Vorblatt

Problem:

Das im Jahre 1994 gegründete Joint Vienna Institute (JVI) mit Sitz in Wien soll auf eine permanente Basis gestellt und es soll eine solide Finanzierungsstruktur geschaffen werden. Weiters soll durch die Teilnahme der Republik Österreich am Übereinkommen die seit Jahren bestehende österreichische Unterstützung des JVI auch institutionalisiert werden.

Problemlösung:

Beitritt zum Übereinkommen über die Errichtung des JVI in der Fassung seiner ersten Änderung gemäß Artikel XVI.

Alternative:

Auslaufen des Abkommens und Schließung des JVI.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch den Beitritt zum Übereinkommen erwachsen dem Bund  Kosten für die Beteiligung zu einem Viertel an den operativen Kosten des Betriebes des JVI von jährlich insgesamt rd. 5 Mill. € sowie für die Unterbringung in einem neuen Gebäude. Dadurch werden die Räumlichkeiten der Zollwachschule, welche das JVI bisher nutzt, zur dringenden eigenen Verwendung durch das Bundesministerium für Finanzen frei.

Das JVI wird traditionell von internationalen Institutionen (inkl. der EU-Kommission) sowie bilateralen Gebern finanziell unterstützt, wodurch sich die finanzielle Belastung des Bundes reduziert.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Dem Wirtschaftsstandort Österreich und insbesondere der Landeshauptstadt sind bisher bereits Vorteile aus der Ansiedlung des Joint Vienna Institute erwachsen. Es erhöht den Bekanntheitsgrad und die Beliebtheit Österreichs  in den über 30 Ländern, aus welchem die rd. 15.000 Teilnehmer der letzten zehn Jahre hervorgingen, in einer äußerst positiven Weise. Die beruflichen Karrieren der Kursteilnehmer führen diese oft in gehobene Entscheidungspositionen in Staat und Wirtschaft, mit den entsprechend günstigen außen- und wirtschaftspolitischen Rückwirkungen für Österreich. Weiters trägt Österreich gemeinsam mit den am JVI beteiligten bedeutendsten internationalen Organisationen zum rascheren Übergang der Transitionsländer zu funktionierenden Marktwirtschaften bei, was insbesondere bei den in geographischer Nähe liegenden Staaten  für Österreich vorteilhaft ist.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Es besteht kein Widerspruch zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über die Errichtung des Joint Vienna Institute hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im  innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden.

Im Jahre 1994 wurde auf Initiative Österreichs und des Internationalen Währungsfonds das Joint Vienna Institute („JVI“) als internationale Organisation mit Sitz in Wien durch ein Übereinkommen zwischen der Bank für den internationalen Zahlungsausgleich, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, dem Internationalen Währungsfonds und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegründet. Am 16. Juni 1998 wurde auch die WTO durch Unterzeichnung Vertragspartei.

Das Institut bietet als multilaterale Ausbildungsstätte Transitionsstaaten insbesondere aus Mittel- und Osteuropa sowie  der ehemaligen Sowjetunion Unterstützung auf ihrem Weg zu  marktorientierten Volkswirtschaften. Seit Beginn der Aktivitäten des JVI nahmen etwa 15.000 Personen vor allem aus dem öffentlichen Sektor aus über 30 Ländern an den Kursprogrammen des Instituts teil. Die Nachfrage nach dem Kurs- und Seminarangebot zu makroökonomischen, strukturpolitischen, sozialpolitischen, EU-relevanten und privatwirtschaftlichen Themenbereichen ist anhaltend groß.

Die Rechtsstellung des JVI ist durch das “Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den Amtssitz des Joint Vienna Institute“, BGBl. III Nr. 187/1997, geregelt. Das JVI zählt mit 19 Bediensteten (davon 3 Österreicher) zu den kleineren internationalen Organisationen mit Sitz in Wien.

