Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek

zum Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (81 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Entwicklungszusammenarbeit (Entwicklungszusammenarbeitsgesetz, EZA-G), das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 und das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1985 geändert werden (EZA-Gesetz-Novelle 2003)

Grundsätzliches

Eine Agentur in Form einer GmbH soll nach Plänen des Außenministeriums ab 1.1.2004 die Projekte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA) abwickeln. Die Grünen halten die Vorgehensweise der Regierung (äußerst kurze Begutachtung sowie kaum Zeit für parlamentarische Beratungen sowie öffentliche Debatte) sowie einige zentrale inhaltliche Aspekte der Ausgliederung – trotz einiger positiver Schritte – insgesamt für äußerst problematisch.

Positiv ist zwar zu sehen,

·       dass nach Jahren der Reduzierung des Budgets endlich ein erster Schritt in Richtung einer Erhöhung der EZA-Mittel gesetzt wurde (Erhöhung von 30 Mio. Euro im Jahr 2004);

·       dass das BMaA/Sektion VII auch weiterhin für die „strategischen Aufgabenbereiche“ verantwortlich ist (obwohl dies eigentlich der Geschäftsführung der als GesmbH konzipierten ADA keinen Spielraum für eigenverantwortliches Handeln lässt);

·       dass durch die Änderung der Struktur versucht wird, mehr Mittel von internationalen Organisationen (insbesondere der EU) zu lukrieren.

Fraglich ist dagegen,

·       ob eine Ausgliederung wirklich mehr Effizienzsteigerung bringt (in den Erläuterungen werden  „mehr Durchführungskapazitäten“ angekündigt, „Zusammenhänge zwischen den österreichischen Entwicklungsaktivitäten und der österreichischen Wirtschaft“ sollen „verstärkt“ werden). Diese Zweifel hat auch der Rechnungshof in seiner Stellungnahme vermerkt;

·       ob die bisher fehlende Kohärenz zwischen den in diversen Ministerien aufgesplitterten EZA-Agenden, die der ODA zugerechnet werden, durch die Einbindung der verschiedenen Ministerien in den Aufsichtsrat der ADA gewährleistet ist. Die Tätigkeit des Aufsichtsrates bezieht sich ja nur auf die ADA-Agenden und nicht auf andere Bereiche der jeweiligen Ministerien, die ebenfalls der österreichischen ODA zugerechnet werden. Somit kann § 22 nicht erfüllt werden (siehe auch dort).

Negativ zu bewerten ist,

·       dass kein verbindlicher Finanzplan über eine Erhöhung der Mittel auf 0,33 % des Bruttonationaleinkommens bis zum Jahr 2006 vorgelegt wurde. Die für 2004 beschlossene Budgeterhöhung um € 30 Mio. ist mit den vorhandenen Strukturen zweifellos auch abzuwickeln;

·       dass die Kontrollfunktion des Parlamentes für diesen wichtigen Bereich der österreichischen Außenpolitik massiv eingeschränkt wird;

·       dass weder ausreichend Zeit für eine ausführliche Debatte in den parlamentarischen Gremien noch in der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestanden ist;

·       dass die NGOs im Vorfeld nicht ausreichend eingebunden wurden (Anfragebeantwortung Ferrero-Waldner: „Mit den Nicht-Regierungsorganisationen gibt es seit einiger Zeit regelmäßige Sitzungen zu diesem Thema.“ Laut Angaben der AGEZ wurden diese Sitzungen jedoch oftmals nicht eingehalten und das Gefühl einer „Einbindung“ hat sich bis heute nicht eingestellt. Ein von den NGOs vorgeschlagener breiter Dialog mit allen AkteurInnen fand auf jeden Fall nicht statt);

·       dass die Arbeit der NGOs nicht finanziell abgesichert wird (die AGEZ fordert einen eigenen NGO-Bereich im Rahmen des Budgetansatzes 205, woraus sich schon Vorgaben für die ADA bei der Projektvergabe ergeben würden);

·       dass die Förderung von Frauen (die den Großteil der Verarmten in den Entwicklungsländern ausmachen) keinerlei Erwähnung findet;

·       dass weiterhin Unklarheit darüber besteht, an wen mit der Formulierung „Entgelte von Dritten“ bzw. „private Zuwendungen“ gedacht ist, bzw. keine Richtlinien für diese Zuwendungen festgelegt werden. Darüber konnte die Ministerin während der parlamentarischen Beratungen keine schlüssige Antwort geben. (s. auch § 10 Abs. 4 und 5)

Weiters ist zu beachten,

·       dass österreichische Unternehmen natürlich bei der Abwicklung von Projekten einbezogen werden können. Allerdings sollte dies nur dann erfolgen, wenn die Leistungen vor Ort oder in der Region nicht günstiger erbracht werden können.

