149 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Außenpolitischen Ausschusses
über die Regierungsvorlage (81 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G), das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden (EZA-Gesetz-Novelle 2003)
Das Regierungsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die XXII. Gesetzgebungsperiode bekennt sich zum Ausbau der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit in Richtung europäischer Zielsetzungen. Punkt 13 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Barcelona vom 16. März 2002 sieht vor, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf jeden Fall bestrebt sein werden, im Rahmen ihrer jeweiligen Haushaltsmittelzuweisungen bis 2006 mindestens ein Volumen von 0,33% des BIP für öffentliche Entwicklungshilfe zu erreichen. Im Hinblick auf die vom Europäischen Rat von Barcelona vorgegebenen Ziele sieht das Regierungsprogramm vor, dass in den Jahren 2004 bis 2006 für Entwicklungsprojekte ausreichend Vorsorge getroffen werden soll. Das erhöhte Volumen der Entwicklungszusammenarbeit setzt gesteigerte Durchführungskapazitäten voraus. Weiters sollen die Zusammenhänge zwischen den österreichischen Entwicklungsaktivitäten und der österreichischen Wirtschaft verstärkt sowie entsprechende Strukturen für die Abwicklung von EU-finanzierten Projekten geschaffen werden.
Dem Beispiel zahlreicher europäischer Staaten folgend soll daher die Erarbeitung und Abwicklung der operationellen Maßnahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit an eine neu zu errichtende Gesellschaft, die Österreichische Gesellschaft für Entwicklungszusammenarbeit mit dem Firmenwortlaut Austrian Development Agency, kurz ADA, übertragen werden. Die Übertragung erstreckt sich auch auf die sog. Osthilfe, die ebenfalls unter die Definition des § 3 Abs. 1 EZA-G fällt.
Für die ADA sollen, abgesehen von den in der vorliegenden Novelle zum EZA-G enthaltenen Regelungen, die Bestimmungen des GmbH-Gesetzes gelten (vgl. § 6 Abs. 3 zweiter Satz EZA-G in der Fassung der Novelle).
Die ADA soll ihre Tätigkeit mit 1. Jänner 2004 aufnehmen (vgl. § 6 Abs. 3 erster Satz EZA-G in der Fassung der Novelle). Zur Vorbereitung ihrer Tätigkeit wird schon vorher nach öffentlicher Ausschreibung ein Geschäftsführer/eine Geschäftsführerin zu bestellen sein; die erste Geschäftsführung hat dann innerhalb von sechs Monaten ab Bestellung ein Unternehmenskonzept der ADA auszuarbeiten (vgl. § 9 Abs. 4 und § 11 EZA-G in der Fassung der Novelle).
Auf die ADA wird mit 1. Jänner 2004 das bisher im Eigentum des Bundes stehende, vom Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten verwaltete und überwiegend genutzte bewegliche Vermögen, das zur Wahrnehmung der Aufgaben der ADA erforderlich ist, übergehen (vgl. § 7 Abs. 1 EZA-G in der Fassung der Novelle).
Die Überleitung von Beamten und vertraglich Bediensteten des BMaA in ein Arbeitsverhältnis mit der ADA ist vorgesehen (vgl. § 15 ff. EZA-G in der Fassung der Novelle).
Der Betrieb der österreichischen EZA-Koordinationsbüros – derzeit bestehen solche in Addis Abeba (Äthiopien), Beira und Maputo (Mosambik), Belgrad (Serbien und Montenegro), Bujumbura (Burundi), Dakar (Senegal), Kampala (Uganda), Managua (Nicaragua), Ouagadougou (Burkina Faso), Praia (Kap Verde), Ramallah (Gebiet der Palästinensischen Behörde für das Westjordanland und den Gaza-Streifen), Sarajewo (Bosnien und Herzegowina), Skopje (Mazedonien), Thimphu (Bhutan) sowie Tirana (Albanien) – wird auf die ADA übergehen (vgl. § 13 EZA-G in der Fassung der Novelle). Da diese Büros – insbesondere in Staaten, in denen es keine österreichischen Vertretungsbehörden gibt – auch weiterhin, wenn auch nur in Einzelfällen, Aufgaben der österreichischen Außenpolitik wahrzunehmen haben werden, sieht die Novelle die Bestellung der Leiter/Leiterinnen der Koordinationsbüros (§ 13 Abs. 2 EZA-G) und eine direkte Weisungserteilung an diese durch den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten vor (vgl. § 13 Abs. 2 und § 14 Abs. 1 EZA-G).
