Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs.5 GOG

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser

zum Bericht des Finanzausschusses über Veräußerung der Bundeswohnbaugesellschaften

Der vorliegende Gesetzestext stellt dem Finanzminister einen Freibrief aus, in welcher Form und zu welchem Zeitpunkt und durch welche Institution die fünf Bundeswohnbaugesellschaften verkauft werden sollen. Lediglich  die Zielvorgabe „bestmöglich“ definiert eine Rahmenbedingung. Damit sind die Kontrollmöglichkeiten des Parlament bei einer wohnungs- und finanzpolitischen nicht unerheblichen  Frage stark eingeschränkt. Vor allem die bisherige Herangehensweise lässt eine genauere parlamentarische Begleitung des Abverkaufs als notwendig erscheinen, damit nicht wohnungs- und finanzpolitisches Fehlentscheidungen getroffen werden.

 

Nachdem mit den Budgetbegleitgesetzen 2000 bereits in der XXI GP die politische Entscheidung zum Abverkauf der Bundeswohnbaugesellschaften gefallen war, begannen die Verkaufsvorbereitungen mit dem Ziel bis Ende 2002 ein Volumen von  62 000 Wohnungen zu veräußern, um damit den Rückzug des Staates auf seine Kernaufgaben und Einnahmen zum Zweck der Schuldentilgung zu bewirken. Von Seiten des Ressorts wurde mit Verkaufserlösen in der Höhe von € 2,2 Mrd gerechnet.

 

Das Kaufangebot an die MieterInnen stieß aufgrund der Erfüllung von  drei Auflagen:

 

         – Mindestquote 25%-30%

         – Verfahrensschätzkosten (ca. 7000.-ATS, d.h  50% der Parifizierungs- und Schätzkosten)

         – Verzicht auf wertbildende Umstände aus Miet und Nutzungsverhältnissen

 

auf äußerst geringes Interesse – nur ca 2000 konkrete Kaufoptionen stellten sich ein. Die Auflagen wurden von der AK bis dato erfolgreich gerichtlich angefochten, die Prozesskosten stehen noch aus.

 

Um die fünf bundeseigenen Wohnbaugesellschaften auf dem internationalen Investmentmarkt zu positionieren, wurde im September 2002 das Investmentbankhaus Lehman Brothers mit einer Konzepterstellung und der Abwicklung des Verkaufs beauftragt., obwohl es nicht Billigstbieter des Ausschreibungsverfahrens war. Ein Honorar von 10,2 Mio € wurde in Aussicht gestellt. Inzwischen reduzierten sich die Erwartungen bezüglich des Verkaufserlöses auf maximal 1 Mrd €.

 

Nachdem budgetpolitische Überlegungen in den Vordergrund traten und damit eine Abwicklung des Verkaufs durch die ÖIAG oder die BIG in Erwägung gezogen wurden, reduziert sich die Leistung von Lehman Brothers womöglich auf die Konzepterstellung, die nur auf Basis der Beauftragung von Subunternehmen und Beiziehung von Experten aus den betroffenen Gesellschaften möglich war. Damit erübrigen sich die Leistungen von Lehman Brothers beinahe.

 

Die Grundentscheidung über den Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften erfolgte unseres Erachtens ohne konkrete finanzpolitische Abwägung des Verhältnis Zinsersparnis durch Schuldentilgung einerseits und Ertrag aus Vermietung bzw. Dividende anderseits. Dieses fiele für das Jahr 2001 zu Ungunsten des Verkaufs aus, da die Gewinnausschüttung weit über der Zinsersparnis lagen.[1] Außerdem sind derzeit die Preisverhältnisse auf dem Immobilienmarkt für Verkäufe ungünstig, noch dazu, wo gleichzeitig die BIG ein Kontingent von bis zu 5000 Wohnungen veräußern muss.[2]

Darüber hinaus wurde auf die Berücksichtigung der Erfahrungen beim Verkauf diverser Wohnbaugesellschaften in der BRD verzichtet. Hier erwies sich die Veräußerung an einen japanischen Investor als sehr ungünstig.

 

Auch wohnungspolitisch ist die Grundentscheidung über den Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaft nicht unproblematisch. Denn damit werden dem Wohnungsbereich insgesamt an die 62 000 Wohnungen entzogen, die in Hinkunft bei Neuvermietungen nicht mehr der sozial ausgerichteten Mietzinsbildung des WGG unterliegen

Angesichts reduzierter Wohnbauförderungsmittel und eines sich abzeichnenden Rückgangs des Angebot leistbaren Wohnens stellt dies eine sozialpolitische und standortpolitische kontraproduktive Maßnahme dar.

 

 



[1] 2001 wurden die Rücklagen in der Höhe von € 310 Mio aufgelöst (BUWOG: 130,578, WAG: 179 594) , Bewertungsreseven von € 142 Mio blieben vorerst, Gewinnausschüttungen in der Höhe von € 28,5 Mio BuWOG und € 60,5 Mio WAG flossen dem Budget zu. (XXI 4245AB ), die Reduktion der Staatsschulden um 1 Mrd € würde zu einer Zinsersparnis von ca. 50 Mio €/jahr führen.

 

[2] Durch die Budgeterfordernisse sollen durch die BIG in den nächsten zwei Jahren über 5000 Wohnungen verkauft werden, um den veranschlagten Erlös von € 177,2 Mio und € 267,2 Mio zu erzielen.

Insgesamt sollen von der BIG 03/04 in Summe € 464 Mio an Sonderdividende ins Bundesbudget fließen (jährl. Mieteinnahmen von € 600 Mio, 01 Bilanzgewinn von € 100,7 Mio).