Regelungen im Detail:

Zu § 2 Abs. 3

Hier sollte als weitere Maßnahme der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit auch die Förderung und Stärkung der Zivilgesellschaft in den Entwicklungsländern verankert werden (wurde auch vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen gefordert).

Zu § 8 Abs. 2

Das jährliche Arbeitsprogramm samt Jahresbudget sollte nicht nur der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten vorgelegt und von  dieser genehmigt werden. Das Parlament sollte über Programm wie Budget ebenfalls entscheiden können.

Darüber hinaus wird dadurch von ADA entwicklungspolitische Kompetenz, Vordenken und die Entwicklung neuer Konzepte erwartet, die sie als Durchführungsorganisation eigentlich nicht entwickeln kann.

Zu § 9 Abs. 4

Im Gegensatz zu den verwaltungstechnischen Details, die sehr detailliert aufgeführt sind, bleibt die inhaltliche Ausrichtung vage. Hier überlässt es das Gesetz der künftigen Geschäftsführung der ADA, Strategien und Konzepte genauer auszuarbeiten (wiewohl „auf die Ziel und Prinzipien der österreichischen Entwicklungspolitik Bedacht genommen“ werden muss).

Zu § 10 Abs. 4 und 5

Auch wenn aus dem Besonderen Teil hervorgeht, dass die Möglichkeit privater Zuwendungen nicht bedeutet, „dass die ADA dazu angehalten ist, sich durch öffentliche Spendenaufrufe zu finanzieren“, schließt dies die Annahme privater Mittel  und das Sammeln von Spenden in der Zukunft nicht aus. Dies könnte außerdem zu größeren Zuwendungen von Firmen führen, die sich um die Durchführung von Projekten bewerben wollen und sich daraus Vorteile erhoffen.

Es wäre daher angebracht, die Möglichkeit privater Zuwendungen an die ADA zu untersagen oder zumindest ganz klare Richtlinien dafür vorzugeben.

Zu § 11

Im Gegensatz zu § 13 Abs. 2, der die Anforderungen für die LeiterInnen der Koordinationsbüros regelt, sind solche Anforderungen für den Geschäftsführer/die Geschäftsführerin der ADA nicht angeführt. Diese wären zu ergänzen (wie etwa mehrjährige Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit).

Zu § 12

Im Gegensatz zu § 13 Abs. 2, der die Anforderungen für die LeiterInnen der Koordinationsbüros regelt, sind solche Anforderungen für die Aufsichtsratsmitglieder der ADA nicht angeführt. Diese wären zu ergänzen (wie etwa Erfahrungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit). Auch sollte ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis im Aufsichtsrat gewährleistet sein, wie dies auch das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen in seiner Stellungnahme anregt.

Zu § 12 Abs. 5 Z 4 und § 13 Abs. 1

Die Entscheidungskompetenz über die Errichtung und Schließung von Koordinationsbüros ist unklar, wenn dies in § 12 durch den Aufsichtsrat, in § 13 jedoch durch die Bundesministerin geschehen soll.

Zu § 22:

Das Gesetz schreibt zwar vor, alle der OECD gemeldeten ODA-Leistungen nach den Prinzipien der österreichischen Entwicklungspolitik auszurichten, schreibt aber nicht konkret vor, wie dies zu bewerkstelligen sei.

Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Außenministeriums, die alle betroffenen Ministerien und darüber hinaus auch Nichtregierungsorganisationen sowie VertreterInnen der Länder (die ja selbst Entwicklungsprojekte finanzieren) umfasst, sollte eingerichtet werden.

Zu Erläuterungen / Finanzielle Auswirkungen der Ausgliederung:

·       Personalausgaben: hier ist keine weitere Personalaufnahme zu erkennen, aus den Fußnoten a) und b) ist dies ebenfalls zu sehen (die 57 Personen werden auf ADA, 25, und Sektion VII „neu“, 32, aufgeteilt. Wie sollen dann die Mehraufgaben durch die angebliche Erhöhung der bilateralen ODA bewältigt werden?

·       Mit obigem Punkt zusammenhängend: wofür werden die „Abwicklungskosten“ für zusätzliche Aufgaben über 2.850.000,-- verwendet?

Wien, 1.7.2003

Mag. Ulrike Lunacek