Der Gesetzentwurf unterliegt hinsichtlich des neuen § 7 EZA-G gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG keiner Mitwirkung des Bundesrates, da § 7 eine Verfügung über Bundesvermögen vornimmt.
Finanzielle Auswirkungen:
Die Mittel für das einzuzahlende Stammkapital belaufen sich auf € 70.000,-. Die Mittel der vom Bund einzubringenden zusätzlichen Bareinlage in Höhe von € 910.000.- setzen sich zusammen aus € 240.000,-, welche zum Ausgleich der zu bildenden Rückstellungen für das Sozialkapital herangezogen werden, sowie aus € 670.000,- für in der Startphase anfallende Kosten für die Errichtung und Neuausstattung der ADA. Diese Kosten umschließen insbesondere Ausgaben in den Bereichen rechtliche und wirtschaftliche Beratung, Erstellung der Eröffnungsbilanz, Firmenbucheintragung, EDV, Neueinrichtung und bauliche Veränderungen und werden nach Maßgabe des tatsächlichen Bedarfs abgegolten.
Die ADA nimmt mit 1. Jänner 2004 ihre Arbeit auf. Das Bundesfinanzgesetz 2004 sieht eine Erhöhung der Leistung für Entwicklungszusammenarbeit im BMaA für das Jahr 2004 von insgesamt € 30 Mio. gegenüber dem Vorjahr vor. Ein Teil des erhöhten Projektvolumens wird für die Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung in den Entwicklungsländern unter Nutzung des österreichischen Potentials eingesetzt werden. Dies setzt die Schaffung eines neuen Instrumentariums und die Einrichtung neuer Strukturen im In- und Ausland voraus. Aufgrund des erhöhten Projektvolumens wird es zu einer Erhöhung des administrativen Aufwands kommen. Zur Erfüllung der übertragenen Tätigkeit benötigt die ADA im Jahr 2004 eine Basisabgeltung von € 11.717.700,-.
Die Kostenberechnung für die Basiszuwendung 2004 basiert auf den im Bundesfinanzgesetz 2004 vorgesehenen Leistungen für Entwicklungszusammenarbeit. Punkt 13 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Barcelona vom 16. März 2002 sieht vor, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bis 2006 mindestens ein Volumen von 0,33% des BIP für öffentliche Entwicklungshilfe ausgeben sollen. Dies macht weitere Steigerungen der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit notwendig, welche zu einer Erhöhung der jährlichen Basisabgeltung in den Folgejahren führen werden. Da die Höhe der gesteigerten Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit in den Jahren 2005-2007 noch nicht feststeht, wurde in den Tabellen im allgemeinen Teil der Erläuterungen die Höhe der Basisabgeltung des Jahres 2004 für die Jahre 2005-2007 fortgeschrieben. Eine Steigerung der Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit hat auch eine entsprechende Anhebung der jährlichen Basisabgeltung der ADA in diesen Jahren zur Folge.
Die Bedeckung sämtlicher mit der Ausgliederung verbundenen Kosten werden durch Umschichtungen im Rahmen des Budgets des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten aufgebracht.
Der Außenpolitische Ausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage erstmals in seiner Sitzung am 17. Juni 2003 in Verhandlung genommen und nach Berichterstattung durch den Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger zur weiteren Behandlung einem Unterausschuss zugewiesen, dem vom Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei die Abgeordneten Mag. Dr. Alfred Brader, Carina Felzmann (Schriftführerin), Franz Glaser, Maria Grander, Mag. Karin Hakl (Obfraustellvertreterin) und Jochen Pack, von der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion die Abgeordneten Petra Bayr (Obfrau), Dr. Christoph Matznetter, Mag. Christine Muttonen (Schriftführerin), Mag. Walter Posch und Mag. Melitta Trunk, vom Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordnete Mag. Eduard Mainoni (Obfraustellvertreter) sowie vom Parlamentsklub der Grünen die Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Obfraustellvertreterin) angehörten.
Der genannte Unterausschuss beschäftigte sich unter Beiziehung von Experten in seiner Sitzung am 23. Juni 2003 mit der gegenständlichen Materie.