Das Übereinkommen über die Errichtung des JVI wurde für eine Dauer von fünf Jahren ab seinem In-Kraft-Treten am 19. August 2004 verlängert. Angesichts des anhaltenden Bedarfs und Interesses an dieser Ausbildungsinstitution nahmen Österreich (vertreten durch das Bundesministerium für Finanzen und die Oesterreichische Nationalbank) und der Internationale Währungsfonds in einer am 13. März 2002 unterzeichneten Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) in Aussicht, das JVI auf eine permanente Basis zu stellen und eine solide Finanzierungsstruktur zu schaffen.

Weiters zielt das genannte Memorandum of Understanding darauf ab, die jahrelange österreichische Unterstützung des JVI auch durch den Beitritt der Republik Österreich zum Übereinkommen über die Errichtung des JVI zu reflektieren. Da dieses in seiner ursprünglichen Fassung den Beitritt von Staaten nicht vorsieht, war es erforderlich, das Gründungsübereinkommen entsprechend zu ergänzen. Das vorliegende Übereinkommen über die Errichtung des JVI in der Fassung seiner ersten Änderung sieht daher in Art. XVI die Möglichkeit eines Beitritts der Republik Österreich als Primärmitglied vor. Weitere Änderungen betreffen die Schaffung zweier Mitgliedschaftsformen am JVI (Primärmitglieder und beitragende Mitglieder) und dadurch bedingte Änderungen in der Struktur der Organisation (insbesondere die Zusammensetzung des Verwaltungsrates). Die operativen Kosten des JVI werden von den Primärmitgliedern (IMF und Österreich) zu gleichen Teilen getragen und belaufen sich auf voraussichtlich € 5 Mio. jährlich, wovon der Internationale Währungsfonds die Hälfte, die Republik und die Österreichische Nationalbank jeweils ein Viertel übernehmen werden.

Weiters hat Österreich im erwähnten Memorandum of Understanding in Aussicht genommen, ab 1. Mai 2003 anstelle der bisherigen Unterbringung in der Zollwachschule ein neues Gebäude für die Kurse und Büros des JVI sowie für Unterkünfte der Kursteilnehmer zur Verfügung zu stellen.

Besonderer Teil

Zur Präambel

Die Präambel erinnert an die Bedeutung, die dort genannten Staaten bei ihrem Übergang zur Marktwirtschaft insbesondere durch Ausbildungsprogramme für öffentlich Bedienstete zu unterstützen und hiezu ein Ausbildungsinstitut in Wien zu errichten.

Zu Artikel I

Durch diese Bestimmung wird das Joint Vienna Institute (JVI) formell als internationale Organisation errichtet.

Zu Artikel II

Abs. 1 definiert den Zweck des Instituts. Im Rahmen der ersten Änderung des Übereinkommens wurde der Kreis der begünstigten Staaten (nunmehr sind auch die Baltischen Staaten, die Balkanstaaten und die Transitionsländer Asiens ausdrücklich genannt) präzisiert. Durch die Wortfolge „und sonstiger in Frage kommender Staaten“ soll gewisse Flexibilität geschaffen werden, falls  ein nicht explizit erwähntes Transitionsland an den Kursen des JVI teilnehmen möchte.

Abs. 2 bestimmt, dass der Zweck des Instituts durch das Angebot einschlägiger Ausbildungskurse für in erster Linie öffentlich Bedienstete aus den genannten Staaten zu verwirklichen ist. Das JVI soll aber auch unterstützend für andere Ausbildungsinstitute tätig werden.

Zu Artikel III

Ähnliche Bestimmungen über die Rechtspersönlichkeit finden sich in einer Reihe anderer internationaler Übereinkommen (vgl. etwa Art. I Abschnitt 1 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957 und Art. II Abschnitt 3 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950).

