182 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über die Regierungsvorlage (13 der Beilagen): Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung

1. Das Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 28. Mai 1999 hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Das Übereinkommen enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz ist nicht erforderlich, weil keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

2. Am 28. Mai 1999 ist die von der internationalen Zivilluftfahrtsorganisation (ICAO) in Montreal einberufene diplomatische Konferenz mit der Unterzeichnung eines Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr durch 55 Staaten zu Ende gegangen (mittlerweile zählt das Übereinkommen 71 Signatarstaaten). Mit diesem Übereinkommen hat die internationale Gemeinschaft einen wichtigen Schritt zur Schaffung moderner einheitlicher zivilrechtlicher Regelungen für die Zivilluftfahrt gesetzt und die Bemühungen um eine Konsolidierung und Modernisierung des so genannten Warschauer Systems zu einem Abschluss gebracht.

3. Das Übereinkommen, das 57 Artikel umfasst, gliedert sich in sieben Kapitel (allgemeine Bestimmungen; Urkunden und Pflichten der Parteien betreffend die Beförderung von Reisenden, Reisegepäck und Gütern; Haftung des Luftfrachtführers und Umfang des Schadenersatzes; gemischte Beförderung; Luftbeförderung durch einen anderen als den vertraglichen Luftfrachtführer; sonstige Bestimmungen; Schlussbestimmungen). Es ist in arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache geschlossen, wobei alle diese Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich sind. Die Übersetzung in die deutsche Sprache wurde auf einer Übersetzungskonferenz von Vertretern der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Österreichs erarbeitet. Sie wird, sobald diese Staaten Vertragsstaaten geworden sind, in jedem von ihnen als amtliche Übersetzung kundgemacht werden; dabei werden allerdings für jeden der deutschsprachigen Staaten einige wenige abweichende Ausdrücke verwendet werden, die dem Sprachgebrauch und der Rechtssprache des betreffenden Staates entsprechen. Die Übersetzung ist vom Sprachendienst der EU übernommen worden.

4. Das Übereinkommen soll im Wesentlichen zwei Ziele verwirklichen:

a)     das Warschauer Übereinkommen von 1929 mit seinen zahlreichen Änderungs- und Zusatzprotokollen ist zu einem unübersichtlichen System geworden; indem ein einheitliches Rechtsinstrument an seine Stelle tritt, wird die Rechtssicherheit erhöht und der internationale Rechtsverkehr erleichtert;

b)     inhaltlich wird eine Rechtslage geschaffen, die den geänderten Gegebenheiten und Bedürfnissen entspricht (Haftungshöchstgrenzen für Personenschäden, elektronische Luftfrachtbriefe).

5. Das Übereinkommen, das auf die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck sowie von Frachtgut zwischen zwei Vertragsstaaten anzuwenden ist, regelt im Wesentlichen:

      die praktisch wichtigsten Aspekte des Luftbeförderungsvertrages;

      Inhalt und Art der Beförderungsurkunden (Beförderungsschein, Luftfrachtbrief, Empfangsbestätigung);

      die Haftung des Luftfrachtführers gegenüber dem Vertragspartner und die Grenzen dieser Haftung;

      die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch Passagiere oder Absender der Fracht gegen den Luftfrachtführer;

      die von einem anderem als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Luftbeförderung.

Das Übereinkommen ersetzt das Warschauer System, indem es die Regelungen aus den folgenden internationalen Instrumenten – zum Teil inhaltlich geändert – zusammenführt:

      Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Warschauer Abkommen), unterzeichnet in Warschau am 12. Oktober 1929 (BGBl. Nr. 286/1929, WA);

      Protokoll zur Änderung des Warschauer Abkommens, beschlossen in Den Haag am 28. September 1955 (BGBl. Nr. 161/1971);

       Zusatzabkommen zum Warschauer Abkommen, unterzeichnet in Guadalajara am 18. September 1961 (Zusatzabkommen von Guadalajara);

      Protokoll zur Änderung des Warschauer Abkommens, unterzeichnet in Guatemala am 8. März 1971 (Protokoll von Guatemala);

       Zusatzprotokolle Nr. 1 bis 3 und Protokoll von Montreal Nr. 4 zur Änderung des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls und des Protokolls von Guatemala, unterzeichnet in Montreal am 25. September 1975 (Protokolle von Montreal).

