VORBLATT

Problem:

Derzeit besteht keine Möglichkeit, das Kapitel I des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit zu kündigen. Der Generalsekretär des Europarates schlug vor, im schriftlichen Verfahren eine Übereinkunft über die Auslegung im Sinne von Artikel 31 Abs. 3 lit. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge zu schließen, um die Kündigung des Kapitels I des Übereinkommens zu ermöglichen.

Problemlösung:

Zustimmung zu einer Übereinkunft mit dem Inhalt, dass eine Kündigung des Kapitel I des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit möglich ist.

Alternativen:

Förmliche Änderung des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Schaffung der Möglichkeit, das Kapitel I des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit zu kündigen, steht nicht im Widerspruch zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union. Diese Möglichkeit berührt nicht das im Rahmen des Europarates entstandene Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit (BGBl. III Nr. 39/2000).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG


ERLÄUTERUNGEN

Allgemeiner Teil

Die Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Artikel 50 Abs. 1 B-VG. Sie enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Sie hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich zugänglich, so dass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da die Übereinkunft auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder regelt, bedarf sie überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter Satz B-VG.

Das Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (BGBl. Nr. 471/1975) bleibt gemäß seinem Art. 12 Abs. 1 auf unbegrenzte Zeit in Kraft. Das Übereinkommen sieht in Art. 12 Abs. 2 vor, dass jede Vertragspartei dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen kann, soweit es sie selbst betrifft. Die Möglichkeit einer teilweisen Kündigung des Übereinkommens ist nicht vorgesehen.

Einige der Vertragsparteien haben erklärt, dass sie nicht mehr an Kapitel I des Übereinkommens gebunden sein wollen, da ihre nationale Gesetzgebung nicht mehr den im Übereinkommen enthaltenen Bestimmungen entspricht. Von Österreich ist eine Kündigung des Kapitel I nicht beabsichtigt.

Der Generalsekretär des Europarates hat in einer Note vom 5. März 2003 nun vorgeschlagen, eine Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens aus 1963 im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. a des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, BGBl. Nr. 40/1980, abzuschließen, mit der  die Möglichkeit der Kündigung des Kapitels I des Übereinkommens geschaffen werden soll. Alle Vertragsparteien sollen dem Generalsekretär bestätigen, dass jede Vertragspartei, soweit sie betroffen ist, jederzeit das Kapitel I dieses Übereinkommens durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen kann, diese Kündigung ein Jahr nach dem Datum des Erhalts einer solchen Notifikation durch den Generalsekretär wirksam wird und die Bestimmungen des Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in der durch das Protokoll von 1977 zur Änderung des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit geänderten Form gelten. Österreich ist diesem Protokoll nicht beigetreten.

Die Schaffung der Möglichkeit der Kündigung eines Kapitels des Übereinkommens stellt eine Übereinkunft dar, mit der die Vertragsparteien des Übereinkommmens eine einheitliche – authentische - Interpretation des Art. 12 Abs. 2 festlegen. Diese Übereinkunft bedarf gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung des Nationalrats. Österreich hat daher zunächst gegenüber dem Generalsekretär mitgeteilt, dass die Zustimmung zur Schaffung der Möglichkeit, das Kapitel I des Übereinkommens zu kündigen, nur nach Abschluss des innerstaatlichen Genehmigungsverfahrens möglich ist.

Auch mit Anwendung des Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in Form der Änderung des Protokolls von 1977 kommt für eine Vertragspartei, die Kapitel I kündigt, gegenüber Österreich nur Kapitel II zur Anwendung. Dies entspricht dem Fall nach derzeitiger Rechtslage, wenn eine Vertragspartei bei Ratifikation des Übereinkommens die Erklärung abgibt, dass sie lediglich das Kapitel II anwenden wird.

Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in Form der Änderung des Protokolls von 1977 wird als mittelbarer Vertragsbestandteil der vorliegenden Übereinkunft aus Gründen der Publizität auf Grund von § 2 Abs. 5 Z 5 BGBlG, BGBl. Nr. 660/1996, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 47/2001, im Teil III des Bundesgesetzblattes verlautbart.

Die Zustimmung Österreichs zur Schaffung der Möglichkeit der Kündigung des Kapitels I des Übereinkommens soll nach erfolgter parlamentarischer Genehmigung durch eine Note an den Generalsekretär des Europarates zum Ausdruck gebracht werden.

Besonderer Teil:

Durch Art. 3 des Protokolls von 1977 zur Änderung des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit wurde Art. 7 des Übereinkommens geändert (sh. Anhang). Österreich ist dem Protokoll von Jahr 1977 nicht beigetreten.

Artikel 7 Abs. 1 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit in der durch das Protokoll von 1977 geänderten Form bestimmt, dass jede Vertragspartei die Kapitel I und II anwendet. Jede Vertragspartei kann jedoch bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde erklären, dass sie lediglich das Kapitel I oder das Kapitel II anwenden wird. Jede Vertragspartei kann in der Folge gegenüber dem Generalsekretär des Europarats mitteilen, dass sie alle Bestimmungen der Kapitel I und Kapitel II anwenden wird. Diese Notifikation wird mit dem Tag ihres Einlangens wirksam.

Nach Artikel 7 Abs. 2 des Übereinkommens in der durch das Protokoll von 1977 geänderten Form gelten die Kapitel I und II nur zwischen den Vertragsparteien, die die jeweiligen Kapitel anwenden.

Auch mit Anwendung des Art. 7 Abs. 2 des Übereinkommens in der durch das Protokoll von 1977 geänderten Form kommt nach Schaffung der Möglichkeit, Kapitel I des Übereinkommens zu kündigen, für eine Vertragspartei, die Kapitel I kündigt, gegenüber Österreich nur Kapitel II zur Anwendung. Dies entspricht dem Fall nach derzeitiger Rechtslage, wenn eine Vertragspartei bei Ratifikation des Übereinkommens die Erklärung abgibt, dass sie lediglich das Kapitel II anwenden wird. Österreich wendet Kapitel I und Kapitel II des Übereinkommens in Form vor Änderung durch das Protokoll von 1977 an.


Anhang

Protokoll, Art. 3

(deutsche Übersetzung)

Protokoll

zur Änderung des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher

Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit

 „Artikel 3:

Artikel 7 des Übereinkommens wird wie folgt geändert:

(1)    ...

(2)    Die Kapitel I und II gelten nur zwischen den Vertragsparteien, die das jeweilige Kapitel anwenden.“