Art. III verleiht dem JVI die Fähigkeit zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte und -handlungen . Die unter lit. a angeführte Vertragsfähigkeit bezieht sich auf den privatrechtlichen Bereich. Art. III ist keine abschließende Regelung, einerseits im Lichte der implied powers-Lehre, andererseits auch deshalb, weil Artikel VIII des Übereinkommens über Art. III hinausgehende Vereinbarungen vorsieht, die zwischen dem JVI und einzelnen Staaten abgeschlossen werden können.

Die vorliegende Regelung hat auch in das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem JVI über den Amtssitz des JVI, BGBl. III Nr. 187/1997, Eingang gefunden (vgl. Art. 2 des Amtssitzabkommens).

Zu Artikel IV

Mit diesem Artikel wird der Amtssitz des Instituts in Wien errichtet. Zu den näheren Bedingungen vgl. insbesondere das oben erwähnte Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem JVI über den Amtssitz des JVI. In diesem Abkommen verpflichtet sich Österreich unter anderem „angemessene und geeignete Räumlichkeiten zu Verfügung zu stellen (vgl. Art 3).

Unter den in Abs. 2 genannten Einrichtungen sind wohl in erster Linie Büros und Dependancen des JVI an anderen Orten in und außerhalb Österreichs zu verstehen. Bisher hat das JVI von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

Zu Artikel IV A

Diese in das vorliegende Übereinkommen in der Fassung seiner ersten Änderung neu aufgenommene Bestimmung schafft ein Wahlrecht für die bisherigen Vertragsparteien des JVI (der Bank für den Internationalen Zahlungsausgleich, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, dem Internationalen Währungsfonds, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der WTO), welche der neu eingerichteten Formen der Mitgliedschaft sie in Zukunft in Anspruch nehmen wollen (Abs. 1).

Primärmitglieder (nach dzt. Stand Österreich und der IMF) tragen regelmäßig die jährlichen operativen Kosten des JVI zu gleichen Teilen. Beitragende Mitglieder nehmen am Institut teil, indem sie an seinem Ausbildungsprogramm mitwirken und es entsprechend finanziell unterstützen, ohne sich zur regelmäßigen anteilsmäßigen Übernahme der operativen Kosten des JVI zu verpflichten (Abs. 2).

Ein Wechsel von einer Form der Mitgliedschaft zu einer anderen ist über Ersuchen der Vertragspartei und mit Zustimmung des Verwaltungsrates möglich (Abs. 3).

Zu Artikel V

Dieser Artikel  bestimmt die innere Organisation des JVI. Dieses hat einen Verwaltungsrat, einen Beratungsausschuss, eine/n Direktor/in und Angestellte (Z 1).

Der Verwaltungsrat ist das Hauptorgan des JVI und für die Leitung der Geschäfte verantwortlich (Z 2 lit. a).  Z 2 lit. b regelt die Zusammensetzung des Rates , Z 2 lit. c die Wahl des Vorsitzenden, Z 2 lit. d die Tagungen des Rates, Z 2 lit. e das Quorum für Tagungen des Rates, Z 2 lit. f die Mehrheitserfordernisse für die Beschlussfassung des Rats, wobei grundlegende Entscheidungen wie etwa die Entscheidung über die Teilnehmerländer, die Änderung der Mitgliedschaftsform, die Genehmigung des Arbeitsprogramms, die Wahl des Direktors/der Direktorin, die Genehmigung des Jahresbudgets, der Bilanz und von Berichten, die Genehmigung von Abkommen mit anderen Staaten nach Art. VIII, eines qualifizierten Quorums unter zwingendem Einschluss der Primärmitglieder bedürfen. Z 2 lit. g regelt die Aufgaben und Kompetenzen des Rates.

Z 3 regelt die Aufgaben (lit. a), die Funktionsdauer (lit. b) und die Verantwortung (lit. c und d) des Direktors/der Direktorin des JVI.

Aufgabe des in Z 4 vorgesehenen Beratungsausschuss ist es, den Verwaltungsrat bei der Gestaltung der Ausbildungspolitik des JVI und in Fragen des Ausbildungsangebots zu beraten, um eine größtmögliche Koordination mit den Bedürfnissen der begünstigten Staaten sicherzustellen.