6. Das Übereinkommen übernimmt zu einem Großteil die Bestimmungen des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls wörtlich, für die Beförderungsurkunden und die Beförderung von Fracht die des Vierten Montrealer Protokolls und für die Regelungen über die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Luftbeförderung die Bestimmungen des Zusatzabkommens von Guadalajara. Abgesehen von einer Modernisierung der Sprache würden sich für Österreich, das das Warschauer Abkommen, das Haager Protokoll sowie das Zusatzabkommen von Guadalajara (BGBl. Nr. 46/1966), nicht aber das Protokoll von Guatemala und die Montrealer Protokolle ratifiziert hat, im Wesentlichen folgende Unterschiede der Rechtslage ergeben:

      Neuregelung der Beförderungsdokumente (Zulässigkeit elektronischer Dokumente) (Art. 3 bis 11);

      Haftung für Verspätungsschäden (Beschränkung auf 4 150 Sonderziehungsrechte) (Art. 19);

      die Haftungsgrenzen werden nicht mehr in Goldfranken, sondern in Sonderziehungsrechten ausgedrückt (was von der Rechtsprechung vorweggenommen worden ist);

      die Haftungsgrenzen für Tod oder Körperverletzung werden erheblich angehoben (unbeschränkt, bis 100 000 Sonderziehungsrechte kein Einwand möglich) (Art. 21);

      für die Geltendmachung des Schadenersatzes für Tod oder Körperverletzung des Reisenden wird ein weiterer Klägergerichtsstand eingeführt (Art. 33 Abs. 2);

      der Luftfrachtführer hat bei Tod oder Körperverletzung eines Reisenden eine Schadenersatz­vorauszahlung zu leisten, allerdings nur, wenn er dazu nach nationalem Recht verpflichtet ist (Art. 28);

      die Vertragsstaaten haben für eine angemessene Versicherungsdeckung ihrer Luftfrachtführer zu sorgen (Art. 50).

Der Text des Übereinkommens wurde sprachlich etwas überarbeitet, was sich auch in der gemeinsam mit Deutschland und der Schweiz angefertigten deutschen Übersetzung niederschlägt. Solche Anpassungen an den modernen Sprachgebrauch sollten keine Auswirkung auf den Inhalt haben, so dass in vielen Fällen auch bei geringfügig abweichendem Wortlaut zur Auslegung des Übereinkommens Rechtsprechung und Kommentare zum Warschauer Abkommen weiter herangezogen werden können.

7. Die Europäische Gemeinschaft hat am 9. Oktober 1997 die Verordnung (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen, ABl. Nr. L 285 vom 17. Oktober 1997 S 1, die die Haftung des EU-Luftfrachtführers für Tod und Personenschäden von Reisenden regelt, und die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L 12 vom 16. Jänner 2001 S 1, die auch den Gerichtsstand für Schadenersatzklagen festlegt, erlassen. Wegen der Zuständigkeit der EG in diesen auch vom Übereinkommen geregelten Bereichen wurde in das Übereinkommen eine Entkoppelungsklausel aufgenommen, die regionalen Organisationen in ihrem Innenverhältnis die Schaffung abweichender Bestimmungen erlaubt. Zudem wird solchen Organisationen eine Ratifikation des Übereinkommens ermöglicht (Art. 53 Abs. 2). Tatsächlich hat die EG am 9. Dezember 1999 das Übereinkommen bereits unterzeichnet und beabsichtigt, das Übereinkommen zugleich mit den noch fehlenden Ratifikationen bzw. Beitritten von Mitgliedstaaten zu ratifizieren.

Für das In-Kraft-Treten des Übereinkommens sind gemäß Art. 53 dreißig Ratifikationen oder Beitritte durch Staaten erforderlich. Bisher haben 21 Staaten das Übereinkommen ratifiziert bzw. sind diesem beigetreten.

8. Zu dem Übereinkommen soll nach Art. 57 eine Erklärung der Republik Österreich abgegeben werden, derzufolge das Übereinkommen nicht für Beförderungen durch den Vertragsstaat zu nichtgewerblichen Zwecken im Hinblick auf seine Aufgaben und Pflichten als souveräner Staat und für Beförderungen von Personen, Gütern und Reisegepäck für seine militärischen Dienststellen mit in diesem Vertragsstaat eingetragenen oder sonstigen vertraglich genutzten Luftfahrzeugen gilt.

 

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Er enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

 

Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.

 

Der Staatsvertrag ist in arabischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache abgefasst, wobei jeder Text gleichermaßen authentisch ist. Hinsichtlich der Kundmachung des Staatsvertrages hat die Bundesregierung dem Nationalrat daher vorgeschlagen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG die authentischen Sprachfassungen samt der Übersetzung des Staatsvertrages ins Deutsche durch Auflage im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie kundzumachen.

 

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 3. Juli 2003 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler sowie der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Hubert Gorbach und der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka .

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Der Verkehrsausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

Ebenso wurde einstimmig beschlossen, dass die fremdsprachigen Fassungen dadurch kundgemacht werden sollen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie aufliegen.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr samt Erklärung (13 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2003 07 03

               Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann       Kurt Eder

       Berichterstatter                  Obmann