Die Obfrau des Unterausschusses,
Abgeordnete Petra Bayr, berichtete dem
Außenpolitischen Ausschuss in dessen Sitzung am 1. Juli 2003 über das
Ergebnis der Beratungen des Unterausschusses. An der sich daran anschließenden
Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Petra Bayr,
Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Karin Hakl, Mag. Eduard Mainoni,
Herbert Scheibner, Dr. Caspar Einem,
Dr. Alfred Brader und Dr. Evelin Lichtenberger sowie die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.
Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend §§ 1 Abs. 4 und 12 Abs. 1 EZA-G ein, der wie folgt begründet war:
„Zu 1. (Einfügung einer neuen Z 1
in Art. 1 des Gesetzesvorschlages: § 1 Abs. 4 EZA-G):
Kinder und behinderte Menschen in den Entwicklungsländern sind in hohem Maße von Armut betroffen, umgekehrt sind von Armut betroffene Menschen von Behinderung bedroht. Armut wirkt sich weiters insbesondere auch auf das Schicksal der Kinder aus, welche oft an leicht zu heilenden Krankheiten oder Unterernährung leiden müssen.
Im Sinne der Zielsetzung des § 1 Abs. 3 Z 1 EZA-G kommt daher auch der Berücksichtigung der Anliegen von Behinderten und Kindern bei der Durchführung von armutsorientierten Projekten der Entwicklungszusammenarbeit besondere Bedeutung zu.
Zu 2. (Änderung von Art. 1 Z 6
des Gesetzesvorschlages: § 12 Abs. 1 EZA-G):
Durch die vorgeschlagene Änderung wird in § 12 Abs. 1 eine neue Z 3 eingefügt, die die Bestellung eines Mitglieds des Aufsichtsrats der ADA durch die Landeshauptmänner im Wege der Verbindungsstelle der Bundesländer vorsieht. Durch diese Bestimmung wird dem großen Engagement der österreichischen Bundesländer im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit Rechnung getragen.
Die Formulierung der neuen Z 3 (‚Landeshauptmännern im Wege der Verbindungsstelle der Bundesländer’) orientiert sich an Art. 8 Abs. 3 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration, BGBl. Nr. 775/1992.
Folgen dieser Änderung sind die Erhöhung der Gesamtzahl der Mitglieder des Aufsichtsrats auf 12 und seiner vom Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten zu bestellenden Mitglieder auf 6 sowie die Neubezeichnung der Z 3 in § 12 Abs. 1 EZA-G als Z 4.“
Ein von den Abgeordneten Petra Bayr, Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Abänderungsantrag betreffend § 1 Abs. 4 EZA-G fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.
Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit angenommen.
Ferner beschloss der Außenpolitische Ausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:
„Zur Rolle der
Nichtregierungsorganisationen:
Den Nichtregierungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit kommt eine wichtige Rolle bei der Durchführung von EZA-Projekten zu. In diesem Sinn hält § 4 Abs. 2 EZA-G fest, dass bei der Durchführung der Entwicklungszusammenarbeit der Bund in erster Linie die Verwaltungs- und Projektdurchführungskapazitäten der Entwicklungsländer nutzen wird und damit deren zivilgesellschaftliche und öffentliche Strukturen stärken wird. Der Bund wird weiters danach trachten, zur Erbringung seiner Leistungen Organisationen im Sinne des § 3 Abs. 2 zur Durchführung heranzuziehen, sofern dies nach Art und Umfang der zu erbringenden Leistungen sowie im Hinblick auf die Kapazitäten der Entwicklungsländer und Organisationen im Sinne des § 3 Abs. 2 angemessen und für die Erreichung der Ziele dieser Leistungen förderlich ist.
Die mit der gegenständlichen Novelle zum Entwicklungszusammenarbeitsgesetz verbundene Neustrukturierung der EZA durch Ausgliederung der operationellen Abwicklung der EZA ist nicht darauf ausgerichtet, die wichtige Funktion der NGOs der Entwicklungszusammenarbeit einzuschränken. Die selbstständige Durchführung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit durch den Bund, die bereits nach der bestehenden Rechtslage möglich ist, soll weiterhin nicht die Regel werden.
Eine wichtige Aufgabe der ADA im Sinne des § 8 Abs. 1 wird daher u.a. die Durchführung von Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit im Wege der Vergabe von Förderungen sein.“
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2003 07 01
Mag. Karin Hakl Peter Schieder
Berichterstatterin Obmann