Zu Artikel VI

Diese Bestimmung regelt die Stellung der assoziierten Mitglieder, derzeit gibt es allerdings keine solchen.

Zu Artikel VII

Derzeit bestehen keine Kooperationsverhältnisse gemäß dieser Bestimmung.

Zu Artikel VIII

Zu den Privilegien und Immunitäten des Instituts und des in diesem Artikel aufgezählten Personenkreises vgl. das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem JVI über den Amtssitz des JVI.

Abs. 2 räumt dem JVI auch die Möglichkeit ein, Abkommen zur Sicherung der erforderlichen Privilegien und Immunitäten mit anderen Staaten abzuschließen (dies ist bisher aber nicht erfolgt). Solche Abkommen bedürfen gemäß Art. V Abs. 2 lit. g (vi) der Genehmigung durch den Verwaltungsrat.

Zu Artikel IX

Die Ressourcen des Instituts umfassen gemäß Abs. 1 neben den Beiträgen der Primärmitglieder Österreich und IMF (anteilsmäßige regelmäßige Beteiligung an den operativen Kosten des JVI) freiwillige Beiträge der anderen Vertragsparteien sowie Beiträge aus anderen Quellen und das aus diesen Beiträgen entstehende Einkommen.

Österreich ist aufgrund von Art. 3 des Amtssitzabkommens mit den JVI auch verpflichtet, dem Institut geeignete und angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. In dem am 13. März 2002 mit dem IMF unterzeichneten Memorandum of Understanding hat Österreich die Fertigstellung eines geeigneten Objekts bis 1. Mai 2003 zugesagt.

Abs. 3 normiert die Verpflichtung des Direktors/der Direktorin zur Vorlage des Arbeitsprogramms und des Budgets an den Rat. Die hiefür geltenden Richtlinien erlässt der Rat (vgl. Art. V Abs. 2 lit. g (i)).

Abs. 4 regelt die Vorlage des Tätigkeitsberichtes und des Rechnungsabschlusses an den Rat. Die hiefür geltenden Richtlinien werden ebenfalls vom Rat erlassen (vgl. Art. V Abs. 2 lit. g (i)).

Zu Artikel X

Abs. 1 begrenzt die Verpflichtungen der Parteien und assoziierten Mitglieder auf jene Beiträge, zu deren Leistung sie sich ausdrücklich verpflichtet haben.

Abs. 2 normiert einen Haftungsausschluss der Vertragsparteien für die Verbindlichkeiten des Instituts.

Zu den Artikeln XI-XVI

Diese Artikel enthalten die üblichen Schlussklauseln. Die Änderung des Übereinkommens bedarf der Zustimmung aller Vertragsparteien (Art. XI), Unterzeichnung durch die genannten internationalen Organisationen (Art. XII Abs. 1), In- Kraft- Treten nach Unterzeichnung durch vier dieser Organisationen (Abs. 2), Bestellung Österreichs zum Depositär des Vertrags (Abs. 3).

Meinungsverschiedenheiten zwischen dem JVI und einer Vertragspartei oder zwischen Vertragsparteien dieses Übereinkommens werden durch Verhandlung oder eine andere Streitbeilegungsmethode beigelegt. Für Streitigkeiten zwischen der Republik Österreich und dem JVI betreffend Amtssitzfragen gilt die Streitbeilegungsklausel des Amtssitzabkommens (vgl. Art. 20).

Regelung des Rücktritts vom Vertrag (Art. XIV), Beendigung (Art. XV) und Beitritt. Da dem ursprünglichen Übereinkommen bisher nur internationale Organisationen angehörten und die Teilnahme von Staaten nicht vorgesehen war, musste in die vorliegende Änderung eine neue Bestimmung über den Beitritt der Republik Österreich aufgenommen werden (vgl. Art. XVI Abs. 1).