimmungen des Übereinkommens oder der Protokolle nach dem In-Kraft-Treten des Übereinkommens zu ändern. Gemäß Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 1b dieses Übereinkommens tritt eine von den Vertragsstaaten beschlossene Änderung sechs Monate nach Hinterlegung der 20. Ratifkationsurkunde beim Depositar des Übereinkommens, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, in Kraft.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Artikel 1 legt den Anwendungsbereich des VN-Waffenübereinkommens und der dazugehörigen Protokolle hinsichtlich der erfassten Konfliktarten fest. Absatz 1 des geänderten Artikels 1 übernimmt unverändert den Wortlaut der in Kraft stehenden Bestimmung von Artikel 1 des Übereinkommens.

Der Wortlaut der neu eingefügten Bestimmungen der Absätze 2 bis 6 entspricht weitgehend den in den Absätzen 2 bis 6 des Artikels 1 von Protokoll II in seiner am 3. Mai 1996 geänderten Fassung enthaltenen Bestimmungen mit den erforderlichen Anpassungen. Durch diese Änderung wird der Anwendungsbereich für die bereits bestehenden Protokolle I bis IV auf nicht internationale bewaffnete Konflikte im Sinne des gemeinsamen Artikels 3 der Genfer Abkommen von 1949, BGBl. Nr. 155/1953, in denen jede – auch eine nichtstaatliche – Konfliktpartei gleichermaßen verpflichtet ist, die in diesem Protokoll festgelegten Beschränkungen und Verbote einzuhalten, ausgedehnt. Nicht erfasst ist der Waffeneinsatz in Situationen von inneren Unruhen und Spannungen, die nicht als bewaffnete Konflikte gelten (Absatz 2, zweiter Satz), entsprechend Artikel 1 Absatz 2 des Zusatzprotokolls zu den Genfer Abkommen vom 12. August 1949 über den Schutz der Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte (kundgemacht im BGBl. Nr. 527/1982).

Die Bestimmungen der Protokolle müssen daher nunmehr von staatlichen und nichtstaatlichen Konflikt­parteien gleichermaßen beachtet werden, sofern sich diese nicht ausschließlich auf die Vertragsstaaten beziehen. Die Verpflichtungen aus Artikel 8 (Weitergabe), 11 (Technische Zusammenarbeit und Hilfe), 13 (Konsultationen der Hohen Vertragsparteien) und 14 (Einhaltung) des Protokolls II über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes von Minen, Sprengfallen und anderen Vorrichtungen in der am 3. Mai 1996 geänderten Fassung richten sich dementsprechend auch weiterhin ausschließlich an die Vertragsparteien.

Gemäß Absatz 4 ist es im Sinne des VN-Waffenübereinkommens nur möglich, solche Maßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung zu ergreifen, die rechtmäßig und somit im Einklang mit den Regeln des humanitären Völkerrechts  und der Menschenrechte stehen.

Eine automatische Ausdehnung des Anwendungsbereiches auch auf zukünftige Zusatzprotokolle fand nicht die notwendige Unterstützung. Zukünftige Protokolle müssen daher hinsichtlich nicht internationaler Konflikte entsprechend Absatz 7 über ihren jeweiligen Anwendungsbereich entscheiden.


Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Absatz 2 B-VG zu beschließen, dass die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Absatz 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.